Vorschlag für Kleine Anfrage im Bundestag: "Menschenrechte auch für Zwitter!"

Am 25.09.08 nach Absprache eingereicht bei DIE LINKE von Daniela Truffer im Namen von Intersexuelle Menschen e.V. >>> Chronologie

EINFÜHRUNG

Mit "uneindeutigen" Geschlechtsmerkmalen geborene Menschen werden in unserer Gesellschaft, die nur "Männer" und "Frauen" anerkennt, juristisch, politisch und sozial unsichtbar gemacht und diskriminiert. Die betroffenen Menschen selbst bezeichnen sich als Zwischengeschlechtliche, Hermaphroditen, Zwitter oder Intersexuelle, im Gegensatz zur medizinischen Bezeichnung DSD-Patienten (DSD = Disorders of Sex Development, deutsch: Störungen der Geschlechtsentwicklung), die von den betroffenen Menschen mehrheitlich vehement abgelehnt wird, da sie sich nicht als "gestört", sondern als Menschen mit einer Variation oder Besonderheit empfinden. Als "abnormal" klassifiziert, werden die in der Regel gesunden Körper Intersexueller zum medizinisch-chirurgischen Notfall erklärt: Ohne ihre Einwilligung werden sie meistens im Kindesalter an ihren intersexuellen Genitalien operiert, um diese zu "vereinheitlichen", wobei in Kauf genommen wird, dass ihr sexuelles Empfinden vermindert oder gänzlich zerstört wird. Bis in die 1980er Jahre war es gar üblich, einen zu kleinen Penis beziehungsweise eine zu große Klitoris zu amputieren. Diesen Operationen liegt keine medizinische Indikation zugrunde, es handelt sich um rein kosmetische Eingriffe.

Weiter werden betroffene Menschen ohne ihre Einwilligung systematisch kastriert, das heißt es werden ihnen die in der Regel gesunden, Hormone produzierenden inneren Geschlechtsorgane entfernt, was eine lebenslange Substitution mit körperfremden Hormonen zur Folge hat. Auch diese Kastrationen haben zumeist keine medizinische Indikation, sondern dienen wiederum lediglich der "Vereinheitlichung". Entsprechend dem "zugewiesenen Geschlecht" und nicht nach den individuellen körperlichen Bedürfnissen werden den Kastrierten ab der Pubertät künstliche Hormone verabreicht, was oft zu gravierenden gesundheitlichen Problemen führt. Zum Beispiel werden bei weiblicher Zuweisung prinzipiell Östrogene verabreicht, obwohl etwa betroffene Menschen mit Androgenresistenz von sich aus Testosterone produzieren würden, die dann vom Körper in Östrogene umgewandelt werden. Die Folgen dieser lediglich auf das zugewiesene Geschlecht ausgerichteten Hormonersatztherapien sind unter anderem Depressionen, Adipositas, Stoffwechsel- und Kreislaufstörungen, Osteoporose, Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten und Libidoverlust. Schlimmer noch, wollen betroffene Menschen auf eine adäquatere Hormonersatztherapie wechseln, weigert sich die Krankenkasse, für die Kosten aufzukommen, da die Ärzte in der Regel lediglich Privatrezepte ausstellen. Zwar kommen in Deutschland die Ärzte nicht zuletzt aufgrund des Drucks der betroffenen Menschen und ihrer Selbsthilfeorganisationen langsam von der Praxis der systematischen Kastrationen ab. Die große Gruppe der Opfer dieser Praxis bleibt jedoch weiterhin ausgeblendet und ihrem Schicksal überlassen.

Weiter werden die betroffenen Menschen (und oft auch ihre Eltern) über ihre Besonderheit und die an ihnen vorgenommenen Eingriffe und deren lebenslangen Nebenwirkungen und Folgen meist ein Leben lang angelogen, um ihnen ihr wahres Geschlecht zu verheimlichen.

Die meisten Opfer dieser trotz gegenteiliger Lippenbekenntnisse heute noch gängigen Praxis tragen massive psychische und physische Schäden davon, unter denen sie ein Leben lang leiden.

