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Thursday, August 19 2010

Informationen zur AGGPG (2001)

Menschenrechte auch für Zwitter!

[ Dokumentation der Seite:
http://www.postgender.de/postgender/info.htm ]

[ Links innerhalb des Dokuments verweisen auf ev. archivierte Versionen bei archive.org ]

[ --> Postgender.de: Chronik der Texte (via archive.org) ]
  

Informationen zur AGGPG (2001)

(Informationen zur Umbenennung in Postgender im Mai 2002 sowie hierauf folgende Projekte folgen sukzessive)

Im Binnengefüge der Nation galten die Juden als 'Feind im Innern'. Die Grenzen der Nation ließen nicht genügend Raum, um die Juden zu definieren; der Horizont des nationalen Gedächtnisses reichte nicht weit genug, um deren Identität zu durchschauen. (Zygmunt Bauman: Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust)

Ambivalence, ambiguity, equivocality ...  These words convey the feeling of mystery and enigma; they also signal trouble, whose name is uncertainly, and a dismal state of mind, called indecision or hesitation. When we say that things or situations are ambivalent, what we mean is that we cannot be sure what is going to happen, and so neither know how to behave, nor can predict what the outcome of our actions will be. Instictively or by learned habit, we dislike and fear ambivalence, that enemy of security and self-assurance. We are inclined to believe that we would feel much safer and more comfortable if situations were unambigous - if it were clear what to do and certain what would happen if we do it. (Zygmunt Bauman: Modernity and Clarity. The Story of a Failed Romance)

 

Wer ist die AGGPG?

Die Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG; neu zudem: Gewalt in der Psychologie und Genetik; korrekt also: AGGPPGG [1]) gündete sich am 8. März 1996 nach einer Diskussionsrunde zur genitalen Verstümmelung vorwiegend in afrikanischen Ländern. Dort zeigte sich die Notwendigkeit, spezifisch auf die Situation intersexueller Menschen (dem Volksmund als Zwitter oder Hermaphroditen bekannt), vor allem Kindern, hinweisen zu müssen.

Beteiligt an der Gründung waren zunächst Heike Bödeker und Michel Reiter, welche beide kurz nach Geburt einer langjährigen medizinischen Prozedur ausgesetzt wurden mit dem Ziel, eindeutig einem Geschlecht zuzugehören und diese Zuweisung als Erwachsene ablegten. Sie verstehen sich heute weder als Frauen noch Männer, sondern haben normative Geschlechtervorstellungen ähnlich einer nicht annehmbaren Hülle abgestriffen. Zwischenzeitlichen haben personelle Wechsel stattgefunden.

Die AGGPG ist keine feste Gruppe oder ein e.V., sondern eine non-profit Initiative ohne zweckgebundene Finanzmittel zur Wahrung der Autonomie mit Website und Kontaktmöglichkeit. Die Initiative ist auch keine Selbsthilfegruppe, sie kann und will für andere keine Entscheidungen fällen. Auch versteht sie sich nicht als Konsum-, Delegations- und Dienstleistungsunternehmen. Da gleichfalls am Opportunismus kein Interesse besteht sowie immer wieder auf mehreren Parketts gleichzeitig getanzt wird (und bisweilen auch gar nicht), werden Sie die AGGPG schwer verorten und ihr auch keine Konzentration auf eine special-interest-Politik anhängen können - wenngleich radikale Kritik am binären und vereindeutigenden Denken bestehen bleibt und damit diese westliche Kultur in ihren Grundpfeilern angegriffen wird. Summa sumarum sind die Vorstellungen der AGGPG somit ungeeignet für die klassische parlamentarisch-kleingeistig ausgerichtete Lobbyarbeit.

Die Präferenz der AGGPG wird sich nach Bekanntgabe des Urteils vom Amtsgericht München im September 2001 hin zu einer kreativeren, eigenständigeren Arbeit verändern, ggf. mit separater Rubrik. Nicht Aktivismus und Öffentlichkeitsarbeit zur Skandalisierung der Praxen werden ausgedehnt oder akademsiche Fragestellungen perfektioniert (die Basisarbeit zu einem Paradigmenwechsel von der Zwei- zur Mehrwertigkeit leistet diese Webseite bereits), sondern der Fokus auf die eigenen Interessen gelegt. Insofern wird sich auch sukzessive weniger an der Realität als auf der sozialen Oberfläche bestehend Erscheinendem abgearbeitet werden. Zu beginnen wäre bspw. mit einer Filmproduktion, die andere Fragestellungen hat als jene nach der Geschlechternormalität.

Zur Ausgangslage

Wenn ein Kind geboren wird, dessen somatisches Geschlecht nicht klar für die Hebamme / den Arzt einzuordnen ist, spricht der medizinische Diskurs von Intersexualität im engeren Sinne. Gesellschaftliche Normvorgaben und Stigmaängste der Eltern führen zu der prekären Situation sich im Zwang zu sehen, das Kind geschlechtlich vereindeutigen zu müssen als auch Ärzte (vorrangig Endokrinologie und Chirurgie) mit dieser Aufgabe monetäre Vorteile, Prestige und Machbarkeitsphantasien verbinden können. Die Eingriffe sind langwierig, äußerst schmerzhaft und im medizinischen Sinne nicht notwendig. Sie verursachen irreversible körperliche Schäden und garantieren keinen Erfolg sowohl hinsichtlich Operationsergebnis als auch Geschlechtsidentität. Untersuchungen aus Qualitätskontrollen liegen international kaum vor und vorhandene Ergebnisse sprechen durchweg gegen Eingriffe. Binnen intersexueller Kreise wird die Prozedur als Folter beschrieben und suizidale Überlegungen sind üblich.

Dieser stark verkürzt wiedergegebenen Ausgangslage liegen zwei Elemente zugrunde:

  • Die körperliche Existenz mehr als zweier Geschlechter (wie sie heute verstanden werden als Konglomerat aus Chromosomensatz, primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen) ist generell nicht selten. Neuere Erhebungen nennen: USA 5,46 Mio, Deutschland 1,64 Mio, Italien 1,15 Mio, Frankreich 1,22 Mio, England: 1,17 Mio, Australien: 360.000, weltweit: ca. 120 Mio. Die Anzahl der bereits unmittelbar bei Geburt in frage gestellten Kids liegt bei rd. 0,1% der Bevölkerung, also rd. 1/20 der genannten Zahlen. Doch auch 6 Mio weltweit sind keine zu unterschätzende Präsenz.
  • Es findet kein adäquater sozialer Umgang statt, sondern eine Negation der Existenz und Abgabe an die Medizin zur Korrektur. Somit schließt sich ein Kreislauf, der Lobbyarbeit stark erschwert, aber auch alternative Optionen eröffnet.
Die fast perfekte Reibungslosigkeit im Ablauf der Genitalverstümmelungen läßt sich aus massgeblich drei Gründen ableiten:
  • Eltern rechnen nicht damit, dass ihre Frage "Was ist es denn?" mit der impliziten Erwartung "Junge oder Mädchen" nicht oder nicht leicht beantwortet und schon gar nicht sofort beantwortet werden kann. Hier besteht Mangel an Aufklärung und Beantwortungsoptionen, die eine Zweiteilung der Weltanschauung (tertium non datur) nicht bereithält.
  • Viele Menschen schämen sich ihrer Genitalien wie sie sich ihrer Körper schämen, den sie nur funktionalisiert akzeptieren. Hier soll nicht der Scham widersprochen werden, aber der Reflexionslosigkeit. Weil sie bei sich selbst lieber wegsehen, verstehen sie nicht, warum dieser kleine Mensch ihnen solche Angst macht. Und sie verstehen nicht, dass sie zur Selbstkonzeptionierung einer inneren Gewissheit über ihr Selbst auch ihren Körper brauchten, zu dem die Genitalien zentral gehören. Eine Gewissheit, die vor aller sozialen Geschlechtsverortung angesiedelt ist. Sie glauben dann allen Ernstes, wenn sie die Genitalien ihres Kindes manipulieren, würde dieses da schon hineinwachsen - irgendwie. Dies ist falsch, denn die Genitalien werden durch einen chirurgischen und / oder hormonellen Eingriff irreversibel zerstört.
  • Die klassische Logik, die das westliche Weltbild bestimmte, besteht aus drei elementaren Sätzen: a) der Satz der Identität von Denken und Sein (Lehre vom Begriff), b) der Satz vom verbotenen Widerspruch (Urteilslehre), c) der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (Lehre vom Schluß). (zum Verständnis der Bedeutung empfehlenswert: Fritz B. Simon (2001): Tödliche Konflikte. Zur Selbstorganisation privater und öffentlicher Kriege. Carl-Auer-Systeme) Diese Sätze sind logisch immanent falsch, wie Gotthard Günther durch Weiterentwicklung der hegel'schen Dialektik nachweisen konnte, denn überall dort, wo das Subjekt logisch denkt, könnte es sich selbst nicht denken. Dadurch wäre es zu keiner Reflexion fähig und Erkenntnis fände nicht statt. Dieses aus dem tertium non datur folgende Denken ist tatsächlich immanent verdrängend, wie Klaus Heinrich durch seinen Rekurs auf Mythenerzählungen nachweisen konnte. Doch es ist die Leitidee der Wissenschaft der letzten 2500 Jahre mit immanenter Einschreibung in modernes/mordendes, aufklärerisches Denken. Der Zwitter als Wahrnehmungsfigur stellt durch seine schiere Existenz die gesamte klassische Logik in Frage und alle daran anhängenden westlichen Denkkonzepte. Daher fordern Zwitterfiguren (heissen diese in vergeschlechtlichtlicher Hinsicht nun Hermaphrodit, Zwitter, Hijra, transgender usw, ist hierbei völlig irrelevant) das Abendland heraus, sich über sich selbst hinaus fortzuentwickeln. Zwitterfiguren sind die Zukunft dieser Kultur, die sich auf eine höhere Komplexitätsebene einstellen muss. Geisteswissenschaften sind dieser Herausforderung bislang nur unzureichend gefolgt und daher existieren noch keine adäquaten Handlungsanweisungen in Situationen, die mit den drei vorgenannten elementaren Sätzen brechen. Anstatt finden sich in Justiz, Militär und Medizin radikale Massnahmen, verein(ein)deutigte, nationale und identitätspolitische Grenzen stets neu zu definieren - ohne die eine Existenzberechtigung dieser Institutionen kaum gegeben wäre.

In heutiger Gesellschaft spiegelt sich der in das induktive Schließungsverfahren eingeschriebene Pragmatismus wieder. Verkörperungen sind von Relevanz. Jede Einzelne kann als Verkörperung des Ganzen betrachtet werden (buddhistisch-metative Sichtweise), das Ganze spiegelt sich in jeder einzelnen Verkörperung wieder (christologische Sichtweise; jeweils deduktive Schließungsverfahren) oder, wie aktuell, Verkörperungen bestehen in wenn- dann- Beziehungen ohne religiös-generative Ableitung und Abhängigkeit. Dieses auf Gesetzesbestimmungen gründende Vertragsverhältnis  (analoges Schließungsverfahren) beinhaltet Rechte und Pflichten und zieht soziale Verantwortlichkeit nach sich.

Mediziner wenden in Geschlechterfragen keine dieser Sichtweisen an, sondern postulieren alleine ihre dem nationalökonomischen Profit dienlichen Wertmaßstäbe. Sie werden substituiert von o.g. Gesamtkonstellation und können ihre reaktionären, dem Fundamentalismus (Wörterbuch: geistige Haltung, die durch kompromissloses Festhalten an [ideologischen, religiösen] Grundsätzen gekennzeichnet ist) geschuldeten Versprechen, eines der beiden Geschlechter herstellen zu können, erfolgreich verkaufen.

Gleichzeitig war es binnen aller Forschungsvorhaben seit Jahrhunderten konsequent nie Ziel, das von ihnen Verworfene zu verstehen, so dass heute überhaupt kein Wissen über vergeschlechtlichte Zwitterfiguren vorliegt. Aktuelle empirische Studien mit Intersexuellen in den USA müssen nun im Mai 2001 (newscientist.com) nach ca. drei Jahren vergeblicher Anstrengungen ihr Scheitern eingestehen. Justine Schober formulierte es konkret: "We don't know what to ask."

Der geistige Horizont jener vormals Geschlechtssegregation betreibenden Forschenden disqualifiziert sie per definitionem, das tertium datur bezüglich Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata zu erfassen. Aus diesem Grunde war es angebracht, für ein in Deutschland geplantes Forschungsvorhaben nur Sachverständige zuzulassen, welche "an der medizinischen Praxis der geschlechtszuweisenden Maßnahmen weder mittelbar noch unmittelbar beteiligt sind." Konkret müssen somit Forscher involviert werden, die sowohl mit der inhärenten Logik einer Kultur vertraut sind, welche mehr als zwei Geschlechter kennt als auch die Übersetzungsarbeit in westliche Denksysteme leisten können.

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Angebote

Für Eltern, die nicht alleine den medizinischen Aussagen folgen und ‚blind‘ einwilligen wollen, gibt es somit seitens der AGGPG allgemeine Informations- sowie in sinnvollem Rahmen Beratungsmöglichkeiten als auch für erwachsene Intersexen zunehmend Vernetzungspotentiale entstehen, vor allem via Internet und email.

Neben den auf dieser Webseite kostenfrei zur Verfügung gestellten Informationen werden öffentlich Vorträge gehalten, Interviews gegeben (sofern die Angebote annehmbar sind) und schriftliche Beiträge erstellt. Die Kapazitätsgrenzen sind mit der Anzahl aktiver MitarbeiterInnen verknüpft. Thematisch ist das Feld sehr weit und komplex.

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Theoretische Verortung und Perspektiven

Die AGGPG distanziert sich theoretisch sowohl von Körper-, Rasse- und Geschlechternormen als sie auch auf eklatante Mängel medizinischer und sozialkonstruktionistischer Diskurse hinweist. Intersexualität wird nicht als drittes, essentialisiertes und ontologisiertes Geschlecht verstanden, aber für die ewig Geschlechtsgläubigen wird auf jene in der Humanwissenschaft vorgefundenen ca. 4000 Geschlechtervarianten verwiesen. Konzepte im Dienste einer Kontrollgesellschaft werden abgelehnt. Jede Idee und das Vorgehen der Reduktion auf zwei Geschlechter sind scharf zu kritisiern. Auch alternative multiple Konzepte im Dienste eines geschlechtlichen Fixierungsmodells werden abgelehnt. Theoretische Entwürfe müssen vielmehr die diskursive Herstellung der Bipolarität als auch Lebensentwürfe außerhalb vorgesehener Strukturen einbeziehen, zugleich flexibel und diesseits des "anything goes" sein. Theoretische Weiterentwicklungen aus den Einsichten der AutorInnen Foucault, Irigary, Deleuze und Butler halten wir für partiell relevant. Gleichfalls relevant erscheinen aber auch politische Maßnahmen, Menschen einen Sprachraum zu eröffnen. Dieser ist nicht in den erneuten Dienst diziplinierender Maßnahmen zu stellen, sondern ein solcher biopolitisch motivierter Gebrauch zu verhindern. Politisches Fernziel ist es, gänzlich auf Geschlecht als Personen zugeschriebenes Merkmal zu verzichten. Hierzu liegen in juristischer Hinsicht bereits Konzepte in der Schublade.

Perspektivisch stehen weitere Forschungsfragen offen (z.B. Ermittlung historischer Zwitter als auch die Untersuchung des Einflusses nationalsozialistischen Gedankengutes an medizinischer Ideologie und konkreter Forschung seit 1950). In Planung befindlich ist noch immer eine  Buchveröffentlichung als auch Irritationen im Kontext normativer Restriktionen, etwa im schulischen Sexualkunde- und Genetikunterricht oder auf medizinischen und sexualpolitischen Versammlungen, hervorzurufen. Ferner soll zunächst mit juristischer Forcierung ein 'drittes Geschlecht' kulturuell eingeführt werden - etwa als "formalisierte Ambivalenz" (Heinrich), "Triologie der Konstitution des Ortes" (Irigary), "Eröffnung einer untotalisierbaren Pluralität der Menschen" (Levians), "Gestalt der Reflexion, die weder im Ich noch im Du lokalisiert ist, sondern die erst im Es, d.h. im Gegenstand, auftritt" (Gotthard Günther), kurz: als durchaus verkörperte, jedoch auch fluide Mittlerfigur und nicht als erneuter Determinismus.

Cyborgs / Postgender (Master of Arts; rtf-download) etwa, propagiert von Donna Haraway, sind eine interessante empirische Vorstellung, sofern sie reflektiert bleiben und nicht in einen Hype münden. Ob postgender der richtige Begriff ist, müsste noch diskutiert werden. Zwar würde er keine Differenzierungen in weiblich und männlich nötig haben, die Idee korreliert jedoch mit Technologiefreudigkeit. Postgender ist insofern lediglich als Metapher und epistemologischer Anreiz zu verstehen (s. hier ein kritischer Einwurf und hier eine Postgenderadaption; Film Gendernauts - 1999). Dennoch, wir haben den Begriff für die neue Webseite verwendet, vielleicht auch, um zu den erwartenden technical bodies Distanzierung auszusprechen.

Dass andererseits transgender nur heisst, "lernen ich selbst zu sein", spricht vielleicht eine ähnliche Sehnsucht an, arbeitet aber mit anderer Methode und bleibt an menschlichen Bedürfnissen im nonvirtuellen Raum orientiert.

Man könnte diese und weitere Bestrebungen auch vereinfacht formulieren: Pansexualität ist im Kommen. Doch Leute, die tatsächlich als nondimorphisiert optisch erkennbar sind, haben realiter noch immer keinen Anspruch auf einen Platz in der Gesellschaft. Sowohl die Welt des individualisierten Lebensästheten als auch die ihn schützenden Institutionen sind im geschlechtlichen Bereich, jenem vorgeblich "wichtigsten Ordnungsprinzip" (Zeit), noch primär unreflektiert.

Eine Zwitterfigur bringt das Ende der Termini Sex und Gender mit sich und bedeutet damit das Ende jener traditionellen, mit der health community korrelierenden Genderstudies: exogender; the exodus of gender. Eine metaphysische Rückbindung nebst Letztbegründung ist nicht mehr möglich. Sie rückt vielmehr Dichotomien wie Kultur und Natur zusammen und überwindet damit die Grenzen. Erst jetzt wird deutlich, dass kategorielle Reinheiten nie existierten. Auch jene in den Genderstudies noch postulierte Spaltung zwischen Maskerade und Original, gender und sex, fällt im Dritten in sich zusammen. Übrig bleibt je nach Lesart das Unmarkierte, das Naturhafte, reiner Code oder Nakultur. Die Differenz zwischen Schein und Sein wird obsolet. Eine echte epistemologische Implusion, nicht nur übersteigerte Synthese, bei gleichzeitiger Multiplikation potentieller Deutungsmuster (die alten vier, noch phänomenologisch orientierten Interpretationsmodelle sind hier zu finden).

eschlechterzwänge sind passé. Das tertium datur ist der Ort der Transformation von äußerer in subjektive Macht, das die Individuen sich selbst neu erfinden läßt und wenn sie klug sind, sich nicht einer erneuten Dominanzkultur ausliefern. Das tertium ist zugleich die Schnittstelle zwischen zweiwertiger Logik und polykontexturalen Systemen.

Da eine völlig Aufhebung des Begriffes 'Geschlecht' ein Ärgernis der Genderproduktionsstätten stellt (s.u., zudem sog. Frauenzeitschriften, Ehe usw.), wird sozial ein drittes Geschlecht gewollt werden. Fliegenbeinzähler (Biologen und Mediziner) werden durch Täuschung (divide et impera) und Statistikfälschung dagegen weiterhin versuchen, die Zahl möglichst gering zu halten, ihre Strategie der Marginalisierung nebst Postensicherung nicht aufgeben und ihre Definitionsmacht fortschreiben wollen.

However, wir wollen der faschistoid motivierten Medizin in diesem Sektor damit in einem Nebenaspekt die Finanzen durch einen Legitimationsentzug streichen, ihnen das Definitionsmonopol entwenden sowie dieser Kultur (und uns) eine Bereicherung bzw. Lebensperspektive ermöglichen.

Kritisch anzumerken in diesem Kontext ist: "Der amerikanische Sozialanthropologe John Fiske befaßte sich außer mit der Kultur des Volkes auch mit der ökonomischen Dimension von Kultur-Mythen und seine Gedankengänge kann man auch auf die speziellen Mythen über die Gender und Sex anwenden: 1.) Sie sollen verkauft werden und die Einnahmen dienen dann a) zum Machterhalt der Produzenten, und b) als Ressourcen zur Produktion neuer Gender- und Sexmythen. 2.) Der Verkauf hat als Ziel, durch hohe Verkaufszahlen einen Wahrheitsgehalt des Genderbegriffs zu produzieren" (Quelle: www.annamagicart.com/ZIPs/Gender.zip) Der im Originaltext in einer Fussnote genannte Adolf Butenandt war Nobelpreisträger und Nazimediziner, sein Söhnchen Otfried bis in die späten 1990 Jahren an der Zwitterverstümmelung in München beteiligt. Wir denken, dies spricht für sich.

Daher gilt, so lange sich die Situation nicht verändert: "Diamanten gelten als besonders wertvoll, weil sie sehr selten sind. Intersexuelle jedoch, obwohl sie sehr selten sind, werden in westlichen Zivilisationen nicht hoch geachtet, wie in indianischen Kulturen, sondern werden in ihrer Integrität vernichtet. Das ist, als ob man Diamanten verbrennen würde, um sie der Kohle gleichzustellen, nur weil Kohle in größeren Mengen vorkommt. Das entsprechende Gesetz würde dann heißen: 'Es ist ein Naturgesetz, daß C12 als schwarze Kohle existiert. Diamanten sind ein Irrtum der Natur und sind deshalb der schwarzen Kohle anzupassen.'" (Quelle: ebd.)

Das Amtsgericht stellte klar, dass ihm Zwitter nicht unbekannt sind, sie gleichwohl bislang und auch mit diesem Urteil als nicht anerkannt bestätigt wurden. Dergestalt erfüllt ihre erzwungene soziale Abwesenheit eine zentrale Rolle zur Determination des geschlechtlich Gebotenen und Normierten: Zwitter stellen de facto ein sozial unzulässiges Geschlecht. Hinter dieser Konstellation steht ein Totem, das stets mit dem Tabu einher geht, es nicht zu töten oder zu verletzen.

Wenn geschlechtliche Vorgaben im Zuge der Emanzipation nicht mehr eingehalten werden, ist es eine schizophrene Dynamik, die Existenz von Zwittern zugleich zu tabuiseren und sie materiell zu eliminieren, statt sie als gleichberechtigt anzuerkennen (Def. schizoide Persönlichkeit: Zerfall emotionaler / handelnder und intellektueller / denkender Aspekte; s. Tertium datur: eine peinliche Befragung sowie Gilles Deleuze (1997): Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I, Suhrkamp). Wenn Konformismen hingegen gefolgt wird, haben Zwitter als nonschizoide Ursprungsfigur einen sehr hohen Status inne:

Beschliessung Jurisprudenz soziale Verortung Zwitter Status des traditionellen Geschlechterverständnisses m / w
1. keine Aussage (Stand 2001) sakral, verworfen normierend, verdrängend
2. versagt die Eingriffe sakral, übersteigert normierend
3. akzeptiert ein 3. Geschlecht gleichberechtigt dekonstruierend, emanzipativ

In beiden zuvor genannten Fällen dürften medizinische Eingriffe nicht stattfinden. Da genau das jedoch der Fall ist, zielt die Diskussion um diese mit basalen gesellschaftlichen Verträgen brechenden Praxen sukzessive auf ein alternatives, nonbinäres Geschlechterverständnis, welches jene der Schizophrenie zugrunde liegende Ödipusfigur überwindet. Das Gegenteil der Absichten eines Verstümmelungsmanagements tritt ein, das selbst ohnehin nicht an einen Essentialsmus von "Geschlecht" glaubt, aber zur Profitabsicherung noch an Binaritäten festhält und doch nur mit einer kulturellen Sinnstiftung durch ihre Handlungen bricht: es delegitimiert sich selbst als weltfremd. [2]

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Was können Sie konkret tun...

