LIVEBLOG Intersex-Fachtagung Hamburg 09.07.2014

09:50 Die Flugblätter alle weg wie warme Semmeln ...

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Intersex-Genitalverstümmelungen stoppen!Yours truly a.k.a. Markus Bauer war für Zwischengeschlecht.org in Hamburg und bloggte Intersex-Relevantes live aus der Fachtagung.
>>> PM Zwischengeschlecht.org 08.07.2014  
>>> Flugblatt zur Fachtagung 
>>> Programm der Veranstaltung (PDF)
>>> Hamburg, Ort von Intersex-Verstümmelungen

Nachtrag 18:03 Beim Stehempfang ergab sich Gelegenheit zu weiterem Austausch mit Tagungsteilnermer_innen u.a. von Ver.di und Amnesty, und Gelegenheit zu einem Gespräch mit Timo Nieder. Als Reaktion auf seine vorherige Bemerkung, er kenne keine Operateure im UKE, hatte ihn bereits jemand mit einem Ausdruck der erwähnten Senatsantworten auf eine Kleine Anfrage von 2013 versorgt :-), und er erklärte, er wolle sich schlau machen, auch betreffend "Hypospadiekorrekturen"

17:28 Die Fachtagung ist zu Ende. Immerhin konnte erreicht werden, dass Intersex-Genitalverstümmelungen (im Gegensatz zur Programmankündigung) mehrfach thematisiert wurden. Dafür allen Beteiligten ein herzliches Danke! Was nun konkret weiter wird oder eben nicht, muss sich zeigen. Leider stehen traditionsgemäß in Hamburg dafür die Zeichen nicht nur gut ... (dieser Blog berichtete). Es braucht weiterhin öffentlichen Druck auf allen Kanälen!

16:18 In der Diskussion wird gefragt nach konkretem Handlungsbedarf – welche Stellen müssen handeln? Yours truly streicht nochmals die dringende Notwendigkeit von Datenerfassung und Monitoring kosmetischer Genitaloperationen heraus, um überhaupt einmal den Umfang dieser Menschenrechtsverstöße abzubilden, um davon ausgehend konkreten Handlungsbedarf ableiten zu können, statt immer nur wieder auffehlende Daten zu verweisen als Ausrede, weiter untäig zu verbleiben, und wies nochmals auf die Fragen des UN-Behindertenrechtsausschusses an Deutschland hin (dieser Blog berichtete). Welche Stelle in Hamburg könnte Datenerfassung & Monitoring leisten? Eine Teilnehmerin wies auf das Modell des Runden Tisch FGM Hamburg hin (BAFI, TdF und eine weitere Organsisation), dieser habe aber einige Zeit und Energie gebraucht. Andere TeilnehmerInnen schlugen das UKE vor, bzw. die Wissenschaftbehörde und die Senatorin für Wissenschaft. Elisabeth Müller widerprach pointiert: Es mache wohl wenig Sinn, die Täter damit zu beauftragen, sich selbst anzuzeigen. Dieser wichtige Hinweis wird allerdings nicht ins Flipchart-Protokoll aufgenommen ...

15:54 Elisabeth Müller berichtet ähnliches: Als sie juristisch gegen ihre Kastration in UKE vorgehen wollte: Das UKE rückt die Krankenakte nicht heraus, stellt gar infrage, dass sie überhaupt je dort in "Behandlung" war. Ein weiteres Verfahren auf Aktenherausgabe verläuft ebenfalls ergebnislos im Sande, mittlerweile hat sie auch gar keine Kraft mehr, die ganze Sache weiter zu verfolgen. Anschließend erwähnt Eli noch das Verfahren von Christiane Völling (dieser Blog berichtete).

15:51 In der Diskussion wird nach Unterschiede gefragt zwischen L, G, B, T, I in Opferschutz und Strafverfolgung. Yours truly berichtet den Fall eines Vereinsmitglieds, das das ein Opferentschädigungsverfahren (OEG) anstrengte wegen einer IGM-OP im UKE, damit aber gegen eine Wand lief, weil das UKE die Krankenakten nicht herausrückt, worauf die Staatsanwaltschaft keine Bereitschaft zur Anhandnahme zeigte. Ein weiteres Verfahren auf Herausgabe der Krankenakten wird von der Staatsanwaltschaft ebenfalls auf die lange Bank geschoben.