In den letzten zwölf Jahren wurde die Bundesregierung durch Kleine Anfragen bisher vier Mal aufgefordert, zur Situation der intersexuellen Menschen in Deutschland, der medizinischen Praxis und den rechtlichen Implikationen Stellung zu nehmen (Drucksachen 13/5916, 14/5627, 16/4322, 16/4786). Von betroffenen Menschen wurde mehrfach kritisiert, dass auf wiederholt gestellte wesentliche Fragen keine Antworten erfolgten und generell die Sicht der betroffenen Menschen nicht einbezogen, sondern einseitig auf den Parteistandpunkt der "an einer Fortführung der bisherigen Praxis interessiert[en]" Mediziner zurückgegriffen wurde (Schattenbericht CEDAW 2008, 1.2).

Noch als die Bundesregierung zum dritten Mal in Folge nach Statistiken zum Vorkommen und zur Behandlung von intersexuellen Menschen gefragt wurde, lautete die Antwort: "Der Bundesregierung liegen keine bundesweit einheitlichen Erfassungen und Statistiken vor" (16/4786). Zwar wurde 2001 "voraussichtlich ab 2002" eine statistische Erfassung in Aussicht gestellt (14/5627), jedoch später nie mehr darauf Bezug genommen. Zu keinem Zeitpunkt wurden Konsequenzen gezogen aus diesem Nicht-Vorliegen genauer Daten und widersprüchlichen Teilangaben gemäß "Erkenntnisse[n] von Fachgesellschaften und Wissenschaft": zum Beispiel "etwa 150" Geburten jährlich "mit genitale[n] Fehlbildungen" gegenüber "7" Krankenhauseinweisungen "mit der Diagnose Hermaphroditismus [...] im Jahr 2004"; "etwa 1:4500" "genitale Fehlbildungen" gegenüber "etwa 8 000 bis 10 000" "schwerwiegenderen Abweichungen der Geschlechtsentwicklung" (16/4786). Geht es demgegenüber in wissenschaftlichen Publikationen um die Anzahl der zu Behandelnden, so heißt es bei 1:1000 sei keine "eindeutige Zuordnung" möglich, was gut 80 000 betroffenen Menschen entspricht (Finke/Höhne: "Intersexualität bei Kindern" 2008). Umso notwendiger wären deshalb aus Sicht der betroffenen Menschen exakte Statistiken und kontinuierliches Monitoring.

Durchgängig stellte sich die Bundesregierung auf den Standpunkt, die an intersexuellen Kindern ohne ihre Einwilligung vorgenommenen chirurgischen Eingriffe seien ausnahmslos "medizinisch indiziert" und dienten deshalb dem "Kindeswohl [...] (§ 1627 BGB)" (14/5627). Weiter unterstellt die Bundesregierung, "größer angelegte Nachuntersuchungen als auch die klinische Praxis" würden beweisen, "dass die Mehrzahl der betroffenen Patienten rückblickend (d. h. im Erwachsenenalter) die bei ihnen in der Kindheit vorgenommene operative Vereindeutigung ihres Genitalbefundes für richtig befinden", vermag dafür jedoch keine Belege anzuführen (16/4786).

Möglicherweise bezog sich die Bundesregierung auf die in diesem Zusammenhang gerne zitierte amerikanische Studie von Meyer-Bahlburg aus dem Jahre 2004, die angeblich beweist, dass 85% der Befragten sich "mit ihrem Geschlecht zufrieden" zeigten (vgl. Aktuelle Urologie 2005; 36: 90-95). Die in dieser Studie vorgenommene Interpretation der Untersuchungsergebnisse ist jedoch alles andere als unumstritten. So hält etwa Prof. Dr. M. Westenfelder (Krefeld) unter anderem fest:

"Zieht man z.B. in den einzelnen Auswertungsergebnissen die Gruppe der 17 CAIS, die zunächst ohne Intersexproblematik und ohne Operation zunächst als 'normale' Mädchen aufwachsen, von dem Gesamtkollektiv ab, so kommt es in einigen Aussagen zur Umkehr der Ergebnisse." (http://www.thieme-connect.com/ejournals/html/uro/doi/10.1055/s-2005-870031)

