Proteste gegen Genitalverstümmelung: "Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist." (Augsburg / Heidelberg, 4.-6.11.10)

Protest gegen Genitalabschneider-Jahrestreffen "DGKJ 2010", Potsdam 16.9.2010

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Infoseite zu den Protesten 4.-6.11.2010

PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 03.11.2010:

„Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist. Wir nehmen es dankbar an und lieben es. Es ist gesund und fröhlich und entwickelt sich prächtig.“ Eine Mutter.

• Informationsveranstaltung + Friedlicher Protest in Augsburg,
   Do 4. + Fr 5. November 2010

• Friedliche Mahnwache in Heidelberg, Sa 6. November 2010

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt – auch in Bayern und Baden-Württemberg.
 

Operieren auf Teufel komm raus: „APE-AGPD 2010“ in Augsburg

Ab Freitag 5.11. versammelt sich in Augsburg zur „APE-AGPD 2010“ eine der hauptsächlich für die Verstümmelungen hauptverantwortliche Ärzte-Standesorganisationen: die „Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Endokrinologie (APE)“ und ihre „AG DSD/Störungen der Geschlechtsentwicklung“.

APE-Mitglieder sind weiter prominent vertreten im BMBF-finanzierten „Netzwerk DSD/Intersexualität“ sowie dessen EU-Entsprechung „EuroDSD“ und praktizieren zum Teil international.

Die APE und ihre „AG DSD“ zeichnen beide mitverantwortlich für die aktuellen AWMF-Leitlinien 027/022 „Störungen der Geschlechtsentwicklung“ und 027/047 „Adrenogenitales Syndrom“.

Insbesondere die Leitlinie 027/022 steht seit längerem in der Kritik, u.a. weil sie ethische Empfehlungen missbraucht als „Freifahrschein für operieren auf Teufel komm raus“ (Ethikprofessorin Claudia Wiesemann am „Forum Bioethik“ des Deutschen Ethikrates, 23.06.2010).

Die 2010 neu eingeführte Leitlinie 027/047 lässt ethische Bedenken gleich ganz außen vor und propagiert stattdessen medizinisch nicht notwendige, menschenrechtswidrige „Genitalkorrekturoperationen“ an Kleinstkindern ohne Wenn und Aber: „In der Regel wird die Operation in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt.“

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird vor Ort in Augsburg über diese menschenrechtswidrigen Praktiken informieren, und friedlich dagegen protestieren.

Donnerstag, 04.11.2010, 19:30 h: INFOVERANSTALTUNG + FILM
Bildungscafé, Fuggerstraße 9 RG, Augsburg

Freitag, 05.11.2010, 16:00-19:00 h: FRIEDLICHER PROTEST
vor dem IHK Schwaben-Veranstaltungscenter, Stettenstraße 1, Augsburg

>>> mehr


Endokrinologen drängen auf OPs

Wie internen Untersuchungen der APE bestätigen, sind es hauptsächlich Endokrinologen, die allein oder zusammen mit einem Kinderchirurgen in den Kinderkliniken den Eltern medizinisch nicht notwendige, irreversible Genitaloperationen aufdrängen.

Eine Mutter: „Wir Eltern wurden von den Ärzten massiv unter Druck gesetzt, das Kind geschlechtsbestimmend operieren zu lassen, obwohl es vollkommen gesund war und keine Beschwerden hatte. Nicht zu operieren, wäre für das Kind ein gesellschaftliches Desaster, lautete die Begründung. Die Rede war zuerst von einem Mädchen. ‘Aber wir machen auch einen Jungen daraus, wenn Ihnen das lieber ist’, bot uns die Ärztin an.“


„ökonomische Interessen“ der Kinderkliniken

Vereinzelt sprechen verantwortungsvolle Ärzte Missstände seit längerem an und kritisieren offen die fehlende Einhaltung zentraler medizinischer Standards: „Kliniken behalten Kinder aus ökonomischen Interessen.“

Und nennen durch interne Abrechnungen belegte Zahlen: „Plastische Rekonstruktion der Vulva: ERLÖS € 8175,12“

Leider stößt solche interne Kritik (nicht nur) innerhalb der APE mit unschöner Regelmäßigkeit auf taube Ohren ...


„Weder Evidenz noch medizinische Indikation“

Obwohl die Genitalverstümmelungen ohne medizinische Notwendigkeit seit 60 Jahren systematisch praktiziert werden, wurde ihre angebliche „Wirksamkeit“ noch nie klinisch getestet, d.h. sie erfolgen als unkontrollierte Menschenversuche. Noch die aktuellen AWMF-Leitlinien stehen unverändert auf der niedrigsten Evidenzstufe.

Auch dies wird von verantwortungsvollen Medizinern sowie Medizinethik seit längerem kritisiert – wiederum ohne jegliche Resonanz bei den verantwortlichen Zwangsbehandlern ...


