Genitalverstümmler-Kongress "DGE 2011": Bilder der 2. Mahnwache
By seelenlos on Tuesday, April 19 2011, 23:12 - Die anderen - Permalink
>>> Lübeck 20.-22.5.11: Proteste gegen Genitalverstümmler-Kongress "3rd EuroDSD"
"Hier drin tagen GenitalverstümmlerInnen!" Eingang zur "DGE 2011", Hamburg 2.4.11
>>> Infoseite zu den Protesten >>> Bericht 1. Aktion 30.3. >>> Bericht 2. Aktion 1.4.
Bei Postkartenwetter bauten wir am Samstagmorgen die Transparente und Schilder auf zur mittlerweile 3. Friedlichen Protestaktion gegen das Genitalabschneider-Jahrestreffen der "Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)" sowie der "Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK)" (wobei letztere mit den Verstümmelungen angeblich nichts am Hut haben will, aber scheints wegen Kompetenzproblemen auch nicht konkret Stellung dazu beziehen könne). Unterstützt wurden wir erneut durch eine noch zahlreicher erschienene, lokale Soli-Delegation. Fettes Dankeschön an alle, die kamen!
Konkreter Anlass für die heutige Mahnwache war der "DGE 2011"-Programmpunkt "Meet the Expert: Adrenogenitales Syndrom [CAH/AGS]". Dabei propagierte die "EuroDSD"-"Expertin" Dr. Nicole Reisch (Klinikum Universität München / School of Clinical & Experimental Medicine, Birmingham) dem Vernehmen nach erwartungsgemäss die üblichen medizinisch nicht notwendigen, chirurgischen Genitalverstümmelungen an wehrlosen Kleinkindern, getreu der von der DGE mitverantworteten AMWF-Verstümmlerleitlinie 027/047 "Adrenogenitales Syndrom":
"In der Regel wird die Operation in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt."
Allerdings klappte das mit dem Anpreisen von Genitalverstümmelungen dann doch nicht ganz so ungestört, wie es Dr. Nicole Reisch und ihre GenitalabschneiderkomplizInnen wohl gern gehabt hätten ...
An der bewährten Zwitter-Flugblatt-Brigade kam nämlich auch diesmal keinE KongressbesucherIn unbehelligt vorbei, weder auf dem Hin- noch später auf dem Nachhauseweg. Freundlich, aber bestimmt wurden sie allesamt einmal mehr auf das menschenrechtswidrige Treiben im Congress Centrum Hamburg aufmerksam gemacht.
Da parallel zu den "Meet the Expert Sessions" auch noch diverse PatientInnenveranstaltungen auf dem Programm standen, gab es unter den BesucherInnen auch viele Nicht-MedizinerInnen, die wie noch so viele andere MitbürgerInnen auch noch gar nicht wussten, was in den hiesigen Kinderkliniken vor sich geht.
Die Flugblätter (>>> Download PDF, 168KB) gingen weg wie warme Semmeln, zwischendurch mussten wir gar zusätzliche 150 nachdrucken.
Auch ergaben sich beim Verteilen zahlreiche interessante und positive Gespräche mit BesucherInnen. Viele reagierten betroffen und empört über die Genitalverstümmelungen vor der eigenen Haustüre, solidarisierten sich und kündigten gar an, von sich selber für weitere Aufklärung über diese Praktiken zu sorgen.
Erneut taten auch an den Verstümmelungen nicht direkt mitbeteiligte MedizinerInnen ebenfalls ihre Unterstützung für unser Anliegen kund.
Diejenigen der TäterInnen selber, die sich überhaupt auf Gespräche einliessen, sagten auffällig oft dasselbe, bevor sie rasch weitereilten:
"Wir machen es uns bestimmt nicht leicht!"
Nun ja, für die Verstümmelten, die später ein Leben lang an den Folgen leiden, bestimmt beruhigend zu wissen ...
Mal abgesehen davon, dass "Unbedingt zwangsoperieren, so schnell wie möglich, zack-zack!", wie es nicht nur die DGE-Verstümmlerleitlinie 027/047 nach wie vor propagiert, auch nicht gerade besonders differenziert und wohlabwägend daherkommt.
