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Kann ein Zwitter Sünde sein?

Vorschau auf einige Vorträge, in denen "Intersex" auf die eine oder andere Weise eine titelgebende Rolle spielt:

Göttingen, 19. Januar 2012
Friederike Maaßen: „Und was ist es jetzt?“ - Hebammen im Umgang mit Intersexualität bei Neugeborenen
>>> Ankündigung  >>> neuer Ort & Zeit  >>> Kommentare dazu "Der Vortrag stellt eine Abschlussarbeit vor, die Intersexualität in Medizin und Gesellschaft beleuchtet und momentane politische Bewegungen aufgreift. Es kommen Hebammen zu Wort, die ein Kind mit uneindeutigem Geschlecht entbunden haben. Sie erzählen von ihren Erfahrungen im Umgang mit Eltern und Ärzt*innen. Zudem berichten Lehrkräfte für Hebammenwesen, wie Intersexualität in den Lehrplan aufgenommen werden kann, um zukünftige Hebammen für das Thema zu sensibilisieren."
Interessant und hochaktuell klingender Vortrag zu einem wichtigen Thema: Hebammen bringen bekanntlich bessere Voraussetzungen mit zu einem menschlichen Umgang mit Zwitterkindern als die in den Kliniken tonangebenden Genitalabschneider. Nachdem was und Hebammen erzählten, findet jedoch ungünstiger Weise aktuell eher eine Entmachtung der Hebammen statt zugunsten der Verstümmler – mit den bekannten Folgen für die betroffenen Kinder. Während wir gleichzeitig von den Medizynern selbst zu hören bekommen, ene Hebamme würde in ihrer Laufbahn höchstens 0.5 mal ein Zwitterkind zur Welt bringen, weshalb das Thema in der Hebammen-Schulung nix verloren habe, sondern das Kind vielmehr schnell den Medizynern zu übergeben sei – mit den bekannten Folgen. Schön, dass sich das das (geistes-)wissenschaftliche Interesse hier mal auf ein konkretes Thema richtet (statt dass es wie sonst so oft bloss um Gender-Blabla geht).
Nachtrag: Dieser Blog bedauert sehr, dass ausgerechnet die Gleichstellungsbüros und Fachschaftsräten der Sozialwissenschaftlichen und Philosophischen Fakultät und der AStA der Uni Göttingen diesen Vortrag nicht zulassen wollen. Offensichtlich sind sie nicht in der Lage, die Wichtigkeit des Themas (und damit verbunden die Dringlichkeit der Verhinderung künftigen Leids von durch Verstümmelung bedrohten Kinder) zu erkennen. Es ist noch ein weiter Weg ... (Und für manche ist er offensichtlich öfters gar noch etwas länger.)

Dresden, 18.-20. Januar 2012
"Transgender und Intersex in Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft" – Internationale und Interdisziplinäre Konferenz
>>> Ankündigung  >>> Programm (PDF)  >>> letzte Änderungen  >>> Pressemitteilung 9.1.
>>> Offener Brief von Zwischengeschlecht.org vom 18.01.2012 
"[...] treffen sich führende Wissenschaftler_innen der Transgender- und Intersex-Forschung, Künstler_innen sowie Sprecher_innen von Betroffenenorganisationen zu einer internationalen Konferenz [...] Ein Hauptanliegen der Konferenz "Transgender und Intersex in Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft" besteht darin, die biologisch-medizinische Perspektive auf Transgender und Intersex mit einer kulturwissenschaftlichen zu verknüpfen sowie die Erkenntnisse der Wissensform Kunst einzubeziehen.[...] Ein weiteres wesentliches Ziel der Konferenz ist es, Betroffenen Gehör zu verschaffen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren." (Pressemitteilung 1 + 2)
Soweit für diesen Blog ersichtlich, handelt es sich entgegen der vollmundigen Pressemitteilung letztlich leider bloss wieder um die übliche Vereinnahmung der Leiden der real allermeist genitalverstümmelten Zwitter durch privilegierte Dritte, namentlich LGBT & Gender Studies. Während unverändert 90% aller Zwitterkinder uneingewilligt verstümmelt werden (wohlbemerkt auch durch praktische alle Institutionen, an denen die Vortragenden sonst ihre Brötchen verdienen, ebenso wie durch die veranstaltende TU Dresden selbst!), sind die meist grausamen Schicksale der Betroffenen – bzw. die Projektionen Aussenstehender auf "die Zwitter" – einmal mehr bloss Material und Gegenstand "wertfreier" Wissenschaft und Kunst, die sich um die realen Implikationen ihrer "interdisziplinären Diskurse" auf die wirkliche Welt einen Dreck zu kümmern scheint. Soweit diesem Blog ersichtlich wurden von "Intersex"-Seite weder Betroffene noch ExpertInnen eingeladen, die eine konkrete Praxis betreffend Beendigung der Verstümmelungen vorzuweisen hätten, noch geht es irgendwo konkret um die Menschenrechte der verstümmelten Kinder, noch macht sich die ganze Veranstaltung in irgendeiner Form konkret für sie stark. Allem Anschein nach folglich eine ethisch stark fragwürdige Angelegenheit, bei der "Intersex" einmal mehr als mitgemeintes Anhängel zwecks Fördergeldereintreibens für Anliegen privilegierter Dritter herhalten muss – während sowohl in Dresden wie auch den Institutionen der "führenden Wissenschaftler_innen" täglich widerspruchslos weiterverstümmelt wird ...

Hamburg, 25. Januar 2012
Michaela, eine Ärztin aus Halle: Umgang von Medizin und Gesellschaft mit intersexuellen Menschen
>>> Ankündigung (neu)  Empfehlenswerter Vortrag einer Ärztin, die weder Kinder verstümmelt noch Verstümmelungen gut heisst, sondern fundiert argumentiert, warum kosmetische Genitaloperationen an Kindern diesen letztlich nicht Gutes tun, im Rahmen einer Reihe, bei der im Dezember bereits die "Klinefelters" zu Gast waren, und veranstaltet von der "AG Queer Studies", die sich auch sonst schon durch praktische Solidarität und durch konstruktive Auseinandersetzung mit unreflektierten Vereinnahmungen hervortat – auch sowas gibt's zum Glück.

Vorankündigung:
23. Februar 2012 – Daniela "Nella" Truffer im Thurgauer Frauenarchiv (Schweiz)

>>> Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter