Gießen: UKGM-Professoren leugnen kosmetische Genitaloperationen an Kindern und verhöhnen Opfer - Senatsdebatte Mi 6.6.12

Vor dem Universitätsklinikum Gießen, 22.4.12 Friedlicher Protest + Offener Brief Universitätsklinikum Gießen, 22.04.2012

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In der Senatssitzung vom 25.04.2012 der Justus-Liebig-Universität Gießen war das Thema "kosmetische Genitaloperationen im Universitätsklinikum Gießen / Marburg an Kindern und Jugendlichen" bereits Tagesordnungspunkt. Prompt hatten die (ausser dem Dekan abwesenden) angesprochenen Medizin-Professoren der JLU versucht, mit einer an der Sitzung vom Rektor mündlich verlesenen "Erklärung" eine eigentliche Debatte zum Thema zu verhindern – wenn auch ohne Erfolg.

Der Senat beschloss vielmehr, an der nächsten Sitzung vom kommenden Mittwoch 06.06.2012 das Thema sowie ausdrücklich auch eine Debatte erneut auf die Tagesordnung zu setzen (vgl. TOP 19). Zur Beratung steht dabei u.a. an, ob auch die JLU Gießen eine öffentlich zugänglich zu machende historische Aufarbeitung enschlägiger kosmetischer "Genitalkorrekturen" an Kindern bewirken will. Betroffene fordern schon lange die bis in die 1980er-Jahre regelmäßig durchgeführten, medizinisch nicht notwendigen Klitorisamputationen an betroffenen Kindern aufzuarbeiten.

Mittlerweile liegt die >>> „UKGM‐Erklärung in Abstimmung mit den Professoren Burkhard Brosig, Winfried Padberg, Hans‐Rudolf Tinneberg, Wolfgang Weidner, Stefan Wudy und Klaus-Peter Zimmer zur Demonstration der Initiative 'Zwischengeschlecht' am 22. April 2012 in Gießen“ (PDF) auch schriftlich vor.

Die UKGM-Mediziner und JLU-Professoren leugnen darin jegliche kosmetische Genitaloperationen an Minderjährigen pauschal und rundheraus – entgegen der im >>> Offenen Brief der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org vom 22.04.2012 angesprochenen Faktenlage (belegt u.a. durch OP-Zahlen aus dem UKGM-Qualitätsbericht sowie "Behandlungs"angebote und -zahlen auf der UKGM-Homepage), wonach medizinisch nicht notwendige Genitaloperationen an Minderjährigen Operationen auch am Standort Gießen des UKGM nach wie vor angeboten, durchgeführt und in Publikationen für Kleinkinder "im ersten Lebensjahr" propagiert werden – allen schönen Dementis zum Trotz..

Die im UKGM für diese Eingriffe an Kindern verantwortlichen Professoren scheuten in der "Erklärung" weiter auch nicht davor zurück, Überlebende medizinisch nicht notwendiger Genitaloperationen, die sich über das ihnen angetane Unrecht beklagen und Aufarbeitung fordern, als "unsachliche und unsensible", angeblich von allen Betroffenenorganisationen ausgegrenzte Einzelfälle zu diffamieren – auch hier ohne jegliche Belege und entgegen der bekannten Faktenlage.

Der (mit Belegen versehene) studentische Antrag S-12-05-061T zur kommenden Senatssitzung vom 06.06.2012 hält dazu ebenfalls fest:

"Auch für weitere pauschale Behauptungen, etwa dass der Offene Brief „nicht zwischen den verschiedenen Formen von DSD [differenzieren]“ würde und dass „[v]iele Menschen mit DSD und ihre Familien […] sich von dieser Interessengruppe [distanzieren]“ würden, vermag die „Erklärung“ keine Belege beizubringen. Demgegenüber stehen öffentliche Stellungnahmen von Betroffenen- wie Menschenrechtsorganisationen, dass die Menschenrechte und insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit, welche kosmetische Genitaloperationen an Kindern untersagen, unteilbar sind und nicht je nach Diagnose und Ermessen von Dritten eigenmächtig suspendiert werden dürfen. (13) Ebenso fordern  deutschsprachige Betroffenenvertretungen unmissverständlich ein Verbot kosmetischer Genitaloperationen an Kindern beziehungsweise eine Beschränkung des Rechts der Eltern, im Namen ihrer Kinder kosmetischen Genitaloperationen zuzustimmen, und verurteilen diese Eingriffe als „Genitalverstümmelung“. (14)"

Dieser Blog dankt allen Beteiligten ganz herzlich, speziell dem Autonomen Schwulen-Trans*-Queer-Referat im AStA der JLU Gießen und dem Autonomen FrauenLesbenReferat im AStA der Universität Marburg!

Fortsetzung folgt ...

>>> Marburg + Gießen: Proteste + Info + Senatstermine 15.-25.04.2012
>>>
Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Offener Brief an JLU und UKGM Giessen, 22.04.2012
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen