Angeblich "keine Zwangsoperationen" in der Schweiz gemäss Prof. Primus Mullis - "Der Bund", 15.11.2008

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In der Ausgabe der Schweizer Tageszeitung "Der Bund" vom 15. November 2008 erschien ein ganzseitiger Artikel "Frauen, Männer und Intersexuelle" über Intersexualität (Bild: Beat Schweizer/Der Bund).

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Die Journalistin Pascale Hofmeier thematisiert anhand meiner Geschichte "Zwangskastrationen" und "Zwangsoperationen", spricht von "Aktivistinnen", die finden, dass ohne die Einwilligung des Kindes "keine kosmetischen Operationen durchgeführt werden" dürfen:

In der Ungewissheit zu leben, sei für Eltern und Kinder zwar schwierig, aber es gebe keine Alternative. «Intersexuelle Kinder sollen in dem Geschlecht aufwachsen dürfen, das sie selber wählen.» Und es müsse künftig «Intersexuell» als Geschlecht neben Mann und Frau zur Wahl stehen – auch für amtliche Dokumente.

"Heute würde man es anders machen", meint dazu Prof. Dr. med. Primus Mullis, Abteilungsleiter für pädiatrische Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel, Medizinische Universitäts-Kinderklinik Bern – zumindest "[w]as die Schweiz betrifft":

Seit er am Inselspital arbeite, seit 1991, seien keine Zwangskastrationen mehr durchgeführt worden.

Mullis wehrt sich deshalb entschieden gegen den Vorwurf, "noch immer würden kosmetische Eingriffe an den Genitalien Neugeborener vorgenommen":

«Hier werden keine Zwangsoperationen durchgeführt.» Eine Ausnahme in kosmetischer Hinsicht bestehe bei Mädchen mit einem adrenogenitalen Syndrom, einem Überschuss an männlichen Hormonen. Die oft vergrösserte Klitoris werde wegen des sozialen Stigmas verkleinert.

Fazit: Allen schönen Worten zum Trotz - es wird also doch munter weiter zwangsoperiert, wie Professor Mullis schon andernorts festgestellt hat, wenn er beispielsweise von der unter Ärzten wachsenden Bereitschaft spricht, "ein unbestimmtes Geschlecht auch einmal sein zu lassen, wenn es sich medizinisch vertreten lässt" (1) oder betont, "dass es durchaus Arten von Geschlechtsstörungen gebe, die operationswürdig seien" – was sich jedoch "nur von Fall zu Fall und nicht generell" (2) beurteilen lasse. Bezeichnenderweise handelt es sich bei der "Ausnahme" AGS-"Mädchen" um die zahlenmässig grösste "Patientengruppe".

Der Artikel schliesst mit der Aussage der Soziologin Kathrin Zehnder, die einmal mehr Klartext redet:

«Die Ärzte klären Betroffene und Eltern oft nicht über die Möglichkeiten auf, mit den zuordnenden Eingriffen zu warten», sagt Zehnder. Dies sei einer der Gründe, weshalb Eltern oft nicht den Mut hätten, ihren Kindern die Entscheidung selber zu überlassen.

Bis es einmal soweit ist, muss der Druck auf die Mediziner weiter erhöht werden.

(Nachtrag: Auf bund.ch inzwischen offline.)

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Siehe auch:
- Genitale Zwangsoperationen am Inselspital Bern 
- Aktion & Offener Brief Inselspital Bern 16.8.2009
- Do 18.3.10: Politischer Vorstoss betreffend kosmetische Genitaloperationen an Kindern im Inselspital Bern