Wie das "Netzwerk DSD"/"Euro DSD" die "Lübecker Studie" frisiert
By seelenlos on Wednesday, June 17 2009, 06:02 - Die Mediziner - Permalink
>>> "EuroDSD": Lübecker Zwitterstudie frisiert (Pressemitteilung 14.11.09)
>>>
PDF 2.3 Mb
-> S. 3 (Vortrag Berlin 27.05.2009, Folie 6)
Nach wie vor sind 90% aller Diagnostizierten zwangsoperiert
Bisher hoben sich die BMBF-finanzierten Netzwerk-Studien wohltuend ab von unseriösen Vorgängerprojekten à la Meyer-Bahlburg, die von vornherein auf Pro-Zwangsops designt waren und prompt auch Resultate brachten, die frappant an realkommunistische Wahlresultate erinnerten.
>>> Das Corpus
Delicti als PDF (2.34 MB):
Martina
Jürgensen: "Klinische Evaluationsstudie im Netzwerk DSD/Intersexualität:
Zentrale Ergebnisse", Vortrag 27.05.2009
Die diversen Veröffentlichungen zur "Hamburger Studie" und die Vorabveröffentlichung der "Lübecker Studie" wirkten demgegenüber einiges glaubwürdiger und redeten immer (zumindest auch) Klartext. Einige Beispiele: >>> mehr
- Zwangsoperierte Zwitter haben eine höhere Selbstmordrate als nicht-traumatisierte Nicht-Zwitter, vergleichbar mit traumatisierten Frauen nach körperlicher Misshandlung oder Kindesmissbrauch. (Schützmann/Brinkmann/Richter-Appelt, Arch Sex Behav. 2009 Feb;38(1):16-33)
- Genital zwangsoperierte Zwitter haben signifikant mehr Angst vor
sexuellen Kontakten und mehr Angst vor Verletzungen beim Geschlechtsverkehr als
"nur" zwangskastrierte. (Vortrag von Hertha Richter-Appelt, 19.4.2009)
- "Menschen, die mehr als drei Operationen im Zusammenhang mit der besonderen Geschlechtsentwicklung erlebt haben, haben im Bereich körperliche Schmerzen eine niedrigere Lebensqualität als Menschen mit wenigen oder gar keinen Operationen." (Vorabbericht zur Lübecker Studie, S. 22)
But the times they are a-changing!
Mittlerweile sind die Hamburger ja aus dem "neuen" Netzwerk DSD und der Nachfolgeorganisation "EuroDSD" irgendwie draussen. Und aus Lübeck weht nicht erst seit gestern nicht nur für Zwitter, die an der Studie teilnahmen und auf weitere Veröffentlichungen mit Klartext gehofft hatten, ein mittlerweile deutlich rauherer Wind .
Schon nach der Vorabveröffentlichung Ende 2008 waren Stimmen laut geworden, die befürchteten, künftige "offizielle" Publikationen würden auf Kosten der Zwangsoperierten wohl wieder mehr auf medizynerfreundlich getrimmt (--> 3. e) Kritische Anmerkungen).
Weiter hatte das "Netzwerk DSD" unter den Zwischengeschlechtlichen weitherum Empörung ausgelöst wegen des mehrfach gebrochenen Versprechens, Teilnehmende würden die Publikation im Voraus zu lesen bekommen mit der Möglichkeit zu Kommentaren (ähnlich der DGKJ-Leitlinie). Ausserdem war Zusammenarbeit mit Zwitterorganisationen Bedingung bei der Vergabe der BMBF-Gelder für das Netzwerk!
Doch noch die pessimistischten düsteren Vorahnungen wurden nun vom "Netzwerk DSD"/"EuroDSD" an einem Vortrag über die "Lübecker Studie" an einem Fachgespräch im Bundestag vom 27.05.2009 deutlich übertroffen! >>> Bericht von Kitty
Betreffend der zentralen Frage, ob die Zwangsoperierten durch diese menschenrechtswidrigen Eingriffe mit oft verheerenden Folgen in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt werden, behauptete die von Lübeck als Expertin an die 2. Anhörung der Bundestagsfraktion der Grünen delegierte Martina Jürgensen schamlos und mit noch krasserer Durchgängigkeit als seinerzeit Meyer-Bahlburg, nämlich 100% ausnahmslos:
- keine Unterschiede bei der LQ [Lebensqualität] (Gesamtwert) bei unterschiedlichen medizinischen Interventionen
bzw.
- keine Unterschiede zwischen operierten und nicht-operierten Personen
usw.