  • weisen Sie Schwangere oder Eltern, die sich mit einem Kinderwunsch tragen, auf die Möglichkeit hin, ein intersexuelles Kind zu bekommen
  • klären Sie Ihre Umgebung zu Existenz von und medizinischem Umgang mit Intersexen auf
  • weisen Sie Ratsuchende auf unterstützende Stellen hin (alle auf dieser WebSeite genannten Gruppen geben Informationen und, soweit sinnvoll, auch Entscheidungshilfen)
  • sprechen Sie mit Medizinern und weisen diese auf kritische Stimmen Intersexueller zur Methode der Geschlechtszuweisung hin
  • veranlassen Sie kooperative Mediziner zur Mitarbeit, um geschlechtliche Zuweisungen zu stoppen und den beteiligten Erwachsenen statt dessen bei Bedarf psychologische Hilfe in außerklinischem Kontext anzubieten
  • brechen Sie das Schweigen und tauschen Sie sich mit anderen aus
  • denken Sie daran: der Satz 'was nicht sein darf, das nicht sein kann' ist eine fadenscheinige Legitimation für Elimination
  • lernen Sie Ironie und bewerten Sie Ihre Situation nicht über: "...woman, children, and revolutionaries hate irony, which is the negation of all saving instincts, of all faith, of all devotion, of all actions." (Quelle: Linda Hutcheon 1995: Irony's Edge. The Theory and Politics of Irony. London, New York)
  • wenn Sie in eine ärztliche Beratungssituation geraten sind:
  • Zeichnen Sie alle Gespräche mit einem Aufnahmegerät auf und lassen Sie sich zur Begründung entscheidender Aussagen das Material aus Fachbüchern kopieren. Sie werden diese Unterlagen ggf. in einem Prozeß vor Gericht als Beweismaterial brauchen, wenn nicht bloß Aussage gegen Aussage stehen soll. Lassen Sie sich auch alle medizinische Akten stets in Kopie aushändigen. Rechtlich haben Sie darauf Anspruch. Fälle, in welchen chirurgische Eingriffe am Kind ohne Einwilligung und alleine zum Zwecke der geschlechtlichen Verein(ein)deutigung durchgeführt wurden, lassen zur Vorsicht raten.
  • Lassen Sie sich aufklären. Der informed consent ("informierte Einwilligung"; ein kritischer Vermerk dazu findet sich hier) ist Grundlage eines jeden Behandlungsvertrages. Er bedeutet eine umfassende, allgemein verständliche Aufklärung hinsichtlich der Diagnostik (dies impliziert auch, dass Ihr Kind ein intersexuelles Genitale hat und nicht nur Kürzel wie z.B. AGS), den Folgen aus etwaigen Eingriffen und solchen aus einem Unterlassen der Eingriffe. Zu vielen Fragestellungen existieren keine gesicherten Informationen oder nur Spekulationen. In solchen Fällen kann sich deswegen nicht schon für Eingriffe ausgesprochen werden.
  • Der Arzt hat den Regelungen des informed consent zu folgen, wenn er sich nicht strafbar machen will. Zur Beachtung des jeweiligen Wissensstandes gehört, Veröffentlichungen – auch ausländische, wenn nicht zu entlegen – zu diesem Bereich zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen.
  • Neuere Studien belegen, dass die spätere geschlechtliche Verortung eines intersexuellen Kindes sich oftmals unabhängig therapeutischer oder sozialisationsorientierter Art entwickelt und mithin nicht prognostizierbar ist. Gehen Sie nicht davon aus, die einmal getroffene Geschlechtszuordnung, gleich welche, würde für immer Bestand haben. Gehen Sie ferner nicht davon aus, Genitalien, die optisch maskulinisiert oder feminisiert werden, sähen dann auch entsprechend aus, wären nerval intakt oder entsprächen dem Wunsch des Kindes.
  • Treffen Sie niemals Entscheidungen sofort, auch wenn Sie unter Druck gesetzt werden (bspw. mit Lebensgefahr des Kindes bei Therapieablehnung gedroht wird).
  • Unterscheiden Sie bei den medizinischen "Angeboten" zwischen solchen kosmetischer und lebenserhaltender Art. Oft werden diese Optionen als einander bedingend verkauft. Dies ist eine Lüge. Nicht der Norm zu entsprechen, ist eine rein kosmetische Fragestellung und ein Behandlungsvertrag ist formaljuristisch ungültig. Eingriffe an den Geschlechtsmerkmalen ohne explizite Lebensgefahr sind in Ableitung des § 1631c BGB aus 1992 als schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) strafbar.
  • Juristisch gibt es keine Veranlassung für Eingriffe zur geschlechtlichen Vereindeutigung, da ein Standesbeamter keine körperliche Eindeutigkeit zur Eintragung fordern kann. Etwaige formale Geschlechtszuweisungen können mit dem § 47 PStG (Personenstandsgesetz) wieder geändert werden, wenn es sich nachweislich um eine Fehleintragung gehandelt hat. Eine solche konstatierte, von Anfang an bestehende Unrichtigkeit impliziert Personenstandsfälschung nach § 169 StGB (Strafgesetzbuch) für die Informationsgeber, i.d.R. das Geburtsklinikum. Beachten Sie, dass die Beantragung eines dritten Geschlechtes derzeit als Präzedenzfall in Arbeit ist und auch Sie einen solchen Antrag beim Standesamt des Geburtsortes Ihres Kindes formlos stellen können. Eine Fristsetzung für die Antragstellung besteht nicht: Die Option gilt somit auch für Erwachsene, die ihre ggf. jahrzehnte rückliegende Eintragung ändern lassen wollen.
  • Wenden Sie sich bei Bedarf für Rückfragen z.B. an die AGGPG, Ihre Anfragen werden weitergeleitet bzw. Ansprechpartner genannt. Einige Intersexen sind zu biologischen Fragestellungen besser informiert als Ärzte und besser qualifiziert als nach Lehrbuch geschulten Psychologen sind alle. Auch juristisch werden unsere Kenntnisse stets besser. Englischkenntnisse sind von Vorteil, denn Sie können sich international Informationen einholen.
  • Wundern Sie sich nicht, dass Sie den Kontakt bspw. zur AGGPG ärztlicherseits nicht genannt bekommen haben. Wir greifen Mediziner an und reden ihnen nicht nach dem Mund. Unsere Kritik richtet sich generell an die vorgeblich 'exakten', aber doch nur polarisiert formalisierten Wissenschaften. Spätestens seit Heisenberg ist deren Kausaldeterminismus obsolet, das sie jedoch nicht an der Brutalität der Zieldurchsetzung gehindert hätte. Die westliche Medizin und ihr Machbarkeitswahn ist Teil dieses Denkens. Der ärztliche Berufsstand und ihm ideell nachfolgende Vertretungen haben an einer Modifikation ihres Denkens bislang kein Interesse. Dies könnte sich allerdings bald ändern, denn am 12.10.01 fand die erste Lesung in der Angelegenheit im Bundestag statt.
  • Vergessen Sie nicht: als Eltern haben Sie auch juristisch die Pflicht, für Ihr Kind zu sorgen. Dieses hat ein grundgesetzlich verankertes Recht auch auf eine freie Persönlichkeitsentwicklung. Lassen Sie genitale Eingriffe zur geschlechtlichen Vereindeutigung vornehmen, mag dies vielleicht Ihrem privaten, ästhetischen Wohlbefinden dienen, aber Sie verstoßen gegen die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, der EU-Menschenrechtskonvention und dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes, ratifiziert am 20. November 1989. Sie handeln strafbar, denn Sie brechen mit Gesellschaftsverträgen, die Sie für sich selbstverständlich in Anspruch nehmen - etwa nicht einfach ermordet zu werden, nur weil Ihnen jemand mit schlechter Laune auf der Straße begegnet und Sie im Wege stehen. In medizinischen und kassenärztlichen Akten sind Ihre Adressangaben usw. erfasst, Sie bleiben in Ihrem Vorgehen nicht anonym und sobald Rechtssicherheit besteht, werden alle Fälle sukzessive juristisch überprüft werden.

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...und was sollten Sie nicht tun?

  • verwechseln Sie nicht eine Geschlechtsanpassung erwachsener Transsexueller mit der Geschlechtszuweisung intersexueller Kindern, sondern differenzieren Sie hinsichtlich Freiwilligkeit, Zustimmungsfähigkeit und Intention, auch wenn aktuelle Zeitungsmeldungen dazu tendieren, alles unter die Fragestellung der Geschlechtszugehörigkeit zu subsumieren und damit dem medizinischen Impetus zuarbeiten.
  • verwechseln Sie nicht sexuelle  Lebensweisen (Homo- Hetero, Bisexualität u.a.m.) mit der Feststellung des anatomischen Geschlechtes, welche sich in den Begriffen 'Mann, 'Frau', 'zwittrig' / 'uneindeutig' wiederfinden (siehe Text 'theoretische Differenz...')
  • projezieren Sie nicht Ihre sexuellen Wünsche, geschlechtlichen Weltbilder und Ängste auf uns, sondern fragen Sie sich, warum Sie diese Gedanken haben und wie Sie sie verändern können
Zum Einlesen in den Komplex empfehlen sich u.a. die Texte dieser Webseite mit weiteren Links sowie weiterführende Literatur:

explizit:

  • John Colapinto (2000): Der Junge, der als Mädchen aufwuchs. Walter
  • Alice D. Dreger (1998): Hermaphrodites and the medical invention of sex. Havard University Press
  • Alice D. Dreger (1999): Intersex in the age of ethics. University Publishing Group
  • Anne Fausto-Sterling (2000): Sexing the body. Gender politics and the construction of sexuality. Basic Books
  • Michel Foucault (1998): Über Hermaphrodismus. Der Fall Herculine Barbin. Suhrkamp
  • Bernice L. Hausman (1995): Changing sex. Transsexualism, Technology and the Idea of Gender. Duke University Press
  • Suzanne J. Kessler (1998): Lessons from the intersexed. Ruttgers University Press
implizit:
  • Baudrillard, Jean (1991): Der symbolische Tausch und der Tod. Matthes & Seitz
  • Baudrillard, Jean (1996): Das perfekte Verbrechen. Matthes & Seitz
  • Bauman, Zygmunt (1995): Postmoderne Ethik. Hamburger Edition
  • Bataille, Georges (1997): Theorie der Religion. Matthes & Seitz
  • Bataille, Georges (1997): Die psychologische Struktur des Faschismus. Die Souveränität. Matthes & Seitz
  • Bataille, Georges (1999): Die innere Erfahrung nebst Methode der Meditation und Postskriptum 1953. Matthes & Seitz
  • Bataille, Georges (2001): Die Aufhebung der Ökonomie. Matthes & Seitz
  • Günther, Gotthard (2000): Lebenslinien der Subjektivität. Kybernetische Reflexionen. Suppose (CompactDisk)
  • Günther, Gotthard (2000): Die Amerikanische Apokalypse. Profil*
  • Heinrich, Klaus (1987): Tertium datur. Eine religionsphilosophische Einführung in die Logik. Stroemfeld*
  • Herman, Judith Lewis (1993): Die Narben der Gewalt. Traumatische Erfahungen verstehen und überwinden. Kindler
  • Levinas, Emmanuel (1993): Totalität und Unendlichkeit. Versuch über die Exteriorität. Karl Alber
  • Miller, Alice (1983): Du sollst nicht merken. Variationen über das Paradies-Thema. Suhrkamp

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Lassen Sie uns noch eine Anmerkung formulieren:

Es werden Milliarden DM jedes Jahr über Forschungen und Zwangsassimilation an als intersexuell deklarierten Körpern eingenommen. Umgerechnet bedeutet dies, daß ein Intersexueller bis zu seinem 18. Lebensjahr anderen - gegen seinen Willen - einen Mehrwert verschafft hat, wie ihn manche Arbeitnehmer ihr Leben lang nicht leisten werden. Weiterhin: Menschen, die sich als weiblich oder männlich definieren und eine Identität darauf aufbauen, können dies heute nur, weil Hermaphroditen sozial und kulturell nicht existieren. Gesetze, die auf einer Polarisierung der Geschlechter gründen, provitieren ebenfalls von einer binären Logik und gleiches gilt für Religionen und Philosophien, die montheistischen Ideologien anhängen, um daraus binäre Konzepte zu entwickeln. Soweit zu den Parasiten.

Um es klar zu formulieren: Wir (ein zugegeben problematisches Wort ob realer Heterogenität) haben den Rassismus, der einer Apartheid der Geschlechter inhärent ist, weder erfunden noch, und dies ist entscheidend, tragen wir ihn fort als wir dieser Gesellschaft auch absolut nichts schulden. Keine Aufklärung, keine von uns initiierte Besserung der Situation, ja noch nicht einmal die Beantwortung eines einzigen emails. Alle Leistungen, die von hier erbracht werden, erfolgen als Kredit und lediglich unter Vorbehalt. Sollten sie nicht in akzeptabler Zeit fruchten, werden wir uns andere Mittel als die der Mitteilung und des Dialoges suchen müssen. Und man wird uns gute Angebote machen müssen, um sie als akzeptabel zu werten.

Umgekehrt sieht die Lage anders aus: ein Staat ist dazu verpflichtet, für seine Staatsbürger (so politisch schwierig dieser Begriff auch ist) Sorge zu tragen. In Sachen Hermaphroditen hat er komplett versagt. Eine Gesellschaft, die sich human und demokratisch nennt, hat an dem Exampel der Zwitter ebenfalls komplett versagt. Gleiches gilt für eine Wissenschaft, die glaubt irgend etwas durch Rationalisierung sich aneignen zu können: die Aufklärung hat komplett versagt. Es ist bekannt: jene als intersexuell gelabelten Menschen werden bis heute in Deutschland gefoltert und sollen völlig unsichtbar sein. Sie sollen faktisch eliminiert werden. Von nicht vorhandenen Arbeitsplatzangeboten und sonstigen sozialen Leistungen usw. ist hier noch gar nicht die Rede - diese fehlen ohnehin.

Eine Verfolgung des state of the art der Wissenschaft zeigt andererseits: diese Gesellschaft ist durchdrungen von der Idee des Dritten und Mehrwertigen: u.a. Emmanuel Levinas, Klaus Heinrich, Gotthard Günther und Homi Bhabha schrieben hierzu bereits aus verschiedenen geisteswissenschaftlichen Perspektiven.

Zudem: Aggregatszustände des gleichen Stoffes (fest, flüssig, gas; ineinander transformierbar mittels Druck und/oder Temperatur), Stand-by-Schaltungen, intern analog arbeitende (und schnellere) Computer, Quantentechnik, gelbe Ampelschaltung (zur Beschleunigung des Verkehrsflusses), Neutronen, Antimaterie, Virtual Reality, Klone, Chimären, Hybriditätskonzepte, Fuzzylogic usw. sind teilsweise in den Alltag eingeflossene Beispiele aus Technik, Physik und Mathematik, die eine mittel- oder unmittelbare Zwitterlogik beinhalten.

Dass von A nicht auf B, von Idee nicht auf Manifestation geschlossen wird, sagt etwas aus über die sozialgeistige Begrenzung hiesiger Sozietät, jenen als primitiv abgewerteten nicht-westlichen Kulturen weit unterlegen, und ihren geschlechtlich konditionierten Menschen, die regelrecht fixiert darauf sind, uns bestenfalls als 'leidend', 'Betroffene', 'chronisch krank' oder 'Patienten' zu reduzieren, beleidigen und diffamieren. Und sie berichtet von politischen und wirtschaftlichen Interessensgruppierungen, Reduktionen gezielt herbeiführen und aufrecht erhalten zu wollen.

Sie werden es beim Lesen schon bemerkt haben: wir sind aus einem etwas anderen Holz geschnitzt als viele Menschen, die die Situation, die Hermaphroditen heute vorfinden, keinen Tag auch nur überleben würden. Summa sumarum: Rechnungen ohne uns gehen nicht auf.

__________

[1] Die Notwendigkeit, diese Begrifflichkeit zu erweitern, speist sich aus unten wiedergegebenen hohlen Geschwafel von Hartmut Bosinski, ein Kollege von Milton Diamond und tätig an der ehemaligen Nazi-Eliteuniversität Kiel sowie Mitherausgeber des Lehrbuches "Sexualmedizin" (2001), welches die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage vom März 2001 als Legitimation ihrer Verstümmelungsbefürwortung benutzte und folgendes aufschlussreiche Zitat enthält: "Der Großteil unseres heutigen Kenntisstandes für die .. Schritte der somatosexuellen (und teilweise auch psychosexuellen) Entwicklung verdankt sich dem Studium von klinisch relevanten Störungsbildern, den sog. Intersex-Syndromen." (S. 46) Für das Studium der OP-Techniken, Erblehre und Endokrinologie waren Zwitter maßgebliches Forschungsobjekt als die Kontinuität ihrer Vernichtung sich auch bis heute ungebrochen fortsetzt. John Money, der 1955 seine ohne jede empirische Evidenz entwickelte "Theorie" von der sozialgeschlechtlichen Entwicklung (Gender) einbrachte, die Verstümmelungen an Intersexen pseudotheoretisch untermauerte und aktiv propagierte, dessen Thesen seit 1970 nutzbar gemacht wurden zur Behandlung von Transsexualität und heute für gescheitert erklärt werden müssen, wurde mit großem Hallo von Feministinnen empfangen und zuletzt setzte Judith Butler seine Ideen in der noch immer gehypten Queertheory fort. Hier schließt sich der Kreis der ideell Beteiligten.

Das Zitat von Bosinski:
"Störungen der pränatalen sexuellen Differenzierung können zu Intersex-Syndromen führen, welche nicht selten mit psychosexuellen Entwicklungsproblemen einhergehen. Der Artikel gibt einen kurzen Überblick zur Historie und stellt gegenwärtig kontrovers diskutierte Guidelines für das medizinische Management von Intersex-Syndromen dar, die entweder eine frühzeitige Geschlechtszuschreibung und entsprechende operative Korrekturen oder aber ein weitgehend konservatives Vorgehen unter Berücksichtigung pränataler Hormoneinflüsse auf die Ausbildung der Geschlechtsidentität und die Vermeidung frühzeitiger Genitalkorrekturen favorisieren. Aus Sicht der Sexualmedizin werden Lösungsvorschläge unterbreitet, wobei besonders auf die Notwendigkeit eines auf den Einzelfall abgestimmten, interdisziplinären Vorgehens in hochspezialisierten Zentren unter Berücksichtigung biologischer und psychosozialer Einflussfaktoren und auf den unbefriedigenden Stand der Nachuntersuchungen hingewiesen wird. " (Quelle: MedGen 2001;13:42-45)

... sowie dem Wissen um Abtreibungen aufgrund geschlechtsspezifischer Unverträglichkeiten und ohnehin pränatalen Pfusch durch hormonelle Behandlungen der Mütter.
 

[2]  Das dumpfe Geschlechterkasperletheater verläuft wie folgt:

1. Am kulturellen Anfang war die Bibel: Gott schuf den Menschen als Mann und Frau (und wer bitte war dann Gott?).
2. Am philosophischen Anfang war das tertium non datur aus eben diesem Grunde.
3. Am sozialen Anfang waren Medizin und Eltern: I. Alle Föten sind bis zur X. Woche beidgeschlechtlich,dann differenzieren sie sich aus in Mann und Frau. II. Sage mir, oh heiliger Arzt, was ist es denn, vermag ich es doch nicht selbst zu beurteilen.
3a. Dass eine solche zweigeteilte, deduktive Präskription aller naturwissenschaftlicher Verfahren spottet, tangiert uns Mediziner kein bißchen.
3b. Wenn jetzt doch mal ein uneindeutiger Mensch geboren wird, erklären wir Mediziner ihn als genital fehl- oder mißgebildet, aber eigentlich männlich oder weiblich.
3c. Wir ermitteln durch detaillierte Analyse, selbstredend nunmehr induktiv formuliert, das von uns erfundene Krankheitsbild.
3d. Wir bestätigen den beidgeschlechtlichen Menschen als Totem der Männer und Frauen und ignorieren das Tötungstabu, schließlich sind wir die Geschlechtermacher.
4. Am rechtlichen Anfang war das Standesamt: Mediziner, mein Geschlechtergott, sage mir, was darf ich melden?
5. Am revolutionären Anfang war der Zwitter: was soll das alles eigentlich? Seid ihr alle zu dumm, um logisch zu denken? Fehlt Bildung? Intelligenz? Seid ihr krank? Was ist euer Problem, dass ihr euch so offensichtlich blamieren müßt?
6. Am wissenschaftlichen Anfang waren Biologie und Genetik. Sie behaupteten nicht mehr, irgendeine Aussage über "Geschlecht" treffen zu können. Das wurde ihnen nicht nur von der Medizinergemeinde verübelt.
7. Am sozialen Anfang II waren die Menschenrechtler und Pädagogen. Sie waren nicht mehr willens, einer Wissenschaft voller Lug und Trug Glauben zu schenken ...

Punkt 6 und 7 sind science fiction.

© Copyright AGGPG - 2001

Siehe auch:
- "Medizinische Intervention als Folter" - Michel Reiter 30.6.2000 
- "Genitalverstümmelungen in Deutschland in der Kinder- und Jugendgynäkologie" - AGGPG 1996
- "Für die Kinder kämpfen wir" - Michel Reiter, 1997 
- "Vernichtung intersexueller Menschen in westlichen Kulturen" - AGGPG 1998
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- "Medizinische Intervention als Folter" - Michel Reiter 30.6.2000 
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?
- Anliegen an den Deutschen Ethikrat 2010

 

Friday, July 9 2010

"Genitalverstümmelungen in Deutschland in der Kinder- und Jugendgynäkologie" – AGGPG (1996)

[ Dokumentation der Seite auf der Homepage der Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG): http://home.t-online.de/home/aggpg/is_tdf.htm ]
 

Zeitschriftenartikel


Genitalverstümmelungen in Deutschland

in der Kinder- und Jugendgynäkologie


Zwei AutorInnen der AG gegen Gewalt
in der Pädiatrie und Gynäkologie


In Deutschland leben mindestens - vage geschätzt - 24000 weißhäutige Menschen ohne bzw. mit verstümmeltem Lustorgan (Klitoris / Penis), an welchen i.d.R. im Alter von 1-2 Jahren durch Kindergynäkologen Operationen vorgenommen wurden.
Die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher, da o.g. Zahl lediglich als intersexuell Eingestufte betreffen, hinzu kommen genitale Eingriffe bei etwa 5% (Pelzer/Distler 1994) der weiblichen Bevölkerung mit der Diagnose genitale Fehl- und Mißbildung. Von weiteren Praktiken, wie auch von dieser, existieren zumeist weder in der Öffentlichkeit noch in der ÄrztInnenschaft Kenntnisse.

