(Bild:
Express)
Kurzbiografie: Intersexualität bei
Adrenogenitalem Syndrom
Von Christiane Völling,
die ihren ehemaligen Chirurgen im "Zwitterprozess" wegen Körperverletzung
anzeigte und einen
für alle Zwischengeschlechtlichen wegweisenden Sieg errang.
Nachtrag 25.9.10: Inzwischen hat Christiane ihre
bewegende Geschichte auch in
Buchform veröffentlicht.
Buchbesprechung von Nella:
Christiane Völling: "Wie beginnt man den Rest seines Lebens?" Die Biografie
einer Überlebenden
Meine Erkrankung AGS mit 21-Hydroxylasedefekt, XX-chromosomales Geschlecht,
wurde bei meiner Geburt nicht erkannt. Ich sage "Erkrankung", da AGS nicht
heilbar ist und ich lebenslang vom Kortison abhängig sein werde, ist
lebensnotwendig für mich, lasse ich es weg versterbe ich (so kann ich mich auch
selbst töten).
Die Hebamme meinte ich könnte auch ein Mädchen sein. Aber es wurde dann doch
entschieden ich sei ein Junge (die vergrößerte Klitoris hielt man für einen
Mikropenis). Ich wurde also als Junge, obwohl keine Hoden vorhanden, beim
Standesamt angemeldet und entsprechend erzogen. Als Kleinkind sagte ich öfter
ich sei ein Mädchen, aber meine Eltern hielten das wohl für das übliche
Kindergerede, konnten mit meinen Äußerungen nichts weiter anfangen.
Mit 3-4 Jahren rutschte ich in die vorgezogene Pubertät mit allen Folgen
(beim unerkannten AGS produziert die Nebenniere zuviel Androgene, diese lösen
beim unerkannten AGS die vorgezogene Pubertät aus). Ich litt unter
fürchterlichen Bauchschmerzen, Größenwachstum setzte ein (ich war der Größte in
der Grundschule, einfach schrecklich!! Die anderen Kinder haben mich gemieden
wie die Pest, ich war immer alleine, fand keine Freunde) mit vorzeitigem
Wachstumsstop (ich bin jetzt so "groß" wie mit ca. 12 Jahren), "da unten"
ebenfalls Wachstum ohne Ende. Das alles hat aber niemanden interessiert, weder
meine Eltern noch dem Haus-"arzt". Ich habe jeden Tag geweint vor Entsetzen und
Angst, Schmerzen und Hilflosigkeit. Hat aber auch niemanden interessiert. Ich
wurde nicht weiter wahrgenommen oder registriert. Ich blieb allein. Ich war
ständig krank und kränkelnd, habe (fast) jeden Tag instinktiv Salz gegessen,
tat mir immer gut. Hat auch niemanden interessiert. Andere Kinder essen
Süßigkeiten, ich aß Salz. Wußte da natürlich nicht, daß dies mein "Leben"
retten würde. Ich war nur irritiert, gefühlsmäßig durcheinander, denn ich
fühlte mich doch eher als Mädchen, konnte nicht viel mit den üblichen
Jungenspielen anfangen, bekam aber nie Erklärungen für mein Anderssein und
meine "gegengeschlechtlichen" Gefühle. Aber da ich eher einem Jungen ähnelte
und einen männlichen Vornamen hatte (immer noch habe!) glaubte ich mit der Zeit
ich sei dann doch eher ein Junge und versuchte meine kindlich-mädchenhaften
Gefühle zu unterdrücken, auch um nicht den Verstand zu verlieren und um zu
überleben mußte ich mich anpassen.
Ich konnte mich gefühlsmäßig und körperlich nicht weiterentwickeln. Die
vorgezogene Pubertät hat sehr viel an meinem "Leben" unwiederbringlich
zerstört. Ich nehme heute noch meine kindlich-naiven-mädchenhaften Gefühle
wahr, das kleine angstvolle, leidgeplagte, schutz- und hilflose, auf der Treppe
sitzende, weinende Mädchen tief in mir.
Die normale Pubertät wie viele sie wohl kennen und erfahren, durchlebt
haben, kenne ich nicht. Ich weiß nicht welche geheimnisvollen Bande da betätigt
werden, daß "Mann" und "Frau" zueinander finden, sich ineinander verlieben
(können) usw. Ich kenne diese und andere Gefühle nicht. Ich blieb (und bleibe)
ein Außenseiter und allein.
