Intersex-Aktenvernichtung: Betroffene fordern Wahrheitskommission
By seelenlos on Friday, January 11 2019, 10:43 - Forderungen - Permalink
Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 11.01.2019:
Stellungnahme der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
zur Antwort des Regierungsrates des Kantons Zürich (PDF) [1]
auf die Anfrage KR-Nr. 328/2018 "Aktenvernichtung bezüglich Operationen an Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung im Kinderspital Zürich" von Brigitte Röösli (SP), Karin Egli-Zimmermann (SVP) und Barbara Günthard Fitze (EVP) [2]:
Wir sind entsetzt. Dass Kinderspital, Universität und Staatsarchiv Zürich das Menschenrecht auf Wahrheit durch ein angeblich vorrangiges "medizinethisches Recht auf Nichtwissen" aushebeln wollen, ist ein Skandal und ein erneutes massives Unrecht an allen, die im Kispi verstümmelt und angelogen wurden und werden.
Kispi und Uni haben ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Es braucht eine unabhängige Wahrheitskommission mit angemessener Beteiligung der Betroffenen – statt Aktenvernichtung und Vertuschung durch die heutigen Täter.
Nicht-eingewilligte Genitaloperationen mit psychosozialer Indikation und andere irreversible Eingriffe an Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung sind schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen. Betroffene haben ein unabdingbares Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung, auch in der Schweiz. Dies unterstreichen nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch die Nationale Ethikkommission (NEK-CNE) [3], der UN-Ausschuss gegen Folter (CAT) [4], der UN-Menschenrechtsausschuss (CCPR-HRCttee) [5], der UN-Kinderrechtsausschuss (CRC) [6], der UN-Frauenrechtsausschuss (CEDAW) [7], u.v.a.m.
Das Staatsarchiv und der Regierungsrat stehen in der Pflicht, alle Betroffenen angemessen zu benachrichtigen, die seinerzeit im Kispi nicht-eingewilligten Genitaloperationen und anderen nach heutigem Rechtsverständnis rechtswidrigen Eingriffen unterzogen wurden, und deren Krankenakten sich heute im Besitz des Staatsarchivs befinden.
[1] Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich, Sitzung vom 19. Dezember 2018: 1244. Anfrage (Aktenvernichtung bezüglich Operationen an Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung im Kinderspital Zürich) (PDF 58 kb)
[3] Nationale Ethikkommission im Bereich Humanmedizin NEK-CNE (2012): Zum Umgang mit Varianten der Geschlechtsentwicklung. Ethische Fragen zur «Intersexualität», Stellungnahme Nr. 20/2012
[5] CCPR/C/CHE/CO/4, paras 24-25
[6] CRC/C/CHE/CO/2-4, paras 42-43
[7] CEDAW/C/CHE/CO/4-5, paras 24-25
Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".
Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche. Verjährungsfristen müssen so angepasst werden, dass erwachsene IGM-Betroffene klagen können.
Freundliche Grüsse
Daniela "Nella" Truffer, Markus Bauer
Gründungsmitglieder Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Mobile +41 (0)76 398 06 50, +41 (0)78 829 12 60
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Siehe auch:
- "Nur die Angst vor dem Richter wird meine Kollegen dazu bringen, ihre Praxis zu ändern"
- "Schädliche medizinische Praxis": UNO, COE, ACHPR, IACHR verurteilen IGM
- 38 UN Rügen für Intersex-Genitalverstümmelungen
- "Schädliche Praxis" und "Gewalt": UN-Kinderrechtsausschuss (CRC) verurteilt IGM
- "Unmenschliche Behandlung": UN-Ausschuss gegen Folter (CAT) verurteilt IGM
- "Schädliche Praxis" zum Zweiten: UN-Frauenrechtsausschuss (CEDAW) verurteilt IGM
- UN-Menschenrechtsausschuss (HRCttee/CCPR) verurteilt IGM-Praktiken
- UN-Behindertenrechtsausschuss (CRPD) verurteilt IGM-Straflosigkeit in Deutschland
"KOSMETISCHE KLITORISAMPUTATIONEN AN INTERSEX-KINDERN IN ZÜRICH UND BERN"
Dokumentation mit Belegen aus Publikationen aus dem Kispi Zürich und Insel Bern [OHNE OP / Genitalbilder].
>>> Download Folien (PDF, 700 KB)
Input von Daniela Truffer zum "Fachtag Intersex"
• IGM Überlebende – Danielas Geschichte
• Historischer Überblick:
"Zwitter gab es schon immer – IGM nicht!"
• Was ist Intersex? • Was sind IGM-Praktiken?
• IGM in Hannover • Kritik von Betroffenen • u.a.m.
>>> PDF-Download (5.53 MB)
Comments
Seit Auschwitz nichts Neues in Deutschland und in der Schweiz:
"Nach der Vernichtung, folgt die Aktenvernichtung!" Dieses Faktum hat seinerzeit bereits Ernst Klee in seinem Buch: "Deutsche Medizin im Dritten Reich - Karrieren vor und nach 1945" treffend festgestellt. Wie sollte es auch anders sein, wo es sich bei den heutigen TäterInnen um die Kronprinzen von Auschwitz und deren pseudowissenschaftliche Emporkömlinge handelt. Die Bundesrepublik Deutschland, allen voran das UKE, und die Schweiz zusammen mit Österreich haben Verbrechen zu verschleiern, die sich in ihrer Grausamkeit und menschenverachtenden Bestialität in nichts, aber auch gar nichts in den KZ-Versuchen von Josef Mengele unterscheiden.
ETEKAR