15:14 Forum B2 "LSBT*I und (Mehrfach-)Diskriminierung: Opferschutz und Strafverfolgung", Eingangsreferat von Richard Köhler (Transgender Europe): Keinerlei Erkenntnisse zu Intersex betreffend Gewalterfahrungen und Hassverbrechen …

14:50 Yours truly wies zum Abschluss der Duskussion den Gesprächsleiter Armin Ketterer (Behörde für Justiz und Gleichstellung) auf die Fragen des UN-Behindertenausschusses an Deutschland betreffend Zahlen und Statistiken zu Intersex-OPs und Steriliserungen hin (dieser Blog berichtete).
Im persönlichen Gespräch zeite Armin Kettler sich interesiert für den Vorgang, von dem er noch nichts wusste. Seines Wissens nach habe auch die Bundesregierung zur Beantwortung der Fragen des UN-Behindertenauschusses das Land Hamburg bisher nicht konsultiert ...

14:34 Elisabeth "Kann ein Zitter Sünde sein?" Müller weist in der Diskussion Timo Nieder darauf hin, dass Milton Diamond einen Preis bekam, weil er sich für den Schutz von intersexuellen Menschen stark macht (dieser Blog berichtete). Falls Nieder sich im UKE dafür einsetzen würde, dass künftig keine Kinder mehr operiert werden, könnte er auch mit einem Preis rechnen …
Timo Nieder antwortete im weiteren Verauf, es gäbe keine Daten zu Intersex-Operationen im UKE, und er wisse von niemandem, der dort operiere ...

14:08 Forum A1: Gesundheit, Alter, Pflege, Eingangsreferat  "Trans- und Intersexualität" von Timo Nieder (UKE) [TRIGGERWARNUNG!!!]: Vortrag mit Schlagseite, Fachwissen in Sachen Transgender, kaum zu Intersexualität … Trans- und Intersexualitäthaben nichts mit sexiueller Orientierug zu tun … TS und IS haben auf den 1. Blick nichts miteinander zu tun, erst wenn man lange sucht, auf den 4. oder 5. … (es folgen Ausführungen zu Sex/Gender, Money sei umstritten, habe aber immerhin das Konzept Gender geprägt, geschlechtstypische Körpereigenschaften, Geschlechterrollenverhalten, Geschlechtsidentität, Geschlechtszugehörigkeit, sexuelle Identität, usw.) LSBTI kann zu Leidensdruck führen … Terminologie: Intersexualität / Variation der Geschlechtsentwicklung / DSD / Intergeschlechtlichkeit / "XY-Frauen, Herms und Zwitter" / Inter* … TS/IS: Unterschiede & Gemeinsamkeiten … TS wollen körperverändernde Eingriffe, IS fordern Schutz vor Eingriffen … beide wollen Akzeptanz & Anerkennung, Sicherheit & Selbstbestimmung … IS wollen, dass Operateure Eltern gut aufklären … gesundheitspolitisches Ziel: Inter*/Trans*-positive Gesundheitsversorgung …

12:04 Yours truly wies in der Publikumsdiskussion auf das Tabu-Thema der NS-Verbindungen hin, insbesondere auf die völkische und NS-Diagnose "Intersexuelle Konstitution" (dieser Blog berichtete), und dass diese im Hinterkopf auch heute noch unreflektiert wirken, z.B. in "Rechtfertigungen" von Kastrationen durch ÄrztInnen "Wir wollen doch keine Mutanten züchten hier" (dieser Blog berichtete). Dann fragte ich Laura Adamietz u.a., wie aus ihrer Sicht am besten auf ein Verbot der Genitalverstümmelungen hingewirkt werden kann?
Antwort Laura Adamietz: Es gibt eine juristische Lesart, und die ist nicht absurd, dass Intersex-OPs jetzt schon rechtswidrig sind … Warum setzt sich das nicht durch? Zuviele Leute hätten zuviel zu verlieren … Deshalb müssen wir deutliche Worte finden, und auf allen Ebenen hartnäckig bleiben.