Geschichte der Genitalverstümmelung
Genitalverstümmelungen in westlichen Ländern durch Chirurgen haben Tradition. So entfernte im 17. Jahrhundert der Chirurg Dionis auf Veranlassung der Ehemänner Frauen die Klitoris, um „pflichtbewußte“ Frauen aus ihnen zu machen, 1864 empfahl ein berühmter Chirurg, die Klitoris zu schützen und zu diesem Zweck die Schamlippen zusammenzunähen, 1900 empfahl D. Pouillet, die empfindlichen Teile mit Silbernitrat zu verätzen, damit sie nicht weiter „Hand an sich legten“, desweiteren wurden Frauen durch Amputation oder Ausbrennen der Klitoris von der Masturbation „geheilt“ (geschichtlicher Hintergrund aus Schüler / Bode, 1992 und Walker, 1993).
Bereits 1937 wird in diesem Zusammenhang von der Behandlung „genitaler Abnormalitäten“ (Young, 1937) geschrieben.

Kindergynäkologie
Als Begründer der Kindergynäkologie gelten der ungarische Kinderarzt Dobszay und der Frauenarzt Schauffler 1939. Der erste Praktiker auf diesem Gebiet war der tschechische Gynäkologe Peter, in Prag entstand in den vierziger Jahren die erste gynäkologische Abteilung, 1953 wurde der weltweit erste Lehrstuhl für Kindergynäkologie eingerichtet. 1963 legte Dewhurst im Buch „Gynecological Disorders of Infants and Children“ seine Erfahrung mit „Mißbildungsbehandlungen“ bei Mädchen dar, 1967 begann Alfons Huber in Österreich kindergynäkolgische Sprechstunden abzuhalten, Deutschland zog 1970 mit einer kindergynäkologischen Ambulanz in Mainz nach.
Es kann angenommen werden, daß seit der Eroberung des Frauenkörpers durch die Medizin Genitalverstümmelungen mit wechselnden Argumenten durchgeführt werden.

Medizinische Betrachtung
Heute greifen Kinder- und Jugendgynäkologen auf Morphologien zurück, für die sie freilich selbst die Normen setzen. Hiernach darf zum Beispiel eine Klitoris in keinem jugend- und kindergynäkologischen Alter größer als 1 cm sein. Neben einer vergrößerten Klitoris können auch Vagina bzw. Gonaden (Eierstöcke, Hoden) nur „unzureichend“ ausgebildet sein oder es werden sonstige Normabweichungen vorgefunden.
Eine intersexuelle Genitalentwicklung - d.h. einem Auftreten entweder von physischen Charakteristiken beider offiziell anerkannter Geschlechtsmerkmale in einem Menschen oder ein Vorkommen uneindeutiger bzw. dem „offiziellen“ Geschlecht entgegengesetzter Chromosomenvariationen - existiert bei etwa 4% (Fausto-Sterling 1993) der Gesamtbevölkerung.

Das „Krankheitsbild“ AdrenoGenitalesSyndrom
Wir wollen stellvertretend das „Krankheitsbild“ AGS herausgreifen:
Es werden während der Schwangerschaft nach Bildung der inneren Geschlechtsorgane statt des normalerweise von den Nebennierenrinden produzierten Cortisol nur Androgene gebildet, weil ein bestimmtes Enzym fehlt.
Dies hat in der Folge ab dem 4./5. Schwangerschaftsmonat Auswirkungen auf die Entwicklung der äußeren Geschlechtsorgane, welches für Karyotyp 46,XX eine Virilisierung impliziert, welche ggf. operativ behoben wird. Das äußere Erscheinungsbild kann für ungeübte Augen dem eines Knaben mehr oder weniger entfernt ähneln.
Bei AGS gibt es zwei unterschiedliche Enzymdefekte mit den folgenden Auswirkungen:

1. AGS mit Salzverlust: Sowohl Glucorticoide, als auch Mineralcorticoide werden nicht gebildet. Es ist dabei zuviel Kalium und zu wenig Natrium im Blut und es kommt oft zu lebensgefährlichen Stoffwechselkrisen, wenn die Cortisonsubstitution ausbleibt. Alle Mädchen haben bereits bei der Geburt eine vergrößerte Klitoris und zusammengewachsene Venuslippen (Prader 4 und 5).

2. Unkompliziertes AGS (ohne Salzverlust): Leichtere Form mit weniger sog. "Virilisierung". Nur das Glucorticoid wird nicht gebildet und muß substituiert werden.
Genetisch männliche AGS-Geborene mit ebenfalls erhöhter Androgenwirkungen gelten als gut entwickelt und nicht operationsbedürftig. Es werden Cortison und bei Salzverlust Mineralkortikoide substituiert, und sie tragen ein erhöhtes Risiko, an Hodenkrebs zu erkranken.
Die Geschlechtszugehörigkeit steht medizinisch zu keinem Zeitpunkt in Frage, da man sich nur an der chromosomalen Struktur orientiert.

Die „Behandlung“ von AGS bei dem weiblichen Geschlecht Zugewiesenen:
Die Diagnose erfolgt in der Regel gleich nach der Geburt,

  • da ein intersexuelles Genital ausgebildet ist, das Kind also optisch nicht sofort von einem Jungen zu unterscheiden ist, der Mutter aber aufgrund von einer Fruchtwasseruntersuchung mitgeteilt wurde, daß das Baby weiblichen Geschlechts sei,
    oder
  • das Neugeborene erbricht ständig, so daß AGS mit Salzverlust vorliegen könnte
    In diesen Fällen wird eine Röntgenuntersuchung zur Feststellung der inneren Genitalorgane vorgenommen.
    Nach Diagnosestellung wird (lebenslang) mit Cortison behandelt, um die Androgenwirkung herabzusetzen, Minderwuchs zu verhindern oder den manchmal in diesem Zusammenhang auftretenden Salzverlust auszugleichen. Obwohl eine Cortisonsubstitution keine Nebenwirkungen haben sollte, ist die Einstellung oft nicht optimal, und es muß mit den bekannten Nebenwirkungen (Cushing-Syndrom, Depressionen, Osteosporose) gerechnet werden.
    Ab einer Virilisierung nach 'Prader 2' wird die Klitoris reduziert, je nach Ausprägung auch die Harnröhre verlegt sowie eine Neovagina konstruiert (meist aus Darmgewebe).
    Das Setzen einer Neovagina wird meist damit begründet, daß ein Abfluß für Menstruationsblut geschaffen werden muß, da durch die Cortisongaben die Östrogensynthese nicht mehr gedrosselt ist.
    Ärztliche Versicherungen an Eltern, das Kind werde sich zu einem 'normalen' Mädchen entwickeln, basieren eher auf heterosexistischem Wunschdenken als auf empirischen Belegen, denn mindestens 60% aller AGS-Frauen sind lesbisch, weitere 20% bisexuell. Schwangerschaften sind äußerst problematisch. Bei Salzverlust wird frau schwer schwanger, kann die Schwangerschaft dann aber - vermutlich wegen der peniblen Medikamentierung - besser halten.

Operationen
Es erfolgen häufig mindestens zwei Operationen unter Vollnarkose.
Die erste dient einer Aufhebung der diagnostizierten Intersexualität. Dabei wird der nach außen hin sichtbare Bereich der Klitoris reduziert, bis 1982 bedeutete dies die Amputation derselben. Obwohl von einer Klitorisschaftresektion bei gleichzeitigem Erhalt der Glans und dem dazugehörigen Nervenbündel erstmals 1961 berichtet wurde (Altwein, 1989), wurden noch 20 Jahre später Amputationen vorgenommen.
Seit etwa 1980 werden diverse andere Operationstechniken angewandt: So wird die Klitoris z.B. mit der sog. „Zieharmonikatechnik“ „verkürzt“. Dies bedeutet die Entfernung der Schwellkörper und Falten der übrigen Haut, so daß der optische Eindruck entsteht, eine Klitoris sei noch vorhanden. Oder die Klitoris wird „gerafft“ und nach innen, das heißt unter die Venuslippen verlegt. Oder es wird versucht, die Glans zu erhalten, oder „nur“ die Klitorisvorhaut entfernt oder oder...
Diese Operation wird im Alter zwischen 6 und 36 Monaten durchgeführt, also so früh wie möglich, da die Ärzte der Meinung sind, daß das Mädchen dann nichts davon mitbekommt. Als Grund für die Klitoris'reduktion' wird deren Größe angegeben; deren 'penisähnliche Erscheinung', für die 'sich das Mädchen später schämen werde.'
Unter männlichen Kollegen ist unumstritten, daß eine störungsfreie geschlechtsspezifische Erziehung nur möglich ist, wenn eine eindeutige Geschlechtsidentifikation frühestmöglich gegeben ist (nach Hecker, 1982). Mag man als Kritikerin dieses Argument akzeptieren oder nicht, so steht doch fest, daß Klitorisreduktionen allein kosmetische Bedürfnisse befriedigen sollen, ansonsten jedoch eher dysfunktional sind, da die Empfindungsfähigkeit drastisch reduziert wird.
Wesentliche Anforderungen an ein „gutes kosmetisches Ergebnis“ ist, daß die Klitoris klein ist und normgerechte Proportionen des Harnleiter- und Vaginalausganges gewährleistet sind.

In der zweiten Operation wird die Kohabitationsunfähigkeit aufgehoben und eine „Neovagina“ gesetzt, indem der durch Venuslippen verdeckte Vaginaleingang offengelegt und mit einer Vaginaleingangs“plastik“ „verstärkt“ wird. Die Venuslippen werden hierfür zuvor durchtrennt. Das verwendete Material bei dieser „Plastik“ ist häufig ein Stück Haut aus dem Darmgewebe. Diese Operation erfolgt z.T. auch heute noch im Alter zwischen 2 - 5 Jahren. Mittlerweile favourisieren Chrirgen zunehmend das 'Setzen' einer sogenannten Neovagina zum Zeitpunkt des erwarteten Wunsches nach Geschlechtsverkehr ab etwa 11 (!) Jahren. Bei einer Vaginalopertion in der Pubertät wird entweder nach Abheilung sofort zum Geschlechtsverkehr geraten oder ein Penisersatz (Scheidenprothese) verschrieben, der über Nacht zu tragen ist.

Bougierungen
Unter „bougieren“ wird die künstliche Erweiterung einer Körperöffnung, oftmals um das Verschließen einer Öffnung z.B. durch Narben zu verhindern.
Sofern eine Vaginalöffnung in Kindesalter erstellt wurde, folgen jahrelange sogenannte Bougierungen, d.h. Dehnung der Vagina, etwa alle 3-12 Monate in ambulanter Behandlung bis etwa zum 15. Lebensjahr, meist unter örtlicher Betäubung, manchmal angeblich auch ohne. Bougiert wird mit 'Hegarstiften', d.h. mit Metallstäben (benannt nach dessen Erfinder) und einem vorgegebenen Durchmesser in mm bis etwa 'Hegar 24'.
Bei den Vaginalbougierungen, die eine der AutorInnen erlebte, begann mann im Alter von ca. 4 Jahren mit „Hegar 10“ und beendete diese im Alter von ca. 14 Jahren mit „Hegar 24“, da zu diesem Zeitpunkt den Ärzten die Vaginalöffnung groß genug erschien, so daß kein weiteres Kohabitionshindernis bestehe. Eine Nachoperation erfolgte jedoch im Alter von 16 Jahren. Die Bougierungen wurden in 1/2 bis 1-jährigen Abständen unter Vollnakose durchgeführt. Es wird berichtet, daß Ärzte die Mütter dazu anhalten, zu Hause ihre Kinder selbst zu bougieren.

Weitere Behandlung
Es finden zahlreiche gynäkologische Untersuchungen zu diesem Feminisierungsprozeß statt, denn der Hormonhaushalt und das Körperlängenwachstum sollen kontrolliert werden, die Größe der Vagina wird durch Fingerpenetrationen kontrolliert. Unwahrscheinlich ist jedoch, daß diese in Abständen von einigen Wochen wächst.
Insgesamt finden bis zur Volljährigkeit oder dem Abbruch der Behandlung mit Eintritt der Pubertät, was häufiger vorkommt, oftmals etwa 500 gynäkologische und endokrinologische Untersuchungen statt.

Erstellung von Bildmaterial
Ferner wird Bildmaterial angefertigt: Nahaufnahmen der Genitalien gehören hier ebenso zum Standard wir Ganzkörperablichtungen. Aufnahmen werden ohne Genehmigung in medizinischer Fachliteratur wiedergegeben.
Neben Röntgenaufnahmen zur Größenfeststellung der Organe werden vor allem nach den Operationen Genitalnahaufnahmen zur optischen Dokumentation des Wachstums sowie zur bildlichen Dokumentation des Operationsverlaufes (genitale Optik vor und nach der Operation) angefertigt. Auch noch im pubertierenden Alter werden Ganzkörperaufnahmen, nackt, vor einer Rasterwand in Vorder- und Seitenprofil erstellt.
Da ebenso Zeichnungen der Aussagekraft genügen würden, stellt sich die Frage nach der Motivation, Bildmaterial anfertigen zu lassen. Es sind Bilder, die im nicht-klinischem Kontext von pornographischem Material nicht oder kaum zu unterscheiden sind.

Die Qualität der Operationen
Es wird behauptet, daß bei einer Reduktion die nervale und funktionale Integrität der Klitoris gewährleistet bleibt.
Dies ist zum einen technisch nicht machbar, denn bei der Schwellkörperentfernung, der Absenkung der Klitoris, dem Vernähen der inneren Schamlippen, sofern vorhanden, und gegebenenfalls Verlegung der Harnröhre, wenn diese sehr nahe an der Klitorisunterseite mündet, kommt es zu schwerwiegenden Nervenverletzungen. Über die verbliebenen Klitorisreste wird die Haut meist so eng gespannt, daß eine Erektion im Erwachsenenalter schmerzhaft ist. Zudem treten Schmerzen durch nicht-dehnbare Vernarbungen auf.
Zum anderen stellt sich die Frage, wie diese Integrität erfaßt werden soll. Man ist auf die Aussagen der Operierten angewiesen, und es ist schwierig, hierzu korrekte Angaben zu erhalten. Wenn keine oder nur eingeschränkte Empfindungen vorhanden sind, wird dies wohl kaum gegenüber derjenigen Person oder Institution angeführt werden, die eben diese Empfindungseinschränkung hervorgerufen hat.
Bleiben nur noch Spannungsmessungen an den Nerven mittels Stromimpulsen (beschrieben in Altwein, 1989) oder Masturbation am verstümmelten Organ durch den Arzt (nur vermutet, nicht dokumentiert).

Wir wissen, daß klitorale Operationen, gleich welcher Art, zu massiven Empfindungseinschränungen bis hin zur Empfindungsunfähigkeit führen.

Häufig finden vaginale Nachoperationen statt, da nach den Bougierungen unter Umständen nicht einmal ein Tampon eingeführt werden kann (nach Aussage einer Verstümmelten). Mit Ankündigungen wie „Hier werden so große Scheiden gebaut, so große gibt’s normalerweise gar nicht!“ oder „Wir machen Ihnen eine Scheide so groß Sie wollen!“ (O-Ton W. Ch. Hecker) wird geworben und gerne nachoperiert.

Notwendigkeit der Operationen
Dringend geboten sind ärztliche Interventionen ausschließlich bei akuter Lebensgefahr wie durch den Salzverlust bei manchen Formen von AGS oder durch gonadale Tumore bei manchen Formen von Gonadendysgenesie (Fehlen funktionstüchtiger Keimzellen). Die Mehrzahl der Eingriffe hat eher 'kosmetischen' Charakter, um eine auffällige Morphologie unauffällig zu machen.
In solchen Fällen spricht man oft von intersexuellen Genitalien und legitimiert mit dieser pathologisierenden Kategorie chirurgische Eingriffe. Diese Begriffsprägung kritisieren wir jedoch, da auch Personen mit 'echter Intersexualität', also Varianten der gonadalen Ausdifferenzierung, unauffällige äußere Aspekte haben können (Bei Turner und Noonan etwa eindeutig weiblich), während 'Pseudo-Intersexen' oft äußerlich auffälliger sind (PAIS, manche AGS-Formen).

Die Behandlungen können ohne Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durchgeführt werden, da die operativen Komponenten in Fachbüchern oft fehlen und die Operationen von leitenden Ärzten in klinischen Fachbereichen durchgeführt werden. Es fehlt an adäquater inhaltlicher Aufklärung der Betroffenen durch die Ärzte, die jeweilige 'Störung' wird meist extrem pathologisiert. Auf Nachfragen reagiert die Ärzteschaft meist sehr abwehrend. Gleichzeitig fehlen Angebote zur psychologischen Unterstützung. Zudem existieren - bisher - kaum Kontakte zwischen erwachsenen Betroffenen, vermutlich weil aus Scham und Angst nicht über das Erlebte gesprochen wird.

„Intersexualität“: Norm und Variation
In der geltenden Gesellschaftsform ist das männliche Geschlecht die positiv definierte Kategorie, während das weibliche Geschlecht die per Ausschlußverfahren negativ definierte Restkategorie darstellt. Intersexualität hingegen stellt den „Kathastrophenfall“ dar. Sie ist eine weitere NEGATIVE, d.h. per Ausschlußverfahren definierte RESTKATEGORIE für alles, was außerhalb der Normsetzung in einer Ideologie der Zweigeschlechtlichkeit übrigbleibt. Da „Geschlecht“ ein soziales Konstrukt ist, ist auch die Einstufung 'intersexuell' von sozialen Faktoren abhängig (stellvertretend Kessler/McKenna 1978). Die Pathologisierung von Varianten geschlechtlicher Ausdifferenzierung ist also keine „naturgesetzliche Notwendigkeit“, wenn dies auch viele Vertreter eines biologistischen Ansatzes anders sehen.
Dringend geboten sind ärztliche Interventionen ausschließlich bei akuter Lebensgefahr wie durch den Salzverlust bei manchen Formen von AGS oder durch gonadale Tumore bei manchen Formen von Gonadendysgenese . Die Mehrzahl der Eingriffe hat jedoch eher „kosmetischen“ Charakter, insofern eine auffällige Morphologie unauffällig gemacht werden soll. Früher ging man davon aus, daß ein zeugungsunfähiger Mann es im Leben immer noch leichter hat als eine gebärunfähige Frau. Infolgedessen wurden Vaginas zugenäht und zum Beispiel Menschen mit AGS als Männer definiert und behandelt. Heute hält man „Korrekturen“ in weibliche Richtungen generell für besser „gelungen“. Es wird davon ausgegangen wird, daß eine Frau mit reduzierter Genitalfunktion es im Leben leichter hat als ein Mann, der keinen „normalen“ Sex leben kann. Also werden 75-80% der Intersexuellen als Mädchen definiert. Bei dieser Betrachtungsweise gilt nur die Vagina als Pendant zum Penis, weil diese als 'relevantes' Körperteil für heterosexuellen Penetrationssex angesehen wird. Dieses heterosexistische und patriarchale Analogiemodell hält sich mit Hartnäckigkeit unter genitalverstümmelnden Chirurgen. Das entwicklungsgeschlechtliche Pendant zum Penis ist jedoch die Klitoris, während beim Fötus das Müller’sche Gangsystem, aus dem sich die Vagina entwickelt, bei männlicher Ausdifferenzierung degeneriert, das heißt, Männer können kein Pendant zur Vagina haben.
Ärzte achten oft nur auf eine „kohabitationsfähige“ Vagina. Auf eine annähernd ästhetische Gestaltung der Vulva legen sie wenig Wert legen. Insgesamt gilt das dann als „guter Kompromiß“ - für sie. Ob das die Betroffenen auch so sehen, zumal diese nicht einmal an der „Kompromißfindung“ beteiligt wurden, interessiert offensichtlich nicht.
Um eine „Kompromißfindung“ geht es auch seltenst einmal bei einer ärztlichen „Aufklärung“ der Eltern, hier wird eher überredet. Meist geht es um „die Gesellschaft“ im Allgemeinen und im besonderen um die Unannehmlichkeiten, die den Eltern könnten, wenn beispielsweise andere beim Windelwechsel sehen könnten, „was für ein“ Kind sie haben... Es wird dann allen Ernstes empfohlen, daß nach einer Korrektur die Mutter ihre Freundinnen die Genitalien ihres Kindes sehen läßt, um Diskussionen ein für allemal zu beenden. Wir fragen uns, welche Mutter eines „normalen“ Kindes es nötig hat, auf solch drastische Weise die „Normalität“ ihres Mädchens unter Beweis zu stellen und sind der Ansicht, daß sie erst durch solch übertrieben-demonstratives Verhalten von den Eltern in ihrer sozialen Umgebung irreparabel diskreditiert wird.

Psychosexuelle Auswirkungen
Es ist schwer, die psychologischen Auswirkungen der Behandlung zu benennen, da dies maßgeblich davon abhängt, welche Bereiche die Betroffenen bereits selbst reflektieren konnten. Entsprechende Auswertungen von kritischen Fachfrauen fehlen.
Die psychischen Auswirkungen der Genitalverstümmelung können tief im Unterbewußtsein der Betroffenen verankert sein und verschiedene Verhaltens“störungen“ (wir nennen sie Antworten und Reaktionen) hervorrufen.
Die Betroffenen reagieren mit Gefühlen der Unvollständigkeit, Angst, chronischer Gereiztheit, sexuellem Desinteresse und Psychosen. Schwere Depressionen sind sehr häufig, die Selbstmordrate ist hoch. Der Vertrauensverlust gegenüber dem engsten Umfeld ist eine weitere Folge.
Nicht selten wird auch eine Revision der geschlechtlichen Zuweisungsentscheidung verlangt, wobei das medizinische Establishment gerne vorschnell die Betroffenen zu Transsexuellen erklärt, anstatt ihren Status als falsch behandelte Iintersexuelle anzuerkennen.
Als Ursache der Traumata sind in jedem Fall medizinische Eingriffe (OP’s, Bougierungen, sonstige Nachuntersuchungen) eindeutig auszumachen. Nicht zu unterschätzen ist vor allem die Rolle von „Nachversorgungen“, die die primäre traumatische Erfahrung verstärken. Alleine aus diesem Grund ist von OP’s in frühkindlichem Alter dringendst abzuraten, da sich Nachbehandlungen dann durch die gesamte Kindheit und das Jugendalter hindurchziehen.
Unmittelbare Auswirkungen auf Kinder werden meist ausgeblendet oder billigend als das „kleinere Übel“ in Kauf genommen und sind kaum dokumentiert. Wir wissen jedoch aus eigenen Recherchen, daß Reaktionen bis zum vorübergehendem totalen Sprachverlust und gravierenden Störungen der weiteren kognitiven Entwicklung gehen kann.
Daß sich die Betroffene bei den Untersuchungen schämt, ist selbstredend. Viel schlimmer ist jedoch, daß sie sich vor ihren eigenen Genitalien zu ekeln lernt und bei der permanenten Begutachtung von außen, beginnend bereits im Kleinstkindalter, nicht in der Lage ist, ein eigenes Ich, eine Ich-Identifikation aufzubauen und dahingehende Versuche ständig im Keim zerstört werden.
Doch selbst wenn dem Kind durch die Operation während der Kinder- und Jugendjahre die psychosoziale Belastung erspart bleiben würde, so sind die Operationen irreparabel.
Da nach herrschenden Maßstäben ein Kriterium für eine „gelungene“ Korrektur auch die heterosexuelle Orientierung „des Patienten“ ist, müßte alleine aus diesem Grunde in der Mehrzahl der Fälle „Scheitern“ konstatiert werden, denn eine deutliche Mehrheit von Intersex-Überlebenden ist lesbisch, bisexuell oder schwul.

