Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert

>>> 1. Zwitter Demo Landgericht Köln 12.12.2007

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Genitale Zwangsoperationen an Zwittern / Zwischengeschlechtlichen / Hermaphroditen / "Intersexuellen" sind eine andauernde, massive Menschenrechtsverletzung. Kosmetische Genitaloperationen sind medizinisch nicht notwendig und verletzen die höchstpersönlichen Rechte der Kinder, Eltern dürften deshalb legal nicht einwilligen.

Schon allein aufgrund des explizit in der Bundesverfassung festgehaltenen Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung dürften sie eigentlich gar nie stattfinden. Auch nach medizinethischen Grundsätzen und Richtlinien sind sie klar unzulässig. Jahrzehnte lange Klagen der Opfer werden durch namhafte Studien bekräftigt. 2009 kritisierte erstmals der UN-Ausschuss CEDAW die Zwangsoperationen.

Trotzdem operieren die Zwangsoperateure auch in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich unkontrolliert weiter. Den Eltern und den Zwittern wird weiterhin die volle Wahrheit vorenthalten, die meisten Zwitter kommen nach wie vor im Säuglingsalter unters Messer.

Allein in Deutschland wird JEDEN TAG ein Kind genital zwangsoperiert, in der Schweiz und in Österreich etwa JEDE WOCHE EINES. Während Genitalverstümmelungen in Afrika verurteilt und juristisch bekämpft werden, sind Genitalverstümmelungen an Zwittern vor der eigenen Haustüre nach wie vor kein Thema.

Was es endlich braucht, sind gesetzgeberische Massnahmen, um die Grundrechte der Zwitter künftig endlich praktisch und umfassend durchzusetzen – ohne dass zuerst noch zahllose weitere Betroffene mehr einen Leidensweg durchlaufen müssen wie schon Hunderttausende vor ihnen!

Zwischengeschlecht.org fordert:

  1. Gesetzliche Massnahmen zur sofortigen Beendigung aller Zwangseingriffe an Zwittern, Aufhebung/Verlängerung der Verjährungsfristen und Bestrafung aller TäterInnen!

  2. Zwangsbehandelte Zwitter sind unverzüglich und umfassend zu entschädigen!

  3. Rechtliche Anerkennung der Zwitter inkl. optionalem 3. Geschlechtseintrag für Zwitter!

  4. Intersexualität als nicht-pathologische biologische Besonderheit muss auf allen Ebenen in allen biologischen und sozialen Fächern unverzüglich in den Lehrplan aufgenommen werden!

  5. Umgehende Schaffung verbindlicher "Standards of care", inkl. psychologischer Beratung und Peer Support, unter Einbezug der betroffenen Menschen und ihrer Organisationen!

Siehe auch:
26.10.09: Intersex Awareness Day - Historischer politischer Vorstoss in Zürich
- Zwangsoperation tangiert "höchstpersönliche Rechte" – Eltern dürften nicht zustimmen
- Zwangsoperationen verfassungswidrig (Art. 10.2: Recht auf körperliche Unversehrtheit) 
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg 
- Kinderspital Zürich: Genitale Zwangsoperationen angeblich nur "ganz selten" 
- Zürcher Kinderspital propagiert Zwangskastrationen an Kindern 
- Inselspital Bern: Angeblich "keine Zwangsoperationen" 
- Daniela Truffer & Karin Plattner @ TalkTäglich Di 20.10.09 18:30h 
- Daniela Truffer & Karin Plattner @ Radio 24 News, 25.10.09 22h + Mo 26.10.09 06h/07h/08h 
- Aktion & Offener Brief Kinderspital Zürich 6.7.08
- Aktion & Offener Brief Inselspital Bern 16.8.09 
- Milton Diamond fordert gesetzliches Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern
- Zwitter-Demos vor der UNO 26.1.09 
- Genf: UNO mahnt Bundesregierung
- CEDAW: Schriftliche Empfehlungen an die Bundesregierung
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern 
- Amnesty Schweiz: Historischer Entscheid für "Menschenrechte auch für Zwitter!" 
- Amnesty Deutschland: Ebenfalls historischer Entscheid für "Menschenrechte auch für Zwitter!"

