Neue Verwaltungsvorschrift zum Intersex-Personenstand-Murks § 22(3) PStG: Deutscher Bundesrat ab sofort offiziell IGM-Mittäter

3rd Intersex Forum 2013Bild: Als Reaktion auf den D-Personenstand-Murks verabschiedete das Intersex-Forum 2013
in Malta
die ausdrückliche Forderung, "Intersex-Kinder als weiblich oder männlich registrie-
ren"
und dafür eine spätere unbürokratische Änderung des Eintrags zu ermöglichen ...

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Geschlecht: Zwangsoperiert

  Zwischengeschlecht.org und viele andere Betroffenen- organisationen rund um den Globus kritisieren seit langem den kontraproduktiven neuen § 22(3) PStG, der es Deutschen Eltern seit letztem November offiziell verbietet, ein "uneindeutiges" Kind als Mädchen oder Junge einzutragen, weil dieser (in der Öffentlichkeit tatsachenwidrig als "Option" verkaufte und entsprechend von LGBT-ExponentInnen lautstark bejubelte) Zwangsparagraph

  1. den Druck auf betroffene Eltern zur "Einwilligung" für Intersex-Genitalverstümmelungen an ihren gesunden Kindern erhöht,
  2. zu Zwangsoutings der betroffenen Kinder führen wird, und
  3. die Machtposition der MedizynerInnen stärkt, da Behörden allein auf deren "Expertise" abstellen werden (und NICHT auf das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Eltern und Kinder).

Am 14. März 2014 hat nun der Deutsche Bundesrat eine Verwaltungsvorschrift (VwV) zum Intersex-Murks-Paragraphen 22(3) PStG verabschiedet (Protokoll PDF --> S. 53 (C)), welche diese Befürchtungen voll und ganz bestätigt, indem sie nicht nur die Kritik der Betroffenen und ihrer Organisationen explizit in den Wind schlug, sondern unverfroren und ausdrücklich den behandelnden Intersex-GenitalverstümmlerInnen der medizynischen Zunft die alleinige Definitionshoheit zusprach, und somit die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen und ihrer Eltern einmal mehr mit Füßen tritt.

Da aktuell leider nicht davon auszugehen ist, dass die Bundesregierung die neue Verwaltungsvorschrift noch kassieren wird, oder sonst noch irgend ein Wunder geschehen wird, ist davon auszugehen, dass die in Kürze in Kraft tretenden entsprechenden Verwaltungsvorschriften zum § 22(3) PStG demnächst wie folgt lautet (meine Hervorhebungen):

Nr. 21.3.4 PStG-VwV:

Eine Eintragung unterbleibt, wenn das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann. Umschreibungen wie „ungeklärt“ oder „intersexuell“ sind nicht zulässig. (Vgl. DS 29/14 S. 12)

Nr. 22.2 PStG-VwV:

Aus der Geburtsanzeige muss sich ergeben, dass das Kind zum Zeitpunkt der Anzeige weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann.
(Vgl. DS 29/14 S. 12 in Verbindung mit DS 29/14(Beschluss) S. 5)

Nr. 27.8.1 PStG-VwV:

Wird im Falle einer Beurkundung der Geburt ohne Angabe des Geschlechts des Kindes durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen, dass das Kind nunmehr einem Geschlecht zugeordnet werden kann, so ist hierüber eine Folgebeurkundung einzutragen. Hierbei tritt an die Stelle des Leittextes „Beurkundete Daten“ der Leittext „Geschlecht“; weitere Angaben sind nicht einzutragen. Wünscht die sorgeberechtigte Person auf Grund der Zuordnung des Kindes zu einem Geschlecht eine Änderung des eingetragenen Vornamens, so ist sie an die zuständige Namensänderungsbehörde zu verweisen. (Vgl. DS 29/14 S. 14)

Dieser neue Personenstand-Verwaltungsvorschrifts-Murks ist umso bedenklicher, als aus der Feder des Bundesrats-Ausschusses für Frauen und Jugend (FJ) (Vorsitz: Norbert Bischoff, SPD, zugleich Minister für Arbeit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt; Stellvertretende Vorsitzende: Kristin Alheit, SPD, zugleich Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein) ein Änderungsvorschlag Ziff. 7 vorlag für eine zusätzliche Nr. 22.3 PStG-VwV, die explizit die Befürchtungen der Betroffenen und ihrer Organsiationen ernst nahm, und ausdrücklich das Selbstbestimmungsrecht von Eltern und Betroffenen stärken wollte:

22.3 Zuordnung trotz Unklarheiten

Auch wenn Unklarheiten über die Zuordnung zu einem Geschlecht bestehen, kann das Kind zum Zeitpunkt der Anzeige dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden.

