Bundestagspetition "Keine Zwangsoperation bei mehrgeschlechtlichen Neugeborenen": Jetzt mitunterzeichnen!

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Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!

 

>>> Petition unterschreiben!

Auf dem Hermaphroditforum wurde auf die E-Petition hingewiesen, die trotz der "dürftigen Begründung" "ein Anfang in die richtige Richtung" sei. Auch dieser Blog ruft alle auf, die Petition mangels aktueller Alternativen trotz des alles andere als gelungenen Petitionstexts zu unterschreiben! Intersexuelle Menschen e.V. ruft ebenfalls dazu auf, die Petition trotzdem zu unterzeichnen.

Die Petition "Sorgerecht der Eltern - Keine Zwangsoperation bei mehrgeschlechtlichen Neugeborenen" wurde am 3.11.10 eingereicht, die Frist zum unterzeichnen läuft noch bis am 5.1.11.

Die Petition lautet in ihrer Gänze:

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen ..., dass kein mehrgeschlechtliches Neugeborenes zwangsoperiert werden darf.

Begründung

Diese Zwangsoperationen schaden der freien Entwicklung der Betroffenen.

Kommentar: Diese Petition ist konkret natürlich alles andere als geglückt, sondern im Gegenteil missverständlich bis irreführend und deshalb ziemlich besch...euert. Dies betrifft sowohl den Text ("mehrgeschlechtlich" – was soll der Quatsch?) wie auch Begründung ("freie Entwicklung" – würde z.B. bei weiblicher Genitalverstümmelung auch so unterbelichtet argumentiert, gäbe es wohl heute noch keinen aktuellen Gesetzesentwurf zu einem expliziten Verbot!).

Das absolute Minimum wäre gewesen, dass die Petition ein konkretes gesetzliches Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen mindestens bis 18 Jahre fordert inkl. Aufhebung/Aussetzung der Verjährung – und dazu in der Begründung u.a. erläutert und belegt hätte:

  • Dies, obwohl umfangreiche, BMBF-finanzierte Studien der VerstümmlerInnen selbst beweisen, dass die meisten Betroffenen mit den ZwangsOPs unglücklich sind und ein Leben lang an den körperlichen und seelischen Folgen leiden (u.a. Verlust der sexuellen Empfindungsfähigkeit bis dauernde Schmerzen im Genitalbereich, schmerzende Narben, massive Traumatisierungen, Selbstmordraten vergleichbar mit Opfern von "sexuellem Kindesmissbrauch" oder Folter).
  • Da die ZwangsOPs in der Regel an Kleinkindern durchgeführt werden, sind die TäterInnen wegen der Verjährung meist vor Strafe sicher – erst ein einziges Mal gelang es einer zwangsoperierten Betroffenen, ihren Verstümmler wenigstens noch zivilrechtlich vor Gericht zu bringen. Und prompt verurteilte das OLG Köln den fehlbaren Genitalabschneider in letzter Instanz und hielt dazu in seiner Begründung unmissverständlich fest: "Nach den Angaben in der Behandlungsdokumentation der Medizinischen Klinik über die der Klägerin zuteil gewordene Aufklärung bedarf es keiner näheren Erörterung, dass das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin in ganz erheblichem Maße verletzt worden ist. Damit fehlte es an einer wirksamen Einwilligung der Klägerin in die Operation, so dass sie ohne Zweifel rechtswidrig war." 
  • Amnesty Deutschland hielt 2010 in einem Beschluss fest, genitale ZwangsOPs seien ein "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte (Recht auf körperliche Unversehrtheit, auf Selbstbestimmung und Würde [...])"
  • Terre des Femmes und international anerkannte FGM-Expertinnen wie Hanny Lightfoot-Klein, Fana Asefaw oder Marion Hulverscheidt bestätigen seit Jahren die Klagen Betroffener, dass die kosmetischen Genitaloperationen in westlichen Kinderkliniken für die Betroffenen in den Folgen gleich gravierend sind wie die weibliche Genitalverstümmelung. JuristInnen und ChristInnen halten zudem fest, dass es heuchlerisch ist, sich über "barbarische Praktiken in Afrika" zu ereifern und gleichzeitig über die Verstümmelungen vor der eigenen Haustüre zu schweigen.
  • Das UN-Komitee CEDAW rügte 2009 die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Zwangsoperationen wegen Nichtbeachtung ihrer Schutzpflicht gegenüber den verstümmelten Kindern und verknurrte in seinen schriftlichen Empfehlungen die Bundesregierung zu einem Zwischenbericht in dieser Sache.