Wie gesagt, durchgängig 100%ig das selbe Fazit, egal ob es sich um die Lebensqualität, psychische Gesundheit oder "psychosexuelle Entwicklung" von Kinder, Jugendlichen oder Erwachsenen handelt – JEDESMAL, wenn überhaupt ein Vergleich Zwangsoperiert–Nichtoperiert gemacht wird!
Kommt dazu: Von den über Dreijährigen Teilnehmer_innen der Studie waren laut dem Vortrag ingsesamt nach wie vor 87%-91% Prozent kosmetisch zwangsoperiert – davon ein Fünftel mindestens 3 Mal! Willkommen im 21. Jahrhundert!
--> PDF S. 3
>>> Das Corpus
Delicti als PDF (2.34 MB)
Unter den anwesenden Zwischengeschlechtlichen war die Konsternierung gross, und noch ein Arzt sagte mir später im Gespräch, eine solche Verfälschung hätte er nicht erwartet.
Zwar räumte Martina Jürgensen einmal mehr ein, auch laut der "Lübecker Studie" gäbe es einen "grossen"
- Problembereich von Jugendlichen und Erwachsenen mit DSD: Partnerschaft und Sexualität [vgl. auch Vorabbericht]
Just bei diesem "grossen Problembereich" unterschied Martina Jürgensen dann übrigens nicht mehr nach Operierten und Nicht-Operierten. (Auch über die – auch laut der Lübecker Studie notorisch schlechte – Behandlungszufriedenheit der Zwangsoperierten schwieg sie sich durchgehend vormehm aus.)
In der auf den Vortrag folgenden Diskussionsrunde sprach ich Martina Jürgensen sowohl auf die u.a. ihrem eigenen Vorabbericht widersprechende Behauptungen an, Operierte hätten insgesamt keinerlei Nachteile gegenüber Nicht-Zwangsoperierten Zwittern, wie auch auf die Auslassung des Vergleichs zwischen Zwangsoperierten und Nicht-Operierten ausgerechnet beim zentralen "grossen Problem".
Im ersten Anlauf wollte Martina Jürgensen grösstenteils gar nicht verstehen, worum es ging. Als ich nochmals nachhakte, gab sie dann zu verstehen, jetzt wisse sie, was ich meine, aber durch ein grössere Vergleichsgruppe als bei den Resultaten der Vorabveröffentlichung hätten sich deshalb die Resultate geändert, ausserdem bestehe auch bezüglich des Problemfelds Sexualität und Partnerschaft keine Unterschiede zwischen Zwangsoperierten und Nicht-Operierten, da gebe es "keine Korrelation". Danach war die Diskussion dazu (welche die Gesprächsleiterin der Grünen am liebsten schon vorher abgeklemmt hätte) zu Ende.
Mittlerweile traue ich Martina Jürgensen et. al. und dem "Netzwerk DSD"/"Euro DSD" voll und ganz zu, dass sie solches (und weiteres) auch künftig in den "offiziellen" Publikationen zur Studie bevorzugt absondern werden. So besehen macht es auch durchaus Sinn, dass das "Netzwerk DSD" es vorzieht, langjährige Versprechen gegenüber den Studienteilnehmer_innen zu brechen und und lieber hinter den Rücken der Zwangsoperierten zu publizieren.
Mal abgesehen davon, dass bei Vergleichen innerhalb der Untersuchungsgruppe
(wie z.B. Zwangsoperierte vs. Nicht-Operierte) die Vergleichsgruppe gar keine
Rolle spielt (!), und es schlicht weltfremd ist, zu behaupten, dass
Zwangsoperierte zwar laut
Vorabbericht der "lübecker Studie" häufiger "körperliche
Schmerzen" im Genitalbereich haben (S. 22), dies aber angeblich
ausgerechnet im "grossen Problembereich [...] Partnerschaft und
Sexualität" keine Auswirkungen haben soll.
Dass das "Netzwerk DSD"/"EuroDSD" solches offiziell so
rumposaunt (und die Grüne Bundestagsfraktion es prompt nicht bemerkt
haben will, s.a. bei
Kitty), ist ein herber Schlag ins Gesicht und eine klare
Kriegserklärung an alle Zwangsoperierten, die mit ihrer Behandlung nicht
zufrieden sind (auch laut der Vorabveröffentlichung der "Lübecker
Studie" klar die Mehrheit!).
Diese Desinformation ist die offensichtlich Antwort des "Netzwerks
der unverbesserlichen Zwangsoperateure" auf die neu erstarkte Zwitterbewegung,
auf das zunehmend öffentlich bekannt werden der Menschenrechtsverletzungen
durch die genitalen Zwangsoperationen und der Forderung der Zwangsoperierten
nach "Menschenrechte auch für Zwitter!"
