Genitalverstümmelung in Kinderkliniken: Chirurgische Arbeitsgemeinschaft geht auf Distanz (will sich aber nicht distanzieren)

1. Mahnwache vor der "DGE 2011" mit Offenen Briefen, Hamburg 1.4.11

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>>> Infoseite zu den Protesten   >>> Bericht 1. Aktion 30.3.   >>> Bericht 2. Aktion 1.4.

Die Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK) zeigt sich besogt darüber, als Mitorganisatorin bei der "DGE 2011" in der Öffentlichkeit mit der Praxis der Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken in Verbindung gebracht zu werden.

Auf den >>> Offenen Brief der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org vom 1.4.11 an die Mitgliederversammlung der DGE, welcher der zeitgleich tagenden CAEK ebenfalls zugestellt wurde, kam von letzterer als Antwort sogleich eine Beschwerde. Darin monierte der CAEK-Vorsitzende (der seinen Namen in dieser Angelegenheit im Internet nicht genannt haben will) "bei allem Verständnis für Ihr Anliegen", durch den Offenen Brief werde eine "Beziehung" hergestellt, "welche nicht existiert" und daher "für den Leser irreführend" sei. Sowie u.a. mit der "dringenden" Bitte an Zwischengeschlecht.org, "die von Ihnen erhobenen Vorwürfe gegenüber der CAEK zurückzunehmen bzw. gegenüber den Lesern des offenen Briefes richtig zu stellen".

In diesem Sinne dokumentiert dieser Blog nachfolgend die Antwort an den ungenannt sein wollenden Vorsitzenden, die auszugsweise auch in der Pressemitteilung vom 2.4.11 wiedergegeben war:

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. [...]

Vielen Dank für Ihre Stellungnahme und für Ihr Verständnis für unser Anliegen.

Unsere Menschenrechtsgruppe ist sich bewusst, dass die Schwerpunkte der CAEK bei medizinisch indizierten Eingriffen an Erwachsenen liegen, hauptsächlich der Schilddrüsen, [...] der Bauchspeicheldrüse und der Nebennierenrinden, und somit NICHT medizinisch nicht notwendige, kosmetische Genitaloperationen an Kindern betreffen. Wie Sie unserem Offenen Brief wie auch unseren Pressemitteilungen, Flugblättern usw. entnehmen können, behaupten wir auch nirgends, die CAEK sei an Leitlinien beteiligt, die solche menschenrechtswidrigen Eingriffe propagieren, sondern sehen die Verantwortung dafür im Zusammenhang mit der DGE 2011 klar bei der DGE.

Da Ihre Vereinigung jedoch als Mitorganisatorin der DGE 2011 auftritt und ihre Mitgliederversammlung zeitgleich mit der DGE abhielt, erlaubten wir uns, Ihnen unseren Offenen Brief ebenfalls zukommen zu lassen, um Sie über unsere Bedenken und Anliegen zu informieren.

Auch sind wir der Ansicht, dass bei gravierenden medizinethischen Fragen wie im Falle der systematischen kosmetischen Genitaloperationen an wehrlosen Kindern die gesamte medizinische Gemeinschaft gefordert ist, und nicht nur die unmittelbar betroffenen Teildisziplinen, und dies umso mehr, je enger andere Disziplinen mit den direkt verantwortlichen Kontakt pflegen und zusammenarbeiten.

Es war jedoch nicht unsere Absicht, eine direkte Beziehung der CAEK zu den von uns kritisierten Praktiken herstellen zu wollen, und wir werden dies auch nochmals explizit öffentlich bekräftigen.

Jedoch würden wir es begrüssen, wenn die CAEK zu den von uns angesprochenen Problemen prinzipiell Stellung beziehen würde, da wir uns erhoffen, dies könnte zur Beschleunigung der Beendigung der kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen entscheidend beitragen. Auch könnte dies gleichzeitig potentielle Missverständnisse betreffend der Beziehungen der CAEK zu fragwürdigen Praktiken, wie sie offensichtlich im Rahmen der DGE 2011 auch am heutigen Tage nach wie vor propagiert werden, von vornherein ausschließen.

Freundliche Grüsse

Daniela Truffer / Zwischengeschlecht.org

Soweit wollte der ungenannt bleiben wollende Vorsitzende aber nicht gehen. Sondern schrieb im Gegenteil mit Datum vom 2.4. zurück, die Arbeitsgemeinschaft habe "zu diesem Thema" noch nie Stellung bezogen und werde es auch künftig nicht tun, "da ihr in dieser Hinsicht jegliche Fachkompetenz fehlt".

Offenbar fachkompetent genug fühlte sich der ungenannt bleiben wollende Vorsitzende demgegenüber für folgende Formulierung: "Die von Ihnen erhobenen Vorwürfe in dem offenen Brief sind schwerwiegend und rufschädigend. [...] Die hierdurch bedingten Auswirkungen im Zeitalter der umfassenden Google-Suche sind immens."

Von der "Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)", an welche die im Offenen Brief stehenden "Vorwürfe" bekanntlich gerichtet sind, kam bisher übrigens keine Rückmeldung.

Meine 2 Cent: Etwas Nachhilfe in Grundprinzipien der (Medizin-)Ethik könnte wohl beiderseits nicht schaden ...

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

>>> Infoseite zu den Protesten zur "DGE 2011" 
>>> Download Flugblatt (PDF, 168KB)
>>> Bericht 1. Aktion 30.3.   >>> Bericht 2. Aktion 1.4.

Siehe auch:
- Friedlicher Protest & Offener Brief DGKJ-DGKCH 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief APE-AGPD 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief 11th EMBL/EMBO 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief, IOC 2009