Magnus Hirschfeld – "bestbezahlter Genitalverstümmler seiner Zeit"

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Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 17.10.2011:

Filmbild: Hirschfeld operiert mit Blut im GesichtMagnus Hirschfeld, Zwitter-Genitalverstümmler für viel Geld
Darstellung nach Rosa von Praunheim: "Der Einstein des Sex"  >>> Quelle

Magnus Hirschfeld, als Lichtgestalt und Befreier von Schwulen, Lesben, Transsexuellen und Transgendern bejubelt und geehrt im ganzen Land ... Im Ganzen Land? Nein!

Für als Kleinkinder systematisch genitalverstümmelte Zwitter ist und bleibt Hirschfelds Einfluss und Vermächtnis ein mit großem Leid verbundenes, dunkles und bisher weitgehend verdrängtes Kapitel Deutscher Schwulen-, Medizin- und Wissenschaftsgeschichte.

                  INHALT
                  1.  1918: Zwitter-Verstümmelung als Grundstock für Hirschfelds
                       "Institut für Sexualwissenschaft"
                  2.  Hirschfeld als Rechtfertigung für heutige Zwitter-Genitalverstümmler
                  3.  Hirschfelds Beitrag zur Unsichtbarmachung der Zwitter
                  4.  Wie lange noch?!

1.  1918: Zwitter-Genitalverstümmelung als Grundstock für Hirschfelds "Institut für Sexualwissenschaft"

Ein Schlaglicht auf das historisch belastete Verhältnis zwischen Zwittern, Hermaphroditen oder "Intersexuellen" einerseits und andrerseits Schwulenbefreiungsbewegungen und Sexualwissenschaft wirft unfreiwillig Rosa von Praunheims Hirschfeld-Film-Biografie "Der Einstein des Sex":

1918: Hirschfeld hat kein Geld mehr und wird zusammengeschlagen, die Gründung des "Instituts für Sexualwissenschaft" ist akut gefährdet. Hirschfeld bleibt keine Wahl: Mit Hilfe seiner transvestitischen Assistentin Dorchen muss er eine drastische Genitalverstümmelung an einem wehrlosen "Hermaphroditen" durchführen. Als Lohn erhält der blutverschmierte Hirschfeld eine Schatztruhe voller Geschmeide – der dringend benötigte Grundstock für das in der nächsten Szene eröffnete "Institut für Sexualwissenschaft".

Auch wenn diese Episode des Films historisch nicht belegt ist, bleibt die Verstümmelungs-Szene ein treffendes Gleichnis für real existierendes mangelndes Bewusstsein und unaufgearbeitete (eigene) Geschichte.

Umso mehr, als dieses filmische Schlaglicht bisher von schwulen und sonstigen unverstümmelten Betrachter_innen schlicht unbeachtet blieb. Während dieselbe Szene bei verstümmelten Zwittern regelmäßig heftige und schmerzliche Reaktionen auslöst.

2.  Hirschfelds Vermächtnis als Rechtfertigung für heutige Zwitter-Genitalverstümmler

Hirschfelds Werk gilt heute als historischer Ausgangspunkt der Sexologie wie auch der Gender Studies, die Hirschfeld beide viel verdanken und sich zum Teil heute noch auf ihn beziehen.

Gleichzeitig war und ist Hirschfelds Vermächtnis untrennbar verbunden mit der andauernden Geschichte der menschenverachtenden medizinischen und sexologischen Experimente hauptsächlich an wehrlosen kleinen Zwitterkindern. Der medizinische Begriff "Intersex" als Synonym für systematisches Verstümmeln im Kleinkindalter geht letztlich zurück auf Hirschfelds Zwischengeschlechts-Theorie. Noch 2002 wurde John Money in Berlin von der DGSS passend die "Magnus Hirschfeld Medaille" verliehen.

Auch sich selbst die Hände nicht direkt blutig machende Disziplinen in Geschlechterforschung und Gender Studies stellen regelmäßig auf "Erkenntnisse" und Berichte menschenrechtswidriger medizinischer Humanexperimente an Zwittern ab, ohne sich über die Konsequenzen Rechenschaft abzulegen.

