Transkript: Fragen + Antworten zu Intersex während der 68. Sitzung des UN-Kinderrechtsausschusses (CRC), Genf 21.-22.01.2015

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Zwischengeschlecht.org on Facebook>>> Pressemitteilung Zwischengeschlecht.org vom 03.02.2015

Transkript von Nella mit allen Fragen + Antworten zu Intersex während der 68. Sitzung (Übersetzung ins Deutsche durch Zwischengeschlecht.org):

Kirsten Sandberg, Vorsitzende des Ausschusses für die Rechte des Kindes (Bildmitte): (Video Segment 1, 1:00:32–1:02:23; übersetzt aus dem Englischen; Nachmittagssitzung 21.01.2015) "[Danke. Möchte noch ein weiteres Ausschussmitglied das Wort? …] Danke. Ich kann keine weiteren Hände sehen, dann habe ich selbst eine Frage zu Intersex-Kindern.

Diese wurden von Mr Madi [CRC Berichterstatter zur Schweiz, in der List of Issues] unter Diskriminierung erwähnt, doch ich möchte sie auch zur Sprache bringen als eine Frage von körperlichen Unversehrtheit, oder als eine Art von Gewalt an Kindern, oder als eine schädliche Praxis.

Denn das scheint tatsächlich der Fall zu sein in den meisten Ländern der Welt, bei Kindern, die mit unklaren Geschlechts... – wie sagt man – nun, wenn die Genitalien des Kindes unklar sind und sie können sich in die eine oder andere Richtung entwickeln oder unklar bleiben.

Dann werden diese Kinder in einem frühen Stadium operiert, ohne dass Eltern ordentlich informiert werden, und auch ohne dass das Kind selbst dabei etwas zu sagen hat, weil das natürlich in diesem frühen Stadium, wenn man noch ein Baby ist, gar nicht möglich ist, und auch später geschehen Dinge, weitere Operationen, bevor das Kind alt genug ist eine eigene Sicht der Dinge zu haben oder fähig ist eine informierte Einwilligung zu geben.

Deshalb frage ich mich, ich nehme an diese Praxis ist Ihnen bekannt, und ich frage mich ob Sie beabsichtigen, sie vielleicht sogar verbieten zu lassen, dass es nicht mehr getan wird ohne ordentliche Einwilligung, wenn möglich vom Kind, oder sonst später von der erwachsenen Person selbst. Wie das genau geregelt wird, wäre zu diskutieren, aber auf jeden Fall scheint diese Praxis, wie sie heute andauert, nicht im besten Interesse der Kinder zu sein. Deshalb hätte ich gern einige Kommentare dazu."

Botschafter Stephan Cueni, Delegationsleiter Schweiz, Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) (3. v.r.): (Video Segment 4, 53:18–53:38; übersetzt aus der englischen Simultanübersetzung aus dem Französischen; Nachmittagssitzung 22.01.2015) "Ich denke wir kommen jetzt zur letzten Frage der ersten Runde, und es ist die Frage der Vorsitzenden zu Intersex-Kindern, und ich möchte unsere Kollegin, Frau Gianinazzi, bitten, die Frage zu beantworten. Debora Gianinazzi vom Bundesamt für Justiz."

Debora Gianinazzi, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), Bundesamt für Justiz, Direktionsbereich Privatrecht: (Video Segment 4, 53:40–57:48; übersetzt aus der englischen Simultanübersetzung aus dem Französischen, Nachmittagssitzung 22.01.2015) "Danke. Tatsächlich haben kosmetische Operationen, Genitaloperationen an Minderjährigen auch in der Schweiz zu scharfer Kritik geführt, den diese Operationen sind irreversibel, und können bei den Betroffenen zu schweren Schäden führen, vor allem wenn das zugewiesene Geschlecht nicht mit dem von der Person selbst empfundenen übereinstimmt.