Die anderen wachsen - ich nicht. Interessiert auch niemanden, nur mich.
Jetzt war ich auf einmal der Kleinste (Hauptschule/Gymnasium). Wieder nur Hohn
und Spott von den anderen Kindern, auch vom Lehrer. Ich wurde weiter gemieden,
warum auch nicht?! Ich mußte mich schon früh daran gewöhnen ständig beleidigt
und verspottet zu werden, wurde als Grundschulkind ja schon überall gedemütigt,
auch von den Nachbarn. Es war das reinste Spießrutenlaufen der Weg zur Schule
und zurück. Oft schlug mir der blanke Haß entgegen, wenn es erlaubt gewesen
wäre hätten mich auch die Erwachsenen geschlagen. Ein Erwachsener hat es mal
getan, schlug mir auf meinen krummen Rücken (ich bekam aufgrund des
beschleunigten Längenwachstums einen runden Buckel, wie die alten Hexen in den
Märchen).
Bin stehengeblieben, hab den nur angeschaut. Hat er nicht lange aushalten
können, er verschwand dann wortlos in sein Haus. Hat er nie wieder getan,
nur weiter mit Worten geschlagen. Seinen haßerfüllten kalten Blick werde ich
nicht vergessen. Ich ging öfter über Schleichwege um denen zu entkommen. Hat
nicht immer funktioniert. Manche Kinder verfolgten mich mit dem Rad, ich bin
stur geradeaus gegangen, bloß keine Angst zeigen, sonst wird alles nur noch
schlimmer! Hat auch geholfen, irgendwann war ich denen zu langweilig geworden,
weil ich darauf nicht reagiert habe. Hat zu Hause aber auch niemanden
interessiert. Ich war auf mich allein gestellt, angewiesen, irgendwie
überleben, innerlich. Da war ich ca. 6 - 10 Jahre alt.
Jugendzeit/Pubertät habe ich nicht gehabt, kenne ich nicht, ich mußte als Kind
sofort erwachsen werden um überleben zu können. Mit 16 dann auf einmal
"Leistenhoden" (Haus-"arzt"). Ich ab in die Urologie des nächsten Ortes (ich
wuchs in ländlicher Umgebung auf). Diese finden aber Ovarien, entnehmen
Histologie. Pathologe sagt: "Nebenhodengewebe und Ovarien" und bleibt dabei.
Also bin ich ein Zwitter. Wurde mir auf menschenverachtende Weise mitgeteilt.
Haus-"arzt":
"Du bist kein Mann! Du bist auch keine Frau! Du bist ein Zwitter! So
Menschen wie dich hat man früher auf dem Jahrmarkt ausgestellt und damit Geld
verdient! Das kannst du ja auch mal ausprobieren, da bist du eine Kuriosität,
eine Sensation!" Er lachte dabei. Meine Eltern waren da nicht bei mir.
Ich war und blieb allein.