Comments

1. On Thursday, October 22 2009, 13:47 by Einhorn

Zwangs-OP´s waren in der BRD an zwischengeschlechtlichen Menschen stets verboten. Dafür braucht es kein zusätzliches Gesetz, sondern lediglich den konsequenten, insbesondere strafrechtlichen, Vollzug gegen die Genitalverstümmler und Zwangskastratoren. Das BVerfG hat zwischengeschlechtliche Menschen bereits im Jahre 1995 den Schutz vor geschlechtsspezifischer Abtreibung verbürgt, so daß es sich lediglich um ein Vollzugsdefizit handelt. Neue Gesetze, die die Eingriffe verbieten würden, halte ich für gefährlich, da dadruch der Eindruck entsteht, daß die bisherigen Verbrechen keine waren. Also Hände weg von neuen Gesetzen, außer dem optinalem Eintrag des dritten Geschlechts im PStG. Der Vorschlag zum PStG allerdings, der derzeit aus Hamburg kommt, wird bei dem derzeitigen Abtreibungsrecht (Spätabtreibung bis zur Eröffnung der Geburtswehen zulässig) zur Todesfalle für alle ungeborenen zwischengeschlechtlichen Menschen.

2. On Thursday, October 22 2009, 15:14 by seelenlos

hallo einhorn, ich gehe mit dir einig von wegen vollzugsdefizit, würde sogar meinen, es handle sich um einen eigentlichen vollzugsnotstand, wie das in der schweiz so schön heisst. trotzdem greifen bestehende gesetze oft zu kurz bzw. tragen der realen situation zuwenig rechnung, insbesondere in der frage der verjährung und weil vielfach zuerst gegen die eigenen eltern geklagt werden müsste (die ja oft "eingewilligt" haben).

deshalb habe ich keine sorge, dass ein spezifisches gesetz -- etwa analog den aktuellen internationalen bestrebungen zur (weitergehenden) strafbarkeit der mädchenbeschneidung, wie sie jüngst auch in d im bundestag anstanden http://www.spiegel.de/politik/deuts... --, den eindruck erwecken würde, dass die bisherigen verbrechen keine waren. (was heute faktisch leider insofern zutrifft, dass die täter bisher allesamt ungeschoren davonkommen und in den allermeisten fällen aktuell nur schon wegen eintritt der verjährung legal gar nicht mehr belangt werden können. auch das bisher einzige gegenbeispiel christiane, wo die täterInnen strafrechtlich ebenfalls durch alle maschen schlüpften, konnte von allen nur noch ein einziger wenigstens zivilrechtlich belangt werden -- in letzter minute vor eintritt der absoluten verjährung auch auf dieser ebene).

auch opfer von sexuellem kindesmissbrauch fordern m.e. zu recht entsprechende gesetze, auch wenn der bundestag diesbezüglich bisher kategorisch blockt (und so den eindruck erweckt, erheblich von täterInnen durchsetzt zu sein, und auch ungeniert deren sprache verwendet, vgl. z.b. http://norbert.denef.com/2008/12/29...).

auch wenn in der realpolitik oft alles letzlich nanomillimeterarbeit ist und kaum etwas auf anhieb durchkommt, wie auch der angesprochene vorgang im bundestag betr. mädchenbeschneidungen belegt http://www.spiegel.de/panorama/gese..., denke ich, nur schon die politische und öffentliche debatte selbst lässt die entrüstung hochgehen und die luft für kinderverstümmler knapper werden -- analoges wäre m.e. auch für die zwangsoperateure der fall.

ich nehme an, du meinst bestreffend PStG-vorschlag aus hamburg denjenigen der linken? den antrag der SPD http://www.spd-fraktion-hamburg.de/... halte ich zumindest für einen schritt in die richtige richtung, auch wenn die frage der optionalität noch keinen niederschlag fand (obwohl auch intersexuelle menschen e.v. in der forderungsliste seit 2008 explizit einen "optionalen 3. geschlechtseintrag" fordern).

(eine ersatzlose streichung des geschlechtseintrags, wie hamburger linke beantragt, ist m.e. nicht nur realpolitisch absolut chancenlos, sondern würde auch frauen und männern schaden, da diskriminierungen und ungleichbehandlungen gar nicht mehr erfasst und somit auch nicht mehr bekämpft werden könnten.)

nachtrag: der antrag von die linke, drucks. 19/3694 http://www.linksfraktion-hamburg.de... wurde laut protokoll der bürgerschaft vom 3.9.09 zurückgezogen und kam gar nicht zur abstimmung (--> TOP 84): http://www.hamburgische-buergerscha...

der spd-antrag drucks. 19/4012 wurde laut protokoll am 16.9.09 abgelehnt mit stimmen von gal, cdu und die linke gegen spd (-> TOP 27): http://www.hamburgische-buergerscha...