In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage vertrat die Regierung 2011 die Meinung, wonach diese Operationen mit dem Ziel ein Geschlecht zuzuweisen oder zu verändern nur bei dringender medizinischer Notwendigkeit durchgeführt werden, zum Beispiel bei einem sehr hohem Krebsrisiko oder psychologischen Risiken für kleine Kinder, zum Beispiel bei Problemen mit dem Schuleintritt, oder bei Problemen in der Schule. Abgesehen aus zwingenden medizinischen Gründen sollten deshalb keine Kinder Operationen unterzogen werden, ausser eine Krankenstation hat die Einwilligung der Eltern, die entscheiden.

Die Regierung beauftragte deshalb die Nationale Ethikkommission, eine Stellungnahme zu erarbeiten, und die Kommission veröffentlichte im November 2012 Empfehlungen, und schloss sich darin der Meinung der Regierung an.

Die Kommission gab weiter Empfehlungen für die Ärzteschaft zu Medizinethik und für eine Kampagne und für die Rechte von Familien in diesem Bereich.

Betreffend Geburtenregister ist es in der Schweiz weiterhin so, dass Neugeborene im Register als weiblich oder männlich eingetragen werden, aber die Kommission empfahl, die Regierung soll ermöglichen, dass, zu einem späteren Zeitpunkt, der Geschlechtseintrag auf kantonaler Ebene im Register ohne zu große bürokratische Hürden korrigiert werden kann.

Im Anschluss an die Empfehlungen [der Ethikkommission] gab die Bundesbehörde eine entsprechende Empfehlung an die kantonalen Register, um bei den betreffenden Zivilstandsbeamten ein Bewusstsein zu schaffen und sie über die Empfehlungen zum Personenstand zu informieren, und um sie anzuhalten bei der Erfassung von Namen und Geschlecht größte Sorgfalt walten zu lassen. Wenn möglich soll ein Vorgehen für die Korrektur des Geschlechtseintrags sowohl auf der Geburtsurkunde wie auch im Zivilregister möglich sein. Dies ist die aktuelle Situation in der Schweiz.

Nein, Verzeihung, ich kann tatsächlich noch etwas dazufügen. Ich möchte anfügen, dass die Regierung generell Daten zu Operationen wegen Intersex erfassen möchte. Zu Zeit besteht keine klare Datenlage, das Bundesamt für Statistik und das Bundesamt für Gesundheit arbeiten deshalb zusammen, um einen Plan zur Datenerfassung zu entwickeln, und Informationen zu solchen Operationen werden uns eine bessere Einschätzung der Situation ermöglichen."

Kirsten Sandberg, Vorsitzende des Ausschusses für die Rechte des Kindes: (Video Segment 4, 57:49–59:14; übersetzt aus dem Englischen; Nachmittagssitzung 22.01.2015] "Danke, das ist interessant zu vernehmen. Ich frage mich nur, ich habe nicht ganz mitbekommen was Sie sagten bezüglich der Umsetzung der Empfehlungen der Nationalen Ethikkommission. Ich glaube einige sollten an die Ärzteschaft weitergereicht werden, zu welchen Ärzten immer, aber ich denke das Problem dabei ist, was Sie zuvor erwähnten, dass es erforderlich sei, dass solche Eingriffe weiter durchgeführt werden, wenn zwingende medizinische Gründe vorliegen.

Die Ärzte, die womöglich ein Interesse haben, diese Eingriffe weiterhin durchzuführen, würden sehr oft solche zwingende medizinische Gründe finden, und Sie erwähnten Krebsgefahr oder medizinische Risiken [Gianinazzi sprach tatsächlich von "psychologischen Risiken"], und wir haben Kenntnis, dass dies der Fall sein soll bei Eltern, die von Ärzten überredet werden, Operationen in einem frühen Stadium durchführen zu lassen.

Daher sieht sie nicht wirklich stark genug aus, die Reaktion [der Regierung]. Aber ich denke Ihre Information betreffend Datenerfassung ist sehr interessant, denn von unseren Informationen her hatte sich seit 2012 nichts geändert. Es geht immer noch viel weiter in derselben Weise wie zuvor. Aber vielen Dank für die Information."  

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