Durch diese demütigende Art der Mitteilung rutschte ich in einen
Schockzustand. Ich wollte mich auf der Stelle umbringen. Den psychischen und
körperlichen Schock hat niemand erkannt. Der Psychologe erklärte es mir im
vergangenen Jahr, habe 30 Jahre nicht gewußt, daß ich dadurch einen Schock
erlitten hatte. Dieser grauenvolle Zustand hielt tagelang an, ich konnte nicht
sprechen und war fast unfähig zur Schule zu gehen, traue mich seitdem kaum noch
unter Menschen. Ich war und blieb allein. Da war niemand, der mich irgendwie
aufgefangen oder getröstet hätte. Ich mußte allein damit fertig werden,
versuchen das zu verkraften. Durch diese Art der Mitteilung Entstehung meines
"Monstergefühls" (Anderssein-Gefühl seit ich denken kann) und Vertiefung meiner
inneren Isolation. Ist bis heute geblieben. Ich verkroch mich jede Nacht in
unseren finsteren kalten Keller, ein Untier, ein klauenbewehrtes, schwarzes,
klumpiges Monster eben. Dort Ausarbeitung meines Suizidplanes. Meine ältere
Schwester brachte mich kurz vor Ausführung des Suizids (hätte ich getan!) in
die Uni Köln. Irgendwie bin ich beim Endokrinologen hängengeblieben (Chirurgie,
Gynäkologie, Plastische Chirurgie). Die übliche, für uns Intersexe normale
Tortur begann (da wußte ich das aber noch nicht, daß dieser Umgang als "Normal"
betrachtet wird, seitens der Mediziner, wird bis heute gemacht, interessiert
aber niemanden!!!!), einschließlich der gegen meinen ausdrücklichen Willen
gemachten GANZKÖRPERNACKTAUFNAHMEN mit PORTRAITS meines intersexuellen
GENITALES!!! Ich wurde vom Stationsarzt GENÖTIGT!! Mit knapp 17 Jahren wurde
ich von einer FRAU! NACKT FOTOGRAFIERT!!, mußte mich vor ihr AUSZIEHEN!! Ich
habe mich zu TODE GESCHÄMT! Dabei GEZITTERT und GEWEINT, dabei HOHN und SPOTT:
" Wir gehen mit Ihren Fotos nicht hausieren, nicht von zu Tür zu Tür um sie zu
verkaufen...!" Sie LACHTEN dabei!! Ich bin innerlich endgültig zerbrochen. Das
habe ich bis heute NICHT VERKRAFTET!!! Im OP-Saal wurde ich ebenfalls
GEGEN MEINEN WILLEN FOTOGRAFIERT!! Interessiert auch NIEMANDEN!! Verstöße gegen
die GG, Menschenrechte usw. Interessiert NIEMANDEN!!!
Studentenvorführungen mit Streaptease-Einlagen! Selbstverständlich OHNE
vorherige Aufklärung oder meine Einwilligung! Die haben sich benommen wie...!!!
Unmögliches, grauenhaftes "Benehmen"!! Nur Gekicher und voyeuristisches
Gegaffe! Kein bißchen Anstand! Ich glaube, die kannten das Wort überhaupt
nicht! Ich fühlte mich wie ein Tier im Zoo! Nein, schlimmer! Denn dieses wird
menschlich behandelt! Ich war eben ein Untier, ein Monster, eine Kuriosität!!
Absichtliche Einschüchterungen seitens des behandelnden Arztes: " Warum kommen
Sie jetzt erst!!!? Was denken Sie denn, was ich jetzt noch für Sie tun soll!!!?
Wie haben Sie sich das gedacht!!!? Seien Sie froh, wenn ich noch einen Arzt
finde, der Sie noch operiert, das wird alles im Kindesalter gemacht!!!"
Körpervermessungen - wozu benötigen die meinen Kopf- und Beckenumfang, Arm- und
Beinlängen?? Absichtliche Falsch- und oberflächliche Aufklärung, unterlassene
Hilfeleistung, die haben GEWUßT!!!, daß ich höchstgradigst SUIZIDGEFÄHRDET!!
und ALLEINE!! war und haben NICHTS UNTERNOMMEN!! KEINE HILFEANGEBOTE!!!
Falsche Diagnosen: Gonadendysgenesie, wahrer Hermaphroditismus,
Pseudohermaphroditismus, Turnersyndrom, Klinefeltersyndrom, AGS und wieder
wahrer Hermaphroditismus. Angeblich "der einzige Fall in ganz Deutschland mit
dieser Konstellation" und ob es mich nochmal gibt auf dieser Welt: "Ja, das
wissen wir nicht so genau, aber denken können wir uns das schon, daß es Sie mit
dieser Konstellation noch mal gibt...". Na, wenn man sich da nicht einsam und
gottverlassen fühlt auf dieser Welt und tief verzweifelt ist...
Unterlassene Hilfeleistung auch von seiten des Psychosomatikers: " Nach
Beendigung aller Behandlungen sind wir an einem weiteren Gespräch sehr
interessiert." Das sagt alles: auch für ihn war ich nur ein Experiment!!
Ausleuchtung meiner sexuellen Orientierung. Ich mußte ihm meine intimsten Dinge
erzählen!! Er hat diese brühwarm an Dritte weitergegeben!!