Psychosoziale Probleme können niemals chirurgisch/endokrinologisch gelöst werden. Stattdessen muß eine fundierte psychologische Betreuung der ganzen Familie stattfinden. Nur so kann sichergestellt werden, daß sich ein Kind selbst für verschiedene Alternativen entscheiden kann. Bisher werden Kinder in sehr frühem Alter bei gleichzeitigem Verschweigen ihres ursprünglichen Geschlechtes korrigiert, um eine vorzeitige Bewußtwerdung als Intersexuelle zu verhindern. Doch dies ist insofern absurd, da das Kind durch eben diese medizinischen Mißhandlungen den Eindruck bekommt, es sei zwar ein Junge (oder Mädchen), aber als solches/r abnormal.

Wir gehen davon aus

  • daß alle Ereignisse aufgenommen werden, demnach auch die unter Narkose und im Kleistkindalter
  • daß die Operation bzw. Bougierung, in welchem Kontext auch immer, doch den ersten sexuellen Kontakt darstellt

Zusammenfassende Bewertung
Genitalverstümmelung an Menschen ist in jedem Kontext die physische Umsetzung des patriarchalen heterosexistischen Gedankengutes mit dem Ziel der psychischen Unterwerfung und Vernichtung.
Sie zeugt in den hier geschilderten Fällen von einer frauenverachtenden Einstellung und von ausgeprägtem Sadismus. Um die insgesamt ausgelebte Brutalität der beteiligten Ärzte an den betroffenen Kindern erklären zu können, kann ein pädophiles Anliegen vermutet werden.
Wie sonst ist es zu erklären, daß wider besseren Wissens einem Mädchen die Klitoris abgetrennt wird, sie auf Lebzeit verstümmelt wird, daß ein kleines Kind immer wieder und ohne neue Veranlassung mit Fingern penetriert wird, bis es blutet, daß ein Mädchen als Kind vergewaltigt wird, um dann mit 14 Jahren „gebrauchsfertig“ zu sein für künftige Penetrationen, daß pornographisches Bildmaterial anzufertigt wird und dann nach all dem Dankbarkeit erwartet wird für die „wichtige Lebensbegleitung zu einer erfüllten Geschlechtsidentität“?
Mit welcher Selbstverständlichkeit wird davon ausgegangen, daß eine heterosexuelle Lebensweise, ausgelebt durch die Penetration des Mannes, die einzig wünschenswerte sei!

Faschismus
„Der moderne Genozid verfolgt ein höheres Ziel. Die Beseitigung des Gegners ist ein Mittel zum Zweck, eine Notwendigkeit, die sich aus der übergeordneten Zielsetzung ergibt. Dieses Ziel ist die Vision einer besseren, von Grund auf gewandelten Gesellschaft. Der moderne Genozid ist ein Element des ‘Social Engeneering’, mit dem eine soziale Ordnung realisiert werden soll, die dem Entwurf einer perfekten Gesellschaft entspricht ... Das ist die Vision des Gärtners, nun allerdings über die ganze Welt gehegt ... Dieser Gärtner haßt das Unkraut, das Häßliche inmitten des Schönen, die Unordnung inmitten der Ordnung ... Nicht als solches muß das Unkraut ausgerottet werden, sondern weil es die schöne Ordnung des Gartens verhindert [...] Alle Vorstellungen von einer Gesellschaft als Garten definieren bestimmte soziale Gruppen als Unkraut: Unkraut muß ausgesondert, gebändigt, an der Ausbreitung gehindert werden, von der Gesellschaft ferngehalten und wenn all dies nichts nützt, vernichtet werden.“ (Baumann (1992): Dialektik der Ordnung. Die Moderne und der Holocaust, Hamburg)

Betroffene erleben Bougierungen und gynäkologische Untersuchungen als Vergewaltigungen, die Behandlungsverläufe insgesamt als Folter.
Der gesamte Behandlungsablauf stellt schwerste Köperverletzung sowie eine gravierende Verletzung von Frauen- und Menschenrechten dar.

Wer wir sind und was wir wollen
Wir stehen im Kontakt mit anderen Betroffenen sowie einer internationalen Vernetzung Intersexueller. Dennoch ist die Kontaktierung weiterer gynäkologisch Geschädigter ein sehr langwieriger Prozeß. Daher suchen wir primär weitere Betroffene zum Erfahrungsaustausch, aktuell jedoch auch InteressentInnen, die in ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich diesen Themenkomplex weiter verfolgen wollen.

Wir wollen neben diesem Kontaktnetz mit Lobbyistinnen u.a.

  • Öffentlichkeitsarbeit durch Herausgabe von Broschüren und Vorträgen leisten, die eine öffentliche Diskussion um die Intersexualität und Genitalverstümmelung anregen sollen,
  • eine unabhängige Beratungsstelle gründen, um
  • eine alternative, psychologische und gynäkologische Beratungsmöglichkeit für Eltern zu bieten,
  • Genitalverstümmelungen mit den dazugehörigen gynäkologischen Untersuchungen Minderjähriger und Bougierungen durch Öffentlichkeitsarbeit, Beratung und Auflärung zu stoppen und
  • Prozeßhilfen bei Schadensersatzforderungen für Betroffene bereitzustellen.

zitierte Literatur


Altwein, 1989: Zeitschrift für Kinderchirurgie (Sonderdruck 1989), Hippokrates, Aufsatz von J.E. Altwein und J. Homoki

Fausto-Sterling, 1993: aus „re-membering a queer body“ von Morgan Holmes in: Undercurrents (publ. by Faculty of Environmental Studies, York University), May 1994, S. 11-13

Hecker, 1982: aus „Zeitpunkt, Operation und Ergebnisse der Korrektur des intersexuellen Genitale“, „Wissenschaftliche Information“ Milupa, 1982, S. 245

Pelzer/Distler, 1994: Praxis der Kinder- und Jugendgynäkologie, Enke-Verlag

Schüßler/Bode, 1992: Geprüfte Mädchen, Ganze Frauen - zur Normierung der Mädchen in der Kindergynäkologie, efef-Verlag

Walker, 1993: Das geheime Wissen der Frauen, 2001 und dtv

Young, 1937: Young HH: Genital Abnormalities, Hermaphroditism and Related Adrenal Disease. Williams an Wilkins. Baltimore, 1937, S. 119-123

Anmerkung zu Terre des Femmes [2001]: Dieser Verein lehnt ein politisches Aufgreifen der Thematik seit März 1996 ohne Angabe von Gründen ab - trotz seinem Engagement zu Genitalverstümmelungen in Afrika. Die Koopertionsbereitschaft weißer Anti-FGM Gegnerinnen gilt weltweit als die schlechteste überhaupt. Sie ist schlechter als jene von ÄrztInnen. Der Abdruck dieses Artikels war das bislang einzige Engagement von TDF zu diesem Komplex.


Siehe auch:

- Selbstdarstellung der AGGPG 
- "Für die Kinder kämpfen wir" - Michel Reiter, 1997
- "Vernichtung intersexueller Menschen in westlichen Kulturen" - Flugblatt AGGPG (1998)
- "Medizinische Intervention als Folter" - Michel Reiter 30.6.2000 
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung (Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal")
- Genitalverstümmelungen an Zwittern gleich schädlich wie weibliche Genitalverstümmelung - Terre des Femmes, 2004
- Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Amnesty Deutschland: Historischer Entscheid für "Menschenrechte auch für Zwitter!"

Wednesday, June 30 2010

Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: Business as usual (II)

>>> "Du sollst den Begriff 'intersexuell' nicht unnütz gebrauchen!" (I)
>>>
Heute im Bundestag: Zwitter als Kanonenfutter für "sexuelle Identität"

Bald seit Jahrzehnten beschweren sich zwangsoperierte Zwitter darüber, dass sie in der Öffentlichkeit und insbesondere in der Politik von anderen Interessegruppen für deren eigene Anliegen als Mittel zum Zweck missbraucht und instrumentalisiert werden. Seit mehr als 13 Jahren kritisieren auch solidarische Nicht-Zwitter diese Vereinnahmungen u.a. als "Kolonialisierungskaskaden".

Diese Vereinnahmungen tragen dazu bei, dass die Hauptforderung der Zwitterbewegung, nämlich die schnellstmögliche Beendigung der chirurgischen Genitalverstümmelungen an Zwitterkindern und sonstigen medizinisch nicht notwendigen Eingriffe ohne die Informierte Zustimmung der Betroffenen, in der öffentlichen Wahrnehmung ausgeblendet und unsichtbar gemacht werden, ebenso wie überhaupt die Existenz und die Leiden der Zwangsoperierten selbst – während gleichzeitig dauernd über Zwitter geredet wird und in der Öffentlichkeit das Gefühl vorherrscht, es "werde ja etwas getan".

Das einzige, was aber real "getan wird", ist, dass die Beendigung der Genitalverstümmelungen unnötig hinausgezögert wird.

Die VereinnahmerInnen selbst kümmert das alles offensichtlich herzlich wenig. Unverfroren behaupten sie die ganze Zeit noch, SIE würden ja etwas für das Wohlergehen der leidenden Zwitter tun! (Vgl. z.B. die aktuelle CSD-Pressemitteilung.)

So auch die altbekannten Figuren im Bundestag. Im Zeitraum vom 26.11.09-3.2.10 hatten sie dafür gesorgt, dass in 12 offiziellen Bundestagsdokumenten der Begriff "intersexuell" für die Anliegen anderer Interessengruppen missbraucht wurde (meist die der VereinnahmerInnen selber).

Und immer noch vereinnahmen sie offensichtlich unbeirrbar weiter: Seit dem 4.2.10 bis heute 30.6.10 wurden Zwitter bereits in weiteren 17 offiziellen Bundestagsdokumenten missbraucht, wie eine Bundestags-Onlinesuche belegt

Sprich, in den letzten 7 Monaten wurden "Intersexuelle" in total 29 Bundestagsdokumenten für politische Forderungen Dritter verheizt.

Der politische Schaden, der damit angerichet wird, ist immens.

Konkret sorgten die VereinnahmerInnen in den letzten 7 Monaten dafür, dass im Durchschnitt  JEDE WOCHE ein neues Bundestagsdokument publiziert wurde, in dem Zwitter zwar erwähnt werden und politische Forderungen im Namen der Zwitter aufgestellt werden – KEIN EINZIGES MAL ging es dabei konkret um die Beendigung der Genitalverstümmelungen – sondern im Gegenteil wurden Zwitter dabei JEDESMAL für Anliegen anderer vereinnahmt und missbraucht! 

Im selben Zeitraum wurden in Deutschland über 200 Zwitterkinder irreparabel genitalverstümmelt!!

Und JEDEN TAG wird ein weiteres Kind genital zwangsoperiert!!!

Und die ganze Zeit lenken die VereinnahmerInnen die öffentliche Wahrnehmung und den politischen Diskurs – weg vom Kampf der Zwitter gegen die Genitalverstümmelungen, und hin auf ihr eigennütziges politisches Süppchen ...

Und tragen so aktiv dazu bei, dass die Genitalverstümmelungen an wehrlosen Zwitterkindern unnötig andauern. Die Zwangsoperateure und ihre Helfershelfer und Zulieferer freut's.

Die versammelten Zwitter-VereinnahmerInnen im Bundestag usw. machen sich so zu MittäterInnen und sollten auch als solche behandelt werden.

Würden schon ein paar wenige von ihnen zur Abwechslung mal an den eigenen Geschlechtsteilen etwas genital zwangsoperiert, hätten sie bestimmt ziemlich schnell andere Parolen – wetten?!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

>>> "Du sollst den Begriff 'intersexuell' nicht unnütz gebrauchen!" (I)
>>>
Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung

Siehe auch:
- Historischer überparteilicher Vorstoss gegen Genitalverstümmelung in Kinderkliniken
- Warum Zwitterforderungen, worin zu oberst nicht die schnellstmögliche Beendigung der Zwangsoperationen steht, keine Zwitterforderungen sind, sondern Vereinnahmung
- Warum Zwitterforderungen, worin es um "sexuelle Identität" geht statt um "Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung", keine Zwitterforderungen sind, sondern Vereinnahmung 
- Du sollst nicht die Leiden der Zwitter als Aufhänger und 'Material' für deine eigenen Forderungen und Kämpfe benutzen! 
- "Intersexualität" = "sexuelle Identität und Lebensweise"??! – Grüne VereinnahmerInnen immer noch nichts gelernt 
- Klaus Wowereit und Ole von Beust: Komplizen der Zwangsoperateure inszenieren sich als "Zwitter-Schützer"
- LSVD und Zwittervereinnahmung: 1 Schritt vor, 3 Schritte zurück? 
- Heute im Bundestag: Zwitter als Kanonenfutter für "sexuelle Identität" 
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002
- Geschlecht: Zwangsoperiert 
- Liminalis: Aus Transschändrien nix neues
- "Who killed David Reimer?"
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung?!
- Vereinnahmung von Zwittern: Das Transgender Netzwerk Berlin TGNB macht's vor ... 
- Zwitter als Kanonenfutter für die Transgenderagenda?
- Heinz-Jürgen Voß in "Liminalis" 3 (2009) – Zwitter-Vereinnahmung wie gehabt ... 
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne
- Das Problem der Instrumentalisierung durch LGBTQ  
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität" 
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung
- Mit der Hoffnung im Herzen 

Wednesday, April 21 2010

Heute im Bundestag: Zwitter als Kanonenfutter für "sexuelle Identität" (Prof. Dr. Susanne Baer, Prof. Dr. Nina Dethloff)

>>> Nachträge 1-9

Solidarität mit Zwittern statt VereinnahmungHeute 21.4.10 findet um 12h im Bundestag eine >>> öffentliche Anhörung statt zu den erneuten Anträgen um Aufnahme von "sexuelle Identität" ins Grundgesetz. Insgesamt 9 JuristInnen werden dazu Stellungnahmen abgeben. Nachtrag 1: Alle haben inzwischen ihre Position schriftlich auf der Bundestagshomepage zugänglich gemacht.

Ob BefürworterInnen oder GegnerInnen, eines ist (Nachtrag 2: mit einer einzigen Ausnahme) allen gemeinsam:

Alle verwenden sie (u.a. entsprechend den Anträgen) den Begriff "Intersexuell", und alle verwenden sie ihn (wie auch die Anträge) vereinnahmend bzw. missbräuchlich.

Am schlimmsten treiben's dabei 2 "fortschrittliche" Befürworterinnen aus dem "Gender"- bzw. "Familien"-Umfeld:

Prof. Dr. Susanne Baer, LL.M., Direktorin GenderKompetenzZentrum, Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Humboldt Universität zu Berlin, sowie Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien der Humboldt-Universität zu Berlin

Prof. Dr. Nina Dethloff, LL.M., Direktorin Institut für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Nachtrag 3: Eine besondere Erwähnung verdient weiter >>> Prof. Dr. Bernd Grzeszick (PDF), LL.M., Direktor Institut für Staatsrecht, Verfassungslehre und Rechtsphilopsphie der Ruprecht-Karls-Univerität Mannheim, der es tatsächlich schafft, unter dem Zwischentitel "b) weitere Formen des Zusammenlebens"  "Intersexuelle" (als obligates Anhängsel von "Transgender") mit Polygamie in Zusammenhang zu bringen, und so deutlich illustriert, welch immensen politischen Schaden die Jahrzente langen LGBT-Vereinnahmungen anrichten.

Ausser Baer und Dethloff beschränken sich die übrigen JuristInnen zumeist darauf, den Begriff "Intersexuell" 1–2x als Zitat aus den vereinnahmenden Antragstexten zu übernehmen (Nachtrag 4 – Ausnahmen: Prof Dr. Winfried Kluth bringts auf 4 obligate Anhängsel unter "Personengruppe der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgenden [sic!], transsexuellen und intersexuellen Menschen", während Prof. Dr. Ute Sacksofsky als einzige ganz ohne "Intersexuelle" auskommt – es ginge also doch!).

Prof. Dr. Susanne Baer und Prof. Dr. Nina Dethloff wollen sich offensichtlich zusätzlich als grossartige Expertinnen profilieren.

Beide beweisen dabei letztlich vor allem eines: Dass sie von der Sache, nämlich von den konkreten und realen Problemen und Leiden der realen Zwitter, nichts kapiert haben (wollen), sondern einzig und allein auf Vereinnahmung aus sind.

Dabei gehen Prof. Dr. Susanne Baer und Prof. Dr. Nina Dethloff beide mit einer Arroganz vor, die schon von weiten zeigt, dass beide sich ihres Privilegs als Nicht-Zwitter auch nicht ansatzweise bewusst sind (bzw. nicht sein wollen) – nämlich, im Gegensatz zu den allermeisten Zwittern, sich in ihrem ganzen Leben noch nie um die Unversehrtheit ihrer Geschlechtsteile gefürchtet haben zu müssen:

Beide klammern sie die eigentliche Problematik der genitalen Zwangsoperationen und sonstigen uneingewilligten, kosmetischen Zwangsbehandlungen letztlich konsequent aus.

Ebenso verschweigen beide Rechtsprofessorinnen die grundlegende juristische Problematik mangelnder rechtlicher Mittel der Zwangsoperierten wegen der aktuell geltenden Verjährungsfristen.

Der Ausgang dieses Vereinnahmungs-Wettkampfs:

Mit 11 : 5  gewinnt Prof. Dr. Nina Dethloff gegen Prof. Dr. Susanne Baer nicht nur nach der Anzahl der missbräuchlichen Verwendungen des Begriffs "Intersexuell", sondern auch qualitativ in Sachen mutwilliger Ausblendung, Verdrehung und Vereinnahmung der konkreten Anliegen und Forderungen der Zwitter. Prof. Dr. Susanne Baer gewinnt dafür den Spezialpreis für besonders kreative Beschönigungen von medizynischen Verbrechen.

Die Herz- und Mitleidlosigkeit, mit der beide Professorinnen dabei zur Sache gehen, steht der mancher Zwangsoperateure wohl kaum nach.

Die Verdrehungen der beiden "Wissenschaftlerinnen" im einzelnen, jedoch ohne die Fussnoten (WARNUNG):

>>> Prof. Dr. Susanne Baer (PDF), LL.M., Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien der Humboldt-Universität zu Berlin [Direktorin GenderKompetenzZentrum]:

Intersexuelle – kurz gefasst: Menschen, die geschlechtsuneindeutig geboren werden - haben erst vor wenigen Jahren den Mut finden können, ihre Erfahrungen öffentlich zu thematisieren. Sie sind u.a. im Rahmen ihrer medizinischen Versorgung und auch sozial gravierenden Demütigungen, Ausgrenzungen und Benachteiligungen ausgesetzt. Die Möglichkeit, die eigene Identität zu leben und nicht an eine traditionelle Vorstellung von einem Geschlecht angepasst zu werden, besteht bislang nicht.

[...] Das ganz überwiegende Schweigen der Kommentar- und sonstigen Fachliteratur zu diesem Thema und zur Intersexualität trägt zur Benachteiligung der Betroffenen bei: Sie scheuen den Weg zum Gericht, denn die Grundrechte meinen sie bislang ausdrücklich nicht mit. 

[...] [„sexuelle Identität“] benennt nicht nur Hetero-, Homo- und Bisexualität („sexuelle Orientierungen“), sondern auch transgender- und transsexuelle sowie intersexuelle Lebensweisen.

Kommentar: Dass der medizynische Bereich überhaupt irgendwie angesprochen wird, wäre ja prinzipiell schon mal positiv. Die Formulierung "im Rahmen ihrer medizinischen Versorgung [...] gravierenden Demütigungen, Ausgrenzungen und Benachteiligungen ausgesetzt [zu sein]" als anscheinend euphemistische Umschreibung von Genitalverstümmelungen, Kastrationen, Zwangshormon"therapien" usw. erfreut jedoch wohl ausschliesslich Medizynerverbrecher und Konsorten. "[I]ntersexuelle Lebensweisen" ist zudem schon als Begriff einfach nur zum Lachen, vergleichbar etwa mit dem Insiderwitz "Nennen sie mir 3 intersexuelle Sexpraktiken", aber von Prof. Dr. Susanne Baer offensichtlich bitter ernst gemeint (oder etwa auch nur wieder eine euphemistische Umschreibung für "von klein an medizinischer Folter ausgesetzt sein"?). Damit zeigt sich in Verbindung mit dem oben erwähnten Statement von Prof. Dr. Bernd Grzeszick einmal mehr und schon wieder der immense realpolitsche Schaden durch vereinnahmenden Etikettenschwindel a.k.a. "bei LGBT mitgemeint". 

>>>
Prof. Dr. Nina Dethloff (PDF), LL.M ., Institut für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Intersexuelle, d.h. Personen, deren Geschlechtsmerkmale weder eindeutig weiblich noch männlich sind, kritisieren vor allem die Möglichkeiten, die für eine Eintragung des Geschlechts in die Geburtsurkunde bestehen13. De lege lata kann als Geschlechtsbezeichnung in die Geburtsurkunde lediglich „männlich“ oder „weiblich“ eingetragen werden14. Dies soll jedenfalls gelten, soweit die Zuordnung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht möglich ist, d.h. wenn die Geschlechtsorgane nicht gleichwertig männlich und weiblich sind15. Das LG München I hat die Ansicht vertreten, aus den Grundrechten lasse sich kein Anspruch auf Anerkennung eines weiteren Geschlechts neben männlich und weiblich herleiten: In Art. 3 II 1 GG gehe die deutsche Verfassung von einem bipolaren Geschlechtsbegriff aus, der auch dem Diskriminierungsverbot des Art. 3 III 1 GG zugrunde liege16. Die Betroffenen sind hingegen der Auffassung, der für Intersexuelle oder Transgender bestehende Zwang zur Geschlechtszuordnung und –kategorisierung stelle eine Diskriminierung dar und streben einen bei der Geburt provisorischen Geschlechtseintrag17 bzw. die Option, als Geschlecht „Zwitter“ eintragen lassen zu können, an18.

[...] Das Kriterium der „sexuellen Identität“, wie es auch schon im AGG verwendet wird, ist zudem hinreichend weit gefasst, um einen umfassenden Schutz vor Diskriminierungen zu gewährleisten. Es ist dem Kriterium der „sexuellen Orientierung bzw. Ausrichtung“ vorzuziehen, da diese insbesondere Diskriminierungen von Intersexuellen nicht erfassen.

[...] Bestehende Unsicherheiten über die Höhe des verfassungsrechtlichen Schutzniveaus unter Anwendung des allgemeinen Gleichheitssatzes würden beseitigt und die maßgeblich durch die Rechtsprechung des BVerfG bewirkte Verbesserung der Rechtsstellung von Homosexuellen, Transsexuellen und Intersexuellen ausdrücklich verfassungsrechtlich abgesichert.

