Vereinnahmung von Zwittern: Das Transgender-Netzwerk Berlin TGNB macht's vor ...

In der vom "Fachbereich für gleichgeschlechtliche Lebensweisen" innerhalb der Senatsverwaltung Berlin herausgegebenen Zeitschrift "Zusammen leben in Berlin. Dokumente lesbisch-schwuler Emanzipation Nr. 22" vom November 2006 unter dem Titel "Trans- und Intergeschlechtlichkeit" (pdf-Download) stehen auf Seite 161 die "Positionen des Transgender-Netzwerks Berlin", die eingeleitet werden mit den Worten:

Der Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit stellte anlässlich der Fachtagung "Trans- und Intergeschlechtlichkeit" folgendes Positionspapier vor

Unter "A. Rechtliche Forderungen" werden 5 Punkte aufgezählt. Nirgends steht irgend etwas über Zwangsoperationen an Zwittern. Von "Operationen" ist lediglich im ersten Punkt im Zusammenhang mit der Reform des Transsexuellengesetzes (TSG) die Rede:

Abschaffung der "geschlechtsangleichenden" Operation und der Fortpflanzungsunfähigkeit als zwingende Voraussetzungen zur Personenstandsänderung.

Und weiter geht's dann ausschliesslich um "TSG", "Transsexuelle" und "Entpathologisierung von Transgender", "Erweiterung des Namens- und Personenstandsrechts", blablabla ...

Bei den rechtlichen Forderungen werden Zwitter gar nicht erwähnt, unter "B. Gesellschaftspolitische Forderungen" immerhin zwei Mal, jedoch wie üblich lediglich als unkommentiertes Anhängsel von Transgender:

1. Aufnahme der Transgender/Intersex-Thematik in die Lehrpläne der Schulen und pädagogisch-psychologischen Ausbildungen,
(...)
3. Förderung einer Infrastruktur für Transgender- und Intersex-Personen, wie z.B. Beratungs- und Informationsstellen, Transgenderzentren und ähnliches.

Einmal mehr erscheint "intersexuell" (oder in diesem Fall "intergeschlechtlich") nur im Titel als Angelhaken für die eigenen spezifischen Interessen und notabene in der 'gottgegebenen Reihenfolge' als Schlusslicht hinter "Trans-" (entsprechend der bewährten Vereinnahmungstaktik der dgti, die übrigens zum TGNB dazu gehört). In den Forderungen selbst bleiben Zwischengeschlechtliche jedoch wie üblich unerwähnt.

Fazit: Einmal mehr werden zwangsoperierte Zwischengeschlechtliche von Transgender-Kreisen zur Erreichung ihrer eigenen politischen Ziele instrumentalisiert und missbraucht!

Siehe auch:
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung?!
- Warum Zwitterforderungen, worin zu oberst nicht die schnellstmögliche Beendigung der Zwangsoperationen steht, keine Zwitterforderungen sind, sondern Vereinnahmung
- "Who killed David Reimer?"
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"
- Liminalis: Aus Transschändrien nix neues
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne

Comments

1. On Thursday, July 3 2008, 15:28 by seelenlos

DOKUMENTATION

für alle, denen es zu umständlich ist, die umfangreiche pdf-dokumentation "trans- und intergeschlechtlichekeit" runterzuladen (empfohlen), und die sich trotzdem eine eigene inhaltliche meinung zum oben kritisierten tgnb-forderungspapier bilden möchten, ist dieses untenstehend vollumfänglich dokumentiert (s. 161 - 1. hälfte s. 162 im pdf):


Positionen des Transgender-Netzwerks Berlin

Der Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit stellte anlässlich der Fachtagung „Trans- und Intergeschlechtlichkeit” folgendes Positionspapier vor:

A. Rechtliche Forderungen

1. Reform des Transsexuellengesetzes (TSG), insbesondere
- Abschaffung der „geschlechtsangleichenden“ Operationen und der Fortpflanzungsunfähigkeit als zwingende Voraussetzungen zur Personenstandsänderung (§8 I TSG)
- Abschaffung der bisherigen Gutachterpraxis (§4 III TSG) als zwingende Voraussetzung zur Vornamensänderung; sinnvolle Alternative: Vornamens-änderung durch eidesstattliche Erklärung (siehe auch Punkt 2.)
- für Menschen mit der „kleinen Lösung“ (Vornamensänderung) die Einführung eine Möglichkeit, eine Ehe oder ELP einzugehen (§7 I TSG),
- Einführung der Möglichkeit, eine bereits bestehende Ehe im Zuge der Personenstandsänderung automatisch in stehend eine ELP umzuwandeln.
2. Erweiterung des Namensrechts um die Möglichkeit, „geschlechtsuneindeutige“ Vornamen zu wählen, und Verankerung der Möglichkeit zur Vornamensänderung (nicht nur für Transsexuelle) im Namensrecht,
3. Erweiterung des Personenstandsrechts um die Möglichkeit, den Personenstand offen zulassen; vereinfachte Möglichk tionen „männlich“, „weiblich“ und z.B. „offen“ zu wechseln,
4. Forderung an die Krankenkassen und deren Medizinische Dienste, ihre Begutachtungspraxis und ihre Kriterien für die Behandlung Transsexueller zu reformieren, insbesondere
- den geforderten „Alltagstest“ zu streichen,
- Psychotherapie nur auf freiwilliger Basis zu empfehlen,
- zu erkennen, dass der vorausgesetzte „Leidensdruck“ nicht aus der „Krankheit“ Transsexualität, sondern aus dem binären Geschlechterbild des gesellschaftlichen Umfelds resultiert (Entpathologisierung von Transgender)
5. Festschreibung der Beweislastumkehr und der Formulierung „Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und Geschlechtsidentitäten“ in dem von der Bundesregierung geplanten umfassenden Antidiskriminierungsgesetz (ADG) (167).

(167) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist am18.8.2006 in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen u.a. wegen der sexuellen Identität zu beseitigen. Es gilt für das Arbeitsrecht und das Zivilrecht.


B. Gesellschaftspolitische Forderungen

1. Aufnahme der Transgender/Intersex-Thematik in die Lehrpläne der Schulen und pädagog-psychologischen Ausbildungen,
2. Sensibilisierung öffentlicher Einrichtungen und MultiplikatorInnen, z.B. durch Finanzierung und Durchführung von Fortbildungen,
3. Förderung einer Infrastruktur für Transgender- und Intersex-Personen, wie z.B. Beratungs- und Informationsstellen, Transgenderzentren und ähnliches.

Asbeck, Sam-Lennard, Autor und Transgender-Aktivist, Balzer, Carsten, M.A., Ethnologe, Freie Universität Berlin, Ehrt, Julia, Studentin der Mathematik und Physik an der Freien Universität Berlin, Kromminga, Ins A., Dipl. & M.F.A., KünstlerIn, Intersex-Aktivist, Mosel, [Thoralf] Esther, Dipl. Sozialpäd. (FH), berät und informiert im Sonntags-Club e.V. zum Thema Transgender und zu Fragen zur Geschlechtsidentität, Recla, Ammo, Dipl.-Erziehungswissenschaftler, Bildungsreferent bei ABqueer e.V