BMBF-Studien: Lebenslanges Leiden an Zwangsoperationen

Seit bald 20 Jahren klagen überlebende Zwangsoperierte öffentlich über über massive körperliche und seelische Schäden und lebenslanges Leiden durch uneingewilligte kosmetische GenitalOPs.

Umfangreiche, BMBF-finanzierte Studien bestätigten diese Klagen 2007 und 2008 wiederholt: „Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch.“


OLG Köln: „schuldhaft in Selbstbestimmungsrecht verletzt“

2009 war es Christiane Völling als erster überhaupt gelungen, in Köln einen Chirurg für einen Zwangseingriff an einem Zwitter wenigstens zivilrechtlich vor die Justiz zu bringen. Mit Erfolg: Nach 2-jährigem „Zwitterprozess“ wurden ihr in 3. Instanz 100‘000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

Laut OLG Köln hatte der Zwangsoperateur Christiane Völling „vor der Operation nicht hinreichend aufgeklärt und sie daher mangels wirksamer Einwilligung schuldhaft in ihrer Gesundheit und ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt“, und zwar „in ganz erheblichem Maße“ (5 U 51/08).

Seither scheiterten wiederum alle Versuche, einen Zwangsoperateur vor Gericht zu bringen, stets am selben Knackpunkt – Verjährung.


UNO rügte Bundesregierung – Politik als Mittäterin

2009 gelangten Zwangsoperierte zum ersten Mal mit einem Schattenbericht an die UNO. In der Folge rügte das UN-Komitee CEDAW die Bundesrepublik Deutschland wegen Verletzung der Schutzpflicht gegenüber potentiellen und bereits geschädigten Opfern. Trotzdem weigert sich die Bundesregierung weiterhin, die Menschenrechtsverletzungen durch die Genitalverstümmelungen durch angemessene Schritte künftig zu verhindern ...

 
Amnesty: „fundamentaler Verstoß gegen körperliche Unversehrtheit“

Menschenrechtsorganisationen (u.a. Amnesty Deutschland, Terre des Femmes und das UN-Komitee CEDAW) kritisieren die Duldung der chirurgischen Genitalverstümmelungen u.a. als „schweres Verbrechen“.

 
Terre des Femmes: „westliche Form der Genitalverstümmelung“

International anerkannte ExpertInnen zum Thema weibliche Genitalverstümmelung (FGM), darunter Hanny Lightfoot-Klein, Marion Hulverscheidt und Fana Asefaw, sowie die Rechtsprofessorin Konstanze Plett stützen demgegenüber die Klagen überlebender Zwitter, die Zwangsoperationen seien die „westliche Form der Genitalverstümmelung“, und ihre mutwillige Tabuisierung und Ausblendung der in der politischen Debatte ein typisches Beispiel scheinheiliger Doppelmoral.

Trotzdem blieben in Deutschland in der aktuellen Debatte um den Gesetzesentwurf zur Einführung eines eigenen Straftatbestandes „weibliche Genitalverstümmelung“ (inkl. adäquater Anpassung der Verjährung) die chirurgischen Verstümmelungen an Zwittern bisher sorgsam ausgeklammert ...
 

„11th EMBL/EMBO“ in Heidelberg: Genitalverstümmelungen als „Rohmaterial“ für die Geschlechterforschung

Parallel zur „APE-AGPD 2010“ findet in Heidelberg mit der „11th EMBL/EMBO“„Science and Society Conference: The Difference between the Sexes – From Biology to Behaviour“ – eine internationale wissenschaftliche Tagung statt, an der aus den medizinischen Verbrechen an Zwittern gewonnene „Erkenntnisse“ für die Weiterentwicklung der Geschlechterforschung benutzt werden.

Einmal mehr werden dabei die damit verbundenen menschenrechtlichen und ethischen Implikationen in der realen Welt nicht angesprochen. Gleichzeitig werden in den Kinderkliniken weiterhin täglich wehrlose Kinder verstümmelt – auch in Heidelberg.

Zusätzlich profilieren sich die diversen Geschlechterforschungs-Teildisziplinen seit Jahrzehnten als Zulieferer der GenitalabschneiderInnen – sei es mit "neuen biologischen Erkenntnissen" zur "Verbesserung" der serienmäßigen Verstümmelungen, sei es mit "(Gender-)theoretischem Überbau" zur Rechtfertigung der Fortführung der systematischen medizynischen Verbrechen an Zwittern.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird in Heidelberg mit einer friedlichen Mahnwache der realen Opfer dieser „wertfreien Wissenschaft“ gedenken und gegen die Ausbeutung von Zwittern als „Rohmaterial“ für die Geschlechterforschung protestieren.

Samstag, 06.11.2010, 13:30-16:30 h: FRIEDLICHE MAHNWACHE
vor dem EMBL Advanced Training Centre (ATC), Meyerhofstraße 1, Heidelberg

>>> mehr


Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und „Menschenrechte auch für Zwitter!“.

Freundliche Grüsse

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info

 

>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Siehe auch:
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Published on Wednesday, November 3 2010 by nella