Allein in Deutschen Kinderkliniken wird JEDEN TAG mindestestens 1 wehrloses Kind experimentell genitalverstümmelt, sowie in Österreich und in der Schweiz JEDE WOCHE nochmals JE 1 weiteres.

Wie lange noch?!

>>> Petition jetzt mitunterzeichnen!

>>> Kommentar von Nella auf dem Petitionsforum
>>> Überlegungen zu einem besseren Petitionstext
>>> Diskussion über Gesetzesentwurf auf dem Hermaphroditforum
>>> Bemerkenswerter Post zur Menschenrechtsproblematik auf dem Petitionsforum 

>>> Bundestagspetition: 1047 Mitzeichner_innen - Danke!!!

Siehe auch:
- Offener Brief vom 5.11.10 an die Medizynerverbände DGKJ, DGKCH, DGE & APE
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- "Ethik als Freifahrtschein für operieren auf Teufel komm raus" - Claudia Wiesemann
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Comments

1. On Friday, December 10 2010, 21:21 by seelenlos

[ Dokumentation des auf dem Petitionsforums gelöschten Kommentars: https://epetitionen.bundestag.de/index.php?&topic=5990.msg110223#msg110223 ]

Überlegungen zu einem besseren Petitionstext

Ich beziehe mich nebst auf hier geäusserte Vorschläge auch auf die bereits erwähnten Einträge hier:

http://zwitterforum.ath.cx/index.php?topic=1615.msg22866#msg22866

http://zwischengeschlecht.info/post/2010/11/25/Bundestagspetition-%22Keine-Zwangsoperation-bei-mehrgeschlechtlichen-Neugeborenen%22

Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig, das Ganze klar unter dem Vorzeichen nicht strikt medizinisch indizierte, d.h. kosmetische Genitaloperationen bei Kindern und Minderjährigen / "Genitalverstümmelung" anzugehen, um dem angesprochenen Definitionsproblemen "Was ist genau intersexuell und was nicht mehr?" und den damit verbundenen Hintertürchen zu entgehen.

Unbedingt hinein müssten zudem Forderungen betreffend Aufhebung/Ruhen der Verjährung, entsprechend z.B. dem aktuellen Gesetzesentwurf gegen die weibliche Genitalverstümmelung als schwere Körperverletzung (§ 226a StGB-E), oder bei Misshandlungen von Kindern im Rahmen innerfamiliärer Gewalt (§225 StGB). Da nur so gewährleistet werden kann, dass fehlbare Mediziner auch wirklich gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden können, und zwar auch strafrechtlich.

Weiter wichtig, dass es um einen kleinsten gemeinsamen Nenner gehen soll, um die politische Durchschlagskraft zu erhöhen. Hier wäre es unumgänglich, z.B. bezüglich des angesprochenen, auch von uns prinzipiell erwünschten Einschlusses medizinisch nicht notwendiger Hormonbehandlungen zuerst klare, vermittelbare und praktikable, konkrete Definitionen/Unterscheidungen herauszuarbeiten, wozu meines Wissens nach betreffend Hormonbehandlungen leider auch kaum bestehende Vorschläge existieren.

