Genf: UNO mahnt Bundesregierung

Medienpräsenz an der Mahnwache vom 2.2. (Bild: Ärger)

In Genf signalisierte der CEDAW-Ausschuss der Bundesregierung unmissverständlich: Menschenrechte gelten auch für Zwitter! Die an Zwittern mit dem Segen der Bundesregierung üblichen genitalen Zwangsoperationen widersprechen dem klar, eine informierte Zustimmung durch die Betroffenen ist in jedem Fall notwendig! Ein grosser Erfolg für die Interessenverbände der Zwitter, die vor Ort lobbyiert und mit mehreren öffentlichkeitswirksamen Aktionen auf die an ihnen nach wie vor täglich begangenen, massiven Menschenrechtsverletzungen aufmerksam gemacht hatten. Letztere wurden auch von den lokalen westschweizer Medien breit und positiv aufgegriffen.

In seiner 43. Session überprüfte der UN-Ausschuss CEDAW am vergangenen Montag, den 2. Februar 2009, den 6. Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau. Intersexuelle Menschen e.V. und XY-Frauen hatten dazu in Zusammenarbeit mit einer Allianz von 28 Frauenverbänden und weiteren Organisationen einen eigenen Schattenbericht eingereicht.

Überraschend deutlich mahnte nun das CEDAW-Komitee die Bundesregierung:

Es sei der Wille des Ausschusses, dass auch Zwitter "die vollen Menschenrechte erhalten" müssen, was deren Verbände seit jeher fordern. Hier hätte die Bundesregierung noch "viel zu verändern".

In Bezug auf die von der Bundesregierung seit über 12 Jahren immer wieder gutgeheissenen genitalen Zwangsoperationen, Zwangskastrationen und sonstigen nicht-eingewilligten Zwangsbehandlungen an Zwittern hielt das Komitee unmissverständlich fest, auch Zwitter hätten "immer" das Recht auf "volle informierte Zustimmung". Dies ist für Zwitter von spezieller Bedeutung, da Mediziner mit Rückendeckung der Bundesregierung bisher stets behaupteten, die Einwilligung der Eltern zu den Zwangseingriffen sei ausreichend, die Zustimmung der Betroffenen zu den "kosmetischen" Zwangseingriffen sei gar nicht erforderlich.

Weiter mahnte das Komitee, dass es sich um "rechtlich verbindliche Elemente" handle.

Ferner rügte der Ausschuss die Nicht-Beantwortung einer vorgängigen schriftlichen Frage des Ausschusses durch die Bundesregierung, und rügte die Bundesregierung weiter ebenfalls überraschend deutlich dafür, dass sie bisher jegliche Kommunikation mit den Interessenverbänden der Zwitter stets verweigert hatte.

Die vor Ort anwesenden VertreterInnen der Bundesregierung verweigerten ihrerseits wie gewohnt einmal mehr jede konkrete Antwort zu den massiven Menschenrechtsverletzungen an Zwittern, was vom Komitee übrigens sehr wohl bemerkt wurde.

Immerhin hielt die Regierungsdelegation in einer Erklärung fest, man habe die Anliegen der Zwitter zur Kenntnis genommen und werde mit ihnen in einen Dialog treten. In einem ersten Schritt dazu wurde nach Sitzungsende mit einem anwesenden Mitglied vom "Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe" des Bundestags die Visitenkarten ausgetauscht und ein Gespräch in Aussicht gestellt.

Begleitend zur CEDAW-Session organisierten betroffene Menschen auf der Place des Nations zwei Mahnwachen und eine Protestkundgebung. Diese fanden in den lokalen Medien grosse Beachtung und dienten als Anlass zu umfassender Berichterstattung zur grundlegenden Problematik der genitalen Zwangsoperationen an Zwittern u.a. in Le Matin, Le Temps, La Tribune de Genève und Le Courrier. Weiter berichteten FAZ Online und die kolumbianische Site El Tiempo veröffentlichte einen Clip.

Nachtrag: Diese Meldung auch auf Vorwaerts.ch.

Siehe auch:
- Schattenbericht Intersexuelle Menschen e.V.
- Schattenbericht: Bundesregierung leugnet Menschenrechtsverletzungen an Zwittern 
- Zwitter-Demos vor der UNO 26.1.
- Weitere Medienberichte zu Genf
- Genf: UNO mahnt Bundesregierung
- CEDAW: Schriftliche Empfehlungen an die Bundesregierung
- Oliver Tolmein zu CEDAW-Empfehlungen
- CEDAW: Offener Brief des Deutschen Juristinnenbundes erwähnt Zwitter
- CEDAW im Bundestag: Nach bekanntem Muster