Kommentar: Dass hier die Medizyner und ihre Verbrechen an wehrlosen Zwitterkindern von Anfang bis zum Schluss konsequent unter den Tisch fallen, während stattdessen der Nebenschauplatz Geburtsurkunde ausgewalzt wird, kann in diesem Fall nachweislich nicht mehr mit Unwissenheit entschuldigt werden, da sich Prof. Dr. Dethloff explizit auf die Forderungsliste von Intersexuelle Menschen e.V. beruft (Fussnote 17). Dort steht aber unter Punkt 1 unmissverständlich die Beendigung der kosmetischen Zwangsbehandlungen, während der Personenstand erst unter dem 5. und letzten Punkt auftaucht. Dass Prof. Dr. Nina Dethloff stattdessen ausschliesslich darauf herumreitet (und dabei vereinnahmenderweise gleich "Trangsender" noch mit reinverwurstet) und sich auch sonst auf – wie sie selber sagt schon im AGG verbotene – "Diskriminierungen" sowie gar auf rein fiktive "Rechtsprechung des BVerfG" versteigt, verweist deutlich auf die altbekannte Masche der Zwitter-VereinnahmerInnen: Hauptsache bei LGBT "mitgemeint" und dadurch einmal mehr unsichtbar gemacht – während die Zwangsoperateure ungehindert weiterverstümmeln.

Nachtrag 5: Inzwischen liegt auch eine Medienmmitteilung des Bundestags zur Anhörung vor, die in gleich 2-facher Ausfertigung zum (wenig überraschenden) Schluss kommt: >>> Deutscher Bundestag: Skepsis bei Sachverständigen bzw. >>> Deutscher Bundestag: Mehrheit der Experten gegen Grundgesetzänderung zum Schutz der sexuellen Identität. "Intersexuelle" sind darin wie üblich bloss als obligates Anhängsel "mitgemeint". Weiter gibt es eine Medienmitteilung des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD): >>> Gute Argumente für Ergänzug der Verfassung – Gegner wollen weiter diskriminieren. Auch hier sind "Intersexuelle" bloss das "mitgemeinte" obligate Schlusslicht. In einer Medienmitteilung des LSVD im Vorfeld der Anhörung >>> Lesben und Schwule in die Verfassung! ist nur die Rede vom "gleichberechtigten Schutz von Lesben, Schwulen und Transgender", "Intersexuelle" sind nur stillschweigend mitgemeint. In der >>> Pressemitteilung der Grünen sind "Intersexuelle" in einem Zitat von Volker Beck wieder als obligates, kommentarloses Schlusslicht "mitgemeint", einmal mehr geht es ausschliesslich um die "Diskriminierungen", denen sie ausgesetzt seien, kein Wort zu menschenrechtswidrigen Zwangsoperationen usw. Kommentar überflüssig.

Nachtrag 6: Der LSVD hat ebenfalls eine >>> offizielle Stellungnahme zur Anhörung veröffentlicht (PDF ) >>> Anhang 1 (PDF) >>> Anhang 2 (PDF), verfasst von Martin Bruns, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof a.D. Bezeichnenderweise geht es in der LSVD-Stellungnahme AUSCHLIESSLICH um die Rechte der "Schwulen" (14x), "Homosexuellen" (11x), "Lesben" (11x) sowie "Transgender" (1x); "Intersexuelle" kommen darin gar nicht erst vor. Kommentar überflüssig.

Nachtrag 7: Die bisher einzige Pressemeldung über die Anhörung, worin auch "Intersexuelle" erwähnt sind (als obligates Anhängsel – wie könnte es auch anders sein?), stammt aus "Die Welt" und trägt den verheissungsvollen Titel: >>> "Sexuelle Identität" darf kein Feigenblatt für Pädophile sein. Vielen Dank auch, liebe VereinnahmerInnen.

Nachtrag 8: >>> Interessanter Post zur Anhörung von Oliver Tolmein auf faz.net 

Nachtrag 9: >>> Diskussion zum Post auf dem Hermaphroditforum

Fazit: Und während sie alle so schön reden und reden, nach Kräften vereinnahmen und ihre Sitzungsgelder einstreichen, werden weiterhin TÄGLICH WEHRLOSE ZWITTERKINDER GENITALVERSTÜMMELT.

Wetten – wenn von diesen JuristInnen und den übrigen VereinnahmerInnen und MittäterInnen bei Grüne, SPD, Linke usw. nur schon ein paar selber mal etwas genital zwangsoperiert würden, würden sie ziemlich plötzlich ganz anders argumentieren?!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

>>> Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung

Siehe auch:
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: "Du sollst den Begriff 'intersexuell' nicht unnütz gebrauchen!"
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2 (Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit) 
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert 
- Klaus Wowereit und Ole von Beust: Komplizen der Zwangsoperateure inszenieren sich als "Zwitter-Schützer"
- Bundesrat: Kein Schutz "sexueller Identität" im Grundgesetz – VereinnahmerInnen machen unbeirrt weiter wie gehabt 
- SPD: Zwitter vereinnahmender Gesetzesentwurf eingereicht 
- Menschenrechtsverletzungen an Intersexuellen: Yogyakarta untaugliches Instrument
- LSVD und Zwittervereinnahmung: 1 Schritt vor, 3 Schritte zurück? 
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung
- Mit der Hoffnung im Herzen

Saturday, April 10 2010

Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: "Du sollst den Begriff 'intersexuell' nicht unnütz gebrauchen!" (I)

>>> Heute im Bundestag: Zwitter als Kanonenfutter für "sexuelle Identität"
>>>
Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: Business as usual (II) 

Wie eine entsprechende Onlinesuche belegt, wurde der Begriff "Intersexualität" im Zeitraum 26.11.2009 – 03.02.2010 innert 2 1/2 Monate in insgesamt 12 offiziellen Bundestagsdokumenten verwendet.

Nachtrag 25.6.10: Knapp 4 Monate später sinds dann schon 29 Einträge! Nur etwas blieb immer noch gleich:

KEIN EINZIGES MAL ging es dabei um ein echtes Zwitteranliegen – sondern im Gegenteil wurden Zwitter dabei JEDESMAL für Anliegen anderer vereinnahmt und missbraucht!

Durch diese Vereinnahmung werden die realen Leiden und Anliegen der realen, zwangsoperierten Zwitter einmal mehr unsichtbar gemacht.

Dass es sich bei den Gruppierungen, zu deren Gunsten "Intersexuelle" jeweils instrumentalisiert wurden, einmal mehr JEDESMAL und AUSCHLIESSLICH um "Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transsexuelle und Transgender" (LGBT) handelt (vgl. z.B. das Votum von Barbara Höll im Bundestag vom 29.1.10 >>> PDF -> S. 1797 (D)), gehört angesichts der 150-jährigen Geschichte der Zwittervereinnahmung durch LGBT offensichtlich dazu wie das Amen in der Kirche.

Dass die Vorlagen, in denen die realen Anliegen der realen Zwitter Mal für Mal aufs Neue von LGBT "verheizt" werden, realpolitisch heftig umstritten bis von vornherein nicht mehrheitsfähig sprich chancenlos sind (siehe z.B. "Yogyakarta"-Antrag / "Aktionsplan gegen Homophobie" / Standesinitiative "Homo-Schutz ins Grundgesetz" / Gesetzesentwurf "Aufnahme von 'sexuelle Identität' ins Grundgesetz"), macht diesen feigen Missbrauch einer – in der Regel massiv traumatisierten und demzufolge kaum zu realem Widerstand fähigen – Opfergruppe noch schwerwiegender.

Der politische Schaden, der damit angerichet wird, ist immens.

Die ihn anrichten, machen sich dabei direkt mitschuldig, dass die genitalen Zwangsoperationen und sonstigen kosmetischen Zwangsbehandlungen an wehrlosen Zwitterkindern (JEDEN TAG eines in Deutschland!) unnötig verlängert werden. 

Dass diejenigen unter den VereinnahmerInnen, welche sich dabei jeweils zusätzlich noch öffentlich als Zwitter-Vorkämpfer und -Wohltäter profilieren (während sie gleichzeitig in den Medien die realen Anliegen der zwangsoperierten Zwitter unterschlagen, "entsorgen" und "mitmeinen"), ausgerechnet noch diejenigen sind, welche für die TÄGLICHEN GENITALVERSTÜMMELUNGEN an Zwittern politisch verantwortlich zeichnen, indem sie die Verstümmelungen von Zwitterkindern in ihrem Zuständigkeitsbereich widerspruchslos dulden oder gar noch aktiv begünstigen, ist dabei nur noch das Tüpfelchen auf dem i.

Diese versammelten VereinnahmerInnen im Bundestag usw. gehören klar zu den MittäterInnen und sollten auch als solche behandelt werden.

Würden schon ein paar wenige von ihnen zur Abwechslung mal an den eigenen Geschlechtsteilen etwas genital zwangsoperiert, hätten sie bestimmt ziemlich schnell andere Parolen – wetten?!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

>>> Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: Business as usual (II) 
>>> Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung

Siehe auch:
- Historischer überparteilicher Vorstoss gegen Genitalverstümmelung in Kinderkliniken
- Warum Zwitterforderungen, worin zu oberst nicht die schnellstmögliche Beendigung der Zwangsoperationen steht, keine Zwitterforderungen sind, sondern Vereinnahmung
- Warum Zwitterforderungen, worin es um "sexuelle Identität" geht statt um "Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung", keine Zwitterforderungen sind, sondern Vereinnahmung 
- Du sollst nicht die Leiden der Zwitter als Aufhänger und 'Material' für deine eigenen Forderungen und Kämpfe benutzen! 
- "Intersexualität" = "sexuelle Identität und Lebensweise"??! – Grüne VereinnahmerInnen immer noch nichts gelernt 
Klaus Wowereit und Ole von Beust: Komplizen der Zwangsoperateure inszenieren sich als "Zwitter-Schützer"
- LSVD und Zwittervereinnahmung: 1 Schritt vor, 3 Schritte zurück? 
- Heute im Bundestag: Zwitter als Kanonenfutter für "sexuelle Identität" 
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002
- Geschlecht: Zwangsoperiert 
- Liminalis: Aus Transschändrien nix neues
- "Who killed David Reimer?"
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung?!
- Vereinnahmung von Zwittern: Das Transgender Netzwerk Berlin TGNB macht's vor ... 
- Zwitter als Kanonenfutter für die Transgenderagenda?
- Heinz-Jürgen Voß in "Liminalis" 3 (2009) – Zwitter-Vereinnahmung wie gehabt ... 
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne
- Das Problem der Instrumentalisierung durch LGBTQ  
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität" 
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung
- Mit der Hoffnung im Herzen

Friday, January 29 2010

Georg Klauda: "Krankheitsbilder", Vortrag vom 5.6.2002 (Medizin und Verbrechen)

Schluss mit genitalen Zwangsoperationen![Dokumentation der AGGPG-Seite]

Krankheitsbilder

Die medizinische Fotografie als Todesengel für Menschen des dritten Geschlechts

von Georg Klauda

Vortrag, gehalten im Rahmen der Reihe "Beiträge zur Biotechnologie- und Medizinkritik", Themenabend "Medizin und Verbrechen", FU Berlin, 05.06.2002.

Teratologie als Beruf

Als Hermaphroditen vergöttlicht, als Intersexuelle medikalisiert und als Zwitter für unwert erklärt, können Menschen mit uneindeutigem Geschlecht seit den 50er Jahren im Alltag als "verschwunden" gelten. Ähnlich wie in den Monsterbüchern der Frühen Neuzeit tauchen sie statt dessen in teratologischen Abhandlungen auf, d.h. in Medizinwerken, die den menschlichen Missbildungen gewidmet sind. Die dort abgebildeten Fotografien zeigen Kinder, die an Händen und Füßen gewaltsam festgehalten werden, während die Kamera mit einem Zoomobjektiv auf ihre Genitalien fokussiert und sie so zu einem Stück unappetitlichen Fleisches macht, zum Torso zerstückelt und ihres Subjektseins beraubt. Es gibt sogar einen Berufsstand, den des Teratologen nämlich, der sich allein mit der Produktion solcher menschenverachtender Bilder befasst. Herstellung von Kinderpornos heißt deshalb einer der Vorwürfe, die von der Lobby für Menschenrechte gegen den klinischen Umgang mit Hermaphroditen erhoben werden. Doch ÄrztInnen sehen darin nichts anderes als die wertfreie Dokumentation von medizinischen Befunden. Ihre mögliche Verhinderung durch ein paar dahergelaufene Spinner erscheint ihnen als hinterwäldlerische Maschinenstürmerei. Sich selbst betrachten sie hingegen als neutrale Instanz, allein dem wissenschaftlichen Fortschritt verpflichtet und unkorrumpiert von kulturellen Konstruktionen.

Dass dem nicht so ist, hat Maurice Florence in seinem kurzen Beitrag hinreichend deutlich gemacht, indem er den Status des Priesters im Mittelalter mit dem des Arztes in der Neuzeit verglich. Das Bild des Arztes, der das Kranke und Abnorme aus dem individuellen wie aus dem Volkskörper herausschneidet, ist kein unschuldiges, neutrales oder gar notwendiges. Vielmehr gehört es zu den perfiden Metaphoriken, die die nationalsozialistische Menschenvernichtung angetrieben haben. Dabei erfährt der Begriff der Krankheit selbst eine charakteristische Umbildung. In einem lebensweltlichen Horizont bezeichnet man jemanden als krank, wenn er einen Schnupfen hat, an Fieber leidet oder gar von einer Lungenentzündung dahingerafft zu werden droht. Es ist ein missliches Schicksal, das ihm von außen widerfährt und das er doch niemals mit seiner Existenz als solcher gleichsetzen wird. Dieser sinnlich greifbare Krankheitsbegriff wird jedoch von MedizinerInnen spätestens seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert in einer völlig neuen Weise metaphorisiert. Als "krank" gelten nun Homosexuelle - ein Wort, das übrigens genau wie Intersexuelle aus dem Schatzkästlein der Sexualmedizin stammt -, als "krank" gelten Irre, Manisch-Depressive und Behinderte. Es ist nicht mehr ein temporärer Zustand, der ihren Köper befällt, sondern sie selbst sind es, die "krank" sind. Ihr Sosein ist es, das eine Gefährdung der Volksgesundheit nach sich zieht, und sie sind es, die, wenn die Gemeinschaft keinen Schaden erleiden will, entfernt werden müssen. Sei es durch Einsperrung in Kliniken, Psychiatrien und Konzentrationslagern, sei es durch ihre Aussperrung aus dem Genpool künftiger Generationen.

Umbettungen hinter Anstaltstüren

Zum Blick auf Hermaphroditen als "krank" und "missgebildet", als "Störung" und "Syndrom", der insbesondere in der teratologischen Fotografie inszeniert wird, gesellt sich die Praxis der Verstümmelung (das Herausschneiden uneindeutiger Genitalien), der Vergewaltigung (die jahrelange Bougierung, d.h. Dehnung der künstlich angelegten Neovagina) und schließlich die Konspiration des Schweigens, derer sich die Eltern als angeblich wohlmeinende MittäterInnen schuldig machen. Die Sprache ist die der technokratischen VollstreckerInnen, denen selbst die schlimmsten Gräuel lediglich unter dem Blickwinkel ihrer handwerklichen Perfektionierung vor die Linse geraten. Allein an einer einzigen Patientin können dabei bis zu einer viertel Million Euro umgesetzt werden. Da jedes zweitausendste Kind dieser Behandlung unterzogen wird, kann man sich leicht die Profitabilität dieses milliardenschweren Industriezweigs ausmalen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass er jemals freiwillig, aus besserer Einsicht, einfach aufgegeben wird.

Schon eher verlagert er sich aufgrund der mittlerweile in den Mainstream-Medien aufbrandenden Kritik in andere Sparten des medizinischen Betriebs, wird entweder durch Pränataltherapie und eugenische Selektion vorverlegt oder in die Psychiatrie umgebettet. Die ProtagonistInnen für beide Möglichkeiten finden sich schon heute. So Prof. Helmuth-Günther Dörr aus Erlangen, der auf dem Magdeburger Endokrinologen-Kongress im März 2001 die Möglichkeiten einer pränatalen Dexamethason-Therapie vorführte. Mit dieser soll die Herausbildung eines sog. androgenitalen Syndroms (AGS) verhindert werden, bei dem ein Kind mit XX-Chromosomensatz vermännlichte Genitalien entwickelt. Jedoch sind die Nebenwirkungen der Behandlung drastisch: die Schwangeren klagen über Gewichtszunahmen bis zu 30 Kilogramm; bei Abbruch der Therapie kommt es zu einer Abort-Rate von 5 Prozent. Bei mehr als der Hälfte der Fälle handelt es sich zudem um eine Fehldiagnose von AGS. Deshalb scheint der Weg der Psychiatrisierung unter Umständen aussichtsreicher. Sog. Geschlechtsidentitätsstörungen können dabei schon heute im medizinischen Abrechnungskatalog ICD unter den Codes F64 und F65 gebucht werden. Notwendig ist dafür eine Psychiatrisierung von Hermaphroditen, wie sie etwa die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung verfolgt, wenn sie erklärt, dass "die medizinische Praxis in der Vergangenheit bei vielen Intersexuellen zu erheblichen Problemen in ihrer psychosexuellen Entwicklung geführt" hat.

Als repräsentativ kann dabei auch das Auftreten des Psychotherapeuten Knut Werner-Rosen bei einem Fachgespräch der grünen Bundestagsfraktion zur "Situation intersexueller Menschen" gelten, das am 27. Februar diesen Jahres stattfand. Seit einigen Jahren arbeitet der Seelenklempner Werner-Rosen mit der Serienverstümmlerin Prof. Annette Grütters an der Virchow-Klinik zusammen. Seine Aufgabe besteht darin, den Eltern des verstümmelten Kindes eine Gehirnwäsche zu verpassen: Sie sollen die Behandlung und das neue Geschlecht ihres Kindes unter keinen Umständen in Zweifel ziehen. Trotzdem interessierte sich Werner-Rosen auf dem Fachgespräch nicht im geringsten für die Frage, ob medizinische Eingriffe nun notwendig seien oder nicht. Vielmehr ging es ihm an diesem Tag allein darum, die psychotherapeutische Behandlung künftig regulär bei den Krankenkassen abrechnen zu können, ob mit oder ohne Verstümmelung.

Das Thema seines Vortrags "Kann die Gesellschaft Intersexualität verkraften?" begann er deshalb mit dem ungeheuerlichen Satz, das Verkraften beginne ja schon damit, dass er durch die Teilnahme an diesem Fachgespräch auf 300 Euro Honorar verzichte. Kein Zweifel: So jemand wie Werner-Rosen wird auch nach der Abschaffung der Zwangsverstümmelungen an Hermaphroditen sein Geschäft machen.

Verquere Verbindungen

Werner-Rosen steht dabei in Verbindung zu dem Studiengang Gender Studies an der Humboldt-Universität Berlin, an dessen Praxistag er den Studierenden sein Berufsfeld vorstellte. Unübersehbar gibt es auch sonst eine enge Zusammenarbeit zwischen den hauptamtlichen Gender-DekonstrukteurInnen in der Sexualmedizin und der nicht minder professionalisierten Variante derselben Spezies in den Kulturwissenschaften. Beide Sparten des Betriebs sind nicht nur in einem Studiengang vereinigt, sondern stützen sich auch inhaltlich gleichermaßen auf radikalkonstruktivistische Prämissen, nämlich auf die Behauptung, dass Menschen bei Geburt ein "unbeschriebenes Blatt" seien, denen man nach Belieben und chirurgischer Machbarkeit eine Männer- oder Frauenrolle zuweisen könne. Ein natürliches Geschlecht dahinter gebe es nicht.

Zwar sehen das die zahlreichen Opfer des auf diesen Annahmen ruhenden Menschenversuchs mitunter ganz anders. Doch das scheint nicht weiter zu stören. Denn von Anfang an basierte dieser unerschütterliche Glaube eher auf axiomatischen Setzungen denn auf irgendwelchen Erfahrung. John Money, der die Praxis der Geschlechtsneuzuweisungen in den 50er Jahren in Gang setzte, ließ sogar seine eigene Dissertation im Archiv verschwinden, weil sie nachwies, dass eine medizinische Behandlung von Hermaphroditen überflüssig sei. Unverstümmelte Erwachsene kämen mit ihrer Geschlechts-Uneindeutigkeit nämlich sehr gut zurecht und entwickelten eine starke Persönlichkeit. Doch nicht nur das musste Money verheimlichen, er vertuschte auch den katastrophalen Ausgang seines berühmtesten Zwillingsexperiments, bei dem ein kleiner Junge, der bei einer Vorhautbeschneidung seinen Penis verloren hatte, zu einem Mädchen umoperiert wurde. Nach vielen traumatischen Jahren, in denen der junge Bruce, alias Brenda, alias David Reimer durch die Hölle ging, kehrte er schließlich mit 14 in sein männliches Geschlecht zurück. Noch heute wirkt er zutiefst verstört und versucht seine Erinnerungen so gut es geht in seinem Gedächtnis zu begraben.

Der Quacksalber als Hohepriester

Weil die Intersex-Chirurgie mittlerweile in arge Bedrängnis durch die Medien geraten ist, wurden nun Studien in Auftrag gegeben, die, so unglaublich das klingt, von niemand anderem als den behandelnden ÄrztInnen selbst durchgeführt werden. Aufgrund des Ergebnisses einer interkulturell vergleichenden Studie zwischen Deutschland und Malaysia rückte Prof. Ursula Kuhnle von der Universität München zwar mittlerweile von der medizinischen Praxis der Geschlechtszuweisungen ab. Prof. Meyer-Bahlburg aus New York ist da jedoch etwas pragmatischer. Während er in Magdeburg als Ergebnis seiner Studie referierte, dass die Geschlechtsidentität sich statistisch unabhängig von der ärztlichen Entscheidung und der späteren kindlichen Sozialisation entwickle, gab er in einem Dokumentarfilm auf N3 bekannt, die meisten Hermaphroditen würden auch heute noch in dem ihnen zugewiesenen Geschlecht leben. So publikumsgebunden kann wissenschaftliche Forschung manchmal sein! Nicht auszuschließen, dass zwischenzeitlich einige Dollars den Besitzer gewechselt haben, die des Wissenschaftlers Ansichten ins glatte Gegenteil verkehrten.

An dieser Stelle möchte ich Schluss machen, dieses kriminelle Gewerbe weiter aus einer Innensicht zu betrachten und mich der Frage zuwenden, warum alle zuschauen, während in den Kliniken vergewaltigt, verstümmelt und gefoltert wird. Denn all dies wäre sicher nicht möglich, wenn wir der Medizin als Hohepriestertum der technokratischen Moderne nicht blindlings vertrauen würden. Doch wir glauben noch immer, nach der Euthanasie, nach Mengele, nach der Rampe von Auschwitz, nach Elektroschocktherapien und Hodentransplantationen an Homosexuellen, nach gehirnchirurgischen Eingriffen an Systemdissidenten und psychiatrischer Folter an "Irren", dass die ÄrztInnen nur unser "Heil" im Auge hätten. So setzten sich KulturwissenschaftlerInnen aus Berlin und Potsdam auf das Podium des bereits erwähnten Endokrinologen-Kongresses in Magdeburg, schauten sich Schlachthaus-Bilder an, auf denen aufgeschlitzte Unterleiber und herauspräparierte Genitalien zu sehen waren, ohne auch nur mit einem Wort zu intervenieren. Man fühlte sich schließlich nicht kompetent, all diese ethischen Fragen zu beantworten, sah sich aber immerhin geehrt, dass auch die Kulturwissenschaft auf der Ebene der Theorie ihr Scherflein beitragen könnte zur Frage, wie die Geschlechter gemacht werden.