Fragen und Probleme der "Geschlechtszuweisung" ebenfalls hineinzunehmen, sehe ich als höchst problematisch: Damit driftet das Ganze erfahrungsgemäß auf Kosten des eigentlichen Anliegens schnell mal ab in Richtung Personenstands-und ähnliche Diskurse, was zugleich politischem Selbstmord gleichkommt. Um ein Verbot der Verstümmelungen realpolitisch zunächst im Petitionsausschuss und nachher im Bundestag durchzukriegen, sind wir auf die wohlwollende Unterstützung der C-Parteien unbedingt angewiesen. Solange es strikt gegen Verstümmelungen und für körperliche Unversehrtheit geht, haben wir gute Chancen (wie z.B. auch der aktuelle Gesetzesentwurf gegen die weibliche Genitalverstümmelung zeigt). Sobald aber z.B. "Geschlechterfragen" zusätzlich hineinvermengt werden, ist's erfahrungsgemäß schnell vorbei mit mehrheitsfähig. Dito auch, wenn Anliegen Dritter damit verknüpft werden wie z.B. von Interessegruppen Transsexueller (vgl. z.B. das Scheitern des 2000 von der DGTI initiierten Entwurfs zu einem "Transgendergesetz").

Uns geht es ausdrücklich NICHT darum, "die Gesellschaft umkrempeln" zu wollen. Sondern vielmehr darum, durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen das Recht auf körperliche Unversehrtheit endlich für alle Kinder und Jugendlichen durchzusetzen!

Wichtig auch nicht zuletzt, mit einer juristisch begründbaren Maximalforderung einzusteigen (z.B. OPs erst ab vollendetem 18. Lebensjahr, übereinstimmend mit Erreichen der Volljährigkeit und in Übereinstimmung mit dem Sterilisationsverbot bei Minderjährigen, § 1631c BGB). Mit einer juristisch ev. nicht begründeten Limite, z.B. wie oben vorgeschlagen 14 oder gar 12 Jahre, scheint mir die Gefahr groß, dass am Schluss ein "Kompromiss" herauskommt, der sich kaum mehr von der aktuellen Praxis unterscheidet.

Daniela Truffer / Zwischengeschlecht.org

2. On Friday, January 7 2011, 19:17 by Sabrina Schwanczar

@seelenlos
"(vgl. z.B. das Scheitern des 2000 von der DGTI initiierten Entwurfs zu einem "Transgendergesetz")."

Dieser Entwurf war eine Katastrophe und es wäre schlimm gewesen, wenn er nicht gescheitert wäre.

Wäre dieser Gesetzentwurf Gesetz geworden, dann wären die Genitalverstümmelungen an Kindern mit uneindeutigem Genitale faktisch gesetzlich legitimiert worden. Es hieß nämlich, dass die Genitaloperationen, wenn sie der Herrstellung gesetzlicher Eindeutigkeit dienen nicht durchgeführt werden dürfen. - Und wenn sie einem psychisch gesunden Aufwachsen des Kindes dienen - was dann?

Zweitens wären für Namens- und Personenstandsänderung nach wie vor ärztliche Papiere notwendig, nur dass nach dem Gesetzentwurf nun keine Bringepflicht der Ärzte mehr bestanden hätte, wie dies bei gerichtlichem Auftrag gemäß Transsexuellengesetz der Fall ist. Die Betroffenen wären völlig zum Spielball der Ärzte und Psychologen geworden.

Ich habe mich damals an den Bundestag gewandt und heftig diese Sache kritisiert.
Es ist erschreckend und bezeichnend, dass in der dem Gesetzentwurf angefügten Liste der Name Maria Sabine Augstein und der Name Friedemann Pfäfflin auftaucht.

3. On Wednesday, February 2 2011, 22:14 by Bad Hair Days

> Und wenn sie einem psychisch gesunden Aufwachsen des Kindes dienen - was dann?

Durch keinerlei Fakten gedeckt und durch Studien ausreichend widerlegbar. Aber wenn man dauernd an den Symptomen kurieren will. Und sogar die Ursache weiter deckt...