Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (II): "EuroDSD"-Projektleiterin Prof. Wiebke Arlt propagiert Genitalverstümmelungen im "Guardian" und auf "Freitag.de"

Kann ein Zwitter Sünde sein?Die aktuellen öffentlichen Spekulationen und Ferndiagnosen in den Medien u.a. darüber, ob Caster Semenya möglicherweise gedopt, keine richtige Frau, ein Mann, oder eventuell ein intersexueller oder zwischengeschlechtlicher Mensch, Zwitter, Hermaphrodit oder eine "DSD-Gestörte" sei, sind entwürdigend.

Und obendrein rassistisch – auch wenn dies das "aufgeklärte" westliche Publikum in der Regel partout nicht wahrhaben will
(mehr dazu >>> "Is the Caster Semenya Sex Controversy Racist?" Nachtrag: >>> Leserkommentar auf welt.de: "Als Südafrikaner mit europäischer Abstammung kenne ich diese Überheblichkeit der Europäer, von der die Rede ist. [...] Es ist eine andere Art des Rassismus, als während der Apartheid praktiziert wurde. Wenigstens ist Apartheid hinter uns...") .

Schon was kürzlich Sarah Gronert angetan wurde, war unakzeptabel und unerträglich – und kein Einzelfall. Was nun Caster Semenya aktuell erleiden muss, ist als "Medienereignis" wohl nicht nur in der Welt des Sports buchstäblich noch nie dagewesen.

Quasi als "ExpertInnen der ersten Stunde" im Medien-Hype um "Frau oder Mann?" von Anfang an dick mit drin – die Medizyner und Zwangsoperateure u.a. von "EuroDSD" / "Netzwerk DSD/Intersexualität". (Im Gegensatz dazu in den Medien erst spärlich vertreten sind die Zwitter selbst als die eigentlichen Expert_innen – davon ein andermal mehr.)

Das bisher abschreckendste Beispiel eineR menschenverachtenden Medizyner-ExpertIn fand ich im englischen Sozi-Blatt >>> "The Guardian", verfasst von Sarah Boseley, "Redaktion Gesundheit". Zitiert wird darin eine "Medizin-Professorin" namens Wiebke Arlt von der Universität Birmingham. Die deutsche Übersetzung dazu erschien bei >>> "Freitag.de" (wo die Autorin irrtümlich Bosley heisst). Was der Artikel verschweigt: Es handelt sich bei Wiebke Arlt nicht um irgendeine Medizynerin, sondern um "Projektleiterin" des Zwangsoperateurverbandes "Euro-DSD". Wenig überraschend propagiert sie unverfroren Genitalverstümmelungen an Zwittern:

Es gibt Babys, die ohne chirurgischen Eingriff beides und zugleich keines von beiden sind. Sie wurden Hermaphroditen, Pseudohermaphroditen und intersexuelle Kinder genannt, die Ärzte ziehen es mittlerweile allerdings vor, von sexuellen Entwicklungsstörungen zu sprechen, da Störungen in vielen Fällen behoben werden können. Diese Kinder müssen nicht ihr ganzes Leben im Zustand sexueller Mehrdeutigkeit leben. Wenn der Zustand früh genug erkannt wird, kann ihnen geholfen werden, in einem ausdrücklich männlichen oder weiblichen Körper aufzuwachsen.

Kommentar: Und es gibt offensichtlich immer noch mehr als genug MedizynerInnen und JournalistInnen, die sind menschlich, moralisch und ethisch derart gestört, denen würde wohl nicht mal mehr "geholfen" und die "Störungen [...] behoben", wenn ihnen selber mal ungefragt an intimen Körperstellen herumgeschnippelt würde ... aber wetten, nachher würden sie zumindest anders darüber reden?!

Immerhin haben auf "Freitag.de" wenigstens die bisherigen >>> Kommentare zumindest betreffend der Zwangsoperationen ein ethisch deutlich höheres Niveau als die "Euro-DSD"-"Expertin" Wiebke Arlt sowie ganz allgemein dieser (im Gegensatz zum menschenverachtenden Statement von Prof. Arlt wohl nicht mal beabsichtigtweise) voll infame und niederträchtige Artikel. Danke!

Siehe auch:
- Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!   
- Diskriminierung von Zwittern im Sport: Der "Fall" Caster Semenya (I)
- Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (III): 2 Artikel von solidarischen Nicht-Zwittern 
- "Caster Semenya wird als Zwitter verheizt" - Tages-Anzeiger, 16.9.09 (IV)
- Zwitter solidarisieren sich mit Caster Semenya (V)
- IAAF offeriert Caster Semenya "Gratis Genitaloperation" (VI) 
- Caster Semenya verklagt IAAF auf 120 Mio Dollar und ASA auf 18 Mio Dollar? (VII) 
- Sarah Gronert
- Diskriminierung von Zwittern im Sport weltweit 
- Protest gegen Diskriminierung von Zwittern im Sport, IOC 19.11.09    

>>> Report on Discrimination of Hermaphrodites in Sports
>>>
Open Letter to IOC Chief Jacques Rogge demanding Justice for Santhi and Caster

Comments

1. On Monday, September 21 2009, 10:57 by ChristianBerlin

Im Freitag vom 17.09. steht außerdem, was dabei heraus kommt:

"Betroffene und ihre Verbände sehen in dieser staatlich erzwungenen frühen Festlegung heute einen Eingriff in das sexuelle Selbstbestimmungsrecht, unter dem viele Betroffene später ihr Leben lang leiden."

http://www.freitag.de/community/blo...

Der Redaktion des Freitag teilt also offensichtlich nicht einfach die aus dem Guardian wiedergegebene Sicht der Medizin-Professorin, sonst hätte sie diesen BlogBeitrag nicht in die Printausgabe übernommen (oder diesen kritischen Satz rausgekürzt).

CB (Autor des Beitrags)