Begründung:

Von den Verbänden der Intersexuellen wird an der gesetzlichen Neuregelung in § 22 Absatz 3 PStG kritisiert, dass bei einem uneindeutigen Geschlecht das Offenlassen des Geschlechtseintrags zwingend ist. Es wird zum Teil von einem "Zwangsouting" gesprochen.

Es könnten sich durch die Neuregelung - entgegen der Intention des Gesetzgebers – einige Eltern unter Druck fühlen, eine geschlechtsangleichende Operation durchführen zu lassen, damit ein Geschlechtseintrag im Geburtenregister erfolgen kann. Bisher war es möglich, dass ein, medizinisch gesehen, intersexueller Mensch sich personenstandsrechtlich dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnet. Diese Möglichkeit sollte weiter bestehen bleiben. 
(Vgl. DS 29/1/14 Ziff 7 | PDF S. 7-8)

Dafür von diesem Blog an den Bundesrats-Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ) ein ganz herzliches Dankeschön für ihren mutigen Änderungsvorschlag!!!

Allein, obiger konstruktiver Vorschlag Ziff. 7 wurde vom Deutschen Bundestag am 14.03.2014 abgelehnt (vgl. Protokoll PDF --> S. 53 (C)).

Tatsache bleibt: Die vom Deutschen Bundesrat veraschiedete neue Verwaltungsvorschrift schreibt ausdrücklich Intersex-GenitalabschneiderInnen die alleinige Deutungshoheit über Kinder mit Variationen der Geschlechtsanatomie zu (und tritt im Gegenzug die Grund- und Menschenrechte dieser Kinder explizit mit Füßen). Weiter erfolgte die Verabschiedung explizit gegen die – dem Bundesrat durch den Antrag des Ausschusses für Frauen und Jugend (FJ) nachweislich bekannt gemachten – grund- und menschenrechtlichen Anliegen und Befürchtungen der Betroffenen und ihren Organisationen. Dadurch macht sich der Deutsche Bundesrat explizit und nachweislich zum Mittäter der von ihm protegierten Intersex-GenitalverstümmlerInnen, und somit spätestens ab sofort direkt mitschuldig an allen Intersex-Genitalverstümmelungen, die in Deutschland verbrochen werden.

Dazu macht sich der Deutsche Bundesrat (wie bereits Bundestag und Bundesregierung) als nachweislicher Komplize direkt angreifbar für völkerrechtliche und weitere Schritte gegen das Unrecht der andauernden Intersex-Genitalverstümmelungen, und wird sich der Deutsche Staat (zusammen mit den verantwortlichen MedizynerInnen-Standesorganisationen) erst recht nicht mehr vor den (u.a. bereits vom UN-Auschuss gegen Folter eingeforderten) Reparationszahlungen an IGM-Betroffene herausreden können. Dafür von diesem Blog auch an den Deutschen Bundesrat ein herzliches Danke!

GenitalabschneiderInnen, wir kriegen euch! ZwangsoperateurInnen, passt bloß auf!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

Intersex Genital Mutilations
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy

2014 NGO Report to the UN Committee on the Rights of the Child (CRC)
>>> Download PDF (3.65 MB)     >>> Table of Contents 

>>> Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM): Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> IGM – eine Genealogie der TäterInnen 

>>> Zwangsoperierte Zwitter über sich selbst und ihr Leben
>>> UN-Auschuss gegen Folter fordert Entschädigung für IGMs
>>> UN-Sonderberichterstatter über Folter verurteilt "genitale Zwangsoperationen" 

>>> Europarat verurteilt Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM)
  

Comments

1. On Tuesday, June 3 2014, 02:11 by Sabrina

"Nr. 22.2 PStG-VwV:

... das Kind ZUM ZEITPUNKT DER ANZEIGE weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann"

Und später?:

"Nr. 27.8.1 PStG-VwV:

Wird (...) durch eine ÄRZTLICHE BESCHEINIGUNG nachgewiesen, dass das Kind NUNMEHR einem Geschlecht zugeordnet werden kann"

Das eigene Geschlecht weiter fest unter Kontrolle anderer Leute.

NUNMEHR zugeordnet werden kann?
Nach Genitalverstümmelung und Gonadektomie - vermutlich ?!

Im normalen Recht nennt man so etwas eine Verletzung des sexuellen Selbstbestimmungsrechts.

Man hat ja sonst kaum Gelegenheit sich zu ekeln.
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Bleibt dran

Und dank für Euer Engagement.

Viele Grüße