Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
By seelenlos on Tuesday 10 August 2010, 13:55 - Forderungen - Permalink
Die nachfolgend dokumentierten Forderungen stammen
aus dem Jahre 1998. Leider sind sie immer noch
brandaktuell. In den
12 Jahren seit ihrer Veröffentlichung wurden in deutschsprachigen
Kinderkliniken über 6000 Kinder genital zwangsoperiert. Allein
in Deutschland wird von KinderchirurgInnen
immer noch JEDEN TAG mindestens 1 Kind irreversibel verstümmelt, in
Österreich und in der Schweiz zusätzliche JEDE WOCHE nochmals JE 1 weiteres.
Wie lange noch?!
Genitale Verstümmelung
Abhängig vom definierten Geschlecht werden möglichst zwischen der 6.
Lebenswoche und dem 15. Lebensmonat diverse chirurgische Zuweisungen
vorgenommen: Phallusreduktion (60-70% des Gewebes werden entfernt) oder
Penisaufbauplastiken, Kastrationen, Konstruktion von Neovaginen,
Hodenimplantaten, Harnröhrenverlegungen. Ist das erreichte Ergebnis nicht
zufriedenstellend, wird nachkorrigiert. Es sind uns bis zu 16 Operationen an
einem Kind bekannt. Hinzu kommen extrem hohe Hormonsubstitutionen, vielfache
gynäkologische Untersuchungen, Bougierungen (Dehnung der Vagina mit Stäben)
sowie mehrfache fotografische Ablichtung der Genitalien. Auf psychosozialer
Ebene werden Eltern zu rigider geschlechtlicher Sozialisation angehalten. Bei
Fehlverhalten erfolgen psychologische Untersuchungen. Die Behandlungsdauer
richtet sich nach dessen Beginn und ist selten vor dem 17. Lebensjahr beendet.
Hormonelle Ersatzgabe soll ebenso wie weitergehende klinische Untersuchungen
lebenslang erfolgen.
Folgeschäden
Eltern erleben eine Cotraumatisierung, da sie zum einen unter erheblichen
Streß gesetzt werden, medizinische Anweisungen zu befolgen, zum anderen
schädliche Folgen der medizinisch nicht notwendigen Behandlung an ihrem Kind
miterleben. Die hieraus resultierende Destruktivität überträgt sich auf das
Kind. Für intersexuelle Kinder sind folglich Eingriffe und Reaktionen der
Bezugspersonen extrem traumatisierend, denn neben massiven
Integritätsverletzungen kommen strikte Tabuiserungsanweisungen, Reduktion zum
Objekt und gesamtpersonelle Ablehnung seitens der Eltern hinzu. Lebenslange
physische und psychische Schädigungen sind die Folge. Sozialer Unbill, welchen
es offiziell zu vermeiden galt, wird dadurch noch verstärkt. Unseres Wissens
zufolge unternehmen
80% der Intersexen Suizidversuche, hiervon 25% erfolgreich.
[...]
Wir fordern:
- Menschenrechte für Intersexuelle
- das Recht auf Selbstbestimmung und vollständige Aufklärung
- Beendigung chirurgischer Eingriffe vor Einwilligungsfähigkeit
- psychologisches Betreuungsangebot für alle Familenangehörigen
- außerklinische Beratungsstellen und Kontaktvermittlung zu kritischen
Gruppen
>>> der ganze Text von 1998
Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie
(AGGPG):
"Vernichtung intersexueller Menschen in westlichen
Kulturen"
http://www2.iisg.nl/id/Systematik.asp?cat=3&id=83
Siehe auch:
- "Medizinische
Intervention als Folter" - Michel Reiter 30.6.2000
- "Genitalverstümmelungen
in Deutschland in der Kinder- und Jugendgynäkologie" - AGGPG 1996
-
"Für die Kinder kämpfen wir" - Michel Reiter, 1997
-
"Vernichtung intersexueller Menschen in westlichen Kulturen" - AGGPG
1998
- Selbstdarstellung der
AGGPG
- Kosmetische
Genitaloperationen an Kindern: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen
geschehen?
-
Chirurgische Genitalverstümmelungen: Wie können die Täter gestoppt
werden?
- Anliegen
an den Deutschen Ethikrat 2010