Deutscher Ethikrat diffamiert "jüdische Sexualwissenschaftler" und zensiert Betroffene von Genitalverstümmelung in Kinderkliniken

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!»Aktion von Zwischengeschlecht.org, 6.2.2011 (Bild: NZZ Format)

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PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 19.07.2011:

Der Deutsche Ethikrat führt aktuell im Auftrag der Bundesregierung ein "mehrstufiges Diskursverfahren" zum Thema "Intersexualität" durch. Anlass dazu war eine Rüge der UNO im Zusammenhang mit der auch in Deutschland üblichen Praxis medizinisch nicht notwendiger, kosmetischer Genitaloperationen an Kindern mit "uneindeutigen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen. Als dritter und letzter Teil will der Deutsche Ethikrat in einem noch bis Ende Monat laufenden öffentlichen "Online-Diskurs" eine "solide empirische Basis für seine Stellungnahme schaffen".

Dass nun der Ethikrat aus diesem "Diskurs" ausgerechnet die verwundbarste (und größte) Betroffenengruppe willkürlich ausschließt und zensiert, nämlich diejenigen, die bereits als Kleinkinder genitalverstümmelt wurden, und das, obwohl diese Gruppe im ganzen "Diskursverfahren" von Anfang an stark unterrepräsentiert war, wirft grundsätzliche Fragen auf. Umso mehr, da der Ethikrat als Begründung für diese willkürlichen Ausschlüsse tatsachenwidrige Diffamierungen von "jüdischen Sexualwissenschaftlern" ins Feld führt und auf kritische Fragen dazu jegliche Antwort verweigert.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org protestiert gegen dieses unhaltbare Vorgehen und wird künftig in loser Folge Tatsachen dokumentieren, von welchen der Deutsche Ethikrat nicht will, dass sie öffentlich bekannt und diskutiert werden.

Ein Themenkomplex, den der Deutsche Ethikrat mit besonderem Eifer vom Online-"Diskurs" wegzensurierte, sind Belege und Literaturstellen für Zusammenhänge zwischen NS-Medizinverbrechen und den heutigen Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken.

Abenteuerliche Begründung für diese Zensur: Schuldig an den heutigen Genitalverstümmelungen an "Intersexuellen" seien nicht genitalamputierende NS-Mediziner, sondern wenn schon "jüdische Sexualwissenschaftler" aus dem "Institut für Sexualwissenschaft in Berlin", welche 1931 die "erste vollständige Operation dieser Art" durchgeführt hätten.

Obwohl der Ethikrat danach mehrfach auf die Tatsachenwidrigkeit dieser Behauptung hingewiesen wurde, blieb er auf kritische Fragen dazu bisher jegliche Antwort schuldig.

Stattdessen verlegte sich der Deutsche Ethikrat darauf, kritische Fragesteller_innen zu schikanieren und aus dem Online-"Diskurs" herauszudrängen.

Tatsache bleibt: Die zweifelhafte Ehre, als erste eine "vollständige" Genitalverstümmelung an einem "Intersexuellen" durchgeführt zu haben, steht keinesfalls den vom Ethikrat namentlich erwähnten Medizinern Ludwig Levy-Lenz und Felix Abraham zu. Diese führten nämlich keine uneingewilligten Operationen an "Intersexuellen" durch, sondern eingewilligte Eingriffe an, wie sie es nannten, "Transvestiten".

Zwar sind Sexologen nicht nur aus dem "Institut für Sexualwissenschaft" an der Entstehung der heutigen Praxis der Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken nicht unbeteiligt – und dies notabene unabhängig von religiösen und sonstigen Zugehörigkeiten.

Die "Ehre" der ersten Genitalamputation an einem "Intersexuellen" steht laut der Dissertation von Dominik Leitsch vielmehr dem deutschen Mediziner und NSDAP-Mitglied Hans Naujoks zu, der diese 1934 als Leiter der Kölner Uni-Frauenklinik durchgeführt habe.

Bezeichnenderweise wurde dieser Literaturhinweis von der Ethikrat-Redaktion mittlerweile aus dem Online-"Diskurs" herauszensuriert ...

Mehr dazu im nächsten Teil.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!". Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.
  
Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

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Nachtrag 19.7.11: Der Deutsche Ethikrat dementiert

>>> Übersichtsseite zur laufenden Ethikrat-Anhörung 2011

>>> Ein bisschen Zensur auf dem Ethikrat-Online-Diskurs "Intersexualität" (I)
>>>
Zensur 2.0 - Ethikrat löscht Kommentar von ETEKAR (II)
>>>
Meinungsäusserung à la Ethikrat: Verstümmelungen akzeptieren oder Maul halten (III)
>>>
Dokumentation der Zensur auf dem Ethikrat-Online-"Diskurs" (IV)  
>>> Prof. Hans Naujoks – "seit 1934 rassistische Operationen an Intersexuellen" (V)  
>>> Deutscher Ethikrat – Privilegien für Genitalverstümmler, Zensur für Opfer  

>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter
>>>
Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat
>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

>>>
Friedlicher Protest & Offener Brief "3rd EuroDSD" 2011
>>>
Friedlicher Protest & Offener Brief DGE 2011
>>> Friedlicher Protest & Offener Brief DGKJ-DGKCH 2010
>>> Friedlicher Protest & Offener Brief APE-AGPD 2010
>>> Friedlicher Protest & Offener Brief 11th EMBL/EMBO 2010
>>> Aktion & Offener Brief Ostschweizer Kinderspital St. Gallen 2011
>>> Aktion & Offener Brief Kinderspital Luzern 2010
>>> Aktion & Offener Brief Inselspital Bern 2009
>>> Aktion & Offener Brief Kinderspital Zürich 2008

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Hamburg, Ort von Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken 
- Göttingen / Lübeck: Direktor und Oberarzt propagieren Genitalverstümmelung
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Published on Tuesday, July 19 2011 by nella