Mittlerweile vorliegende Forschungsergebnisse des Netzwerks Intersexualität/DSD unterstreichen dies. So bestätigte etwa die "Hamburger Studie" die von betroffenen Menschen seit Jahren immer wieder betonten, von der Bundesregierung aber bisher ignorierten Missstände in der Behandlung intersexueller Menschen:

"Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch. [...] Ein Drittel [der Patienten] bewertet geschlechtsangleichende Operationen als zufriedenstellend bzw. sehr zufriedenstellend, ein weiteres Drittel ist unzufrieden bzw. sehr unzufrieden und das letzte Drittel ist z.T. zufrieden, z.T. unzufrieden." (Christian Schäfer: "Intersexualität: Menschen zwischen den Geschlechtern". http://www.springer.com/medicine/thema?SGWID=1-10092-2-513709-0)

Auch die aktuelle "Lübecker Studie" bestätigt erneut die notorisch "Hohe Unzufriedenheit mit der medizinischen Behandlung" von Intersexuellen. Eltern von Betroffenen schätzten zudem deren Lebensqualität durchgehend besser ein als die Kinder selbst. (Vortrag von Dipl.-Psych. Eva Kleinemeier und Dipl.-Soz. Martina Jürgensen (Lübeck) anlässlich des 5. Bundesweiten Treffens "Netzwerk Intersexualität e.V." vom 6.9.2008 in Kiel. Erste Resultate in schriftlicher Form werden Anfang Oktober auf der Netzwerk-Homepage veröffentlicht.)

Dasselbe bestätigt die Feststellung: "Auch aus der Literatur ist bekannt, dass sich ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz von Menschen mit DSD im Lauf der Pubertät oder im Erwachsenenalter entschließt, das ihnen zugewiesene soziale Geschlecht zu wechseln." (M. Jürgensen; O. Hiort; U. Thyen: "Kinder und Jugendliche mit Störungen der Geschlechtsentwicklung: Psychosexuelle und -soziale Entwicklung und Herausforderungen bei der Versorgung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3, March 2008, S. 226-233. http://www.netzwerk-is.uk-sh.de/is/fileadmin/documents/publikationen/Kinder_und_Jugendliche_mit_Stoerungen_der_Geschlechtsentwicklung.pdf)

Diese aktuellen Studien zur Situation Intersexueller in Deutschland unterstreichen also einmal mehr, dass die von der Bundesregierung durchgehend behauptete Ausrichtung auf das Kindeswohl nicht der Realität entspricht.

Aktuelle Entwicklungen deuten darauf hin, dass die zivilrechtlichen, strafrechtlichen und menschenrechtlichen Implikationen der uneingewilligten Behandlungen intersexueller Menschen in der Gesellschaft langsam zu einem Thema werden. Am 3. September 2008 gewann die Intersexuelle Christiane Völling den Prozess gegen ihren ehemaligen Operateur auch in 2. Instanz. Das Kölner Oberlandesgericht bestätigte, wie schon das Landgericht, dass das "Selbstbestimmungsrecht der Klägerin in ganz erheblichem Maße verletzt" worden sei (Az. 5 U 51/08). Mit ihrem Prozess löste Christiane Völling eine bis dahin noch nie da gewesene Medienresonanz aus und etablierte das Wort "Zwitter" in der Öffentlichkeit als positive Bezeichnung für Intersexuelle und ihre Forderung nach Selbstbestimmung (http://www.google.de/search?q=zwitterprozess). Selbsthilfegruppen weisen jedoch darauf hin, dass Christiane Völlings Anzeige buchstäblich im letzten Moment erfolgte, und berichten von einer Vielzahl von anderen Fällen, bei denen wegen der Traumatisierung der betroffenen Menschen und der oft "nicht mehr auffindbaren" Patientenakten eine Anzeige wegen Verjährung schlussendlich nicht mehr möglich war.

