Diskriminierung intersexueller Sportlerinnen weltweit

>>> Report on Discrimination of Hermaphrodites in Sports
>>>
Open Letter to IOC Chief Jacques Rogge demanding Justice for Santhi and Caster

PRESSEMITTEILUNG für Intersexuelle Menschen e.V. vom 06.08.2008
(erweiterte Fassung September 2009)

Heute noch werden intersexuelle Menschen im Sport diskriminiert. International und disziplinübergreifend bestehen keine verbindlichen Richtlinien, die intersexuelle Sportlerinnen davor schützen. Andererseits gibt es eine Reihe von Beispielen, wie intersexuelle Menschen schikaniert oder gar willkürlich von Wettkämpfen ausgeschlossen werden. Jüngere Beispiele sind die anlässlich der XXIX Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking wieder eingeführten Testverfahren zur Geschlechtsbestimmung, die Rufmordkampagne gegen das aufstrebende deutsche Tennistalent Sarah Gronert und die globale Rufmordkampagne gegen die südafrikanische Mittelstreckenläuferin Caster Semenya.

Das vorletzte Mal wurden Gentests zur Geschlechtsbestimmung an Olympischen Spielen 1996 in Atlanta an 3600 Athletinnen durchgeführt. Dabei wurden acht intersexuelle Sportlerinnen disqualifiziert, da sie trotz weiblichem Erscheinungsbild über einen männlichen Chromosomensatz XY verfügten (7 mit Diagnose CAIS und eine mit 5-alpha-Reduktase-Mangel). Erst nach aufreibenden und erniedrigenden Rekursverfahren konnten sie schliesslich alle doch noch teilnehmen.

Weniger Glück im Unglück hatten zahlreiche intersexuell geborene Sportlerinnen bei vielen anderen Wettkämpfen:

Wegen eines Gentests wurde 1967 die polnische Sprinterin Ewa Klobukowska von Wettkämpfen ausgeschlossen. 

1985 wurde die spanische Hürdenläuferin María José Martínez-Patiño ebenfalls nach einem Gentest disqualifiziert, alle ihre früheren Medaillen wurden ihr aberkannt. Als sie sich nach anfänglichem Kooperieren weigerte, stillschweigend nicht mehr anzutreten, wurde sie durch Indiskretionen an die Presse als Betrügerin denunziert. Erst nach 2 1/2 Jahren Kampf vor Gericht auf eigene Kosten wurde sie wieder zu Wettkämpfen zugelassen, doch nach der Zwangspause erreichte sie nicht mehr ihre frühere Form. Sie schrieb darauf eine Doktorarbeit über Frauen im Sport und lehrt heute an der Universität von Virgo (Spanien). Mehr Informationen auf Englisch:
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María José Martínez-Patiño's Story in her own Words (PDP) (Lancet Vol 366, 2005)
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Maria's Story auf aissg.org
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Artikel aus Latino-Perspektive auf Anygüey 

Bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney wurde die intersexuell geborene brasilianische Judokämpferin Edinanci Silva zwar nicht von den Spielen ausgeschlossen, jedoch von einer unterlegenen Konkurrentin aufgrund ihres Geschlechts öffentlich diffamiert.

Wegen eines Gentests wurde der indischen 800-Meter-Läuferin Santhi Soundarajan bei den Asien-Spielen 2006 nach einem erniedrigen öffentlichen Verfahren nachträglich die Silbermedaille aberkannt. Das Verfahren war willkürlich und von Rufmordkampganen in den Medien begleitet. Santhi Soundarajan wurde von den Verantwortlichen im Stich gelassenund unternahm einen Selbstmordversuch. Wenigstens erhielt sie schliesslich vom Staat Tamil Nadu einen Geldpreis und eine Anstellung als Trainerin. Santhi Soundarajan solidarisiserte sich öffentlich mit Caster Semenya: "Sie soll den Kampf nicht aufgeben."  Der indische Athletikverband AFI beobachtet das Verfahren um Caster Semenya und erwägt je nach Ausgang eine Beschwerde gegen den Olympic Council of Asia, Santhi Soundarajan zu rehabilitieren und ihr die Medaille zurückzugeben.
>>> Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!
Mehr Informationen auf Englisch:
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Artikel in der Times of India (16.9.09)
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Älterer Artikel Times of India (9.1.2007)
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Artikel auf BBC (14.9.09)

Ein weiterer Fall spielte sich 2008 in Deutschland ab. Die erfolgreiche Tennisspielerin Sarah Gronert sieht sich aktuell einer entwürdigenden Rufmordkampagne ausgesetzt, die sie jüngst zu einer öffentlichen Richtigstellung zu Handen der Presse zwang. Aufgrund der Belastung durch diese diskriminierenden und ihre Intimsphäre verletzenden Vorwürfe sieht sich die 22-jährige Sarah Gronert zur Zeit ausser Stande, ihre Karriere fortzusetzen und legt bis auf weiteres eine Pause ein. Erst nach knapp einem Jahr kündete Sarah Gronert an, ihre Karriere fortzuführen.
>>> Sarah Gronert: Diskriminierung von Zwittern im Sport
>>>
FAZ 25.8.08 

Zwischengeschlecht.org solidarisiert sich mit allen ungerecht behandelten und geschädigten zwischengeschlechtlich geborenen Sportlerinnen und verurteilt ihre Diskriminierung aufs Schärfste. Sportverbände sowie Gesetzesgeber sind aufgefordert, diese menschenrechtswidrigen Diskriminierungen endlich international und disziplinübergreifend konsequent abzuschaffen.

Daniela Truffer (Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org, Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfe intersex.ch, Mitglied XY-Frauen, Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.)

Siehe auch:
- Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!
- "Caster Semenya wird als Zwitter verheizt"
- Diskriminierung von Zwittern im Sport: Der "Fall" Caster Semenya (I) 
- Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (II): "The Guardian" und "Freitag.de" propagieren Genitalverstümmelungen
- Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (III): 4 Artikel von solidarischen Nicht-Zwittern
- Zwitter solidarisieren sich mit Caster Semenya (V)
- Protest gegen Diskriminierung von Zwittern im Sport, IOC 19.11.09  

>>> Report on Discrimination of Hermaphrodites in Sports
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Open Letter to IOC Chief Jacques Rogge demanding Justice for Santhi and Caster 

Published on Wednesday, August 6 2008 by nella