Dieses ....!!! INTELLIGENZTEST!!! WOFÜR????????? Sind Zwitter und Pseudozwitter
geistig behindert!?? Manche "Ärzte" vermuten dies bis heute!!! Er bescheinigte
mir eine "gut ausgebildete Intelligenz"!! Ist doch auch schon mal was -
oder???
Alles unter Zwang und Drohungen: " Wenn Sie meinen Sie bräuchten nicht
mitmachen oder Sie könnten mich täuschen, haben Sie sich geirrt!! Ich werde das
sofort merken!! Ich kann auch anders!!!" Ich dachte der sperrt mich für immer
weg! Also tue ich was er von mir verlangt! Wenn ich wüßte, daß er noch lebt und
wo er wohnt - ich würde ihn besuchen und ihm gehörig den Kopf waschen, er ist
ja an einem weiteren Gespräch sehr!! interessiert!! Bietet mir KEINE HILFE!!
an!! War für ihn wohl normal, daß ich als Zwitter unfruchtbar bin und kastriert
werden soll und ich mit meinen 17 Jahren mit allem alleine fertig werde!! Der
wußte BESTENS!! über mich Bescheid, selbst meinen Chromosomensatz (steht in
seinem Begleitbrief!)!!
Ich landete dann als "echter Zwitter" auf dem OP-Tisch und wurde
geschlechtsumgewandelt in einen kastrierten Pseudohermaphrodit ( "... normale
weibliche Anatomie... Entfernung aller intraabdominell gelegenen weiblichen
Organe...").
Selbstverständlich OHNE MEINE EINWILLIGUNG!!! und OHNE ENTSPRECHENDE
AUFKLÄRUNG!!! Wozu auch???
Der ausschlaggebende Grund für meine OP-Einwilligung war das mir gegenüber
erwähnte evtl. Entartungsrisiko meiner angeblich unterentwickelten, "nicht
richtigen Eierstöcke und des verkümmerten Hodengewebes", diese sind entstanden
durch meine "nicht richtigen Chromosomen, diese bestehen aus abgebrochenen
Chromosomenstücken, die sich falsch zusammengefügt haben. "
Ob ich XX oder XY habe?: "das wissen wir nicht so genau, vermutlich beides.
Fragen Sie in einem halben Jahr nochmal nach, vielleicht wissen wir dann mehr.
Das ist eine hochkomplizierte und sehr teure Untersuchung!" "Aufklärung", die
ich erhielt!!!
Unterschrieben hatte ich "nur" für eine "Laparotomie". Ist das, nennt "Arzt"
DAS eine "korrekte, vollständige Aufklärung"!!!!??? Meine NORMALEN!!
WEIBLICHEN!! XX- Chromosomen waren den Ärzten bestens!!! und bereits seit
MONATEN!! VOR meiner ZWANGSKASTRATION!! BEKANNT!!!
Obwohl der Operateur meine "normale weibliche Anatomie" erkannt hat, hat er
weitergemacht!! und mich KASTRIERT!! Anstatt das Messer wegzulegen und weitere
Diagnostik zu betreiben!! ÄRZTEPFUSCH und ZWANGSKASTRATION!!
SCHWERE und GEFÄHRLICHE KÖRPERVERLETZUNG!!! Verstoß gegen § 226 STGB!!
Darauf steht Freiheitsentzug, KNAST!! für mehrere Jahre! Leider VERJÄHRT!! Da
hat der "Arzt" Glück gehabt!! Ich wurde kastriert, weil ich angeblich ein
"echter Zwitter" war!! Darum hat er weitergemacht! Sonst hätte er aufgehört und
mich wieder zugenäht, mir meine GESUNDEN!! WEIBLICHEN GESCHLECHTSORGANE!!
gelassen!! Die haben falsche Diagnosen gestellt!!! Aber der "Arzt" hat TROTZDEM
weiter operiert!!!
Ich wurde absichtlich NICHT AUFGEKLÄRT!!! "Die obig genannten Diagnosen
dürfen ihm auf keinen Fall mitgeteilt werden...",
Schreiben aus dem Jahre 1979!! ZWEI!! Jahre nach meiner von mir NICHT
GENEHMIGTEN!!! Kastration war ich immer noch nicht aufgeklärt, auch nicht über
die bereits damals mögliche operative Angleichung an das weibliche Genitale!!!