Für eine weitere Sensibilisierung der Öffentlichkeit sorgte auch der argentinische Spielfilm "XXY", der die Geschichte einer Intersexuellen erzählt.

Am 20. Juli 2008 publizierte der Dachverband Intersexuelle Menschen e.V. eine umfassende Forderungsliste von betroffenen Menschen zur Verbesserung ihrer Situation (http://www.intersexuelle-menschen.net/forderungen.html). Am 21. Juli 2008 präsentierte eine Delegation von Intersexuelle Menschen e.V. in einem offiziellen Hearing dem UN-Ausschuss CEDAW einen eigenen Schattenbericht, dem die Forderungsliste ebenfalls beigelegt war (http://intersex.schattenbericht.org).

Menschen mit einer Besonderheit der geschlechtlichen Entwicklung sind ein Teil unserer Gesellschaft und haben als gleichberechtigte Bürger ein Recht auf freie Entfaltung und Entwicklung. Die an ihnen begangenen medizinisch nicht notwendigen, traumatisierenden Zwangsbehandlungen stellen aus der Sicht der betroffenen Menschen einen erheblichen Verstoß gegen ihr Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde dar, auf deren Wiedergutmachung sie nach wie vor warten.

FRAGEN


A. Statistiken und Monitoring

1. Wie viele Kinder werden nach den Informationen der Bundesregierung jährlich in Deutschland geboren, die als intersexuell klassifiziert werden können (Angaben bitte in absoluten Zahlen und Prozent)?

Wenn der Bundesregierung keine exakten Zahlen zugänglich sind: Was gedenkt sie zu unternehmen, um solche künftig verfügbar zu haben? Wann wird dies der Fall sein?


2. Wie viele Säuglinge und Kinder im vorpubertären Alter werden pro Jahr nach der Diagnose der Intersexualität geschlechtszuweisenden medizinischen Maßnahmen (Hormonbehandlungen, Kastrationen, kosmetische Genitaloperationen, weitere Eingriffe) unterworfen (bitte aufgliedern)?

Wenn der Bundesregierung keine exakten Zahlen zugänglich sind: Was gedenkt sie zu unternehmen, um solche künftig verfügbar zu haben? Wann wird dies der Fall sein?


3. Geht die Bundesregierung einig mit der Ansicht betroffener Menschen, dass aufgrund der Widersprüchlichkeit der zugänglichen Zahlen und Statistiken zu Vorkommen und Behandlung von Intersexualität exakte Erhebungen und umfassendes Monitoring notwendig wären?

Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, was ist die Einschätzung der Bundesregierung?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?


B. Behandlungszufriedenheit und Kindeswohl

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von Intersexuellen im Erwachsenenalter die an ihnen vorgenommenen Eingriffe kritisiert?

Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, welche Äußerungen von Intersexuellen zu den an ihnen vorgenommenen Eingriffen sind der Bundesregierung bekannt?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?


2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass aktuelle Studien die Jahrzehnte lange Kritik einer Vielzahl von Intersexuellen an den an ihnen vorgenommenen Eingriffen bestätigt?

Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, welche aktuellen Studien zur Behandlungszufriedenheit von Intersexuellen in Deutschland sind der Bundesregierung bekannt?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?


3. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von im Kindesalter am Genitale operierten Intersexuellen an einer Verminderung oder vollständigen Zerstörung der sexuellen Empfindungsfähigkeit leiden?

Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, welche Auswirkungen von Genitaloperationen auf das sexuelle Empfinden sind der Bundesregierung bekannt?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn der Bundesregierung keine Auswirkungen bekannt sind, was gedenkt sie zu unternehmen, um die Auswirkungen von Genitaloperationen auf das sexuelle Empfinden abzuklären? In welchem Zeitrahmen?


4. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von kastrierten Intersexuellen an Folgeschäden der einzig auf das zugewiesene Geschlecht ausgerichteten Hormonersatztherapie leiden?

