Zwitter als Kanonenfutter für die Transgender- und Queer-Agenda?

Auf dem Feministe-Blog hats eine (englischsprachige) Rezension des neuen Buches über Zwitter "Fixing Sex" (mehr zum Buch hier), zu der ich ehrlich gesagt sehr gemischte Gefühle habe:

Einerseits bin ich ja noch so froh über jede Erwähnung der marginalisierten Existenz von Zwittern, erst recht über jede noch so beiläufige Andeutung ihres Jahrzehnte langen Kampfes gegen die an ihnen begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Andrerseits kommt leider, leider in dieser Rezension (nach allem, was ich weiss, übrigens im Gegensatz zum besprochenen Buch) die Situation der real existierenden Zwitter bloss sehr am Rande vor; ihr Leiden und erst recht ihr Kampf werden grad mal vage angedeutet.

Denn einmal mehr liegt der Fokus (auch in den meisten Kommentaren) nicht etwa auf den Zwischengeschlechtlichen, sondern wie üblich auf "Gender".

Schlimmer noch: Einmal mehr werden die realexistierenden Zwitter und ihr Leiden unverfroren instrumentalisiert als "wichtige empirische Abstützung"  für "Transgender oder queere Identitäten oder Politiken".

Und einmal mehr wird detailliert auf die Geschichte des Begriffs "Gender" eingegangen -- deren Beginn allerdings 1975 angesetzt und der Feministin Gayle Rubin zugeschrieben wird -- obwohl John Money allein im Vorwort des besprochenen Buchs (aus dem übrigens sämtliche Zitate innerhalb der Rezension stammen) nicht weniger als 7 mal namentlich erwähnt wird.

Wie können Feministinnen, Transgender und QueertheoretikerInnen so herzlos sein, die Zwitter auf "empirisches Material" zur "Untermauerung" der eigenen Agenda zu reduzieren -- "empirisches Material", gewonnen aus  grässlichen Menschenversuchen, die bis heute ungesühnt sind, ja nach wie vor andauern?

Wie können sie z.B. gegen Mädchenbeschneidungen in anderen Kulturen protestieren -- und gleichzeitig die Zwitterbeschneidungen in ihrer eigenen Kultur tolerieren, ja gar noch deren "empirische Forschungsergebnisse" als Grundlage für ihre ureigenste benutzen?

Habt ihr wirklich gar kein Mitgefühl?

Oder wie wärs stattdessen zur Abwechslung mal mit etwas (praktischer) Hilfe, Solidarität und politischer Untersützung für die Zwitter und ihren Kampf um die sofortige Abschaffung der Zwangsoperationen und Wiedergutmachung, und zwar als eigenständigen Punkt in der Agenda und nicht bloss als Mittel zum Zweck?

Und im Rahmen von Feminismus, Gender Studies und Queer Theorie, wie wärs mal mit etwas Aufarbeitung auch der weniger angenehmen wirklichen Quellen des Konzepts "Gender" -- inkl. aller Verwicklungen und Folgen?

Siehe auch:
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002
- Vereinnahmung von Zwittern: Das Transgender-Netzwerk Berlin TGNB macht's vor ...
- "Who killed David Reimer?"
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"
- Warum Zwitterforderungen, worin zu oberst nicht die schnellstmögliche Beendigung der Zwangsoperationen steht, keine Zwitterforderungen sind, sondern Vereinnahmung
- Liminalis: Aus Transschändrien nix neues
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung?!