Mir wurde dann gesagt ich habe AGS und benötige lebenslang Kortison. Ist das
eine "VOLLSTÄNDIGE, KORREKTE AUFKLÄRUNG"???
Ich dachte ich spinne wegen meiner "gegengeschlechtlichen" Gefühle, also halte
ich meinen Mund und tue so als ob ich ein "richtiger Mann" bin, bevor ich
wieder zu dem Psycho muß. Da hatte ich echt Angst vor, ich dachte, der läßt
mich nicht mehr laufen.
Ich wollte dann nur noch einigermaßen "normal" aussehen "da unten", also
bieten die mir eine Harnröhre an (ich hatte keine richtige, Wasserlassen war
und ist bis heute eine Qual). Laß ich dann auch machen. ZWEI!! Jahre später
bekomme ich dann ENDLICH! Kortison und Testosteron (!) gegen Osteoporose (!),
weil ich ja keine Gonaden mehr habe, die ein Hormon produzieren, das meine
Knochen zusammenhält (Aufklärung, die ich erhielt). Obwohl die Ärzte bereits
seit ZWEI!! JAHREN!! meine Erkrankung/Diagnose kannten!!! Die - NICHT ICH!!!
Die haben mir das für mich lebensnotwendige Kortison ABSICHTLICH!!
vorenthalten!! Ich nenne das MORDVERSUCH!! Ich hatte mehrere Jahre!! alle
Wechseljahresbeschwerden einer Frau (Hitzewallungen, Kälteschauer,
Schwächeanfälle, Kreislaufbeschwerden, Entfremdungsgefühle,
Benommenheitszustände), wußten die Ärzte. ICH wußte aber nicht!!, daß dies u.a.
Wechseljahresbeschwerden sind.
Woher soll ich das auch wissen?! Ich habe gelitten wie Hund, auch wegen
Kortisonmangel Beschwerden. Diese machen nur "Hormonanalysen" und schicken mich
wieder nach Hause. Durch Testosteron weitere Vermännlichung (Stirnglatze,
Bartwuchs, männlicher Behaarungstyp, tiefere Stimme u.sw.). Das Chaos tobt in
mir, Entfremdungsgefühle verstärken sich, furchtbare Identitätskrisen, ich
erkenne mich im Spiegel nicht wieder ("das da, das bin ich nicht!", das darf
ich keinem Psychiater erzählen!!), zeitweise hatte ich echte Panik den Verstand
zu verlieren, dachte immer wieder an Selbstmord.
Verstärkung des Monstergefühls, Vertiefung der inneren Isolation und
Einsamkeit, ich weiß nicht wer und was ich bin ( "Ich bin ein Dazwischen-Wesen"
- so habe ich mich selbst bezeichnet, das Wort Intersexualität war mir bis
Dezember 2005 unbekannt, nie gehört oder gelesen und dann bin ich "der einzige
Fall in ganz Deutschland"). Haß gegen mich selbst: " es wäre besser gewesen,
wenn ich als Kind gestorben wäre", "dieses Leben war es nicht wert gelebt zu
werden", "ich bin lebensunwertes Leben", zu diesen meinen über mich selbst
gemachten Aussagen stehe ich weiter!!
Jahre später die Erkenntnis: ich bin eine verstümmelte, zwangskastrierte
Frau in einem vermännlichten Körper, es wurde ALLES FALSCH!! gemacht!!! und da
stecke ich nun drin und finde nicht mehr heraus.
WARUM hat mich niemand ÜBER MICH SELBST AUFGEKLÄRT!!?? WARUM hat niemand
gesagt, was MIT MIR WIRKLICH LOS IST!!!?? WARUM bekam ich KEINE HILFE!!?? WARUM
hat man(n) ÜBER MICH GEREDET und nicht MIT MIR!!!? Warum ließen mich die Ärzte
in meinem ELEND ALLEIN!!!? WARUM bekam ich KEINE ENTSCHEIDUNGSHILFEN!!!? WARUM
bekam ich KEINE AUFKLÄRUNG!!!??? WARUM haben die Ärzte meine AÜßERUNGEN
ABSICHTLICH! IGNORIERT!!!???? - meine FRAGEN ÜBERHÖRT!!!???? Ich schaffe
es nicht aus meiner INNEREN ISOLATION, denn ICH BIN EIN MONSTER!!! und GANZ
ALLEIN AUF DIESER WELT!!! Habe ich echt GEGLAUBT bis Dezember 2005!!! Jetzt
ENDLICH!!! nach 30!!! JAHREN!!! Isolationsfoltereinzelkerkerhaft, aufgebrummt
bekommen durch das unverantwortliche Handeln der Ärzte, bekomme ich HILFE!!!