Dass die "herausforderungssüchtigen" GenitalabschneiderInnen auch schlicht endlich damit aufhören könnten, täglich weitere wehrlose Kleinkinder irreversibel zu verstümmeln, ist ihnen wohl definitiv zu unkompliziert. Wo sich doch all die schönen Komplikationen (WARNUNG!) für sie selber und ihre Brötchengeber offensichtlich bestens rentieren ...
Vielsagend auch folgende Kommentare eines offensichtlich selber an den Verstümmelungen beteiligten Kongressteilnehmers:
"Kommt ihr auch nach Lübeck ['3rd EuroDSD Symposium' 20.-22.5.]?"
"Ein Verbot wäre auch keine Lösung!"
Gekrönt vom anscheinend obligaten letzten Schluss aller offensichtlich Unverbesserlichen:
"Dann gehen die Eltern nämlich einfach ins Ausland!"
Meine 2 Cent: Immerhin scheint sich auch unter den hartgesotteneren TäterInnen langsam herumzusprechen, dass sie sich künftig nicht mehr beliebig zu Städteausflügen treffen können, ohne dass jeweils Überlebende und solidarische Nicht-Betroffene draussen vor dem Eingang gegen ihr menschenverachtendes Treiben friedlich, aber unübersehbar protestieren – ob's den GenitalabschneiderInnen drinnen passt oder nicht.
Sowie, dass ein gesetzliches Verbot von kosmetischen Genitaloperationen in den Kinderkliniken eine realistische, legitime und logische Forderung darstellt, die mehr und mehr ins Gespräch kommt und inzwischen nicht mehr länger einfach als rein utopisch abgetan werden kann.
Logisch sind mit einem Verbot der Verstümmelungen nicht automatisch alle weiteren Probleme gelöst, im Gegenteil: Danach können die eigentlichen Fragen nach einer menschenwürdigen psychosozialen Versorgung von Eltern und "Betroffenen" erst konsequent angegangen werden.
Für das Problem der wenigen ebenfalls unverbesserlich menschenverachtenden Eltern lassen sich (wie übrigens auch bei der weiblichen Genitalverstümmelung vorgesehen) kosmetische Genitaloperationen an Kindern zudem problemlos auch unter Strafe stellen, wenn die Tat selber im Ausland begangen bzw. veranlasst wurde – ebenso die dringend notwendige Aufhebung/Verlängerung der Verjährung.
Und nicht zuletzt, wie sich der betreffende Medizyner in Hamburg von einer Überlebenden sagen lassen musste:
"Erst, wenn die Forderung nach einem Verbot der Verstümmelungen unübersehbar im Raum steht, werden die Medizyner beginnen, ernsthaft mit den Betroffenen zu reden."
In diesem Sinne: Wir sehn uns, wo die Action ist!
>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Infoseite zu den Protesten zur "DGE 2011"
>>> Download Flugblatt (PDF, 168KB)
>>> Bericht 1. Aktion 30.3. >>> Bericht 2. Aktion 1.4.
>>> Chirurgische Arbeitsgemeinschaft geht auf Distanz (will sich aber nicht distanzieren)
Siehe auch:
- Friedlicher Protest & Offener Brief DGKJ-DGKCH 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief APE-AGPD 2010
- Friedlicher Protest & Offener Brief 11th EMBL/EMBO 2010
- Aktion & Offener Brief Ostschweizer Kinderspital St. Gallen 2011
- Aktion & Offener Brief Kinderspital Luzern 2010
- Aktion & Offener Brief Inselspital Bern 2009
- Aktion & Offener Brief Kinderspital Zürich 2008
- Friedlicher Protest & Offener Brief, IOC 2009
- 2. Mahnwache vor der UNO in Genf, 26.01.09
- 1. Mahnwache vor der UNO in Genf, 02.02.09
- 3. Zwitterdemo vor dem Landgericht Köln, 20.05.09
- 2. Zwitterdemo vor dem Landgericht Köln, 06.02.08
- 1. Zwitterdemo vor dem Landgericht Köln, 12.12.07