"Der medizinische Umgang mit Intersexuellen Kindern: Eine Analogie zum sexuellen Kindesmißbrauch" - Tamara Alexander

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Ausgeliefert! >>> Leider immer noch brandaktueller Text von 1997 mit zahlreichen Belegen über ein Thema, das viele Überlebende von Genitalverstümmelungen im frühen Kindesalter seit langem anklagen, verfasst von der Partnerin des Intersex-Aktivisten Max Beck, die beide u.a. im Dokfilm "Das dritte Geschlecht" auftraten (dieser Blog berichtete). Nachfolgend ein Auszug (hier ohne die Literaturbelege):

[...] Vergleichbar den Opfern kindlichen sexuellen Mißbrauchs werden Kinder mit intersexuellen Merkmalen Opfer wiederholter genitaler Traumata, die sowohl in der Familie wie im kulturellen Umfeld geheimgehalten werden. Die Kinder sind verängstigt, beschämt, fehlinformiert und verletzt. Sie erleben ihre Behandlung als eine Form des sexuellen Mißbrauchs und betrachten ihre Eltern als Personen, von denen sie betrogen wurden und die mit den medizinischen Experten kollaboriert haben. Wie bei sexuellem Mißbrauch umfassen die psychologischen Folgen Depression, Suizidversuche, die Unfähigkeit zu intimen Beziehungen, Störungen des Körperbildes und dissoziative Muster. [...]

Medizinische Photograpien der Genitalien, Untersuchungen an den Genitalien bei verfrühtem Einsetzen der Pubertät und intersexuellen Merkmalen, Kolposkopie [Scheidenspiegelung] und Untersuchungen eines Mädchens, das DES [Diethylstilbestrol] ausgesetzt war, Cystoskopie [Harnröhren- und Blasenspiegelung] und Katheter-Anlagen und Hypospadie-Korrektur führen zu Symptomen, die mit denen des kindlichen sexuellen Mißbrauchs stark korreliert sind: Dissoziation, negatives Körpererleben, und PTSD-Symptomatik. Einer von Moneys Patienten berichtet: „Ich lag da, nur mit einem Tuch über mir, und ungefähr 10 Ärzte kamen herein, und das Tuch kam weg, und sie fühlten hier und da und diskutierten darüber, wieviel Fortschritte ich gemacht hatte. Ich war vor Angst versteinert. Dann kam das Tuch wieder 'drüber und es kamen ein paar andere Ärzte herein und sie taten dasselbe. Das war unheimlich. Ich hatte Angst. Ich hatte Alpträume davon..."

[...] Sowohl Angela Moreno als auch Max Beck berichten über weitreichende Abspaltungsepisoden. Max erinnert sich: „Ich war die meiste Zeit meiner Jugend ein herumlaufender Kopf". Moreno sagt daß sie sich erst „nach Jahren therapeutischer Behandlung endlich in ihrem Körper fühlte, ihre Haut ausfüllte und nicht nur umhertrieb." Diese Aussagen ähneln denen von CSA [Child Sexual Abuse = sexueller Kindesmissbrauch] Opfern, die berichten, daß sie sich emotional von ihren Körpern getrennt haben, um den physischen Angriffen Widerstand entgegensetzen zu können. Eine Frau, die wiederholten Kolposkopien unterworfen wurde, gibt an, daß sie „die vaginalen Untersuchungen nur überlebt hat, indem sie sich vollständig von ihrem unteren Körper abgespalten hat - d.h. daß sie unterhalb ihrer Taille taub war, ohne Empfindung und Gefühl“. [...]

Weitere behandelte Themen: Scham und Verlegenheit, Heimlichkeit und Schweigen, Fehlinformation, Dissoziation und Körperentfremdung, Verratstraumata u.a.m.

>>> Der ganze Text von Tamara Alexander mit zahlreichen Literaturbelegen

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