>>> Das Corpus
Delicti als PDF (2.34 MB):
Martina
Jürgensen: "Klinische Evaluationsstudie im Netzwerk DSD/Intersexualität:
Zentrale Ergebnisse", Vortrag 27.05.2009
An der Veranstaltung waren übrigens auch mehrere Mitglieder sowohl von IVIM (die vor Beginn ein Faltblatt verteilten) wie auch von Intersexuelle Menschen e.V. anwesend. Bisher haben beide Organisationen noch nicht öffentlich Stellung zu diesem ungeheuerlichen Vorgang bezogen ...
Nachtrag: Wichtiger Vorschlag von Einhorn, wie gegen die Verfälschung der "Lübecker Studie" vorgegangen werden kann, hier in den Kommentaren.
>>> 150 Jahre
Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>>
Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Fakten und Zahlen
>>> "EuroDSD": Lübecker Zwitterstudie frisiert (Pressemitteilung 14.11.09)
Siehe auch:
- Bericht von Kitty über das
Fachgespräch vom 27.5.09 und das Corpus delicti
-
Fachgespräch der Grünen, Berlin Mi 27.5.09 14-18h
-
"Netzwerk DSD"/"Euro DSD": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für
Zwangsoperateure
-
Wie das "Netzwerk Intersexualität/DSD" seine Versprechen
bricht
-
"Euro-DSD"-Zwangsoperateure: transsexuell =
intersexuell??!
-
Netzwerk DSD/Intersexualität und wir Intersexuellen - Mitsprache geht
anders
-
Ersatzhormone für Zwangskastrierte auf Kasse! "Netzwerk DSD" zum Handeln
aufgefordert
-
5. Treffen Netzwerk Intersexualität Kiel 6.9.2008
-
"Netzwerk DSD"-Chef Olaf Hiort: "keine Qualitätskontrolle" bei
Zwangsoperationen an Zwittern
-
"Medizinische Intervention als Folter" - Michel Reiter
30.6.2000
Comments
Der gefährlichste Mann und die gefährlichste Frau im Staate:
Zitat:
"Erschreckender als der desinteressierte Arzt ist derjenige, der die Heilbehandlung eines Menschen von dessen gesellschaftlichem Wert abhängig macht - er wird, so der Arzt Christoph W. Hufeland (1762 - 1836), leicht zum gefährlichsten Mann im Staate."
libes einhorn, der "nützlichkeitsgedanke" spielt wohl auch bei vielen zwangskastratorInnen mit -- erst kürzlich musste ich mich von eineneR medizynerIn sagen, bei menschen mit CAIS wären gonaden doch sowieso überflüssig ... so nach dem motto, wenn unfruchtbar, dann kann doch nach belieben "ausgeräumt" werden, worüber beschwert ihr euch eigentlich überhaupt?! wovon ja auch (nicht nur ältere) frauen betreffend hysterektomie ein lied singen können, was hier auch schon eine solidarische frau in einem kommentar bemerkte: https://blog.zwischengeschlecht.info...
der artikel, aus dem dein zitat stammt http://www.prozak.de/prozak/Archiv/... zeigt ein weiteres feld auf, wo charakterlich gestörte medizyner sich regelmässig ethisch und moralisch taub stellen, nämlich im strafvollzug, wo die medizynische "behandlung" von vielen ausschliesslich als eine besonders drastische form von (körperlicher) bestrafung gehandhabt wird. leider ist das ebenfalls etwas ein gesellschaftliches tabu, bzw. viele halten entsprechende berichte als übertrieben oder erfunden oder wissen gar nichts davon. auch ich wurde erst durch eigene erfahrung wirklich aufgeklärt: http://www.ssi-media.com/knast/MedC...
auch in der psychiatrie werden ja grundrechte und behindertenkonventin von moralisch gestörten medizynern und ihren brötchengebern ebenfalls unbeirrt nach belieben zurechtgebogen: http://www.psychiatrie-erfahrene.de...
kommt dazu, dass ja auch z.b. die menschlich gestörten medizyner der nazizeit bisher nie wirklich zur rechenschaft gezogen wurden (prominentes beispiel: josef mengele), sondern im gegenteil meist ungebrochen weiter karriere machten (z.b. butenandt), siehe auch https://blog.zwischengeschlecht.info...
die aktuelle krasse manipulation der studienergebnisse des netzwerks halte ich für besonders gefährlich, da sie offensichtlich daraufhin massgeschneidert ist, einer ohnehin schon ethisch gestörten bundesregierung gezielt weitere rechtfertigungsgründe zu zuzuarbeiten (prompt fiel auch der startschuss dazu bei einer politischen anhörung im bundestag ...) hier sind wirksame gegenstrategien dringend gefragt!