Frankreich > Regierung will Intersex-Genitalverstümmelungen NICHT verbieten - angeblich "therapeutische Behandlungsentscheidungen" – "runder Tisch" ohne Betroffene

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IGM = Gewalt im Gesundheitswesen, NICHT 'Kontroverse' oder 'Debatte'! Zwischengeschlecht.org on Facebook “Der Regierung tut's noch nicht weh genug!” – Im Februar 2016 rügte der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes (CRC) Frankreich und stufte dabei kosmetische Genitaloperationen an Intersex-Kindern einmal mehr als "schädliche Praxis" ein (wie FGM), welche gesetzlich verboten werden muss.
Laurence Rossignol, aktuell Ministerin für Familie, Kinder und Frauenrechte, hatte Frankreich in Genf zu diesem – wie sie es bezeichnete – "extrem neuen Thema" vertreten (engl./frz.).

Vier Wochen später erläuterte Rossignol am 10.02.2016 im französischen Senat den Aufruf – äh, die (Nicht-)Position der Regierung zu Intersex-Genitalverstümmelungen. Nachfolgend eine inoffizielle Übersetzung [ TRIGGER!!! ] von Nella:

Antwort zur Frage Nr. 1276S von Maryvonne Blondin (frz.), Senatorin von Finistère und Mitglied des Europarates, Generalrätin von Quimper  [ >>> Senatsprotokoll, S. 2485 (frz.) ]

Antwort von Frau Laurence Rossignol, [Bild: UN-CRC 71. Session, Genf 14.01.2016], Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Rechte der Frau, Beauftragte für Familie, Kindheit, Senioren und Autonomie [mittlerweile Ministerin für Familie, Kindheit und Rechte der Frau]:

« Frau Senatorin, Sie befragen mich betreffend Intersex-Kindern, d.h. Neugeborenen mit einer angeborenen Anomalie, die zu Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Geschlechtes führt.

Zum Glück sind solche Vorfälle selten: Die Inzidenz bei der Geburt ist wenig bekannt, aber liegt im Bereich von einer Geburt auf 5000, also vermutlich etwa 160 Geburten pro Jahr [ BINGO! ]. Trotzdem ändert das geringe Vorkommen nichts an der Wichtigkeit des Themas.

Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat im Laufe der Anhörungen am 13. und 14. Januar Frankreich zu diesem Thema befragt. Der Ausschuss warf Fragen auf zum Zeitpunkt der Eingriffe und der Einwilligung der betroffenen Kinder selbst, die im Interesse des Kindes eine Aufschiebung der Eingriffe erfordern würde.

Vor einer therapeutischen Entscheidung benötigen dieses Kinder eine multidisziplinäre Betreuung in spezialisierten Kompetenzzentren. Dort werden endokrinologische und genetische Untersuchungen sowie unverzichtbare bildgebende Verfahren durchgeführt, um die zugrundeliegende Krankheit sowie die medizinischen wie auch chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten zu bestimmen.

Intersex: Ohne Aufarbeitung, Keine Aussöhnung

In Frankreich gibt es ein Referenzzentrum, das Zentrum für seltene Krankheiten der Geschlechtsentwicklung, mit einem Standort in Lyon und einen am Kremlin-Bicêtre [Paris]; es arbeitet in Zusammenarbeit mit den anderen Referenzzentren für seltene endokrinologische Erkrankungen. Die Anbindung an ein Referenzzentrum ist wesentlich für die diagnostische Vorgehensweise, die medizinische Behandlung und die chirurgischen Indikationen, frühzeitige oder aufgeschobene, die nachfolgende Betreuung sowie für die klinische Forschung.

Die chirurgischen Indikationen können schwierig sein. Deshalb sind sie Gegenstand von internationalen Diskussionen [ BINGO! ]und Arbeiten, die freilich nicht vollkommen einvernehmlich sind. Diese chirurgischen Indikationen sind meistens für jeden individuellen Fall spezifisch und erfordern deshalb eine individuelle, umfassende und regelmässige Information der Eltern.

Der irreversible Charakter einiger rekonstruktiver Eingriffe gebietet es, den medizinischen Daten, insbesondere den prognostischen, Rechnung zu tragen, sowie der freien Wahl der Eltern und der des Kindes, wenn dieses in der Lage ist, seinen Willen zu äussern.

Welche therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten auch immer gewählt werden, eine dauerhafte Betreuung ist erforderlich, um die physischen, sexuellen und psychischen Folgen der durchgeführten Behandlungen zu evaluieren.

Bei derart komplexen medizinischen Fragen mit mehrfachen lebenslangen Konsequenzen sind medizinische Fachkompetenz, Qualität der Betreuung und kontinuierlicher Dialog am besten geeignet, die Einhaltung der Kinderrechte zu garantieren. Sie müssen gewährleisten, jegliche voreiligen Entscheidungen und Handlungen, die später als inakzeptable Verstümmelungen erlebt werden könnten, zu vermeiden.

Schliesslich zur Frage der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität, das ist eine in Europa anerkannte Problematik. Sie ist Gegenstand von laufenden Arbeiten innerhalb des Aktionsplanes über die Rechte des Kindes 2016-2021 und der Einheit "SOGI" des Europarates, die für Fragen zur sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität zuständig ist.

Angesichts der Komplexität des Themas, das sowohl ethische Fragen betrifft wie auch die Rechte der menschlichen Person, den Kampf gegen Diskriminierung sowie Gesundheitsfragen, wird zunächst das Nationale Beratende Ethikkomitee damit befasst werden, bevor durch die Regierung eine Position zur Angelegenheit gefasst werden kann.

PS 1: In einem Zusatzstatement im Anschluss an die obige Antwort von Ministerin Rossignol postuliert Senatorin Maryvonne Blondin (fr), in Deutschland würden a) unnötige Operationen an Intersex-Kindern "bis zum Alter von 15 Jahren verschoben", weil dann b) Intersex-Kinder "wirklich selbst entscheiden können". Leider ist a) schlicht nicht wahr, und b) stimmt so auch nicht wirklich: Viele Betroffene, auch ältere als Fünfzehnjährige, die – meist unter Druck – "selbst einwilligten" – z.B. weil wie in der Schweiz, in Kanada oder Russland gweisse Grundversicherungen nachher nicht mehr bezahlen, oder weil sie es letztlich ihren Eltern oder ihrem Freund/Freundin zuliebe tun – bereuen ihre "Entscheidung" nachher ein Leben lang (engl.)!

PS 2: Nicht schon wieder?! Die französische Regierung plant auf 12. Mai einen "runden Tisch" zum Thema Intersex, äh, "Kinder mit unbestimmter Geschlechtsidentität" – IGM-Betroffene sind nicht eingeladen!!!

PS 3: Und schon am 4. April findet an der Universität Strassburg wiedermal eine pathologisierende "akademische Veranstaltung" statt unter dem Titel "Intersexualität: Von verwundbaren Körpern zu formbaren?" Laut einem Newsletter der Uni ist auf dem Podium nun auch ein Pädo-Chirurg vertreten (Prof. François Becmeur, ein bekannter Propagandist und Verteidiger von IGM [youtube, frz.] sowie Direktor der Klinik für Kinderchirurgie am lokalen Uni-Klinikum, wo regelmäßig wehrlose Intersex-Kinder verstümmelt werden [frz.]) – Betroffene sind dagegen schon wieder nicht eingeladen!!! >>> Unterschreibt die Petition auf change.org (engl./frz.)

Wie lange noch?!

>>> IGM = "schädliche Praxis" + "Gewalt": UN-CRC rügt Frankreich

Intersex Genital Mutilations in France: CRC NGO Report
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy
IGM – Most Common Forms  What is Intersex?  How Common are IGMs?
>
>>  Download (PDF 3.41 MB)

Siehe auch:
"Schädliche Praxis" und "Gewalt": UN-Kinderrechtsausschuss (CRC) verurteilt IGM
- "Unmenschliche Behandlung": UN-Ausschuss gegen Folter (CAT) verurteilt IGM
- UN-Menschenrechtsausschuss (HRCttee) untersucht IGM-Praktiken
- "Nur die Angst vor dem Richter wird meine Kollegen dazu bringen, ihre Praxis zu ändern" 
- UN-Behindertenrechtsausschuss (CRPD) kritisiert IGM-Straflosigkeit in Deutschland
- CAT 2011: Deutschland soll IGM-Praktiken untersuchen und Überlebende entschädigen

>>> Zwangsoperierte Zwitter über sich selbst und ihr Leben
>>>
Intersex-Genitalverstümmelungen: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> IGM – eine Genealogie der TäterInnen

Input von Daniela Truffer zum "Fachtag Intersex"
  • IGM Überlebende – Danielas Geschichte
  • Historischer Überblick:
     "Zwitter gab es schon immer – IGM nicht!"
  • Was ist Intersex?  • Was sind IGM-Praktiken?
  • IGM in Hannover  • Kritik von Betroffenen  • u.a.m.
>>> PDF-Download (5.53 MB)

Comments

1. On Sunday, April 3 2016, 08:16 by Ideen zum Umgang

Die haben eine Lösung in Frankreich für solche Versager! Evtl. kann man die ja buchen.

https://www.youtube.com/watch?v=73A...