IGM-Praktiken: Neue Eingaben an UN-Kinderrechtsausschuss, Briefing + Sitzung Genf 20.-22.01.2015

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UPDATE: CRC 68. Sitzung: Live-Bericht aus dem Palais Wilson in Genf 

 

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'STOP Intersex Genital Mutilation!' - UNHRC Geneva 20.10.2012Nächste Woche kommt es am Mi 21. und Do 22. Januar während der laufenden 68. Sitzung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes in Genf zur Staatenüberprüfung der Schweiz. Dazu wurde das Komitee in zwei weiteren Eingaben von Netzwerk Kinderrechte Schweiz sowie Zwischengeschlecht.org, Intersex.ch, Elternselbsthilfe SI und Terre des Femmes Schweiz erneut aufgefordert, auch zu Intersex-Genitalverstümmelungen Stellung zu nehmen. Vorgängig wurde Zwischengeschlecht.org eingeladen, am Di 20. Januar den Ausschuss in einem Briefing über "Intersex-Genitalverstümmelungen auf globaler Ebene" zu informieren. Drückt uns die Daumen!

Der UN-Kinderrechtsausschuss hatte bekanntlich in seiner List of Issues (LoI) mit Fragen an die Schweizer Regierung im Vorfeld der Anhörung Intersex leider lediglich im Zusammenhang mit Diskriminierung erwähnt (S. 2, Abs. 7), jedoch nicht betreffend Intersex-Genitalverstümmelungen (IGMs), dem Hauptanliegen der Betroffenen und ihrer Organisationen. Dazu kam es zunächst zu 2 kürzlichen weiteren Eingaben:

1.  Das Netzwerk Kinderrechte Schweiz führte in seinen >>> "Kommentaren zur List of Issues" (englisch) unter der Überschrift "Wichtige Themen, die in der List of Issues nicht erwähnt wurden" in einem Abschnitt "Intersex-Genitalverstümmelung" (S. 10) u.a. aus:

  • Seit dem Netzwerk-Schattenbericht (englisch), der IGMs hervorhob, haben 8 weitere UN-Geremien nicht-eingewilligte, nicht-notwendige, durch psychosoziale Indikationen gerechtfertigte Genitaloperationen an Intersex-Kindern kritisiert und u.a. gesetzgeberische Überprüfung gefordert, darunter UNICEF.
  • Trotzdem bleibt die Schweitzer Regierung untätig, und die OPs dauern faktisch straflos an.
  • Schweizer Intersex-Organisationen unterstreichen nachteilige Auswirkungen des Schweigens des Ausschusses zu diesem Thema.
  • Das Netzwerk verweist dazu auf die thematische Eingabe von Zwischengeschlecht.org et al. (siehe nachfolgend).

2.  In einer 3-seitigen >>> thematischen Eingabe "Intersex-Anliegen" (PDF 166 kb, englisch) von Zwischengeschlecht.org, mitunterzeichnet von Intersex.ch, Elternselbsthilfe SI und Terre des Femmes Schweiz, sowie unterstützt von Netzwerk Kinderrechte Schweiz, wird u.a. ausgeführt:

  • IGMs bzw. in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit gesetzgeberischer Überprüfung, Datenerfassung, Monitoring und desinteressierte Forschung sind die dringendsten und wichtigsten Anliegen der Betroffenen und ihren Organisationen.
  • Neue Entwicklungen seit Eingabe des thematischen Intersex-Schattenberichts:
  • Der UN-Behindertenrechtsausschuss fragt in seiner LoI Deutschland nach Datenerfassung zu IGMs und nach "Beendigung dieser Praxis".
  • Ein Interagency-Statement von WHO, UNICEF, OHCHR und 4 weiteren UN-Gremien fordert – in Übereinstimmung mit der aktuellen Gemeinsamen Empfehlung der UN-Kinderrechts- und Frauenrechtsausschüsse zu "Schädliche kulturelle Praktiken" – betreffend IGMs u.a. gesetzgeberische Überprüfung, Datenerfassung, Monitoring und Zugang zur Justiz.
  • Als Nachtrag zur Bibliographie des thematischen Schattenberichts der Hinweis auf die Stellungnahme des UN-Sonderberichterstatters für Gesundheit, die ebenfalls IGMs kritisiert.
  • Das Schweigen des Ausschusses zu IGMs hat unmittelbare Folgen für Intersex-Kinder in der Schweiz:
  • Von den Massnahmen gegen Diskriminierung, welche die Regierung in ihrer Antwort auf die LoI anführt, beinhaltet keine einzige Intersex-Diskriminierung; demgegenüber thematisiert eine aktulle (von der Regierung nicht angeführte), nationale wissenschaftliche Studie "Zugang zur Justiz in Diskriminierungsfällen" zwar immerhin Intersex – jedoch nicht im Zusammenhang mit nicht-eingewilligten GenitalOPs.
  • Betreffend IGMs und gesetzgeberischer Überprüfung bleibt die Regierung weiterhin untätig – entgegen der ausdrücklichen Empfehlungen der Nationalen Ethikkommission.
  • Es besteht begründeter Anlass zur Sorge, dass MedizinerInnen Schweigen des Ausschusses als Freibrief zum Weiterverstümmeln auslegen werden.

3.  Auf kommenden Dienstag, d.h. im unmittelbaren Vorfeld der Staatenüberprüfung der Schweiz am Mittwoch und Donnerstag, wurde Zwischengeschlecht.org vom Kinderrechtsausschuss für ein nicht-öffentliches, dreiviertelstündiges Briefing zum Thema "Intersex-Genitalverstümmelungen auf globaler Ebene" (>>> Onlineversion der Präsentation als PDF, 3.14 MB) im Palais Wilson eingeladen, für das auch VertreterInnen des Büros der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte und des UN-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderung (CRPD) Interesse angemeldet haben.

Wir hoffen sehr, dass es es uns gelingen wird, den Ausschuss zu überzeugen, der Schweizer Regierungsvertretung während der 68. Sitzung kritische Fragen auch zu IGMs zu stellen, und in seinen (auf Ende Januar zu erwartenden) "Abschließenden Bemerkungen" das Thema IGMs angemessen zu berücksichtigen. Auf dass der Druck auf die Schweiz, die hervorragenden Empfehlungen der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK-CNE) endlich umzusetzen, bald eine kritische Masse erreicht – und ebenso der Druck auf Regierungen überall, Intersex-GenitalverstümmlerInnen endlich gesetzlich zu verbieten, inkl. Aufhebung/Aussetzung der Verjährungsfristen. Damit Intersex-Kinder überall möglichst bald das Recht haben werden, unversehrt und selbstbestimmt aufzuwachsen und zu leben! 

Intersex Genital Mutilations
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy

2014 NGO Report an das UN-Kinderrechtskomitee (CRC) (englisch)
Belegt 17 gebräuchliche IGM-Formen und NS-Verbrechen in CH, D, A
>>> Download PDF (3.65 MB)     >>>
Table of Contents

>>> Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM): Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> IGM – eine Genealogie der TäterInnen

>>> Zwangsoperierte Zwitter über sich selbst und ihr Leben