Hypospadie (unoperiert): "Beschwerden liegen fast nie vor, auch die Harnentleerung bereitet nur in Ausnahmefällen Probleme" - "Therapie: Korrektur zwischen dem 12. und 24. Lebensmonat" - Uniklinik Jena

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STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

[ "Hypospadie" = wenn der Harnröhrenausgang nicht an der Penisspitze liegt, sondern etwas bis deutlich weiter unten – laut "Kinderchirurgie. Basiswissen und Praxis" (2008) bei mind. jedem 200. Jungen. ]

Obige 2 Zitate im Titel stammen aus dem offiziellen Internetauftritt der Kinderchirurgie des Universitätsklinikums Jena, und finden sich wortwörtlich auch auf der Homepage der Asklepios-Kinderklinik St. Augustin – an beiden Orten auch 2013 unverändert.

Nach dem 1. Zitat von wegen im unoperierten Zustand "Beschwerden fast nie" und dito Probleme beim Wasser lassen "nur im Ausnahmefall" legen beide Kliniken unter "Symptome" nochmal eins drauf:

"Die [sic] frühere Glaube, erwachsene Männer mit oder nach Hypospadie seien unfruchtbar, ist falsch."

(Bei Asklepios steht statt "Glaube": "Die frühere Annahme".)

OK: Keine Beschwerden, keine Einschränkung der Fruchtbarkeit – der Fall scheint klar.

Doch wer nun dachte, nach diesem Eingeständis, dass bei "Hypospadie" für invasive Eingriffe offensichtlich keine medizinische Notwendigkeit vorliegt, würden die beiden Kliniken besorgten Eltern als nächstes empfehlen, mit einer reichlich komplikationsträchtigen kosmetischen "Genitalkorrektur" erstmal abzuwarten, ob der betroffene Mensch das später überhaupt will – hat die Rechnung allerdings ohne die Genitalabschneider und Zwangsoperateure gemacht ...

Die behaupten im nächsten Satz einfach schlankweg:

"Wir wissen heute, dass bei zu später oder gar nicht erfolgter Operation ein "Minderwertigkeitsgefühl" des Mannes vorliegt und er weit seltener Geschlechtsverkehr hat. Dieses erklärt die geringere Zahl an Vaterschaften."

Eine Quelle für diese "neue" Annahme rsp. diesen "neuen" Glauben bleiben beide Kinderkliniken wenig überraschend schuldig. Dass es dafür ebensowenig Evidenz gibt wie für den alten Glauben, werden sie den meist überforderten Eltern ebenfalls kaum auf die Nase binden. Ebenso, dass Zeugnisse Betroffener klar eine andere Sprache sprechen.

Stattdessen propagieren beide Kliniken einfach stur weiter medizinisch nicht notwendige kosmetische "Genitalkorrekturen" an Kleinkindern "auf Teufel komm raus"
(Claudia Wiesemann) – aus "psychologischen Gründen":

Therapie

Die Therapie sollte zwischen dem 12. und 24. Lebensmonat erfolgen. Bei späteren Eingriffen kann bereits das Selbstwertgefühl der Männer leiden.

Es existieren eine Vielzahl von Operationsmethoden, letztlich immer mit dem Ziel der Harnröhrenverlagerung zur Penisspitze.

Sonst noch Fragen?

Öhm, eigentlich ja: Wie lange noch?!

>>> "Sehr taube Eichel": Erfahrungsberichte zu "Hypospadiekorrekturen"
>>> Hypospadie: "Kindheit voller Schmerz, Operationen und Isolation" (Tiger Devore)
>>>
Ernst Bilke: "Die Wut ist gut versteckt" - Biographie mit "Hypospadie"
>>> Kosmetische GenitalOPs: Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch

