Kölner "Zwitterprozess" - Christiane siegt definitiv auch in 2. Instanz

Bild: 1. Prozestag, 12.12.07, LG Köln

Heute rief uns Christiane Völling an: Das Oberlandesgericht Köln hat die Berufung ihres Zwangsoperateurs einstimmig definitiv abgelehnt! Der Chirurg hatte die Intersexuelle am 12.8.1977 ohne ihre Einwilligung kastriert und ihr die inneren Geschlechtsorgane entfernt - ein bei mit nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen geborenen Menschen heute noch übliches menschenrechtswidriges Vorgehen. Am 6.2.2008 wurde der Chirurg deshalb vom Landgericht Köln zu einer Schmerzensgeldzahlung verurteilt.

Bereits am 30.6.2008 hatte der 5. Senat des OLG die Berufung wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg zurück gewiesen, worauf der Beklagte nach einer Fristerstreckung Gegenvorstellung erhoben hatte. Das OLG beschloss am 3.9.2008 einstimmig, die Berufung ohne mündliche Verhandlung zurück zu weisen. Der Beschluss ist nicht mehr anfechtbar.

Auch Christianes Anwalt Georg Groth bestätigte auf Anfrage:

"Nach § 522 Abs. 3 der Zivilprozessordnung ist dieser Beschluss nicht anfechtbar. Theoretisch könnte der Beklagte zwar noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einreichen, was jedoch kaum Aussicht auf Erfolg hat. Da keine Verfassungsfragen tangiert wurden, wäre auch ein Gang vor das Bundesverfassungsgericht abenteuerlich."

Das Verfahren geht somit ans Landgericht zurück, wo nun über die Höhe des Schmerzensgeldes entschieden werden soll. Gefordert sind mindestens 100'000 Euro.

Christiane Völling:

"Ich kann es noch gar nicht richtig fassen nach dem ganzen Stress der letzten Monate. Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Diese Zwangskastration ist eine Straftat."

Christiane betonte insbesondere ihre Dankbarkeit gegenüber ihrem Anwalt Georg Groth, der ihr die Kosten für das Honorar und die Gerichtskosten vorstreckte.

Wir gratulieren Christiane ganz herzlich und freuen uns mit ihr!

>>> Pressespiegel: Von Zwangsoperateur "schuldhaft in Selbstbestimmungsrecht verletzt"


Bleibt zu hoffen, dass alle Mediziner, die heute noch zwischengeschlechtliche Menschen ohne ihre Einwilligung kastrieren und an ihren Genitalien zwangsoperieren, sich dieses Urteil kräftig hinter die Ohren schreiben.

Diese menschenrechtswidrigen Zwangsbehandlungen an intersexuellen Menschen müssen endlich aufhören!


Bereits sind weitere Gerichtsverfahren in Vorbereitung, doch es ist noch ein langer Weg, bis die an Zwischengeschlechtlichen Jahrzehnte lang begangenen systematischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit endlich gesühnt und soweit wie noch möglich wieder gut gemacht sind.


>>> Pressespiegel: Von Zwangsoperateur "schuldhaft in Selbstbestimmungsrecht verletzt"

Christianes Prozess auf diesem Blog:
- Christiane Völlings Geschichte
- 1. Pressemitteilung
- Demoaufruf 1. Prozesstag
- Bericht 1. Prozesstag
- Pressespiegel 1. Prozesstag
- Warum Christiane Völling zur Transsexuellen gemacht werden soll
- Wegen Zwitterprozess: Druck auf Ärzte wächst
- Bericht und Pressespiegel 2. Prozesstag
- Bericht provisorischer Entscheid OLG
- Bericht definitiver Entscheid OLG
- Pressespiegel definitiver Sieg vor OLG
- Internationale Artikelübersicht auf OII

Comments

1. On Friday, September 5 2008, 07:14 by Lucie

Es ist ein Sieg für die Wahrheit und das Leben. Es wird am Ende nur Sieger geben:

1. Christiane, für die das Leben ein Stück Würde zurück gebracht haben könnte, ein Stück Gesundheit und hoffentlich Lebensqualität.

2. Alle nicht informierte manipulierte zwischengeschlechtlich geborenen Mensch, die teilhaben dürfen an diesem Urteil und denen es Mut machen wird, sich auch aus der Verzweifelung zu lösen und den Behandelden zu stellen.

3.Der Staat mit seine Justiz, die bewiesen hat dass sie unabhängig und rechtstaatlich handelt.

4.Einen verurteilten Arzt, dem das Urteil Gelegenheit gibt, sich selbst zu befreien von den Gewissensnöten und der Last zu befreien, Unrecht begangen zu haben. denn er ist auch ein Mensch, der jetzt Gelegenheit bekommt sich für Christianes Schmerzensgeldhöhe großzügig zu zeigen und sich bei Christiane zu entschuldigen, sich erklären kann und um Vergebung bitten kann. Und damit auch an Würde gewinnen könnte.

5. Ein strahlende Anwalt, der eine neue Kerbe in seinen Schreibtisch schnitzen kann.

6. Alle Ärztekollegen, die jetzt Rechtssicherheit bekommen.
7. Und natürlich all die Menschen, die sich reinen Herzens mit und für Christiane freuen.
Für mich ist das die beste Nachricht des Septembers und ich schließe mich den Glückwünschen an !