11:46 Eingangsreferat Laura Adamietz: Juristische Zordnungen müssen überwiegend zutreffend, oder aber leicht korrigierbar sein, was bei Inter* nicht zutrifft ... Harte und weiche juristische und gesellschftliche Erwartungen zu Inter* sind schwerer zu greifen (als bei Transsexuellen), weil das Recht dazu schweigt … das Recht müsste dafür sorgen, dass diese OPs nicht mehr stattfinden … es müsste Beratungsangebote geben für Betroffene und Eltern …

10:28 Zwischenvotum Lucie Veith (IMeV): Die allermeisten intersexuellen Menschen haben Zwangseingriffe an ihren Genitalien erlebt, diese Paxis existiert immer noch und ist nicht abgestellt, auch wenn Mediziner das Gegenteil behaupten .. wir haben immer wieder Kontakt mit Eltern, die von Ärzten bedrängt werden … es gint keine Medizin für Erwachsene Opfer von Kastrationen und Genitalverstümmelungen … die meisten Opfer sind schwer behimdert, haben aber Probleme, dies anerkannt zu bekommen … Behörden haben keine Ahnung vom Leid der Betroffenen … viele Menschen können ihre Sexualität nicht mehr leben, weil ihr Körper derart verändert wurde … Warum darf ein Kind kastriert werden, gibt es kein Verbot? Sterilierungen, warum dürfen diesen Kindern Fortpflanzungsorgane entfernt? Verweist auf ESPU-Referat (dieser Blog berichtete) … alle Menschen haben Anspruch auf Menschenrechte … diese Behandlungen verstossen gegen UN-Anti-Folterkonvention … es gibt keine Intersex-Beratungsstellen in Hamburg, die diesen Namen verdienen .. verweist auf Niedersachen (dieser Blog berichtete) … wir müssen unsere Forderungen konkretisieren (großer Applaus)

11:24 Eingangsreferat von Diana Hartmann: Intersex anders gelagert, Betroffene haben keine Wahl, ist biologisch … LGBTI Gruppen haben oft wenig Informationen über biologische Vielfalt und Geschlechtsentwicklung Entwicklung … Zwangsoperationen, Zwischengeschlecht.org und Intersexuelle Menschen e.V. setzen sich ein für Beendigung … ich bin eine der wenigen in Deutschland, die nicht operiert wurden … meine Mutter war Jüdin, hat das 3. Reich im Keller überlebt, die meisten Verwandten umgebracht worden … sie hatte ein Problem mit der Geschlechtzuweisung und weigerte sich, mich operieren zu lassen … meine Mutter bekam deshalb Probleme, ihr wurde das Fürsorgerecht entzogen … eine Nichte von mir wurde in Heidelberg genitaloperiert … in Deutschland werden immer noch die meisten operiert … Zitiert Statement, lat Senatsverwaltung  gebe es angeblich "keine sichtbaren intersexuellen Menschen, die medizinische Interventionen und medizinische Eingriffe ohne ihre informierte Einwilligung erlitten haben" (dieser Blog berichtete) … es gibt uns, und wir sind hier, nutzen Sie die Gelegenheit, sich zu informieren! (Riesenapplaus)

10:52 Podiumsdiskussion, Eingangsreferat von Moderatorin Katrin Jäger: Personenstandrecht … Natur kennt 4000 Geschlechter … Gesunde intergeschlechtliche Kinder werden auch in Hamburg genital operiert … von Medizinern werden diese Operationen als geschlechtszuordnende Operationen bezeichnet … Menschenrechtler_innen sprechen von Genitalverstümmelung …   

10:21 Die Veranstaltung ist gut besucht. Senatorin für Justiz und Gleichberechtigung Jana Schiedeck erwähnt in ihrem Grusswort explizit: "Solange an intersexuellen Babies noch geschlechtsangleichende Operationen vorgenommen werden", bestehe noch Handlungsbedarf.

09:50 Die Flugblätter alle weg wie warme Semmeln ...

>>> Pressemitteilung zur Fachtagung vom 08.07.2014     >>> Flyer zur Fachtagung 

>>> Hamburg - Ort von Intersex-Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken
>>> IGM: "Unrecht der Medizinversuche anerkennen" (Oliver Tolmein, 2009)
>>> Offener Brief an Universitätsklinikum (UKE) + Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK)
>>> Hamburger Senat: "Intersex-Genitalverstümmelungen nicht rechtswidrig"
>>> Hamburg: "Früher war es vielleicht schlimm, aber heute wird nicht mehr operiert"

>>> Hamburg: Kosmetische Klitorisamputationen bis mindestens 1976
>>> Hamburg: "Orgasmusfähigkeit leidet durch Klitorisamputation nicht"

Intersex Genital Mutilations
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy

2014 NGO Report to the UN Committee on the Rights of the Child (CRC)
>>> Download PDF (3.65 MB)     >>> Table of Contents 

>>> Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM): Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> IGM – eine Genealogie der TäterInnen