"Wollt ihr denn keine Behandlung?" - Erpressung, Zwittertabu & Medizynermacht (III)

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Protest gegen Genitalabschneider-Kongress "APE-AGPD 2010", Augsburg 5.11.

(Full Disclosure: Seelenlos ist verantwortlicher Redakteur dieses Blogs, Gründungsmitglied und Kampagnenleiter bei Zwischengeschlecht.org und ein mit einem Zwitter verbandelter "normaler" XY, also ein solidarischer Nicht-Zwitter.) 

>>> Zwittertabu & Medizynermacht (I)
>>> Das verinnerlichte Schweigegebot (Zwittertabu & Medizynermacht II) 

Kann ein Zwitter Sünde sein?

Ein wichtiger Beitrag zur Aufrechterhaltung von gesellschaftlichem Zwittertabu und verinnerlichtem Schweigegebot der Betroffenen besteht darin, dass Betroffene und Eltern konstant und quasi reflexartig von Medizynern damit erpresst werden, es würden ihnen künftig eventuell notwendige echte Heilbehandlungen verweigert, sobald sie sich gegen medzinisch nicht notwendige Behandlungen sträuben oder gar öffentlich ihre Stimme dagegen erheben wollen.

Meiner Erfahrung nach können bzw. könnten so ziemlich alle Betroffenen von solchen impliziten oder expliziten Drohungen berichten. Kommt dazu, dass manche Betroffenen lebenslang auf medizinisch notwendige hormonelle Behandlung angewiesen sind, z.B. bei Cortisolmangel (AGS/CAH) oder nach Kastrationen.

Ein von Nella öffentlich dokumentiertes Beispiel anlässlich der 5. Jahresversammlung des "Netzwerk DSD/Intersexualität" vom 06.08.2008 in Kiel --> Programmpunkt 2 "Vorstellung und Diskussion der Selbsthilfeinitiativen zur gesundheitlichen Versorgung der IS-Betroffenen":

Claudia Kreuzer [hielt] ein kurzes Referat zu den Folgen der Fehlbehandlungen [d.h. "Substitution" mit Östrogenen nach Kastration bei AIS, obwohl Testosteron produzierende Hoden entfernt wurden]. [...] [Worauf] die Endokrinologin PD Dr. med. Dagmar l'Allemand-Jander auf Claudias Ausführungen nichts Gescheiteres zu tun hat, als Intersexualität mit anderen chronischen Krankheiten zu vergleichen, die doch auch lebenslanger Behandlung bedürfen.

Auf Claudias Aufforderung, doch bitte zu erklären, was mit einem gonadektomierten XY-Zwitter geschieht, wenn er in der Pubertät mit Östrogenen 'therapiert' wird, weiss Dr. l'Allemand nichts zu antworten, ausser ein schnippisches: "Wollt ihr denn keine Behandlung?"

Ich weiss von vielen Betroffenen und Eltern, dass solche (re)traumatisierende Drohungen auch in "Behandlungsgesprächen" permanent fallen. Die Auswirkungen auf die Adressaten kann sich wohl jedeR, der/die noch einen Funken von Mitgefühl sein/ihr eigen nennt, zumindest ansatzweise selber vorstellen.

Da manche Formen von "Intersexualität" und "atypischen Genitalien" genetisch bedingt verwandtschaftlich gehäuft auftreten, erstrecken sich Geheimhaltungsdruck und Drohungen durch die Medizyner oft über mehrere Generationen und quer über ganze Familienverbände. Hier kommen komplexe Verdrängungsdynamiken und Maulkorbkaskaden zum spielen, wie sie auch bei der weiblichen Genitalverstümmelung oder im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt an Kindern gehäuft zu Tage treten. Dort werden solche ja nunmehr langsam auch öffentlich bekannt und diskutiert. Jedoch leider bisher kaum im Zusammenhang mit Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken und "Intersexualität". Obwohl Betroffene von kosmetischen Genitaloperationen seit Jahr und Tag diese und andere Parallelen unterstreichen.

Elisabeth Müller, Daniela Truffer, Katrin Ann Kunze †, Christiane Völling

"Those who cannot remember the past are condemned to repeat it."
George Santayana (1863 – 1952)

>>> Zwittertabu & Medizynermacht (I)
>>> Das verinnerlichte Schweigegebot (Zwittertabu & Medizynermacht II) 

Siehe auch:
- Trauma, Opferrolle, Befreiung
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Unseres Wissens zufolge unternehmen 80% der Intersexen Suizidversuche, hiervon 25% erfolgreich" - AGGPG 1998
- Schweiz: Bundesrat will weibliche Genitalverstümmelung verbieten – aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- Bundestag: "Weibliche Genitalverstümmelung ahnden" - aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik", 23.6.10
- "Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist."
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?