und AUFKLÄRUNG!!! brauche die "Mann"- Rolle für die Umwelt und vor mir selbst!
nicht mehr spielen, darf ENDLICH ZU MIR SELBST FINDEN!!! Psychologe sagt ich
habe eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt aufgrund der damaligen
menschenverachtenden Ereignisse, bin jetzt auf Tiefenpsychologie, die kramt
mächtig in meiner Seele rum, der ganze unverarbeitete Mist, der mir zugefügte
Schmerz seit meiner frühen Kindheit, alles, bzw. vieles wird wieder aktuell,
die vielen ungeweinten Tränen wollen endlich geweint werden, das muß ich alles
noch lernen, ich will ihr aber auch nicht ständig was vorheulen, also schlucke
ich sie wieder herunter - wie damals und versuche wieder zu "vergessen" - wie
damals, geht aber nicht mehr, Psychologe sagt ich habe nur verdrängt. Ja, das
stimmt, die Ereignisse begleiten mich auf Schritt und Tritt.
Letztes Jahr Antrag (2006) gestellt für die "chirurgische Wiederherstellung
meines Geschlechtes im Sinne von AGS -weiblich". Und Antrag beim Amtsgericht
wegen Personenstands- und Vornamensänderung. Jetzt sitzt mir der MdK-Gutachter
im Nacken, verlangt von mir die geänderte Personenstandsurkunde, denn ohne
Urkunde keine Empfehlung des Gutachters, keine Empfehlung - keine Kostenzusage
meiner Krankenkasse - keine Kostenzusage - keine "Rekorrektur-OP" - keine
"Rekorrektur-OP" - keine geänderte Personenstandsurkunde. Oder ich laufe über
das Trans-Verfahren, genau DA!!! WILL MICH DER GUTACHTER HINEINZWINGEN!!!! ABER
DAS LASSE ICH NICHT ZU!!!!!!!!!!!!!!!!!! LIEBER BRINGE ICH MICH UM!!!!!!!!!!
ICH BIN NICHT TRANSSEXUELL!!!!! Deshalb jetzt auch noch der Kampf mit dem
Amtsgericht wegen meiner Urkunde, diese ist MEINE EXISTENZGRUNDLAGE!!!! FÜR
MEIN NEUES LEBEN!!!! Der Amtsrichter und diverse andere Beamte versuchen
ebenfalls - wie der selbstherrliche Gutachter!! - mich mit den
Transsexuellen in einen Topf zu werfen, trotz eingereichter Unterlagen und
deutlich formulierten Erklärungen über Intersexualität, also über mich. Überall
stoße ich auf Ignoranz, Inkompetenz, Zynismus, Arroganz und abgrundtiefe
Menschenverachtung! Ich fühle mich um mein Leben BETROGEN! ICH WILL ES
WIEDERHABEN!! 30!! Jahre!! Zwangsisolationsfoltereinzelkerkerhaft mit
allen psychischen Folgen. Darunter leide ich bis an mein Lebensende, ganz zu
schweigen von den körperlichen Folgen der Geschlechtsumwandlungs-OP`s (die
haben mir eine Geschlechtsumwandlung untergeschoben und ich habe es erst
letztes Jahr kapiert!!!!), 27 Jahre Falschbehandlung mit gegengeschlechtlichem
Hormon Testosteron "gegen Osteoporose" (!!!???)!!!
Ich MUßTE!!! dieses Hormon gleichzeitig mit dem Beginn meiner
Kortisontherapie erhalten, damit ich NICHT!!!!!! VERWEIBLICHEN!!! konnte!!!