Dabei handelt es sich doch um Mord! Denn vor nicht allzu langer Zeit nahmen die ÄrztInnen bei den von ihnen eingesetzten chirurgischen Techniken noch in Kauf, dass ein Teil ihrer "PatientInnen" auf dem Operationstisch verstarb. Und auch heute sind es noch geschätzte 30 Prozent der Zugewiesenen, die sich in Folge der traumatischen Eingriffe und ihrer systematischen Entmenschlichung durch die Sprache und Praxis der Medizin irgendwann das Leben nehmen.

Der Raum des Politischen

Wir müssen auch der Entpolitisierung dieser Fragen begegnen. Etwa, wenn diese Tatsachen allein zum Problem einer kleinen Minderheit gestempelt werden. Dieser soll endlich Recht widerfahren, um sie danach als neue identitäre Lebensweise ins multikulturelle Gewebe der kapitalistischen Gesellschaft zu integrieren. Genau dies ist das Bild, das die Massenmedien in bester zivilgesellschaftlicher Manier zu zeichnen versuchen, um einen entstandenen politischen Spalt pragmatisch zu schließen. Hermaphroditen werden als distinkte Existenzweise konstruiert, die sie nicht sind, und als Kontrastfolie missbraucht, an denen die Gesellschaftsmehrheit ihre Konstruktionen von Normalität überprüfen und beweisen kann.

Eine politische Sichtweise wäre demgegenüber, die medizinische Praxis der Geschlechtszuweisungen als symbolische Metapher für die grundlegenden Operationen der Gesellschaft und die Mythen der westlichen Kultur zu lesen. Die Reduktion von Hermaphroditen auf eine phantasierte Identität und ein gesellschaftliches Einzelinteresse ist hingegen ein technokratischer Traum, der der Gewalt noch den Hohn hinzufügt.

Für eine mögliche politische Kontextualisierung steht in jüngster Zeit etwa Carl Wiemer. Die Kritik am "Ärzteracket" liefert für ihn den Brennspiegel des Besonderen, durch den eine allgemeine Theorie der Gesellschaft hindurch muss. Anhand von zahlreichen verstreuten Fragmenten aus Max Horkheimers Werk hat er dessen Ärzte- und Medizinkritik rekonstruiert und die Versehrungen im medizinischen Apparat als Schlüssel verwendet, um das diagnostische Potential einer kritische Theorie der Gesellschaft zu demonstrieren. In seinem Buch Krankheit und Kriminalität kritisiert er dabei mit Horkheimer eine großmäulige Linke, die sich lieber mit fernen weltpolitischen Fragen befasst, an denen sie ohnehin nichts ändern wird, als mit solchen profanen Dingen wie der Situation in Psychiatrien, Spitälern und Gefängnissen. Eine Gesellschaftskritik ist auf die Versenkung ins Besondere angewiesen, wenn sie nicht mit jenem schlechten Allgemeinen im Bunde stehen will, das die Essenz der kapitalistische Gesellschaft ist. Horkheimer ist deshalb der Anwalt der bestimmten gegen die abstrakte Negation und unterscheidet sich, wie Wiemer treffend formuliert, dadurch auffällig von der "Spreu der soziologischen Weggucker", die heutzutage Luhmann- und Habermas-Seminare bevölkern.

© Copyright Klauda - 2002

>>> Kommentar: Georg Klauda über Knut Werner-Rosen ("Netzwerk DSD/Intersexualität") und Psychologen als Windfahnen  

>>> Georg Klauda über Instrumentalisierung von Zwittern durch LGBT 

Friday, July 10 2009

"Intersexualität" = "sexuelle Identität und Lebensweise"??! – Grüne VereinnahmerInnen immer noch nichts gelernt

Im Bundestag stellen die Grünen einen >>> Antrag "Für einen Nationalen Aktionsplan gegen Homophobie" (PDF). An und für sich eine gute Sache. Schlichtwegs unerträglich ist jedoch, wie die Grünen dabei einmal mehr die Leiden genital zwangsoperierter Zwitter für LGBT-Partikularinteressen instrumentalisieren.

Auch im fraglichen Antrag sind die Zwitter einmal mehr bloss als obligates Schlusslicht kommentarlos "mitgemeint" und die Grünen behaupten gar erneut, Zwitter seien kein biologisch-körperliches Geschlecht, sondern lediglich eine besondere Form von "sexueller Identität und Lebensweise". Diese unsägliche Vereinnahmung muss endlich aufhören!

Die genitalen Zwangsoperationen und sonstigen nicht-eingewilligten Zwangseingriffe an Zwittern sind die wohl gravierendste Menschenrechtsverletzung in den "westlichen Industrienationen" seit dem 2. Weltkrieg – in Ausmass, Umfang, Schwere und Systematik wirklich nicht zu vergleichen mit den vergleichsweise klar "harmloseren" Diskrimierungen, denen LGBTs ausgesetzt sind.

Nach wie vor wollen die Grünen das um keinen Preis wahrhaben, sondern versuchen stur nach dem Motto "bei LGBT 'mitgemeint'" die Zwangsoperationen usw. unter den Tisch zu wischen und stattdessen sich selbst auf Kosten der zwangsoperierten Zwitterkinder politisch zu profilieren. Nach wie vor ist DIE LINKE die einzige Partei, die bisher zugunsten der Zwitter im Bundestag konkrete Vorstösse startete – immerhin 7 in den letzten 13 Jahren (eins / zwei / drei).

Allen jahrelangen Lippenbekenntnissen und schönen Versprechen zum Trotz haben die Grünen bis heute zur Beendigung der massivsten Menschenrechtsverletzungen an Zwittern auf Bundesebene noch KEINEN EINZIGEN konkreten Schritt unternommen!

Stattdessen missbrauchen die "Gender- und QueerspezialistInnen" der Grünen, allen voran immer wieder Volker Beck und Irmingard Schewe-Gerigk, die Leiden der Zwitter regelmässig dazu, ihre eigenen LGB-Anliegen voranzutreiben, und degradieren die Zwitter dazu in steter Regelmässigkeit als (oft nur "mitgemeintes") Anhängsel ihrer eigenen Partikularinteressen. Falls sie "Intersexuelle" überhaupt erwähnen, dann STETS und IMMER in der anscheinend gottgegebenen Reihenfolge als Schlusslicht.

So auch einmal mehr in einem aktuellen Antrag >>> "Für einen Nationalen Aktionsplan gegen Homophobie" (PDF).

"Intersexuelle" werden darin 7 mal erwähnt, und zwar – Überraschung! – JEDES MAL und AUSSCHLIESSLICH als kommentarlos mitgemeintes Anhängsel unter "Lesben,  Schwulen,  Bisexuellen und trans-  oder  intersexuellen Menschen"!

Dabei entblöden sich die Grünen weiter, die Zwitter dabei JEDES MAL und AUSSCHLIESSLICH kommentarlos unter "sexuelle[...] Identitäten und Lebensweisen" (S. 2 2x, S. 3 2x) einzubinden.

Während die Grünen in ihrem Antrag für "Schwule, Lesben und Transgender" bzw. für "Lesben, Schwule,  Bisexuelle und Transsexuelle" eine Vielzahl konkreter Anträge stellen, bleiben die Zwitter punkto konkrete Anträge einmal mehr KOMPLETT aussen vor, genitale Zwangoperationen und das dauernd missachtete Recht auf körperliche Unversehrtheit werden KEIN EINZIGES MAL angesprochen.

Dies alles ist umso beschämender, nachdem nun immerhin der LSVD inzwischen mit einem konkreten Wahlprüfstein zugunsten von "Menschenrechte auch für Zwitter!" ein konkretes Beispiel gesetzt hat, wie's auch anders geht. Nur haben die Grünen offensichtlich auch das verpennt ... Stattdessen verbrüdern sie sich noch mit den menschenverachtenden Zwangsoperateuren!

Wetten, dass sich das alles ziemlich schnell ändern würde, wenn von den grünen VereinnahmerInnen mal ein paar am eigenen Leibe genital zwangsoperiert oder nur schon zwangskastriert würden??!!

Gefunden via Bundestags-Suchmaschine zu "Intersexualität":
http://suche.bundestag.de/searchAction.do?queryAll=&queryOne=intersexuell+intersexuelle+intersex

Siehe auch:
-
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung??! 
- Lauter leere Versprechungen: Fachgespräch der Grünen 27.5.09
- Wie das "Netzwerk DSD" die "Lübecker Studie" frisiert – Grüne wollen nix gemerkt haben
- Menschenrechtsverletzungen an Intersexuellen: Yogyakarta untaugliches Instrument
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne
- "Genitalverstümmelung ein afrikanisches Problem?"      

Friday, April 24 2009

Selbstdarstellung - AGGPG

D O K U M E N T A T I O N
Quelle:  http://web.archive.org/web/20020225045640/home.t-online.de/home/aggpg/slb.htm

Informationen zur AGGPG

(update 13.10.01)

Im Binnengefüge der Nation galten die Juden als 'Feind im Innern'. Die Grenzen
der Nation ließen nicht genügend Raum, um die Juden zu definieren; der Horizont
des nationalen Gedächtnisses reichte nicht weit genug, um deren
Identität zu durchschauen.
(Zygmunt Bauman: Dialektik der Ordnung. Die Modere und der Holocaust)
 

Ambivalence, ambiguity, equivocality ...  These words convey the feeling of
mystery and enigma; they also signal trouble, whose name is uncertainly, and a
dismal state of mind, called indecision or hesitation. When we say that things or
situations are ambivalent, what we mean is that we cannot be sure what is going
to happen, and so neither know how to behave, nor can predict what the outcome
of our actions will be. Instictively or by learned habit, we dislike and fear
ambivalence, that enemy of security and self-assurance. We are inclined to
believe that we would feel much safer and more comfortable if situations were
unambigous - if it were clear what to do and certain what would happen if we do it.
(Zygmunt Bauman: Modernity and Clarity. The Story of a Failed Romance)


 
 

Wer ist die AGGPG?

Die Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG; neu zudem: Gewalt in der Psychologie und Genetik; korrekt also: AGGPPGG [1]) gündete sich am 8. März 1996 nach einer Diskussionsrunde zur genitalen Verstümmelung vorwiegend in afrikanischen Ländern. Dort zeigte sich die Notwendigkeit, spezifisch auf die Situation intersexueller Menschen (dem Volksmund als Zwitter oder Hermaphroditen bekannt), vor allem Kindern, hinweisen zu müssen.

Beteiligt an der Gründung waren zunächst Heike Bödeker und Michel Reiter, welche beide kurz nach Geburt einer langjährigen medizinischen Prozedur ausgesetzt wurden mit dem Ziel, eindeutig einem Geschlecht zuzugehören und diese Zuweisung als Erwachsene ablegten. Sie verstehen sich heute weder als Frauen noch Männer, sondern haben normative Geschlechtervorstellungen ähnlich einer nicht annehmbaren Hülle abgestriffen. Zwischenzeitlichen haben personelle Wechsel stattgefunden.

Die AGGPG ist keine feste Gruppe oder ein e.V., sondern eine non-profit Initiative ohne zweckgebundene Finanzmittel zur Wahrung der Autonomie mit Website und Kontaktmöglichkeit. Die Initiative ist auch keine Selbsthilfegruppe, sie kann und will für andere keine Entscheidungen fällen. Auch versteht sie sich nicht als Konsum-, Delegations- und Dienstleistungsunternehmen. Da gleichfalls am Opportunismus kein Interesse besteht sowie immer wieder auf mehreren Parketts gleichzeitig getanzt wird (und bisweilen auch gar nicht), werden Sie die AGGPG schwer verorten und ihr auch keine Konzentration auf eine special-interest-Politik anhängen können - wenngleich radikale Kritik am binären und vereindeutigenden Denken bestehen bleibt und damit diese westliche Kultur in ihren Grundpfeilern angegriffen wird. Summa sumarum sind die Vorstellungen der AGGPG somit ungeeignet für die klassische parlamentarisch-kleingeistig ausgerichtete Lobbyarbeit.

Die Präferenz der AGGPG wird sich nach Bekanntgabe des Urteils vom Amtsgericht München hin zu einer kreativeren, eigenständigeren Arbeit verändern, ggf. mit separater Rubrik. Nicht Aktivismus und Öffentlichkeitsarbeit zur Skandalisierung der Praxen werden ausgedehnt oder akademsiche Fragestellungen perfektioniert (die Basisarbeit zu einem Paradigmenwechsel von der Zwei- zur Mehrwertigkeit leistet diese Webseite bereits), sondern der Fokus auf die eigenen Interessen gelegt. Insofern wird sich auch sukzessive weniger an der Realität als auf der sozialen Oberfläche bestehend Erscheinendem abgearbeitet werden. Zu beginnen wäre bspw. mit einer Filmproduktion, die andere Fragestellungen hat als jene nach der Geschlechternormalität.



Zur Ausgangslage

Wenn ein Kind geboren wird, dessen somatisches Geschlecht nicht klar für die Hebamme / den Arzt einzuordnen ist, spricht der medizinische Diskurs von Intersexualität im engeren Sinne. Gesellschaftliche Normvorgaben und Stigmaängste der Eltern führen zu der prekären Situation sich im Zwang zu sehen, das Kind geschlechtlich vereindeutigen zu müssen als auch Ärzte (vorrangig Endokrinologie und Chirurgie) mit dieser Aufgabe monetäre Vorteile, Prestige und Machbarkeitsphantasien verbinden können. Die Eingriffe sind langwierig, äußerst schmerzhaft und im medizinischen Sinne nicht notwendig. Sie verursachen irreversible körperliche Schäden und garantieren keinen Erfolg sowohl hinsichtlich Operationsergebnis als auch Geschlechtsidentität. Untersuchungen aus Qualitätskontrollen liegen international kaum vor und vorhandene Ergebnisse sprechen durchweg gegen Eingriffe. Binnen intersexueller Kreise wird die Prozedur als Folter beschrieben und suizidale Überlegungen sind üblich.

Dieser stark verkürzt wiedergegebenen Ausgangslage liegen zwei Elemente zugrunde:

  • Die körperliche Existenz mehr als zweier Geschlechter (wie sie heute verstanden werden als Konglomerat aus Chromosomensatz, primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen) ist generell nicht selten. Neuere Erhebungen nennen: USA 5,46 Mio, Deutschland 1,64 Mio, Italien 1,15 Mio, Frankreich 1,22 Mio, England: 1,17 Mio, Australien: 360.000, weltweit: ca. 120 Mio. Die Anzahl der bereits unmittelbar bei Geburt in frage gestellten Kids liegt bei rd. 0,1% der Bevölkerung, also rd. 1/20 der genannten Zahlen. Doch auch 6 Mio weltweit sind keine zu unterschätzende Präsenz.
  • Es findet kein adäquater sozialer Umgang statt, sondern eine Negation der Existenz und Abgabe an die Medizin zur Korrektur. Somit schließt sich ein Kreislauf, der Lobbyarbeit stark erschwert, aber auch alternative Optionen eröffnet.
Die fast perfekte Reibungslosigkeit im Ablauf der Genitalverstümmelungen läßt sich aus massgeblich drei Gründen ableiten:
  • Eltern rechnen nicht damit, dass ihre Frage "Was ist es denn?" mit der impliziten Erwartung "Junge oder Mädchen" nicht oder nicht leicht beantwortet und schon gar nicht sofort beantwortet werden kann. Hier besteht Mangel an Aufklärung und Beantwortungsoptionen, die eine Zweiteilung der Weltanschauung (tertium non datur) nicht bereithält.
  • Viele Menschen schämen sich ihrer Genitalien wie sie sich ihrer Körper schämen, den sie nur funktionalisiert akzeptieren. Hier soll nicht der Scham widersprochen werden, aber der Reflexionslosigkeit. Weil sie bei sich selbst lieber wegsehen, verstehen sie nicht, warum dieser kleine Mensch ihnen solche Angst macht. Und sie verstehen nicht, dass sie zur Selbstkonzeptionierung einer inneren Gewissheit über ihr Selbst auch ihren Körper brauchten, zu dem die Genitalien zentral gehören. Eine Gewissheit, die vor aller sozialen Geschlechtsverortung angesiedelt ist. Sie glauben dann allen Ernstes, wenn sie die Genitalien ihres Kindes manipulieren, würde dieses da schon hineinwachsen - irgendwie. Dies ist falsch, denn die Genitalien werden durch einen chirurgischen und / oder hormonellen Eingriff irreversibel zerstört.
  • Die klassische Logik, die das westliche Weltbild bestimmte, besteht aus drei elementaren Sätzen: a) der Satz der Identität von Denken und Sein (Lehre vom Begriff), b) der Satz vom verbotenen Widerspruch (Urteilslehre), c) der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (Lehre vom Schluß). (zum Verständnis der Bedeutung empfehlenswert: Fritz B. Simon (2001): Tödliche Konflikte. Zur Selbstorganisation privater und öffentlicher Kriege. Carl-Auer-Systeme) Diese Sätze sind logisch immanent falsch, wie Gotthard Günther durch Weiterentwicklung der hegel'schen Dialektik nachweisen konnte, denn überall dort, wo das Subjekt logisch denkt, könnte es sich selbst nicht denken. Dadurch wäre es zu keiner Reflexion fähig und Erkenntnis fände nicht statt. Dieses aus dem tertium non datur folgende Denken ist tatsächlich immanent verdrängend, wie Klaus Heinrich durch seinen Rekurs auf Mythenerzählungen nachweisen konnte. Doch es ist die Leitidee der Wissenschaft der letzten 2500 Jahre mit immanenter Einschreibung in modernes/mordendes, aufklärerisches Denken. Der Zwitter als Wahrnehmungsfigur stellt durch seine schiere Existenz die gesamte klassische Logik in Frage und alle daran anhängenden westlichen Denkkonzepte. Daher fordern Zwitterfiguren (heissen diese in vergeschlechtlichtlicher Hinsicht nun Hermaphrodit, Zwitter, Hijra, transgender usw, ist hierbei völlig irrelevant) das Abendland heraus, sich über sich selbst hinaus fortzuentwickeln. Zwitterfiguren sind die Zukunft dieser Kultur, die sich auf eine höhere Komplexitätsebene einstellen muss. Geisteswissenschaften sind dieser Herausforderung bislang nur unzureichend gefolgt und daher existieren noch keine adäquaten Handlungsanweisungen in Situationen, die mit den drei vorgenannten elementaren Sätzen brechen. Anstatt finden sich in Justiz, Militär und Medizin radikale Massnahmen, verein(ein)deutigte, nationale und identitätspolitische Grenzen stets neu zu definieren - ohne die eine Existenzberechtigung dieser Institutionen kaum gegeben wäre.
In heutiger Gesellschaft spiegelt sich der in das induktive Schließungsverfahren eingeschriebene Pragmatismus wieder. Verkörperungen sind von Relevanz. Jede Einzelne kann als Verkörperung des Ganzen betrachtet werden (buddhistisch-metative Sichtweise), das Ganze spiegelt sich in jeder einzelnen Verkörperung wieder (christologische Sichtweise; jeweils deduktive Schließungsverfahren) oder, wie aktuell, Verkörperungen bestehen in wenn- dann- Beziehungen ohne religiös-generative Ableitung und Abhängigkeit. Dieses auf Gesetzesbestimmungen gründende Vertragsverhältnis  (analoges Schließungsverfahren) beinhaltet Rechte und Pflichten und zieht soziale Verantwortlichkeit nach sich.
Mediziner wenden in Geschlechterfragen keine dieser Sichtweisen an, sondern postulieren alleine ihre dem nationalökonomischen Profit dienlichen Wertmaßstäbe. Sie werden substituiert von o.g. Gesamtkonstellation und können ihre reaktionären, dem Fundamentalismus (Wörterbuch: geistige Haltung, die durch kompromissloses Festhalten an [ideologischen, religiösen] Grundsätzen gekennzeichnet ist) geschuldeten Versprechen, eines der beiden Geschlechter herstellen zu können, erfolgreich verkaufen.
Gleichzeitig war es binnen aller Forschungsvorhaben seit Jahrhunderten konsequent nie Ziel, das von ihnen Verworfene zu verstehen, so dass heute überhaupt kein Wissen über vergeschlechtlichte Zwitterfiguren vorliegt. Aktuelle empirische Studien mit Intersexuellen in den USA müssen nun im Mai 2001 (newscientist.com) nach ca. drei Jahren vergeblicher Anstrengungen ihr Scheitern eingestehen. Justine Schober formulierte es konkret: "We don't know what to ask."
Der geistige Horizont jener vormals Geschlechtssegregation betreibenden Forschenden disqualifiziert sie per definitionem, das tertium datur bezüglich Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata zu erfassen. Aus diesem Grunde war es angebracht, für ein in Deutschland geplantes Forschungsvorhaben nur Sachverständige zuzulassen, welche "an der medizinischen Praxis der geschlechtszuweisenden Maßnahmen weder mittelbar noch unmittelbar beteiligt sind." Konkret müssen somit Forscher involviert werden, die sowohl mit der inhärenten Logik einer Kultur vertraut sind, welche mehr als zwei Geschlechter kennt als auch die Übersetzungsarbeit in westliche Denksysteme leisten können.

Angebote

Für Eltern, die nicht alleine den medizinischen Aussagen folgen und ‚blind‘ einwilligen wollen, gibt es somit seitens der AGGPG allgemeine Informations- sowie in sinnvollem Rahmen Beratungsmöglichkeiten als auch für erwachsene Intersexen zunehmend Vernetzungspotentiale entstehen, vor allem via Internet und email.

Neben den auf dieser Webseite kostenfrei zur Verfügung gestellten Informationen werden öffentlich Vorträge gehalten, Interviews gegeben (sofern die Angebote annehmbar sind) und schriftliche Beiträge erstellt. Die Kapazitätsgrenzen sind mit der Anzahl aktiver MitarbeiterInnen verknüpft. Thematisch ist das Feld sehr weit und komplex.



Theoretische Verortung und Perspektiven

Die AGGPG distanziert sich theoretisch sowohl von Körper-, Rasse- und Geschlechternormen als sie auch auf eklatante Mängel medizinischer und sozialkonstruktionistischer Diskurse hinweist. Intersexualität wird nicht als drittes, essentialisiertes und ontologisiertes Geschlecht verstanden, aber für die ewig Geschlechtsgläubigen wird auf jene in der Humanwissenschaft vorgefundenen ca. 4000 Geschlechtervarianten verwiesen. Konzepte im Dienste einer Kontrollgesellschaft werden abgelehnt. Jede Idee und das Vorgehen der Reduktion auf zwei Geschlechter sind scharf zu kritisiern. Auch alternative multiple Konzepte im Dienste eines geschlechtlichen Fixierungsmodells werden abgelehnt. Theoretische Entwürfe müssen vielmehr die diskursive Herstellung der Bipolarität als auch Lebensentwürfe außerhalb vorgesehener Strukturen einbeziehen, zugleich flexibel und diesseits des "anything goes" sein. Theoretische Weiterentwicklungen aus den Einsichten der AutorInnen Foucault, Irigary, Deleuze und Butler halten wir für partiell relevant. Gleichfalls relevant erscheinen aber auch politische Maßnahmen, Menschen einen Sprachraum zu eröffnen. Dieser ist nicht in den erneuten Dienst diziplinierender Maßnahmen zu stellen, sondern ein solcher biopolitisch motivierter Gebrauch zu verhindern. Politisches Fernziel ist es, gänzlich auf Geschlecht als Personen zugeschriebenes Merkmal zu verzichten. Hierzu liegen in juristischer Hinsicht bereits Konzepte in der Schublade.