Comments

1. On Friday, September 5 2014, 00:39 by Der Unoperierte

Ich möchte mich hiermit an alle richten, die sich wegen einer Hypospadie bei Ihrem Kind Gedanken machen. Ganz klar, wenn die Hypospadie bei Ihrem Kind eine weitaus schlimmere Entwicklung hat, als diese, dass die Harnröhrenöffnung zwischen Schaft und Eichel sitzt, sprich Urin aus einem unteren Teil des Penis austritt- DAS muss man operieren lassen. Allerdings besagte Fehlbildung der Öffnung zwischen Schaft und Eichel kann man getrost unoperiert belassen. Das Kind wird normal aufwachsen und solange keine Doktorspielchen zwischen Kumpels gemacht werden, sozusagen das Kind den direkten vergleich zu normalen Penissen hat, wird bis zu einem bestimmten Alter garnicht erst bemerkt, dass eine Missbildung aufgetreten ist. So war es bei mir der Fall und ich habe mein Leben bis nach der Schulzeit normal gelebt. Dann, als ich das Alter erreichte, wo man sich Pornofilme anschaut, sah ich die Penisse der Pornodarsteller und dachte mir was bei denen denn verkehrt ist. Ich googlete besagte "Fehlbildung" - weil ich es als eine Solche angesehen hatte, die aber die normale Entwicklung des Penis ist - und fand heraus, dass nicht die Pornodarsteller einen Gendefekt besitzen, sondern ich. Also lebe ich seit meinem 16. Lebensjahr mit dem Wissen, eine Hypospadie zu besitzen. Ich habe im Grunde nur leichte Probleme im Stehen zu Urinieren, allerdings wenn man die Vorhaut richtig herunterzieht stellt auch dies kein Problem mehr dar. Der Urin wird gelegentlich trotzdem seinen eigenen Willen haben und an der Eichel hoch, richtung Bauchbereich des Betroffenen laufen. Also machen Sie sich schonmal keine Gedanken über etwaige Pfützen neben der Toilette - der Probandt wird im Sitzen urinieren.

Auch Sex stellt keine Einschränkunen dar und kann (von mir zum Mindest) normal praktiziert werden. Ich erlebte bei Partnerinnen weniger die Ablehnungen, sondern vielmehr das Interesse an dem Defekt.

Ich hoffe , damit einigen besorgten Eltern Mut zu machen und BITTE - lassen Sie Ihr Kind NICHT operieren. Ich habe mich mit operierten Hypospadiepatienten unterhalten und festgestellt, dass bei denen meistens eine abgeschwächtere Wahrnehmung von Reizen in den sexuell reizvollen und empfindlichen Stellen vorliegt. Sie wollen Ihrem Kind doch nicht das Sexualleben vermiesen oder? ;)

Mit besten Grüßen,
der Unoperierte.

2. On Saturday, September 6 2014, 18:37 by seelenlos

lieber unoperierter, vielen dank für deinen kommentar! es ist extrem wichtig, das unversehrte betroffene vermehrt sagen, was sache ist, und die medizyner-märchen vom "sozialen super GAU" mit ihren konkreten lebenserfahrungen widerlegen, was du sehr eindrücklich machst. DANKE!!!

jedoch würde mich wunder nehmen, auf welche erfahrungen du dich bei deiner folgenden these berufst: "Ganz klar, wenn die Hypospadie bei Ihrem Kind eine weitaus schlimmere Entwicklung hat, als diese, dass die Harnröhrenöffnung zwischen Schaft und Eichel sitzt, sprich Urin aus einem unteren Teil des Penis austritt- DAS muss man operieren lassen."

konkret, kennst du betroffene, die als kinder nicht operiert wurden, und deshalb über probleme klagen, die sich auch durch eine spätere EINGEWILLIGTE operation nicht beheben liessen - oder kennst du andrerseits betroffene, die als kinder opereiert wurden und damit zufrieden sind?

mir selbst sind bisher keine bekannt – dagegen unzufriedene zwangsoperierte sehr wohl, z.b. tiger howard devore https://blog.zwischengeschlecht.info... und ernst bilke https://blog.zwischengeschlecht.info... ...