Philippinen: Oberstes Gericht anerkennt Zwitter als 3. Geschlecht

Im Fall "Cagandahan gegen die Republik der Philippinen" stützte das Oberste Gericht einen erstinstanzlichen Entscheid, dass der bisher als Jennifer Cagandahan eingetragene "Intersexuelle" mit AGS nicht nur seinen Namen auf Jeff ändern darf, sondern auch das Geschlecht seiner Geburtsurkunde von weiblich auf männlich (Bericht auf englisch). Dies, obwohl das Oberste Gericht vor einem halben Jahr einer Transsexuellen die Änderung des Geschlechtseintrags verweigerte. Dabei anerkannte das Oberste Gericht zusätzlich, "Intersexuelle" stünden zwischen den Geschlechtern und hätten deshalb (analog zum seinerzeitigen Preussischen Landrecht) das Recht, bei Erreichen der Volljährigkeit ihr Geschlecht frei zu wählen (wobei die Wahlmöglichkeit Zwitter allerdings bisher anscheinend nicht vorgesehen ist). Der verlinkte Online-Bericht wertet den Gerichtsentscheid als "reichlich Munition" auch für Schwulen- und Trans-AktivistInnen.

Kommentar: Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass nicht nur Zwitter besser fahren, wenn sie ihre Forderungen und Anliegen eigenständig stellen, statt (wie nur zu oft) bloss bei LGBT "mitgemeint zu werden" (siehe z.B. Yogyakarta). Sondern, dass auch Transsexuelle und Transgender letztlich von dieser Vorgehensweise profitieren werden. So z.B. auch von einer eigenständigen Forderung "optionales 3. Geschlecht für Zwitter" -- wofür auch hier zu Lande die realpolitischen Chancen besser stehen, als wenn dies gleich für alle gefordert wird (z.B. wie von den Grünen erneut via Transsexuellengesetz). Mal ganz abgesehen davon, dass Zwitter viel massiveren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind, und deren Abschaffung somit Priorität hat gegenüber Gender-Forderungen.

(Gefunden via Intersex-Feed des genderfree-blogs.)

Nachtrag: Frühere Meldung (auf englisch) zum gleichen Thema (Danke an sky).

Comments

1. On Monday, November 3 2008, 09:11 by Lautsprecherin

Ich finde diesen Blog sehr spannend und nötig und bin in eigentlich allen Punkten einverstanden. Nur über folgenden Satz bin ich enttäuscht: "Mal ganz abgesehen davon, dass Zwitter viel massiveren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sin, und deren Abschaffung somit Priorität hat gegenüber Gender-Forderungen". Ich finde, dass NIEMAND Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden darf, weder Intersexuelle noch Frauen (noch Männer). Die Menschenrechtsverletzungen gegenüber Intersexuellen sind sicher massiv, Frauen sind aber zahlenmässig um ein vielfaches mehr betroffen, schon nur, weil sie keine Minderheit sondern die Hälfte der Menschheit darstellen. Wenn jetzt die Rechte der einen vor die Rechte der anderen gestellt werden sollen, ist das kontraproduktiv. Ich denke, wir müssen alle am selben Strick ziehen und Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen zusammen bekämpfen.Und in diesem Sinn: Weiter so! Wenn mehr Leute so mutig wären und Missstände anprangern würde, hätten wir ein paar Probleme weniger...

2. On Monday, November 3 2008, 13:09 by seelenlos

hallo lautsprecherin, danke für deinen kommentar!

damit keine missverständnisse entstehen, du hast natürlich recht, JEDER menschenrechtsverstoss gehört abgeschafft, es war auch nicht meine meinung, nach einer ev. beendigung der zwangsoperationen an zwittern sei feierabend. auch war mein obiges statement nicht allgemein gemeint, sondern im spezifischen kontext, dass immer wieder trans*-aktivistInnen zwar mit den gravierenden menschenrechtsverletzungen der zwangsops an zwittern um aufmerksamkeit buhlen, danach aber sogleich das thema wechseln und nur noch ihr eigenes anliegen propagieren (abschaffung des geschlechtseintrags bzw. wechsel des eintrags nach belieben für alle inkl. 3. geschlecht für alle), stets mit der begründung, dann sei den zwittern ja auch geholfen, weshalb diese forderungen auch im namen der zwitter ausfzustellen seien (enstprechen kommt die sofortige abschaffung der zwangsops an zwittern in diesen forderungslisten dann überhaupt nicht mehr vor oder nur unter sehr ferner liefen). beispiele dafür findest du z.b. in der titelgeschichte "sex is gender" der rosa.36 (ab s. 35), die homepage mehr-geschlechter.de (siehe kritik dazu hier unter 6. Transgender) oder die hier kritisierte forderungsliste des tgnb, die reihe liesse sich beliebig fortsetzen.

in diesem kontext verstand ich meine argumentation, die menschenrechtsverletzungen an zwittern seien gravierender und deshalb zuerst abzuschaffen, und nicht damit zu warten, bis die geschlechtseinträge als solche geschichte sind, während bis dahin an tausenden von zwittern fröhlich weiter zwangsoperiert wird. umgekehrt werden m.e. z.b. transgender sehr davon profitieren, wenn die gesellschaft erst einmal gezwungen ist, die existenz unoperierter zwitter anzuerkennen ...

und ja, auch ich würde mir wünschen, mehr menschen würden menschenrechtsverletzungen anprangern!

ps: als "normaler" xy komme ich nicht darum herum zu bemerken, dass du menschenrechte für männer (im gegensatz zu menschenrechten für zwitter und frauen) in klammern setzt ...

3. On Monday, November 3 2008, 15:06 by Lautsprecherin

Merci für die schnelle Antwort! Stimmt, ich habe das Thema etwas "verallgemeinert" und Genderforderungen auch so verstanden, dass Frauen vor Menschenrechtsverletzungen geschützt werden müssen. Natürlich sollen auch Männer vor Menschenrechtsverletzungen geschützt werden, aber leider besteht halt immer noch bei Frauen, Zwittern und vermutlich auch Transsexuellen (da bin ich weniger gut informiert) der grösste Nachholbedarf...