3.  Hirschfelds "Theorie der sexuellen Zwischenstufen" als Beitrag zur gesellschaftlichen Unsichtbarmachung der Zwitter

Zwitter fälschlicherweise als Untergruppe der eigenen Gruppe zu definieren, z.B.  unter "Transgender", oder "intersexuell" ungefragt als Schlusslicht bei schwul-lesbisch-bisexuell-transsexuellen Anliegen "anzuhängen" ("LGBTI")  – Hirschfeld hatte praktisch alle Tricks heutiger politischer Vereinnahmung schon vor über 100 Jahren vorgemacht.

Mit fatalen Folgen: In der öffentlichen Wahrnehmung sind die verstümmelten Zwitter, sofern sie nicht von vornherein mit Transsexuellen verwechselt werden, längst im (Trans-)Genderdiskurs untergegangen. Obwohl die Vereinnahmungen sachlich nicht zutreffen und genitalverstümmelte Zwitter sich seit längerem gegen solche politischen Vereinnahmungen wehren.

Aktuell leugnet der "genderpolitisch fortschrittliche" Berliner Senat öffentlich und kategorisch die Existenz der täglichen Verstümmelungen in den Kinderkliniken. Ebenso der Bremer Gesundheitsminister. Die Hamburgische Bürgerschaft beschloss zuvor, gegen die Verstümmelungen konkret nichts zu unternehmen. Gleichzeitig spielt sich der Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit öffentlich als Zwitterbeschützer auf und werden "Intersexuelle" im Bundestag für schwulenpolitische Anliegen dauerverheizt.

4.  Wie lange noch?!

Zu Hirschfelds Zeiten wurden Zwitter nur selten Opfer von uneingewilligten Genitalamputationen. Heute werden Zwitter zu 90% Opfer medizinisch nicht notwendiger "Genitalkorrekturen" im Kindesalter.

Die täglichen Genitalverstümmelungen vor unserer Haustüre müssen endlich gestoppt werden! Diesbezügliche dunkle Kapitel müssen umfassend und vorbehaltlos aufgearbeitet werden. Die Vereinnahmungen von Zwittern durch Schwule und Transgender müssen aufhören.

Wir rufen alle dazu auf, sich konkret für die schnellstmögliche Beendigung der Verstümmelungen einzusetzen!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.
 

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmäßige Updates: http://zwischengeschlecht.info

Nachtrag: Am 20.9. ging über den Sündikat-Verteiler eine >>> Replik auf unsere Pressemitteilung von Ulrike Klöppel [TGNB/TrIQ/IVIM] und Rainer Herrn [Magnus Hirschfeld Gesellschaft] mit Vorwürfen an unsere Adresse. Darin wurden uns Aussagen unterschoben, die wir weder in der Pressemitteilung oder sonst je geäussert hatten, während gleichzeitig die in der Pressemitteilung konkret angesprochenen Kritikpunkte ausgeblendet wurden und Magnus Hirschfeld stattdessen pauschal zum Zwitter-Wohltäter hochstilisiert wurde. Am 22.10.11 ging dann >>> die Rückantwort von Zwischengeschlecht.org dazu wiederum über den Sündikat-Verteiler. Vielleicht kommt es ja doch mal noch zu einer sachbezogenen Diskussion über die Folgen von Hirschfelds Werk und Vermächtnis für heutige genitalverstümmelte Zwitter?

>>> Offener Brief an Rosa von Praunheim

Siehe auch:
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung 
- Dr. Magnus Hirschfeld führt Genitalverstümmelung an Zwitter durch
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität" 

- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"

Comments

1. On Sunday, October 23 2011, 16:22 by Ulli Klöppel und Rainer Herrn

[ Replik auf obenstehende Zwischengeschlecht.org-Pressemitteilung von Ulrike Klöppel [TGNB/TrIQ/IVIM] und Rainer Herrn [Magnus Hirschfeld Gesellschaft] via Suendikat.ch-Verteiler am 20.10.11. Gepostet und der einfacheren Lesbarkeit halber mit Abschnitten versehen durch diesen Blog. ]

Hallo miteinander,

die PM von zwischengeschlecht.org behauptet Dinge, für die es keine ernst zunehmenden Belege gibt und damit einfach unseriös sind. Es wird ziemlich unkonkret in den Raum gestellt, Hirschfeld habe Kinder genitalverstümmelt. Nach allem was heute in der Forschung zur Sexualgeschichte bekannt ist, hat Hirschfeld niemals intergeschlechtliche Kinder operiert oder zu Operationen an Fachkollegen überwiesen. Im Gegenteil gerade seine Feinfühligkeit für die Problemtik hat ihn zu einem sachlichen wie sensiblen Gutachter in entsprechenden "Fällen" gemacht und die freie Entscheidung über die Geschlechtszugehörigkeit der Betreffenden auf das Erwachsenenalter angemahnt. Aber auch für sein Institut für Sexualwissenschaft gibt es keine Belege, dass entsprechende Eingriffe bei erwachsenen intergeschlechtlichen Menschen auf deren eigenen Wunsch hin durchgeführt wurden, dies ist nur bei den ausdrücklichen Wünschen von Transvestiten (heute Transsexuellen) nach Geschlechtsumwandlung belegt.