Perspektivisch stehen weitere Forschungsfragen offen (z.B. Ermittlung historischer Zwitter als auch die Untersuchung des Einflusses nationalsozialistischen Gedankengutes an medizinischer Ideologie und konkreter Forschung seit 1950). In Planung befindlich ist noch immer eine  Buchveröffentlichung als auch Irritationen im Kontext normativer Restriktionen, etwa im schulischen Sexualkunde- und Genetikunterricht oder auf medizinischen und sexualpolitischen Versammlungen, hervorzurufen. Ferner soll zunächst mit juristischer Forcierung ein 'drittes Geschlecht' kulturuell eingeführt werden - etwa als "formalisierte Ambivalenz" (Heinrich), "Triologie der Konstitution des Ortes" (Irigary), "Eröffnung einer untotalisierbaren Pluralität der Menschen" (Levians), "Gestalt der Reflexion, die weder im Ich noch im Du lokalisiert ist, sondern die erst im Es, d.h. im Gegenstand, auftritt" (Gotthard Günther), kurz: als durchaus verkörperte, jedoch auch fluide Mittlerfigur und nicht als erneuter Determinismus.

Cyborgs / Postgender(Master of Arts; rtf-download) etwa, propagiert von Donna Haraway, sind eine interessante empirische Vorstellung, sofern sie reflektiert bleiben und nicht in einen Hype münden. Ob postgender der richtige Begriff ist, müsste noch diskutiert werden. Zwar würde er keine Differenzierungen in weiblich und männlich nötig haben, die Idee korreliert jedoch mit Technologiefreudigkeit. Postgender ist insofern lediglich als Metapher und epistemologischer Anreiz zu verstehen (s. hier ein kritischer Einwurf und hier eine Postgenderadaption; Film Gendernauts - 1999).
Dass andererseits transgender nur heisst, "lernen ich selbst zu sein", spricht vielleicht eine ähnliche Sehnsucht an, arbeitet aber mit anderer Methode und bleibt an menschlichen Bedürfnissen im nonvirtuellen Raum orientiert.
Man könnte diese und weitere Bestrebungen auch vereinfacht formulieren: Pansexualität ist im Kommen. Doch Leute, die tatsächlich als nondimorphisiert optisch erkennbar sind, haben realiter noch immer keinen Anspruch auf einen Platz in der Gesellschaft. Sowohl die Welt des individualisierten Lebensästheten als auch die ihn schützenden Institutionen sind im geschlechtlichen Bereich, jenem vorgeblich "wichtigsten Ordnungsprinzip" (Zeit), noch primär unreflektiert.
Eine Zwitterfigur bringt das Ende der Termini Sex und Gender mit sich und bedeutet damit das Ende jener traditionellen, mit der health community korrelierenden Genderstudies: exogender; the exodus of gender. Eine metaphysische Rückbindung nebst Letztbegründung ist nicht mehr möglich. Sie rückt vielmehr Dichotomien wie Kultur und Natur zusammen und überwindet damit die Grenzen. Erst jetzt wird deutlich, dass kategorielle Reinheiten nie existierten. Auch jene in den Genderstudies noch postulierte Spaltung zwischen Maskerade und Original, gender und sex, fällt im Dritten in sich zusammen. Übrig bleibt je nach Lesart das Unmarkierte, das Naturhafte, reiner Code oder Nakultur. Die Differenz zwischen Schein und Sein wird obsolet. Eine echte epistemologische Implusion, nicht nur übersteigerte Synthese, bei gleichzeitiger Multiplikation potentieller Deutungsmuster (die alten vier, noch phänomenologisch orientierten Interpretationsmodelle sind hier zu finden). Geschlechterzwänge sind passé. Das tertium datur ist der Ort der Transformation von äußerer in subjektive Macht, das die Individuen sich selbst neu erfinden läßt und wenn sie klug sind, sich nicht einer erneuten Dominanzkultur ausliefern. Das tertium ist zugleich die Schnittstelle zwischen zweiwertiger Logik und polykontexturalen Systemen.
Da eine völlig Aufhebung des Begriffes 'Geschlecht' ein Ärgernis der Genderproduktionsstätten stellt (s.u., zudem sog. Frauenzeitschriften, Ehe usw.), wird sozial ein drittes Geschlecht gewollt werden. Fliegenbeinzähler (Biologen und Mediziner) werden durch Täuschung (divide et impera) und Statistikfälschung dagegen weiterhin versuchen, die Zahl möglichst gering zu halten, ihre Strategie der Marginalisierung nebst Postensicherung nicht aufgeben und ihre Definitionsmacht fortschreiben wollen.

However, wir wollen der faschistoid motivierten Medizin in diesem Sektor damit in einem Nebenaspekt die Finanzen durch einen Legitimationsentzug streichen, ihnen das Definitionsmonopol entwenden sowie dieser Kultur (und uns) eine Bereicherung bzw. Lebensperspektive ermöglichen.
Kritisch anzumerken in diesem Kontext ist: "Der amerikanische Sozialanthropologe John Fiske befaßte sich außer mit der Kultur des Volkes auch mit der ökonomischen Dimension von Kultur-Mythen und seine Gedankengänge kann man auch auf die speziellen Mythen über die Gender und Sex anwenden: 1.) Sie sollen verkauft werden und die Einnahmen dienen dann a) zum Machterhalt der Produzenten, und b) als Ressourcen zur Produktion neuer Gender- und Sexmythen. 2.) Der Verkauf hat als Ziel, durch hohe Verkaufszahlen einen Wahrheitsgehalt des Genderbegriffs zu produzieren" (Quelle: www.annamagicart.com/ZIPs/Gender.zip) Der im Originaltext in einer Fussnote genannte Adolf Butenandt war Nobelpreisträger und Nazimediziner, sein Söhnchen Otfried bis in die späten 1990 Jahren an der Zwitterverstümmelung in München beteiligt. Wir denken, dies spricht für sich.

Daher gilt, so lange sich die Situation nicht verändert: "Diamanten gelten als besonders wertvoll, weil sie sehr selten sind. Intersexuelle jedoch, obwohl sie sehr selten sind, werden in westlichen Zivilisationen nicht hoch geachtet, wie in indianischen Kulturen, sondern werden in ihrer Integrität vernichtet. Das ist, als ob man Diamanten verbrennen würde, um sie der Kohle gleichzustellen, nur weil Kohle in größeren Mengen vorkommt. Das entsprechende Gesetz würde dann heißen: 'Es ist ein Naturgesetz, daß C12 als schwarze Kohle existiert. Diamanten sind ein Irrtum der Natur und sind deshalb der schwarzen Kohle anzupassen.'" (Quelle: ebd.)

Das Amtsgericht stellte klar, dass ihm Zwitter nicht unbekannt sind, sie gleichwohl bislang und auch mit diesem Urteil als nicht anerkannt bestätigt wurden. Dergestalt erfüllt ihre erzwungene soziale Abwesenheit eine zentrale Rolle zur Determination des geschlechtlich Gebotenen und Normierten: Zwitter stellen de facto ein sozial unzulässiges Geschlecht. Hinter dieser Konstellation steht ein Totem, das stets mit dem Tabu einher geht, es nicht zu töten oder zu verletzen.
Wenn geschlechtliche Vorgaben im Zuge der Emanzipation nicht mehr eingehalten werden, ist es eine schizophrene Dynamik, die Existenz von Zwittern zugleich zu tabuiseren und sie materiell zu eliminieren, statt sie als gleichberechtigt anzuerkennen (Def. schizoide Persönlichkeit: Zerfall emotionaler / handelnder und intellektueller / denkender Aspekte; s. Tertium datur: eine peinliche Befragung sowie Gilles Deleuze (1997): Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I, Suhrkamp). Wenn Konformismen hingegen gefolgt wird, haben Zwitter als nonschizoide Ursprungsfigur einen sehr hohen Status inne:
 

Beschliessung Jurisprudenz soziale Verortung Zwitter Status des traditionellen Geschlechterverständnisses m / w
1. keine Aussage (Stand 2001) sakral, verworfen normierend, verdrängend
2. versagt die Eingriffe sakral, übersteigert normierend
3. akzeptiert ein 3. Geschlecht gleichberechtigt dekonstruierend, emanzipativ

In beiden zuvor genannten Fällen dürften medizinische Eingriffe nicht stattfinden. Da genau das jedoch der Fall ist, zielt die Diskussion um diese mit basalen gesellschaftlichen Verträgen brechenden Praxen sukzessive auf ein alternatives, nonbinäres Geschlechterverständnis, welches jene der Schizophrenie zugrunde liegende Ödipusfigur überwindet. Das Gegenteil der Absichten eines Verstümmelungsmanagements tritt ein, das selbst ohnehin nicht an einen Essentialsmus von "Geschlecht" glaubt, aber zur Profitabsicherung noch an Binaritäten festhält und doch nur mit einer kulturellen Sinnstiftung durch ihre Handlungen bricht: es delegitimiert sich selbst als weltfremd. [2]


Was können Sie konkret tun...

  • weisen Sie Schwangere oder Eltern, die sich mit einem Kinderwunsch tragen, auf die Möglichkeit hin, ein intersexuelles Kind zu bekommen
  • klären Sie Ihre Umgebung zu Existenz von und medizinischem Umgang mit Intersexen auf
  • weisen Sie Ratsuchende auf unterstützende Stellen hin (alle auf dieser WebSeite genannten Gruppen geben Informationen und, soweit sinnvoll, auch Entscheidungshilfen)
  • sprechen Sie mit Medizinern und weisen diese auf kritische Stimmen Intersexueller zur Methode der Geschlechtszuweisung hin
  • veranlassen Sie kooperative Mediziner zur Mitarbeit, um geschlechtliche Zuweisungen zu stoppen und den beteiligten Erwachsenen statt dessen bei Bedarf psychologische Hilfe in außerklinischem Kontext anzubieten
  • brechen Sie das Schweigen und tauschen Sie sich mit anderen aus
  • denken Sie daran: der Satz 'was nicht sein darf, das nicht sein kann' ist eine fadenscheinige Legitimation für Elimination
  • lernen Sie Ironie und bewerten Sie Ihre Situation nicht über: "...woman, children, and revolutionaries hate irony, which is the negation of all saving instincts, of all faith, of all devotion, of all actions." (Quelle: Linda Hutcheon 1995: Irony's Edge. The Theory and Politics of Irony. London, New York)
  • wenn Sie in eine ärztliche Beratungssituation geraten sind:
  • Zeichnen Sie alle Gespräche mit einem Aufnahmegerät auf und lassen Sie sich zur Begründung entscheidender Aussagen das Material aus Fachbüchern kopieren. Sie werden diese Unterlagen ggf. in einem Prozeß vor Gericht als Beweismaterial brauchen, wenn nicht bloß Aussage gegen Aussage stehen soll. Lassen Sie sich auch alle medizinische Akten stets in Kopie aushändigen. Rechtlich haben Sie darauf Anspruch. Fälle, in welchen chirurgische Eingriffe am Kind ohne Einwilligung und alleine zum Zwecke der geschlechtlichen Verein(ein)deutigung durchgeführt wurden, lassen zur Vorsicht raten.
  • Lassen Sie sich aufklären. Der informed consent ("informierte Einwilligung"; ein kritischer Vermerk dazu findet sich hier) ist Grundlage eines jeden Behandlungsvertrages. Er bedeutet eine umfassende, allgemein verständliche Aufklärung hinsichtlich der Diagnostik (dies impliziert auch, dass Ihr Kind ein intersexuelles Genitale hat und nicht nur Kürzel wie z.B. AGS), den Folgen aus etwaigen Eingriffen und solchen aus einem Unterlassen der Eingriffe. Zu vielen Fragestellungen existieren keine gesicherten Informationen oder nur Spekulationen. In solchen Fällen kann sich deswegen nicht schon für Eingriffe ausgesprochen werden.
  • Der Arzt hat den Regelungen des informed consent zu folgen, wenn er sich nicht strafbar machen will. Zur Beachtung des jeweiligen Wissensstandes gehört, Veröffentlichungen – auch ausländische, wenn nicht zu entlegen – zu diesem Bereich zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen.
  • Neuere Studien belegen, dass die spätere geschlechtliche Verortung eines intersexuellen Kindes sich oftmals unabhängig therapeutischer oder sozialisationsorientierter Art entwickelt und mithin nicht prognostizierbar ist. Gehen Sie nicht davon aus, die einmal getroffene Geschlechtszuordnung, gleich welche, würde für immer Bestand haben. Gehen Sie ferner nicht davon aus, Genitalien, die optisch maskulinisiert oder feminisiert werden, sähen dann auch entsprechend aus, wären nerval intakt oder entsprächen dem Wunsch des Kindes.
  • Treffen Sie niemals Entscheidungen sofort, auch wenn Sie unter Druck gesetzt werden (bspw. mit Lebensgefahr des Kindes bei Therapieablehnung gedroht wird).
  • Unterscheiden Sie bei den medizinischen "Angeboten" zwischen solchen kosmetischer und lebenserhaltender Art. Oft werden diese Optionen als einander bedingend verkauft. Dies ist eine Lüge. Nicht der Norm zu entsprechen, ist eine rein kosmetische Fragestellung und ein Behandlungsvertrag ist formaljuristisch ungültig. Eingriffe an den Geschlechtsmerkmalen ohne explizite Lebensgefahr sind in Ableitung des § 1631c BGB aus 1992 als schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) strafbar.
  • Juristisch gibt es keine Veranlassung für Eingriffe zur geschlechtlichen Vereindeutigung, da ein Standesbeamter keine körperliche Eindeutigkeit zur Eintragung fordern kann. Etwaige formale Geschlechtszuweisungen können mit dem § 47 PStG (Personenstandsgesetz) wieder geändert werden, wenn es sich nachweislich um eine Fehleintragung gehandelt hat. Eine solche konstatierte, von Anfang an bestehende Unrichtigkeit impliziert Personenstandsfälschung nach § 169 StGB (Strafgesetzbuch) für die Informationsgeber, i.d.R. das Geburtsklinikum. Beachten Sie, dass die Beantragung eines dritten Geschlechtes derzeit als Präzedenzfall in Arbeit ist und auch Sie einen solchen Antrag beim Standesamt des Geburtsortes Ihres Kindes formlos stellen können. Eine Fristsetzung für die Antragstellung besteht nicht: Die Option gilt somit auch für Erwachsene, die ihre ggf. jahrzehnte rückliegende Eintragung ändern lassen wollen.
  • Wenden Sie sich bei Bedarf für Rückfragen z.B. an die AGGPG, Ihre Anfragen werden weitergeleitet bzw. Ansprechpartner genannt. Einige Intersexen sind zu biologischen Fragestellungen besser informiert als Ärzte und besser qualifiziert als nach Lehrbuch geschulten Psychologen sind alle. Auch juristisch werden unsere Kenntnisse stets besser. Englischkenntnisse sind von Vorteil, denn Sie können sich international Informationen einholen.
  • Wundern Sie sich nicht, dass Sie den Kontakt bspw. zur AGGPG ärztlicherseits nicht genannt bekommen haben. Wir greifen Mediziner an und reden ihnen nicht nach dem Mund. Unsere Kritik richtet sich generell an die vorgeblich 'exakten', aber doch nur polarisiert formalisierten Wissenschaften. Spätestens seit Heisenberg ist deren Kausaldeterminismus obsolet, das sie jedoch nicht an der Brutalität der Zieldurchsetzung gehindert hätte. Die westliche Medizin und ihr Machbarkeitswahn ist Teil dieses Denkens. Der ärztliche Berufsstand und ihm ideell nachfolgende Vertretungen haben an einer Modifikation ihres Denkens bislang kein Interesse. Dies könnte sich allerdings bald ändern, denn am 12.10.01 fand die erste Lesung in der Angelegenheit im Bundestag statt.
  • Vergessen Sie nicht: als Eltern haben Sie auch juristisch die Pflicht, für Ihr Kind zu sorgen. Dieses hat ein grundgesetzlich verankertes Recht auch auf eine freie Persönlichkeitsentwicklung. Lassen Sie genitale Eingriffe zur geschlechtlichen Vereindeutigung vornehmen, mag dies vielleicht Ihrem privaten, ästhetischen Wohlbefinden dienen, aber Sie verstoßen gegen die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, der EU-Menschenrechtskonvention und dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes, ratifiziert am 20. November 1989. Sie handeln strafbar, denn Sie brechen mit Gesellschaftsverträgen, die Sie für sich selbstverständlich in Anspruch nehmen - etwa nicht einfach ermordet zu werden, nur weil Ihnen jemand mit schlechter Laune auf der Straße begegnet und Sie im Wege stehen. In medizinischen und kassenärztlichen Akten sind Ihre Adressangaben usw. erfasst, Sie bleiben in Ihrem Vorgehen nicht anonym und sobald Rechtssicherheit besteht, werden alle Fälle sukzessive juristisch überprüft werden.

...und was sollten Sie nicht tun?

  • verwechseln Sie nicht eine Geschlechtsanpassung erwachsener Transsexueller mit der Geschlechtszuweisung intersexueller Kindern, sondern differenzieren Sie hinsichtlich Freiwilligkeit, Zustimmungsfähigkeit und Intention, auch wenn aktuelle Zeitungsmeldungen dazu tendieren, alles unter die Fragestellung der Geschlechtszugehörigkeit zu subsumieren und damit dem medizinischen Impetus zuarbeiten.
  • verwechseln Sie nicht sexuelle  Lebensweisen (Homo- Hetero, Bisexualität u.a.m.) mit der Feststellung des anatomischen Geschlechtes, welche sich in den Begriffen 'Mann, 'Frau', 'zwittrig' / 'uneindeutig' wiederfinden (siehe Text 'theoretische Differenz...')
  • projezieren Sie nicht Ihre sexuellen Wünsche, geschlechtlichen Weltbilder und Ängste auf uns, sondern fragen Sie sich, warum Sie diese Gedanken haben und wie Sie sie verändern können
Zum Einlesen in den Komplex empfehlen sich u.a. die Texte dieser Webseite mit weiteren Links sowie weiterführende Literatur:

explizit:

  • John Colapinto (2000): Der Junge, der als Mädchen aufwuchs. Walter
  • Alice D. Dreger (1998): Hermaphrodites and the medical invention of sex. Havard University Press
  • Alice D. Dreger (1999): Intersex in the age of ethics. University Publishing Group
  • Anne Fausto-Sterling (2000): Sexing the body. Gender politics and the construction of sexuality. Basic Books
  • Michel Foucault (1998): Über Hermaphrodismus. Der Fall Herculine Barbin. Suhrkamp
  • Bernice L. Hausman (1995): Changing sex. Transsexualism, Technology and the Idea of Gender. Duke University Press
  • Suzanne J. Kessler (1998): Lessons from the intersexed. Ruttgers University Press
implizit:
  • Baudrillard, Jean (1991): Der symbolische Tausch und der Tod. Matthes & Seitz
  • Baudrillard, Jean (1996): Das perfekte Verbrechen. Matthes & Seitz
  • Bauman, Zygmunt (1995): Postmoderne Ethik. Hamburger Edition
  • Bataille, Georges (1997): Theorie der Religion. Matthes & Seitz
  • Bataille, Georges (1997): Die psychologische Struktur des Faschismus. Die Souveränität. Matthes & Seitz
  • Bataille, Georges (1999): Die innere Erfahrung nebst Methode der Meditation und Postskriptum 1953. Matthes & Seitz
  • Bataille, Georges (2001): Die Aufhebung der Ökonomie. Matthes & Seitz
  • Günther, Gotthard (2000): Lebenslinien der Subjektivität. Kybernetische Reflexionen. Suppose (CompactDisk)
  • Günther, Gotthard (2000): Die Amerikanische Apokalypse. Profil*
  • Heinrich, Klaus (1987): Tertium datur. Eine religionsphilosophische Einführung in die Logik. Stroemfeld*
  • Herman, Judith Lewis (1993): Die Narben der Gewalt. Traumatische Erfahungen verstehen und überwinden. Kindler
  • Levinas, Emmanuel (1993): Totalität und Unendlichkeit. Versuch über die Exteriorität. Karl Alber
  • Miller, Alice (1983): Du sollst nicht merken. Variationen über das Paradies-Thema. Suhrkamp
  • *siehe hier einen Kurzüberblick mit Fragestellungen zur Hermaphroditenfigur vom Juni 2001, rtf-download, 75 k


Lassen Sie uns noch eine Anmerkung formulieren:
 

Es werden Milliarden DM jedes Jahr über Forschungen und Zwangsassimilation an als intersexuell deklarierten Körpern eingenommen. Umgerechnet bedeutet dies, daß ein Intersexueller bis zu seinem 18. Lebensjahr anderen - gegen seinen Willen - einen Mehrwert verschafft hat, wie ihn manche Arbeitnehmer ihr Leben lang nicht leisten werden. Weiterhin: Menschen, die sich als weiblich oder männlich definieren und eine Identität darauf aufbauen, können dies heute nur, weil Hermaphroditen sozial und kulturell nicht existieren. Gesetze, die auf einer Polarisierung der Geschlechter gründen, provitieren ebenfalls von einer binären Logik und gleiches gilt für Religionen und Philosophien, die montheistischen Ideologien anhängen, um daraus binäre Konzepte zu entwickeln. Soweit zu den Parasiten.

Um es klar zu formulieren: Wir (ein zugegeben problematisches Wort ob realer Heterogenität) haben den Rassismus, der einer Apartheid der Geschlechter inhärent ist, weder erfunden noch, und dies ist entscheidend, tragen wir ihn fort als wir dieser Gesellschaft auch absolut nichts schulden. Keine Aufklärung, keine von uns initiierte Besserung der Situation, ja noch nicht einmal die Beantwortung eines einzigen emails. Alle Leistungen, die von hier erbracht werden, erfolgen als Kredit und lediglich unter Vorbehalt. Sollten sie nicht in akzeptabler Zeit fruchten, werden wir uns andere Mittel als die der Mitteilung und des Dialoges suchen müssen. Und man wird uns gute Angebote machen müssen, um sie als akzeptabel zu werten.

Umgekehrt sieht die Lage anders aus: ein Staat ist dazu verpflichtet, für seine Staatsbürger (so politisch schwierig dieser Begriff auch ist) Sorge zu tragen. In Sachen Hermaphroditen hat er komplett versagt. Eine Gesellschaft, die sich human und demokratisch nennt, hat an dem Exampel der Zwitter ebenfalls komplett versagt. Gleiches gilt für eine Wissenschaft, die glaubt irgend etwas durch Rationalisierung sich aneignen zu können: die Aufklärung hat komplett versagt. Es ist bekannt: jene als intersexuell gelabelten Menschen werden bis heute in Deutschland gefoltert und sollen völlig unsichtbar sein. Sie sollen faktisch eliminiert werden. Von nicht vorhandenen Arbeitsplatzangeboten und sonstigen sozialen Leistungen usw. ist hier noch gar nicht die Rede - diese fehlen ohnehin.