Wenn ja, welche Folgen sind der Bundesregierung bekannt?
Wie bewertet sie diese und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die Verträglichkeit der gängigen, einzig auf das zugewiesene Geschlecht ausgerichteten Hormonersatztherapien abzuklären? In welchem Zeitrahmen?


5. Ist die Bundesregierung bereit, gemäß den Forderungen betroffener Menschen Forschungsvorhaben mit dem Ziel einer individuell abgestimmten und verträglicheren Hormonersatztherapie zu unterstützen?


6. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl der ohne ihre Einwilligung kastrierten und genitaloperierten Intersexuellen dadurch zusätzlich traumatisiert sind, dass ihnen ihr eigentliches Geschlecht verheimlicht wurde, und dass sie diese Traumatisierung als besonders gravierend empfinden?

Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, welche Äusserungen von Intersexuellen zu Traumatisierungen durch Verheimlichung ihres eigentlichen Geschlechts sind der Bundesregierung bekannt?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn der Bundesregierung keine bekannt sind, was gedenkt sie zu unternehmen, um die Auswirkungen der Verheimlichung abzuklären? In welchem Zeitrahmen?


7. Geht die Bundesregierung einig mit der Ansicht betroffener Menschen, dass die Existenz und medizinische Behandlung Intersexueller einen sensiblen und tabuisierten Bereich darstellt, indem in der Vergangenheit zum Teil gravierende Fehler begangen wurden, welche das von der Bundesregierung postulierte Gebot des Kindeswohls prinzipiell in Frage stellen?

Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, was ist die Einschätzung der Bundesregierung?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?


C. Psychologische Unterstützung und Peer Support

1. Erhalten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung Intersexuelle begleitend zu medizinischer Behandlung auch psychologische bzw. psychotherapeutische Betreuung?


2. Erhalten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung Intersexuelle begleitend zu medizinischer Behandlung und eventueller psychologischer bzw. psychotherapeutischer Betreuung auch Peer Support?


3. Erhalten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung Eltern Intersexueller psychologische bzw. psychotherapeutische Betreuung?


4. Erhalten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung Eltern Intersexueller begleitend zu eventueller psychologischer bzw. psychotherapeutischer Betreuung auch Peer Support?


5. Geht die Bundesregierung einig mit der Forderung betroffener Menschen nach Peer Support als die wirksamste Hilfe für Intersexuelle und ihre Eltern?

Wenn ja, was gedenkt sie zu unternehmen, um Peer Support für Intersexuelle und ihre Eltern zu gewährleisten?

Wenn nein, wie schätzt die Bundesregierung die Aussagen von betroffenen Menschen und ihren Eltern ein, dass Peer Support die wirksamste Hilfe darstellt?


D. Unterstützung der Selbsthilfe- und Beratungsinfrastruktur

1. Welche Unterstützung erfahren Intersexuelle und ihre Infrastruktur derzeit aus Bundesmitteln?


2. Hält die Bundesregierung Maßnahmen erforderlich, um den Aufbau einer bundesweiten Infrastruktur für erwachsene intersexuelle Menschen zu unterstützen?

Wenn ja, was gedenkt sie zu unternehmen, um den Aufbau einer bundesweiten Infrastruktur zu unterstützen?

Wenn nein, wie schätzt die Bundesregierung das Bedürfnis erwachsener intersexueller Menschen nach einer solchen Infrastruktur ein?


3. Was kann und will die Bundesregierung unternehmen, um die Einrichtung außerklinischer Kontaktzentren mit einem psychologischen Beratungsangebot für Intersexuelle zu fördern, welche die von Fachleuten und Interessensverbänden für wesentlich erachtete Kontaktaufnahme von Eltern und intersexuellen Kindern mit anderen Menschen in der gleichen Situation und die psychologische Beratung aller Beteiligten ermöglichen würde?


E. Akzeptanzfördernde Maßnahmen und Aufnahme in Lehrpläne

1. Ist die von der Bundesregierung in Drucksache 16/4786, Antwort C 5, in Aussicht gestellte Prüfung, ob und inwieweit allgemein zugängliche und akzeptanzfördernde Aufklärungsarbeiten über die Existenz intersexueller Menschen geeignet und erforderlich sind, inzwischen erfolgt?