Der Begriff Intersexualität geht nicht, wie von zwischengeschlecht.org behauptet, auf Hirschfeld zurück, sondern wurde 1915 von Richard Goldschmidt geprägt.

Hirschfeld ist dennoch eine ambivalente Figur, insofern er wie die meisten Mediziner_Innen seiner Zeit eugenische Ziele in manchen seiner
Schriften vertreten hat, wobei er jedoch auf "freiwillige" Eugenik gesetzt hat. Diese Problematik Hirschfelds ist in der historischen Forschung und auch in der öffentlichen Diskussion um Hirschfeld seit langem bekannt und wird kritisch diskutiert (siehe z.B. die Ausstellung im Medizinhistorischen Museum "Sex brennt: Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft und die Bücherverbrennung": http://www.bmm.charite.de/rueckscha... ). Die Weiterführung der kritischen Auseinandersetzung mit Hirschfeld und seinem Erbe gehört daher in meinen Augen selbstverständlich zu dem, was die Magnus Hirschfeld Stiftung bzw. die von ihr geförderten Forschungsprojekte leisten sollten.

Liebe Grüße, Ulli Klöppel und Rainer Herrn

2. On Sunday, October 23 2011, 16:25 by Zwischengeschlecht.org

[ Rückantwort von Zwischengeschlecht.org auf obige Replik vom 20.10.11 von Ulli Klöppel [TGNB/TrIQ/IVIM] und Rainer Herrn [Magnus Hirschfeld Gesellschaft], via Suendikat.ch-Verteiler am 22.10.11 ]

Liebe alle

Ulli Klöppel und Rainer Herrn unterstellen in ihrem Kommentar Zwischengeschlecht.org Aussagen, die so in unserer Pressemitteilung vom 17.10. gar nicht standen. Den darin aufgeführten konkreten Kritikpunkten weichen sie hingegen aus.

Wir haben nirgends "ziemlich unkonkret in den Raum gestellt", Hirschfeld habe Genitalverstümmelungen an Zwittern ausgeführt. Wir haben im Gegenteil mehrfach klar deklariert, dass dies eine Darstellung von Rosa von Praunheim aus dessen Filmbiographie "Der Einstein des Sex" ist, und dazu wörtlich festgehalten, dass dass diese "historisch nicht belegt ist". (Auch bei anderer Gelegenheit hatten wir bekanntlich Hirschfelds "Institut für Sexualwissenschaft" im Gegenteil schon konkret gegen Zwitter-Verstümmelungsvorwürfe z.B. durch den Deutschen Ethikrat verteidigt, vgl. https://blog.zwischengeschlecht.info... .)
Unser kronkreter Vorwurf in der Pressemitteilung war und ist, dass die strittige Darstellung in "Der Einstein des Sex" trotz weiter Verbreitung des Films "bisher von schwulen und sonstigen unverstümmelten Betrachter_innen schlicht unbeachtet blieb", aus der Perspektive verstümmelter Zwitter ist gerade diese Gleichgültigkeit das Schockierendste daran. Indem Ulli und Rainer diese konkrete Kritik ignorieren und mit Unterstellungen davon abzulenken versuchen, bestätigen sie sie.

Wir haben auch nirgends behauptet, der Begriff "Intersex" stamme von Hirschfeld selbst. Unseres Wissens nach bezog sich Goldschmidt auf Hirschfelds "Zwischengeschlecht", weshalb wir in der Pressemitteilung schrieben, der Begriff gehe "letztlich zurück auf Hirschfelds Zwischengeschlechts-Theorie". Wie auf Zwischengeschlecht.info verschiedentlich dargelegt ist uns zudem bewusst, dass auch Hirschfeld seine Theorie und Begrifflichkeiten von Homsexualität als einer Form von "seelischem Hermaphroditismus" grossteils bereits von Karl Heinrich Ulrichs übernommen hatte; in direkter Ahnlehnung an Ulrichs ist auch schon 1895 der englische Begriff "intermediate sex" belegt, vgl. dazu etwa Claudia Lang: "Intersexualität", S. 78-81.