Eine Verfolgung des state of the art der Wissenschaft zeigt andererseits: diese Gesellschaft ist durchdrungen von der Idee des Dritten und Mehrwertigen: u.a. Emmanuel Levinas, Klaus Heinrich, Gotthard Günther und Homi Bhabha schrieben hierzu bereits aus verschiedenen geisteswissenschaftlichen Perspektiven.
Zudem: Aggregatszustände des gleichen Stoffes (fest, flüssig, gas; ineinander transformierbar mittels Druck und/oder Temperatur), Stand-by-Schaltungen, intern analog arbeitende (und schnellere) Computer, Quantentechnik, gelbe Ampelschaltung (zur Beschleunigung des Verkehrsflusses), Neutronen, Antimaterie, Virtual Reality, Klone, Chimären, Hybriditätskonzepte, Fuzzylogic usw. sind teilsweise in den Alltag eingeflossene Beispiele aus Technik, Physik und Mathematik, die eine mittel- oder unmittelbare Zwitterlogik beinhalten.

Dass von A nicht auf B, von Idee nicht auf Manifestation geschlossen wird, sagt etwas aus über die sozialgeistige Begrenzung hiesiger Sozietät, jenen als primitiv abgewerteten nicht-westlichen Kulturen weit unterlegen, und ihren geschlechtlich konditionierten Menschen, die regelrecht fixiert darauf sind, uns bestenfalls als 'leidend', 'Betroffene', 'chronisch krank' oder 'Patienten' zu reduzieren, beleidigen und diffamieren. Und sie berichtet von politischen und wirtschaftlichen Interessensgruppierungen, Reduktionen gezielt herbeiführen und aufrecht erhalten zu wollen.

Sie werden es beim Lesen schon bemerkt haben: wir sind aus einem etwas anderen Holz geschnitzt als viele Menschen, die die Situation, die Hermaphroditen heute vorfinden, keinen Tag auch nur überleben würden. Summa sumarum: Rechnungen ohne uns gehen nicht auf.



[1] Die Notwendigkeint, diese Begrifflichkeit zu erweitern, speist sich aus unten wiedergegebenen hohlen Geschwafel von Hartmut Bosinski, ein Kollege von Milton Diamond und tätig an der ehemaligen Nazi-Eliteuniversität Kiel sowie Mitherausgeber des Lehrbuches "Sexualmedizin" (2001), welches die Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage vom März 2001 als Legitimation ihrer Verstümmelungsbefürwortung benutzte und folgendes aufschlussreiche Zitat enthält: "Der Großteil unseres heutigen Kenntisstandes für die .. Schritte der somatosexuellen (und teilweise auch psychosexuellen) Entwicklung verdankt sich dem Studium von klinisch relevanten Störungsbildern, den sog. Intersex-Syndromen." (S. 46) Für das Studium der OP-Techniken, Erblehre und Endokrinologie waren Zwitter maßgebliches Forschungsobjekt als die Kontinuität ihrer Vernichtung sich auch bis heute ungebrochen fortsetzt. John Money, der 1955 seine ohne jede empirische Evidenz entwickelte "Theorie" von der sozialgeschlechtlichen Entwicklung (Gender) einbrachte, die Verstümmelungen an Intersexen pseudotheoretisch untermauerte und aktiv propagierte, dessen Thesen seit 1970 nutzbar gemacht wurden zur Behandlung von Transsexualität und heute für gescheitert erklärt werden müssen, wurde mit großem Hallo von Feministinnen empfangen und zuletzt setzte Judith Butler seine Ideen in der noch immer gehypten Queertheory fort. Hier schließt sich der Kreis der ideell Beteiligten.

Das Zitat von Bosinski:
"Störungen der pränatalen sexuellen Differenzierung können zu Intersex-Syndromen führen, welche nicht selten mit psychosexuellen Entwicklungsproblemen einhergehen. Der Artikel gibt einen kurzen Überblick zur Historie und stellt gegenwärtig kontrovers diskutierte Guidelines für das medizinische Management von Intersex-Syndromen dar, die entweder eine frühzeitige Geschlechtszuschreibung und entsprechende operative Korrekturen oder aber ein weitgehend konservatives Vorgehen unter Berücksichtigung pränataler Hormoneinflüsse auf die Ausbildung der Geschlechtsidentität und die Vermeidung frühzeitiger Genitalkorrekturen favorisieren. Aus Sicht der Sexualmedizin werden Lösungsvorschläge unterbreitet, wobei besonders auf die Notwendigkeit eines auf den Einzelfall abgestimmten, interdisziplinären Vorgehens in hochspezialisierten Zentren unter Berücksichtigung biologischer und psychosozialer Einflussfaktoren und auf den unbefriedigenden Stand der Nachuntersuchungen hingewiesen wird. " (Quelle: MedGen 2001;13:42-45)

... sowie dem Wissen um Abtreibungen aufgrund geschlechtsspezifischer Unverträglichkeiten und ohnehin pränatalen Pfusch durch hormonelle Behandlungen der Mütter.
 

[2]  Das dumpfe Geschlechterkasperletheater verläuft wie folgt:

1.   Am kulturellen Anfang war die Bibel: Gott schuf den Menschen als Mann und Frau (und wer bitte war dann Gott?).
2.   Am philosophischen Anfang war das tertium non datur aus eben diesem Grunde.
3.   Am sozialen Anfang waren Medizin und Eltern: I. Alle Föten sind bis zur X. Woche beidgeschlechtlich, dann differenzieren sie sich aus in Mann und Frau.
      II. Sage mir, oh heiliger Arzt, was ist es denn, vermag ich es doch nicht selbst zu beurteilen.
3a. Dass eine solche zweigeteilte, deduktive Präskription aller naturwissenschaftlicher Verfahren spottet, tangiert uns Mediziner kein bißchen.
3b. Wenn jetzt doch mal ein uneindeutiger Mensch geboren wird, erklären wir Mediziner ihn als genital fehl- oder mißgebildet, aber eigentlich männlich oder weiblich.
3c. Wir ermitteln durch detaillierte Analyse, selbstredend nunmehr induktiv formuliert, das von uns erfundene Krankheitsbild.
3d. Wir bestätigen den beidgeschlechtlichen Menschen als Totem der Männer und Frauen und ignorieren das Tötungstabu, schließlich sind wir die Geschlechtermacher.
4.   Am rechtlichen Anfang war das Standesamt: Mediziner, mein Geschlechtergott, sage mir, was darf ich melden?
5.   Am revolutionären Anfang war der Zwitter: was soll das alles eigentlich? Seid ihr alle zu dumm, um logisch zu denken? Fehlt Bildung? Intelligenz?
      Was ist euer Problem, dass ihr euch so offensichtlich blamieren müßt?
6.   Am wissenschaftlichen Anfang waren Biologie und Genetik. Sie behaupteten nicht mehr, irgendeine Aussage über "Geschlecht" treffen zu können. Das wurde
      ihnen nicht nur von der Medizinergemeinde verübelt.
7.   Am sozialen Anfang II waren die Menschenrechtler und Pädagogen. Sie waren nicht mehr willens, einer Wissenschaft voller Lug und Trug Glauben zu schenken...
      Punkt 6 und 7 sind science fiction.


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Monday, March 9 2009

Bundestag lehnt Yogyakarta-Vorstoss der Grünen ab

In derselben Sitzung, in der auch die CEDAW-Empfehlungen (nicht-)behandelt wurden, kam es zur Abstimmung über den Yogyakarta-Antrag der Grünen.

Intersexuelle waren in diesem Antrag bekanntlich als obligates Schlusslicht zu den "Schwulen, Lesben, Bisexuelle[n], Transgendern" einmal mehr bloss "mitgemeint". Konkret wurden sie in der Einleitung zwar noch in einem (nicht mal nur schlechten) Abschnitt erwähnt, im zentralen Teil des Papiers, den konkreten Forderungen, kamen sie jedoch gar nicht mehr erst vor – wie schon in den Yogyakarta-Prinzipen selbst. In der vorherigen Bundestagsdebatte zum Antrag benutzte zwar ein Abgeordneter 2x das Wort "Intersexuelle", meinte aber damit bezeichnenderweise Menschen, die in wegen "ihrer sexuellen Orientierung" verfolgt und diskriminiert werden in weit entfernten "Staaten [...], die eine andere Lebensweise haben", wie z.b. "Usbekistan und Turkmenistan" – und niemand, auch die antragstellenden Grünen nicht, fand es nötig, das richtig zu stellen.

Wie im Sitzungsprotokoll (>>> PDF-Download) auf S. 85 nachzulesen ist, wurde der Antrag nun im Bundestag am 5.3.08 in der 208. Sitzung ohne weitere Diskussion abgelehnt. 

Der Bundestag folgte damit einer Empfehlung des "Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe". Am 13.2.09, demselben Tag, an dem die schriftlichen CEDAW-Empfehlungen veröffentlicht wurden (sowie die beschämende Antwort des Hamburger Senats auf die historische erste Grosse Zwitter-Anfrage), war der Yoyakarta-Antrag dort Diskussionspunkt gewesen (>>> PDF-Protokoll). Schon dort wurden Zwitter ebenfalls gar nicht mehr erwähnt, sowie ging es einmal mehr lediglich um das "schlimme Ausland". Der Ablehnungsantrag wurde damit begründet, die Bundesregierung würde "dieses Thema" eh bereits kontinuierlich "unterstütz[en]", weshalb es dazu nicht noch einmal einen eigentlichen Beschluss brauche ...

Die Presseresonanz zur Ablehnung war gleich NULL- zumindest habe ich auf dem Web nichts gefunden.

Kommentar: Die Ausreden im (Nachtrag: auch sonst durch Mittäterschaft am unnötigen Fortdauern der Genitalverstümmelungen an Zwittern profilierten) "Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe" und überhaupt die gesamten Yogyakarta-Debatten zeigen einmal mehr, dass Zwittern mit solchen "Mitgemeint-LGBT-Vorstössen" prinzipiell schlecht gedient ist. Erstens gehen sie dort regelmässig unter bzw. werden für etwas ganz anderes gehalten. Weiter haben es solche Vorstösse in der aktuell realexistierenden politischen Landschaft schwer bzw. eine Mehrheit schon mal gegen sich (übrigens auch international, wie einschlägige UNO-Debatten zeigen). Wie andrerseits u.a. die im Vergleich dazu positiv ausgefallene CEDAW-Debatte illustriert, helfen den Zwittern Vorstösse, in denen es (statt um "Geschlechtsidentität" oder "sexuelle Orientierung") konkreter um die Zwangsoperationen als Menschenrechtsverletzungen geht, schon eher – obwohl es auch dort noch ein weiter Weg ist ...

Siehe auch:
- Bundestag / CEDAW: "Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe" will nix kapiert haben ...
-
- Yogyakarta-Debatte im Bundestag: "Intersexualität" = sexuelle Orientierung??!
- Lauter leere Versprechungen: Fachgespräch der Grünen 27.5.09
- Wie das "Netzwerk DSD" die "Lübecker Studie" frisiert – Grüne wollen nix gemerkt haben
- Menschenrechtsverletzungen an Intersexuellen: Yogyakarta untaugliches Instrument
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne
- "Genitalverstümmelung ein afrikanisches Problem?"     

Thursday, February 26 2009

"Intersexualität" = sexuelle Identität??!

Nach dem Positivbeispiel für eine gelungene "XXY"-Rezension aus "zeitzeichen" leider wieder ein aktuelles Negativ-Beispiel aus der "WochenZeitung" unter dem Titel "Filmen im Dazwischen" (in der Print-Version zudem prominent mit einem Szenenfoto aus "XXY" aufgemacht). Martin Büsser, der es eigentlich besser wissen könnte, sieht krampfhaft alles nur durch die Queer-Brille und behauptet allen Ernstes, das zentrale Thema von "Intersexualität" bzw. "XXY" drehe sich um "sexuelle Identität":

Die Regisseurin nutzt das Motiv der Intersexualität, um weit über herkömmliche queere Filme hinaus klarzumachen, dass es auch ein Recht auf offene sexuelle Identität gibt, die weder an ein binäres Geschlechtermodell noch an Zuweisungen wie «schwul/lesbisch» oder «bi» gebunden sein muss.

Dass es – was im Film "XXY" übrigens sehr wohl thematisiert wird – für "Intersexuelle" hauptsächlich eher um banale Dinge gehen könnte wie z.B. um die Durchsetzung des Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit (für Büsser, Queer & Co. wohl ein zu selbstverständliches Privileg, um sich erst damit aufzuhalten) als um "sexuelle Identität" (im BRD Amts-Sprachgebrauch letztlich synonym mit "sexuelle Orientierung") scheint sich in queeren Kreisen nach wie vor noch nicht herumgesprochen zu haben – wozu auch? Hauptsache, die "Intersexuellen" werden weiter "[ge/be]nutzt" um "als Ratschlag an das queere Kino" die Entwicklung des "New Queer Cinema" erfolgreich voranzutreiben ... Wie's den realen Zwittern dabei ergeht – wen interessiert das schon?

Prädikat: Setzen, 6, nachsitzen!

Siehe auch:
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung??! 
-  
- "Intersexualität" = "sexuelle Identität und Lebensweise"??! – Grüne VereinnahmerInnen immer noch nichts gelernt 

Saturday, December 6 2008

Australien erwägt 3. Geschlecht "Intersex" - für Transsexuelle und Transgender, nicht für Zwitter

Laut englischsprachigen Presse- und Agenturmeldungen (eins/zwei/drei/vier) fordert die australische "Human Rights and Equal Opportunities Commission" einen offiziellen 3. Geschlechtseintrag "Intersex" für "Menschen, die sich nicht als Mann oder Frau fühlen", eine "Operation" sei dafür "nicht automatisch erforderlich" – was auch immer das konkret bedeuten mag.

Und der Gipfel der Unsichtbarmachung: Wirkliche "Intersexuelle" bzw. Zwitter kommen in allen bisherigen Pressemeldungen gar nicht erst vor! Stattdessen heisst's, "Transgender" forderten zusätzlich eine 4. Kategorie "Sonstige" für solche mit "unidentifizierbarem oder ständig wechselndem Geschlecht" ...

(Gefunden via Intersex-Feed)

Siehe auch:
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung?! 
- Zwitter = Transgender ??! 
- "Intersexualität" = sexuelle Identität??!
- "Intersexualität" = "sexuelle Identität und Lebensweise"??! – Grüne VereinnahmerInnen immer noch nichts gelernt 

Wednesday, November 5 2008

"Intersexualität" = sexuelle Orientierung??!

Bei LGBT "mitgemeint" und die Folgen: In letzter Zeit sind immer wieder Statements zu beobachten, in denen Zwitter von offensichtlich nichtwissenden Nachplapperern mit irgendeiner besonderen Form von "sexueller Orientierung" (d.h. wie z.B. Hetero-, Homo- oder Bisexualität) verwechselt werden, oder auch mit einer besonderen "Geschlechtsidentität" (Nachtrag: bzw. "sexuellen Identität"). Zwei Beispiele:

1) So unlängst in der Bundestagsdebatte zum Yogyakarta-Vorstoss der Grünen, worin "Intersexuelle" zwar in der mehrseitigen Einführung grad mal einen ganzen, wenn auch nicht mal nur schlechten Abschnitt bekamen -- in den konkreten Forderungen, sprich dem eigentlichen Kernstück des Antrags, jedoch prompt nicht mehr erwähnt bzw. einmal mehr bloss noch "mitgemeint" sind (genau wie auch schon in den Yogyakarta-Prinzipien selbst). Dito in der Debatte: Ein einziger Sprecher erwähnte "Intersexuelle" ganze zwei Mal (bezeichnenderweise als kommentarloses Anhängsel zu "Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender"), nämlich Holger Haibach (CDU/CSU). "Überraschung": Beide Male hielt er Zwitter für Menschen, die wegen "ihrer sexuellen Orientierung" verfolgt und diskriminiert werden -- selbstverständlich nur in weit entfernten "Staaten [...], die eine andere Lebensweise haben", wie z.b. "Usbekistan und Turkmenistan" ... und niemand im ganzen Bundestag klärte Haibach über seinen fatalen Irrtum auf ... weil wohl niemand im Bundestag den Irrtum überhaupt bemerkte bzw. überhaupt bemerken wollte ...

Gefunden via Bundestags-Suchmaschine zu "Intersexualität":
http://suche.bundestag.de/searchAction.do?queryAll=&queryOne=intersexuell+intersexuelle+intersex

2) Und aktuell einmal mehr in einem Artikel in "dieStandard" (vgl. dazu auch untenstehenden Nachtrag). Dort wird die österreichische Grünen-Abgeordnete und langjähriges Mitglied der ILGA (International Lesbian and Gay Association) Ulrike Lunacek zitiert, auch sie missversteht Zwitter (selbstredend einmal mehr als kommentarloses Anhängsel) prompt wieder als Menschen mit einer besonderen sexuellen Orientierung/Identität, die deshalb in irgendwelchen weniger zivilisierten Gegenden  diskriminiert würden: "in Ländern [...], in denen Homo-, Bi-, Trans- und/oder Intersexualität immer noch massiv vorurteilsbelastet ist oder ihnen sogar strafrechtliche Verfolgung droht". (Nachtrag 1.5.09: Der ursprünglich oben verlinkte "die Standard"-Artikel "Grüne vergeben erstmals Preis für lesbische, schwule und transgender-AktivistInnen" wurde inzwischen geändert und mit einem neuen Titel "Grüner Preis für Palestinian Gay Women" versehen; der oben kritisierte Abschnitt kommt in der neuen Version nicht mehr vor, "Intersexuelle" werden nicht mehr erwähnt. Der ursprüngliche Artikel findet sich aber nach wie vor auf der Grünen-Homepage und an diversen anderen Orten im Netz).

Kommentar: Einmal mehr, Hauptsache "mitgemeint", sprich: Bloss nicht über genitale Zwangsoperationen und Zwangskastrationen und andere, massive Menschenrechtsverletzungen an Zwittern vor der eigenen Haustüre reden (in Österreich dürfen Zwitter obendrein als "Schwerstbehinderte" bis unmittelbar vor der Geburt legal abgetrieben werden) -- geschweige denn, konkrete Schritte dagegen unternehmen und generell die berechtigten Anliegen der Zwitter endlich zu einem eigenständigen, angemessenen Punkt in der eigenen Agenda machen! Gut gemeint ist nicht genug!

Siehe auch:
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002
-
- Aus Transschändrien nix neues
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne
- "Intersexualität" = sexuelle Identität??!
- Vereinnahmung von Zwittern: Das Transgender-Netzwerk Berlin TGNB macht's vor ...
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"

Sunday, June 22 2008

Vereinnahmung von Zwittern: Das Transgender-Netzwerk Berlin TGNB macht's vor ...

In der vom "Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen" innerhalb der Senatsverwaltung Berlin herausgegebenen Zeitschrift "Zusammen leben in Berlin. Dokumente lesbisch-schwuler Emanzipation Nr. 22" vom November 2006 unter dem Titel "Trans- und Intergeschlechtlichkeit" (pdf-Download) stehen auf Seite 161 die "Positionen des Transgender-Netzwerks Berlin", die eingeleitet werden mit den Worten:

Der Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit stellte anlässlich der Fachtagung "Trans- und Intergeschlechtlichkeit" folgendes Positionspapier vor

Unter "A. Rechtliche Forderungen" werden 5 Punkte aufgezählt. Nirgends steht irgend etwas über Zwangsoperationen an Zwittern. Von "Operationen" ist lediglich im ersten Punkt im Zusammenhang mit der Reform des Transsexuellengesetzes (TSG) die Rede:

Abschaffung der "geschlechtsangleichenden" Operation und der Fortpflanzungsunfähigkeit als zwingende Voraussetzungen zur Personenstandsänderung.

Und weiter geht's dann ausschliesslich um "TSG", "Transsexuelle" und "Entpathologisierung von Transgender", "Erweiterung des Namens- und Personenstandsrechts", blablabla ...

Bei den rechtlichen Forderungen werden Zwitter gar nicht erwähnt, unter "B. Gesellschaftspolitische Forderungen" immerhin zwei Mal, jedoch wie üblich lediglich als unkommentiertes Anhängsel von Transgender:

1. Aufnahme der Transgender/Intersex-Thematik in die Lehrpläne der Schulen und pädagogisch-psychologischen Ausbildungen,
(...)
3. Förderung einer Infrastruktur für Transgender- und Intersex-Personen, wie z.B. Beratungs- und Informationsstellen, Transgenderzentren und ähnliches.

Einmal mehr erscheint "intersexuell" (oder in diesem Fall "intergeschlechtlich") nur im Titel als Angelhaken für die eigenen spezifischen Interessen und notabene in der 'gottgegebenen Reihenfolge' als Schlusslicht hinter "Trans-" (entsprechend der bewährten Vereinnahmungstaktik der dgti, die übrigens zum TGNB dazu gehört). In den Forderungen selbst bleiben Zwischengeschlechtliche jedoch wie üblich unerwähnt.

Fazit: Einmal mehr werden zwangsoperierte Zwischengeschlechtliche von Transgender-Kreisen zur Erreichung ihrer eigenen politischen Ziele instrumentalisiert und missbraucht!

Siehe auch:
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung?!
- Warum Zwitterforderungen, worin zu oberst nicht die schnellstmögliche Beendigung der Zwangsoperationen steht, keine Zwitterforderungen sind, sondern Vereinnahmung
- "Who killed David Reimer?"
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"
- Liminalis: Aus Transschändrien nix neues
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne

Wednesday, May 7 2008

Zwitter = Transgender ??!

Ein weiteres typisches Beispiel für die Vereinnahmung / Unsichtbarmachung von Zwischengeschlechtlichen durch LGBTs aus dem "Glossar über Begriffe und Bezeichnungen für Schwule und der ganzen LGBT-Gemeinschaft" auf network.ch, der Homepage des "Network für schwule Führungskräfte":

Zwitter = Zweigeschlechtliche Wesen. Wurde früher fälschlicherweise für Transgender gebraucht. Heute nur noch in der Botanik und Zoologie gebräuchlich.

Hermaphrodit = Sohn des Hermes und der Aphrodite. Zwitter, Mensch mit Brüsten und Glied (kleiner Penis oder übergrosser Kitzler), heute nennt man diese Menschen Transgender. Für die alten Griechen ein Zeichen der Göttlichkeit

Transgender = Menschen mit missgebildeten, zeugungsunfähigen Geschlechtsteilen, die nicht eindeutig männlich oder weiblich aussehen. Wird heute meist zugunsten einer männlichen oder weiblichen Identiät [sic!] im Jugendalter operiert. Wird dies unterlassen, kann sich ein Hermaprodit bilden.

Tja, öhm, da gackert der Zwitter ... Oder so ähnlich. Sprich nämlich eben nicht. Hualp!

Liebe schwule Führungskräfte: Offensichtlich habt ihr euch weder über Zwitter noch über Transgender je seriös informiert. Bitte holt dies bei Gelegenheit nach. Bis dahin streicht bitte fürs erste diese drei unsinnigen und für Zwischengeschlechtliche schädlichen "Definitionen" in eurem Glossar ersatzlos ... alles andere wär glaub zu gombliziert ... (Später dann ev. eine korrekte Definition von Transgender wieder hinzufügen, die Zwitter NICHT diskriminiert oder vereinnahmt  ...) Danke!

Siehe auch:
- Australien erwägt 3. Geschlecht "Intersex" - für Transsexuelle und Transgender, nicht für Zwitter 
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung?! 
- "Intersexualität" = sexuelle Identität??!
- "Intersexualität" = "sexuelle Identität und Lebensweise"??! – Grüne VereinnahmerInnen immer noch nichts gelernt