"Medizinische Intervention als Folter" - Michel Reiter 30.6.2000

Die Zwitter Medien Offensive™ bevor sie so hiess!

Immer wieder lesenswert: Michel Reiters bahnbrechender Vortrag auf dem Kongress der "european federation of sexology (efs)" in Berlin, der Nachwelt online erhalten dank Gigi. Meines Wissens das erste Mal, dass ein Zwangsoperierter seinen Peinigern öffentlich die Meinung ins Gesicht sagte (nachdem Michel von früheren Kongressen durch Sicherheitskräfte gewaltsam ferngehalten wurde) – kaum überraschend verliess die Hälfte der Medizyner schon vor dem Vortrag fluchtartig den Saal und begründete damit eine unwürdige Tradition, die am Netzwerktreffen 2007 in Bochum ihre unrühmliche Fortsetzung fand. 

Michels Vortrag bleibt m.E. bis heute unübertroffen konsequent. Ausgehend von seiner persönlichen Biographie schaffte er es, über seinen individuellen "Fall" hinaus die Eliminierung der Zwitter als Gattung mittels der genitalen Zwangsoperationen fundiert in einen grösseren Zusammenhang zu stellen, und schreckte auch vor dem Aufzeigen der notwendigen Konsequenzen nicht zurück. Ich kann Michels Mut, seine Scharfsinnigkeit und seine Kraft nur bewundern.

"Wir werden Schadensersatzforderungen einreichen, um auch bereits verstümmelten Erwachsenen eine Lebensperspektive zu geben." Acht Jahre dauerte es, bis mit Christianes Prozess diese eine der vielen von Michel umschriebenen Konsequenzen als erste endlich siegreich in Erfüllung ging (auch wenn Michel dazu skeptisch bleibt, zu verschieden ist wohl Christianes spezieller "Fall" von seinem eigenen).

"Wir werden auf die Gleichheit vor dem Gesetz verweisen" – mit dem CEDAW-Schattenbericht und der Forderungsliste von Intersexuelle Menschen e.V. wurde 2008 auch dazu ein erster gewichtiger Schritt getan (Michel bleibt auch hier skeptisch).

Wann werden die übrigen von Michel vor 8 1/2 Jahren geforderten Konsequenzen folgen?  Bis dahin vielleicht höchste Zeit, sie hier alle nochmals nachzulesen ...