«Viele Eltern von intersexuellen Kindern schämen sich» + coole LeserInnenbriefe, Tages-Anzeiger / Bund / BaZ 10. + 14.10.2015
By seelenlos on Thursday, October 15 2015, 14:43 - Die Medien - Permalink
Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!
Durchzogenes Interview in mehreren deutschsprachigen CH-Tageszeitungen sowie online (>>> Tages-Anzeiger | Bund | Basler Zeitung) mit Otfried Höffe, ehemaliger Ethikprofessor u.a. in Tübingen, und seit 2009 Präsident der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK-CNE), deren Intersex-Stellungnahme von Betroffenenorganisationen weltweit gelobt wurde.
Aufhänger des Interviews war das kürzliche UN Intersex Expert Meeting, an dem Höffe ebenfalls teilnahm.
Meine 2 Cent: Nebst guten Ansätzen blieb Otfried Höffe leider im Interview wiederholt deutlich hinter der NEK-Stellungnahme zurück.
Gleich in der 1. Antwort wirft z.B. die Behauptung "Der Deutsche Ethikrat [hat] die [NEK-]Empfehlungen zustimmend aufgenommen" doch einige Fragen auf – der Dt. Ethikrat hatte im Gegensatz zur NEK-Stellungnahme die allermeisten IGM-Praktiken als zulässig erklärt mit seinem perfiden Konstrukt einer Pseudo-Unterscheidung zwischen "geschlechtszuordnenden" vs. "geschlechtsvereindeutigenden" Verstümmelungen (weshalb sich auch CH-Kliniken bis heute oft und gern auf die Ethikrat-Stellungnahme berufen und die NEK-Stellungnahme geflissentlich ignorieren), und (im Gegensatz zu NEK-CNE) stattdessen stigmatisierende Personenstandspolitik favorisiert.
In ganau dieselbe Kerbe schlägt Höffe auch in Antwort 3 mit der stereoptypen Überbetonung der "Toilettenfrage" ("In welche Garderobe soll es im Sportunterricht gehen, welche Toilette soll es benutzen?"). Auch von dem (von Höffe favorisierten) Begiff "Intersexualität" hatte sich die NEK-Stellungnahme zu Recht distanziert.
Vielsagend auch Höffes ausweichende 6. Antwort, ob man auf medizinisch unnötige Operationen an Kindern verzichten könne: "So scheint es zu sein."
Komplett an Höffe vorbeigegangen zu sein scheinen dagegen die bahnbrechenden Rügen des UN-Kinderrechtsausschusses und des Ausschusses gegen Folter an die Schweiz, die beide Verstümmelungen deutlich kritisierten.
Zum Glück druckte der Tages-Anzeiger in der Folge 2 gelungene LeserInnenbriefe ab (Danke!!), die ich euch nicht vorenthalten will:
Siehe auch:
- "Schädliche Praxis" und "Gewalt": UN-CRC verurteilt Intersex-Genitalverstümmelungen
- "Unmenschliche Behandlung": UN-Ausschuss gegen Folter (CAT) verurteilt IGM-Praktiken
- UN-Menschenrechtsausschuss (HRCttee) untersucht IGM-Praktiken
>>> Zwangsoperierte Zwitter über sich selbst und ihr Leben
>>> Intersex-Genitalverstümmelungen: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> IGM – eine Genealogie der TäterInnen
Input von Daniela Truffer zum "Fachtag Intersex"
• IGM Überlebende – Danielas Geschichte
• Historischer Überblick:
"Zwitter gab es schon immer – IGM nicht!"
• Was ist Intersex? • Was sind IGM-Praktiken?
• IGM in Hannover • Kritik von Betroffenen • u.a.m.
>>> PDF-Download (5.53 MB)