Wenn ja, zu welchen Ergebnissen ist die Bundesregierung gekommen?
Welche Schritte wird die Bundesregierung hin zu einer solchen Aufklärung unternehmen? Schließen diese Schritte die Aufnahme von Intersexualität in die Lehrpläne der Schulen und Berufsausbildungen mit ein, insbesondere in Biologie, Sexualkunde und den sozialen Fächern, sowie in der Ausbildung sämtlicher medizinischer und sozialer Berufe, z.B. von Ärzten, Hebammen, Krankenschwestern, Pflegern, Psychologen, Lehrkräften, Kindergärtnern, Sozialarbeitern usw.?

Wenn nein, in welchem Zeitrahmen wird die Bundesregierung zu entsprechenden Ergebnissen kommen?


F. Entschädigung

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von Intersexuellen die Jahrzehnte lange Weigerung der Bundesregierung, die durch die nicht eingewilligten Eingriffe verursachten Leiden zur Kenntnis zu nehmen, als billigendes Inkaufnehmen und damit schädigendes staatliches Handeln betrachtet?

Was ist die Einschätzung der Bundesregierung dazu? Welche Konsequenzen zieht sie daraus?


2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass einer Vielzahl von Intersexuellen durch Traumatisierung, Hormonbehandlung und weitere Folgen der nicht eingewilligten medizinischen Eingriffe Zeit für ihr berufliches Fortkommen genommen wird und sie dadurch Einkommens- und Renteneinbussen erleiden?

Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, welche Auswirkungen von Traumatisierung, Hormonbehandlung und weiteren Folgen der nicht eingewilligten medizinischen Eingriffe auf das berufliche Fortkommen sind der Bundesregierung bekannt?
Wenn keine, was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die Auswirkungen abzuklären? In welchem Zeitrahmen?


3. Ist die Bundesregierung bereit, zusammen mit den verantwortlichen ärztlichen Standesorganisationen Mittel zur Entschädigung Intersexueller, die Opfer nicht eingewilligter medizinischer Geschlechtszuweisungen geworden sind, zur Verfügung zu stellen?

Wenn ja, welche Schritte gedenkt die Bundesregierung dahingehend zu unternehmen und in welchem Zeitrahmen?
Wenn nein, warum nicht?


G. Forschungen zum Thema Intersexualität

1. Werden mit Bundesmitteln medizinische Forschungen zu Ursachen und zur Behandlung von Intersexualität gefördert?

Wenn ja, an welche Institutionen und Einrichtungen werden diese in welcher Höhe vergeben?


2. Werden mit Bundesmitteln nicht-medizinische Forschungen zur Evaluation der sozialen und rechtlichen Situation intersexueller Menschen in Deutschland gefördert?

Wenn ja, an welche Institutionen und Einrichtungen werden diese in welcher Höhe vergeben?


H. Menschenrechtsfragen

1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von Intersexuellen die nicht eingewilligten Eingriffe und ihre Folgen als eine Verletzung nicht nur der Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde empfinden, sondern auch als eine Verletzung der Kinderrechtskonvention (CRC), des Zivilpakts (ICCPR), des Sozialpakts (CESCR) und der Konvention gegen Folter (CAT)?

Wie bewertet sie diese Vorwürfe?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?


2. Ist der Bundesregierung der Schattenbericht CEDAW 2008 des Dachverbandes Intersexuelle Menschen e.V. bekannt?

Wenn ja, wie bewertet sie diesen?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?


I. Forderungen betroffener Menschen

1. Sind der Bundesregierung die Forderungen des Dachverbandes Intersexuelle Menschen e.V. bekannt?

Wenn ja, wie bewertet sie diese?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?

Wenn nein, in welchem Zeitrahmen wird die Bundesregierung eine Abklärung vornehmen?


Siehe auch: Streicheleinheiten für die Bundesregierung

Published on Monday, November 24 2008 by nella