Zwei weitere konkrete Kritikpunkte unserer Pressemitteilung waren, dass a) Hirschfelds Theorien als Blaupause heute noch üblicher Vereinnahmungsmuster beitrugen zur Unsichtbarmachung heutiger Zwitter bei gleichzeitiger politischer Leugnung der Verstümmelungen, aktuell beispielsweise durch den Berliner Senat und in der Bremer Bürgerschaft, und dass b) Hirschfelds Theorien nach 1945 als Ausgangspunkt zur theoretischen Rechtfertigung der Zwitterverstümmelungen dienten.

Auch auf diese Kritikpunkte gehen Ulli und Rainer wiederum gar nicht erst ein, sondern weichen stattdessen aus auf die von uns bewusst nicht angeschnittenen Eugenik-Vorwürfe.

Unser Anliegen ist eine Diskussion um Hirschfelds Vermächtnis inkl. dessen Auswirkungen auf genitalverstümmelte "Intersexuelle", wir wählten dazu bewusst einen provokanten Titel in Anspielung auf eine bekannte Hirschfeld-Darstellung, die erklärtermassen nicht auf unserem Mist wuchs.

Wir würden uns freuen, wenn die in unserer Pressmitteilung konkret angesprochenen Kritikpunkte (für die es bekanntlich durchaus ernst zu nehmende Belege gibt) künftig in der Diskussion nicht einfach ausgeklammert werden. Besonders, wenn wie im Falle von TrIQ gleichzeitig bei der Hirschfeld-Stiftung im Namen verstümmelter Zwitter um Förderung geworben wird.

Liebe Grüsse

Nella & Seelenlos / Zwischengeschlecht.org

3. On Monday, October 31 2011, 00:59 by Sabrina Schwanczar

Sehr geehrte(r)(s) Ulli Klöppel und Rainer Herrn,

könnten Sie es mal unterlassen, Menschen als "Transvestiten", "Transsexuelle" oder "Transgender" zu diffamieren.

Wie bei sogenannten "Homosexuellen" auch haben bei all diesen Bürgern Umpoltherapien 100%ig versagt.

Das hat einen ganz einfachen banalen Grund:

Psychische Fortpflanzungsvoraussetzungen sind notwendigerweise körperlich festgelegt, sonst gäbe es Sie beide nicht, weil Ihre Eltern keine Lust aufeinander verspürt hätten.

Alle diese Personen, die Sie hier mit Begriffen wie gerade aufgezählt psychopathologisieren, sind nichts anderes als Zwitter. Das ist seit ca. 100 Jahren bekannt, seit den Forschungen zur Pille auch durch kontrollierte Vergleichsstudien am Menschen.

Das TGNB (Transgender Netzwerk Berlin) versucht ganz gezielt Zwitter als "Transgender", "Transsexuelle", "Transvestiten", "Tunten" und so weiter darzustellen, um sie für (pseudo-)sozialwissenschaftliche Forschung auszubeuten.

Beispiel, wie hier psychopathologische Kategorien zementiert werden:

"2007b
"Gelebte Heteronormativitätskritik: Tunten in Berlin zwischen schwulenpolitischem und transgenderpolitischem Selbstverständnis", Liminalis – Zeitschrift für geschlechtliche Emanzipation, Vol. 1, 2007/01 S. 44-58, (http://www.liminalis.de/artikel/lim...)
http://www.tgnb.de/?lang=de&d=w...

Ganz im Sinne der Psychiatrie: Läßt sich ein äußerlich eher unauffälliger Zwitter, z.B. ein XX-Mann nicht genitalverstümmeln, dann ist es ein Transvestit oder eine Tunte. Sonst ist es ein "Transsexueller". Es ist einfach nur eklig.

Sie machen einen auf Sympathisant und versuchen in Wirklichkeit nur, die berechtigten Belange der Betroffenen abzublocken.

Sucht Euch beim Trangender Netzwerk Berlin andere Forschungsobjekte - z.B. Psychiater, Philosophen, Sozialwissenschaftler, Sozialpädagogen, Psychagogen, Psychologen und klinische Psychologen, Genitalverstümmler, Transsexuellengutachter.

mfG