Denn, als ich ENDLICH!!! Kortison erhielt, wurde dadurch mein
Nebennieren-Defekt aufgehoben, die Nebenniere hört dann auf, Androgene zu
produzieren, ich kann NICHT WEITER VERMÄNNLICHEN!!, sondern mein Körper beginnt
zu VERWEIBLICHEN!! Das ist mit ein Grund, warum die kleinen AGS-Mädchen
Kortison erhalten - damit diese nicht weiter vermännlichen können!! Abgesehen
von der Unterbindung der Salzverlustkrisen, die zum Tode führen können, ist ein
willkommener Nebeneffekt, das mit der Unterbindung der Vermännlichung durch
Kortisongabe bei AGS. Mit dieser "Aufklärung" konnten mir die Ärzte dieses
Hormon unterjubeln!!!Seit wann bekommen FRAUEN TESTOSTERON GEGEN
OSTEOPOROSE!!!???? Ganz abgesehen davon war ich mit Anfang 20 bestimmt noch
NICHT!! osteoporosegefährdet!!!
Ich möchte nicht wissen, welche nicht mehr zu korrigierende Schäden mein
weiblich angelegter Körper dadurch erlitten hat!!
Nehme jetzt Östrogen. Den ganzen Weg jetzt noch mal gehen, das steckt mein
verstümmelter, zerschnittener und zerschundener Körper nicht so leicht weg!!
Das alles geht echt an die Substanz und ständig rennen mir die damaligen
Ereignisse hinterher, ich habe die Sätze wieder im Kopf, die Szenen spulen sich
ab wie im Film.
Ich bin ein psychisches Wrack, ein medizinische Katastrophe und eine
menschliche Tragödie, aber bestimmt NICHT!! "der einzige Fall in ganz
Deutschland"!! "Danke" an die Ärzte!!! Jetzt auch noch Tinnitus, der zerrt sehr
an den Nerven. Nur wenn ich arbeite habe ich etwas Ablenkung, oder ich fahre
mit Bus und Bahn ziellos durch Düsseldorf, irgendwohin, hauptsache weg. 30
Jahre und länger Allein-Gelassen-Sein - 30 Jahre ganz allein, jeder Tag ein
Überlebenskampf, ich finde keine Kontakte, bin innerlich immer noch isoliert,
ich finde da nicht heraus, muß mich an Menschen erst wieder gewöhnen. 30 Jahre
hatte ich niemanden zum Reden, erst letztes Jahr bei euch in Bad Orb (2006). 30
Jahre "der einzige Fall in ganz Deutschland"... habe ich echt geglaubt,
verfluchte Isolation innen und außen.
Inzwischen ist in DER SPIEGEL ein
Artikel über Intersexualität erschienen, der unter anderem über Christiane und
den
Prozess am 12.12.2007 am Kölner Landgericht berichtet, in dem Christiane
ihren damaligen Arzt wegen Körperverletzung anklagt.
Nachtrag 25.9.10: Inzwischen hat Christiane ihre bewegende Geschichte
auch
in Buchform veröffentlicht.
Buchbesprechung von Nella:Christiane
Völling: "Wie beginnt man den Rest seines Lebens?" Die Biografie einer
Überlebenden
Christianes Prozess auf diesem Blog:
- Alle Posts zu
Christiane Völling auf Zwischengeschlecht.info
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Pressemitteilung
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Demoaufruf 1. Prozesstag
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Bericht 1. Prozesstag
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Zwitter-Demo in der "Rundschau" und auf "Planetopia"
- Pressespiegel
1. Prozesstag
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Warum Christiane Völling zur Transsexuellen gemacht werden soll
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Wegen Zwitterprozess: Druck auf Ärzte wächst
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Bericht und Pressespiegel 2. Prozesstag
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Christiane: Der Kampf geht weiter
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Bericht provisorischer Entscheid OLG
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Bericht definitiver Entscheid OLG
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Pressespiegel definitiver Sieg vor OLG
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Zwitterprozess: Verurteilter Chirurg will nicht zahlen!
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Zwitterprozess: Verurteilter Chirurg als Gutachter für
Behandlungsfehler
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"Schmerzensgeld-Prozess" - Sat1 NRW 19.5.09
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Zwitterprozess: 100'000 Euro plus Zinsen Entschädigung für genitale
Zwangsoperation
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Zwitterprozess: Zwangsoperateur gibt sich geschlagen und
bezahlt!
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Pressemeldungen zum "Zwitterprozess"
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