Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM) in Berliner Kinderkliniken: Senat hat angeblich "keine Erkenntnisse"

Friedlicher Protest + Offener Brief Kinderklinik "Charité", Berlin 11.11.2011

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Kann ein Zwitter Sünde sein?2010 befasste sich der Berliner Senat zum ersten Mal mit Fragen zu Umfang und (menschen-)rechtlicher Beurteilung von Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken in seinem Zuständigkeitsbereich.

Anlass dazu war eine kleine Anfrage im Abgeordnetenhaus Berlin >>> Drucks. 16/14436 (PDF, 38 KB), deren Text wörtlich aus früheren von der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org initiierten parlamentarischen Anfragen übernommen worden war (mit Ausnahme der Auslassung der Teilfragen betreffend Peer Support für direkt Bedrohte oder bereits Betroffen gemachte, sowie der nicht minder fragwürdigen Sexualisierung des Titels) – bezeichnenderweise ohne Absprache.

In seiner Antwort stellte sich der Berliner Senat schamlos und tatsachenwidrig gleich selber einen Persilschein aus, indem er die Durchführung von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern a.k.a. Genitalverstümmelungen in diversen Berliner Kinderkliniken pauschal rundheraus abstritt:

„Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über konkrete Fälle mit derartigen Eingriffen oder Therapien vor. Eine rechtliche Beurteilung ist somit nicht möglich.“ (Drucks. 16 / 14436, S. 2). 

„Auch gibt es keine Erkenntnisse darüber, ob und welche Krankenhäuser in Berlin solche Behandlungen an Kindern vorgenommen haben.“
(Drucks. 16 / 14436, S. 1).
 

• Tatsache bleibt, dass „solche Behandlungen an Kindern“ in Berlin sowohl in der Charité wie auch in verschiedenen Privatkliniken seit Jahr und Tag systematisch „vorgenommen“ werden, obwohl es sich dabei klar um schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen handelt, namentlich gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung. 

• Tatsache bleibt, dass der Senat, der diese Verstümmelungen duldet und durch Wegschauen und Leugnen unterstützt, in der Antwort zu seiner Weisswaschung abschließend als Feigenblatt auf ein von ihm publiziertes "Fachgespräch" u.a. mit den üblichen "(Trans-)Gender-ExpertInnen" verweist (Drucks. 16 / 14436, S. 2). In dieser Doku 22 "Zur Trans- und Intergeschlechtlichkeit" werden Betroffene von Genitalverstümmelungen in Kinderklinken u.a. einmal mehr für Anliegen dritter Interessengruppen instrumentalisiert, u.a. durch Menschen, die heute noch als Funktionäre z.T. in Inter- und Transzusammenhängen aktiv sind (z.T. inzwischen deutlich progeressiver). Dieser Blog bedauert sehr, dass bis heute noch niemand von diesen Betreffenden öffentlich gegen diese unhaltbare "Feigenblatt-Strategie" Stellung bezogen hat.

• Tatsache bleibt, dass auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sich schon öffentlich als Zwitterbeschützer aufspielte, während er in Tat und Wahrheit die Leiden der Betroffene von Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken ebenfalls bloss als Mittel zum Zweck für Schwulen-, Lesben- und Trans-Anliegen instrumentalisiert ("Sexuelle Identität ins Grundgesetz").

Fazit: Heute noch schauen der Berliner Senat, der Regierende Bürgermeister und manche "(Trans-)Gender-ExpertInnen" krampfhaft in die andere Richtung, während gleichzeitig in Berliner Kliniken weiterhin jährlich Dutzende wehrloser Kleinkinder irreversibel genitalverstümmelt werden – wie lange noch?! 

(Um Missverständnissen vorzubeugen: Es gibt unbestrittenermassen ne ganze Menge LGBTQs, die mit Zwittern solidarisch sind ohne sie zu vereinnahmen  – wir treffen welche an jedem Protest und sind froh darum. — Auch von den Vereinnahmer_innen haben bestimmt viele "nur die besten Absichten" – aber um die Verstümmelungen endlich zu stoppen, ist gut gemeint nunmal definitiv nicht gut genug.)

[ Edit Dezember 2013: Einige polemische Formulierungen sowie Namen von Organisationen und von Funktionär_innen auf Wunsch entfernt. ]

>>> "Intersex"-Genitalverstümmelungen in der "Charité"
>>> Offener Brief zu Genitalverstümmelungen in der "Charité" (PDF)
>>>
Charité leugnet kosmetische Genitaloperationen an Kindern 
>>> Zitty 14/2013: Heute noch Intersex-Genitalverstümmelungen in der "Charité"
 

>>> Mechthild Rawert (SPD) verweigert Dialog mit Betroffenen
>>>
"Intersex"-Genitalverstümmelungen - Offener Brief an Rogate-Kloster St. Michael

>>> Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung

>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter