Intersex-Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Verstoss gegen die Menschenrechte - Nationale Ethikkommisson (NEK-CNE)

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Als Reaktion auf 2 von Zwischengeschlecht.org initiierte parlamentarische Vorstöße führte die schweizerische Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE) im Auftrag des Bundesrates nicht-öffentliche Anhörungen zum Thema "Intersexualität/DSD" durch. Die Stellungnahme sei inzwischen fertiggestellt und dem Bundesrat übergeben worden, der über den Zeitpunkt einer Veröffentlichung entscheide.

In einer schriftlichen Vorab-Stellungnahme hob Zwischengeschlecht.org aus der Perspektive von Betroffenen von kosmetischen Genitaloperationen im Kindesalter zentrale Fakten heraus, darunter Zahlen und Zitate zur fehlenden Einsicht der Behandler sowie (nachfolgend) Verstösse gegen die Verfassung und von der Schweiz ratifitierte Menschenrechtsabkommen. Weitere Teile der Stellungnahme werden in loser Folge erscheinen.  

 
Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE)

Schriftliche Stellungnahme von Zwischengeschlecht.org, 8.12.2011:

Kosmetische Genitaloperationen bei Kindern und Jugendlichen mit „uneindeutigen“ körperlichen Geschlechtsmerkmalen (Intersexualität/DSD)
 

Anhang 1: Verstoss gegen Menschenrechte

a) Körperliche Unversehrtheit

"Unfortunately the surgery is immensely destructive of sexual sensation and of the sense of bodily integrity." ["Unglücklicherweise sind diese Operationen ungeheuer destruktiv für das sexuelle Empfinden und für das Gefühl der körperlichen Unversehrtheit."]
Cheryl Chase: Letter. In: Sciences, July/August 1993, S. 3. [online]

"Wir erachten genitale Zwangsoperationen für ein schweres Verbrechen, das gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde verstösst."
Amnesty Schweiz (2010), http://www.queeramnesty.ch/docs/QAI_Motion_GV2010_Intersex.pdf

"Dies wird als fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte (Recht auf körperliche Un- versehrtheit, auf Selbstbestimmung und Würde und auf Nicht-Diskriminierung) gewertet, da solche Maßnahmen in den allermeisten Fällen aus medizinisch-gesundheitlicher Sicht kei- nerlei Begründung haben."
Amnesty Deutschland (2010), http://www.mersi-hamburg.de/Main/20100526001

"Ein zentraler Punkt ist das Recht der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit. [...] Hier findet das Elternrecht seine Grenzen und auch dies spricht dafür, mit solchen Eingriffen so lange wie möglich zu warten, damit die betroffenen Intersexuellen selbst entscheiden können."
Deutscher Ethikrat (2011), http://diskurs.ethikrat.org/2011/06/eine-erste-einschatzung/

b) Nürnberger Kodex, Deklaration von Helsinki, UN-Kinderrechtskonvention

ISNA's Amicus Brief on Intersex Genital Surgery (1998), Punkt 12.
http://www.isna.org/node/97

c) UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW)

Schattenbericht Intersexuelle Menschen e.V. (2008),
http://intersex.schattenbericht.org/public/Schattenbericht_CEDAW_2008- Intersexuelle_Menschen_e_V.pdf
Concluding Observations (2009), siehe: http://faz- community.faz.net/blogs/biopolitik/archive/2009/02/20/deutschland-ger-252-gt-menschenrechte-von- zwittern-werden-ignoriert.aspx

d) UN-Übereinkommen gegen Folter (CAT)

Schattenbericht Intersexuelle Menschen e.V. (2011),
http://intersex.schattenbericht.org/public/Schattenbericht_CAT_2011_Intersexuelle_Menschen_e_V.pdf
Pressemitteilung CAT (2011): "Verstümmelung", "Zwangsoperationen" und "nicht notwendige Operationen", http://www.unog.ch/unog/website/news_media.nsf/%28httpNewsByYear_en %29/5E9C56AC5E294D50C125793E0044841D?OpenDocument

e) Höchstpersönliche Rechte

"Ein medizinischer Eingriff braucht die Zustimmung der betroffenen Person. In der Regel können die Eltern für ihr Kind zustimmen. Geschlechtszuweisende Operationen aber tangieren die höchstpersönlichen Rechte und dürfen nicht ohne Zustimmung des betroffenen Kindes vorgenommen werden – ausser es ist medizinisch notwendig."
Prof. Dr. Andrea Büchler (2008),
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/wissen/medizin/838834.html

"Hier findet das Elternrecht seine Grenzen und auch dies spricht dafür, mit solchen Eingriffen so lange wie möglich zu warten, damit die betroffenen Intersexuellen selbst entscheiden können."
Deutscher Ethikrat (2011), http://diskurs.ethikrat.org/2011/06/eine-erste-einschatzung/

Auch explorative Studien weisen darauf hin, dass Eltern hier nicht in der Lage sind, das Wohl des Kindes und seine Rechte adäquat zu vertreten:

Suzanne J. Kessler: "Lessons from the Intersexed", New Brunswick and London: Rutgers University Press 1998, S. 100-103

Yvonne Cavicchia-Balmer: "Information, Aufklärung und Entscheidungsfindung von Eltern bei der Geburt eines Kindes mit uneindeutigem Geschlecht. Eine explorative Studie", Bachelor-Arbeit Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, November 2010

 

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>>> Schriftliche Stellungnahme von Zwischengeschlecht.org (PDF, 460 kb)
>>>
Fehlende Einsicht der Täter - Nationale Ethikkommisson (NEK-CNE)    

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