Schweiz: Widerstand gegen Eliminierung von Intersex-Embryos via PID

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Kann ein Zwitter Sünde sein?

Zwischengeschlecht.org on FacebookDie Schweiz ist (zusammen mit Österreich und Italien) eines der wenigen Länder, in denen Präimplantationsdiagnostik (PID) zur Selektionierung von durch In-vitro-Fertilisation (IVF) erzeugte Embryos gesetzlich verboten ist (in Deutschland stimmte der Bundestag 2011 nach einer Selbstanzeige eines Gynäkologen einer (theoretisch) restriktiven Zulassung zu – dieser Blog berichtete).

PID kann auch dazu benutzt werden, um bekannte genetisch erfassbare "Anomalien" inkl. Intersex-Formen zu eliminieren (z.B. in den USA legal, ebenso wie Geschlechtsauswahl).

Intersex-Organisationen wehren sich gegen solche eugenische Aussonderung von gesunden Intersex-Embryos, vgl. z.B. >>> CRC-Schattenbericht 2014 (PDF, S. 76) von Zwischengeschlecht.org, Intersex.ch und Selbsthilfe Intersexualität, oder >>> Eingabe an den australischen National Health and Medical Research Council (NHMRC) (PDF, S. 8-10) von OII Australien.

Seit mehreren Jahren gibt es auch in der Schweiz eine politische Mehrheit für eine angestrebte gesetzliche Zulassung von PID – nicht zuletzt ins Rollen gebracht durch einen Abgeordneten mit Behinderung, der – obwohl laut Betroffenenorganisation selbstbestimmung.ch "in seiner Heimat als Lebemann und Frohnatur bekannt" – in einem medienwirksamen Statement im Nationalrat erklärte, er (und andere Betroffene) wären "lieber gar nicht als mit einer schweren Behinderung geboren" worden. Mittlerweile haben einige Behindertenorganisationen wie auch die CVP/EVP-Fraktion prinzipiellen Widerstand gegen eine Legalisierung aufgegeben, um stattdessen auf eine restriktive Zulassung hinzuwirken. Bereits 2013 hatte der Bundesrat eine Zulassung in engen Grenzen vorgeschlagen. Im März 2014 hatte dagegen der Ständerat eine zusätzliche Öffnung der Zulassungskritierien plädiert. Am 3. Juni wird der Nationalrat über die Aufhebung des Verbots entscheiden, danach kommt es zu einer Volksabstimmung.

Eine Gruppe von 16 Betroffenen- und Interessenverbänden, darunter unser Elternselbsthilfe-Kooperationspartner und Schattenbericht-Koautor Verein Selbsthilfe Intersexualität (SI), haben zur bevorstehenden Nationalratsdebatte einen Aufruf lanciert, die Vorgaben des Bundesrats-Vorschlags NICHT weiter aufzuweichen:
>>> Aufruf (PDF)
>>> Pressemitteilung zum Aufruf 

Gemeinsam fordern wir deshalb, dass dieser heiklen Diagnostik Schranken gesetzt werden:

• PID nur nach Einzelfallabwägung für Paare mit einer genetischen Veranlagung aufgrund derer ihre Kinder von einer schweren Erbkrankheit betroffen sein könnten;
• Kein allgemeines Screening auf genetische und chromosomale Störungen (Trisomien)

[...]

Unterstützen Sie den restriktiven Bundesratsvorschlag – damit Frauen und Paare auch zukünftig frei von gesellschaftlichem Druck und wirtschaftlichen Interessen ihre Kinder bekommen können!

Zwischengeschlecht.org und dieser Blog gratulieren zum Aufruf. Wir wehren uns ebenfalls gegen eugenisches Aussondern von gesunden Intersex-Embryos via PID – und ebenso gegen selektive (Spät-)abtreibungen! Intersex ist keine Krankheit – Menschenrechte auch für Zwitter! PID wird auch im CRC-Schattenbericht auf S. 76 als IGM-Form kritisiert:

Intersex Genital Mutilations
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy

2014 NGO Report to the UN Committee on the Rights of the Child (CRC)
>>> Download PDF (3.65 MB)     >>> Table of Contents 

>>> Intersex-Genitalverstümmelungen (IGMs): Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> IGMs – eine Genealogie der TäterInnen