Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (III): 4 Artikel von solidarischen Nicht-Zwittern + Updates
By seelenlos on Friday, September 11 2009, 20:35 - Die Medien - Permalink
Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!
Nach einigen Beispielen generell bekloppter Berichterstattung sowie einem krassen Fall von Medizynerpropaganda diesmal ein Hinweis auf 2 gelungene Artikel von "ExpertInnen", die sich in Sachen Zwitter nicht zum ersten Mal kompetent zu Wort melden, gefolgt von Artikeln, die ebenfalls positiv aus der aktuellen Tragödie herausstechen.
Bereits am 26.8.09 erschien auf Freitag.de von Oliver Tolmein eine lesenswerte Zusammenfassung des aktuellen Stands der Dinge betreffend Geschlechter-Richtlinien im Sport, inkl. einer Besprechung von 2 Publikationen dazu aus ethischer Perspektive von Alice Dreger (ISNA) und Claudia Wiesemann (federführend beim Netzwerk-Ethikpapier): >>> Geschlecht kann man nicht testen
Von Kathrin Zehnder erschien in der Wochenzeitung vom 10.9.09 ein lesenswerter Beitrag aus Genderperspektive, der ebenfalls Klartext bringt (zum Lesen ins Bild links klicken, danach ev. nochmals in den Artikelscan klicken, bis er in Originalgrösse erscheint). Leider hält es die WoZ genau gleich wie die im Artikel (zu Recht) kritisierte Boulevardpresse: Erst jetzt anlässlich der unsäglichen Spekulationen über das "Geschlecht" von Caster Semenya wird "Intersexualität" plötzlich ein Thema, während auch der WoZ sämtliche Protestaktionen von Zwitterorganisationen in den letzten 2 Jahren keine einzige Zeile wert waren – in krassem Gegensatz zu manch bürgerlichem CH-Kommerzmedium (vgl. etwa den Medienspiegel zur Aktion vor dem Inselspital vom 16.8.09).
Ein Aspekt fehlt mir weiter, wenn – wie im vorliegenden Text – die Probleme der Gesellschaft mit den Zwittern schlicht unter "Homophobie" rubrifiziert werden. Dies nicht etwa, weil der Homophobievorwurf nicht zutreffend wäre. Sondern, weil der Ausdruck suggeriert, LGBT-Menschen hätten solche Vorurteile gegenüber Zwittern nicht. Was leider nicht immer zutrifft: Auch von Lesben werden lesbische Zwitter oft diskriminiert und nicht für voll behandelt, etwa, weil ihre Scheide blind endet und sich keine Gebärmutter tasten lässt (wie Betroffene berichten). Und auch schwule Zwitter mit einem Mikropenis dürften es nicht immer leicht haben (auch wenn mir persönlich hierzu keine Berichte bekannt sind). Wird mangelnde Akzeptanz von Zwittern ausschliesslich mit "Homophobie" erklärt (was bei weitem nicht nur im vorliegenden Artikel der Fall ist), so erfährt der Begriff demzufolge eine Erweiterung, die in schwul-lesbischen Kreisen wohl noch nicht überall wirklich reflektiert wurde ...
PS: Sehr schön auch: "Sie erfahren durch Zufall, wer sie sind" – hm, hab ich doch irgendwo schon mal gehört?
Nachträge 14-17.9.09: Nach wie vor werden weltweit stündlich neue Pressemeldungen veröffentlicht über Caster Semenyas entwürdigende Behandlung – allein in den letzten 16 Stunden über 70! Noch dazu erfreulicherweise je länger auch desto solidarisch-kritischere. Einige Beispiele:
>>> Katholischer Sportverband DJK verurteilt Vorgehen um Caster Semenya "Es widerspricht allen Regeln der menschlichen Würde, Vermutungen um eine eventuelle Intersexualität der jungen Frau öffentlich zu diskutieren." Warum stehen nicht mehr Verbände offensiv ein für die Menschenrechte von Caster Semenya und anderen verunglimpften Sportlerinnen?
Englische Berichte:
>>> The IAAF Rape of Caster Semenya (Streaming und mp3-Download) Gelungener englischer Radiobeitrag aus feministischer Perspektive von KPFA Women's Magazine auf Indybay. Klartext und O-Töne für einmal nicht nur aus der nördlichen Halbkugel, kurz und auf den Punkt gebracht in 2:25 (plus vorher Anmonderation der ganzen Sendung bis 0:29).
>>> Meet Genderizer--If You Want to Compete, Drop Your Pants! Insgesamt gelungener englischer Artikel der Perspektive einer gelernten Krankenschwester von Rebekah Price auf americanchronicle.com. Erwähnt "wahrscheinliche Menschenrechtsvetzungen" und bringt Klartext, worüber die meisten Artikel schweigen: "Wäre dies [einer Sportlerin aus] den Vereinigten Staaten passiert, wäre bereits ein Heer von Anwälten involviert und zu allermindestens eine Klage fällig wegen Verletzung der Privatsphäre."
>>> "Leichtathlet des Jahrhunderts" Carl Lewis solidarisiert sich mit Caster Semenya "Dies vor der ganzen Welt herauszuposaunen, ich bin sehr enttäuscht über [den südafrikanischen Athletikverband ASA], weil ich finde, sie wird ungerecht behandelt. Ihr ganzes Leben wird sie gezeichnet sein." Warum gibt es diese Meldung nirgends auf Deutsch? Nachtrag: Die Berliner Morgenpost war am schnellsten.
Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!
>>> AFI to monitor
Semenya's gender test to make out Santhi's case Der Indische
Athletikverband AFI beobachtet laut seinem Generalsekretär Lalit Bhanot das
Verfahren um Caster Semenya und erwägt eine Beschwerde gegen den Olympic
Council of Asia, welcher der Mittelstreckenläuferin 2006 im Anschluss an einem
Gentest inkl. Medien-Schlammschlacht eine Silbermedaille
aberkannte.
>>> Gender and
Athletics: India's Own Caster Semenya "Ich würde gerne wieder rennen,
aber ich weiss, dass es nicht mehr möglich ist. Ich bin körperlich und geistig
am Boden zerstört. Aber für Caster Semenya ist es noch nicht zu spät."
Santhi Soundarajan redet Klartext und solidarisert sich mit Caster Semenya!
>>> Santhi 'medal should be
returned' Santhi Soundarajan klagt an: "Aufgrund meiner finanziellen
Verhältnisse habe ich nicht die Kraft, einen einsamen Kampf zu führen. [...]
Ich wurde im Stich gelassen, meine Sportkarriere ruiniert und all meine Träume
für immer zerstört, wegen diskriminierender Ansichten der
Sportfunktionäre." Lalit Bhanot, Generalsekretär des Indischen
Leichtathletikverbandes AFI zeigt sich kampfwillig, falls Caster Semenya ihre
Medaille behalten dürfe.
>>>
Semenya and Santhi: A study in contrast Gedanken von Dr.
Ashok Ahuja, ehemals Chef der Abteilung Sportmedizin Nationales Sportinstitut
Netaji Subhash.
>>>
Let Semenya run, says India's sex test case "Ich bete, dass
sie Semenya nicht vom Laufen abhalten können. Es tut mir Leid für sie. Sie
sollte dagegen ankämpfen. Ich bin sicher, sie hat die Kraft, zu überwinden, was
mit ihr geschieht. Ich hoffe, sie wird weiterhin rennen und gewinnen. Meine
Gebete werden sie immer begleiten."
>>> India
athlete makes plea for Semenya Santhi über die Aberkennung ihrer
Medaille: "Es war der grösste Schock meines Lebens. Und der Schock ist
immer noch in mir drin. Es war geistige Folter." Über die daraus
resultierende Ausgrenzung: "Jeder dachte, ich wäre eine schlechte
Sportlerin. Es war, als hätte ich ein Verbrechen verübt." Über Caster
Semeya: "Ich bin immer noch traurig. Deshalb will ich, dass Semenya
ehrenvoll behandelt wird. Sie ist eine gute Athletin. Nehmt ihr die Medaille
nicht weg. Sie sollte weiterhin als Frau starten dürfen."
>>>
Indian runner knows about gender-test backlash Santhi
Soundarajan redet Klartext, wie sie dem Selbstmord nahe war, wünscht Caster
Semenya Kraft und fordert Gerechtigkeit! Wir drücken alle Daumen!
Medienkritische Berichte aus Südafrika
>>> Semenya: the blame game
Beleuchtet die Kontroverse aus medienethischer Perpektive – was auch in
"westlichen" Redaktionen mal nicht schaden könnte ...
>>> Media is failig
Semenya Weiterer herausragender Artikel aus Südafrika und aus
medienethischer Perspektive.
>>>
We're proud of you, Semenya Und noch einer.
>>> Casting
Stones at Semenya Und noch einer.
>>>
A terrible Invasion of Privacy Und noch einer.
>>>
Ashamed to be Part of the Media ... Und noch einer.
>>> Let human decency be
first Und noch einer.
>>>
Expedient outrage and the Semenya tests Und noch einer, mit
Analyse des Artikels mit der ursprünglichen Indiskretion.
>>> Why Semenya case will change
sport forever Und noch einer, mit einer objektiven Analyse der
Verantwortlichkeiten im südafrikanischen Sportverband ASA. Auch hiervon könnten
sich speziell in den letzten Tagen noch manche "westlichen" Redaktionen ne
Scheibe abschneiden ...
>>> It's time intersexual people were protected by law Diese Veröffentlichung aus Kenia fordert tatsächlich rechtlichen Schutz für Zwitter! Wie kommt es, dass "nördliche" Redaktionen das Offensichtliche nicht sehen, geschweige denn drucken können?
>>> Diverse englische Sportmeldungen aus Südafrika Kommerzielle Sportberichterstattung auf news24.com. Könnte noch so manche Redaktion in der nördlichen Hemisphäre davon lernen ...
Siehe auch:
-
Gerechtigkeit für Santhi Soundarajan!
-
Diskriminierung von Zwittern im Sport: Der "Fall" Caster Semenya
(I)
-
Der "Fall" Caster Semenya und die Medien (II): "The Guardian" und "Freitag.de"
propagieren Genitalverstümmelungen
-
"Caster Semenya wird als Zwitter verheizt" - Tages-Anzeiger, 16.9.09
(IV)
-
Zwitter solidarisieren sich mit Caster Semenya (V)
-
IAAF offeriert Caster Semenya "Gratis Genitaloperation" (VI)
-
Caster Semenya verklagt IAAF auf 120 Mio Dollar und ASA auf 18 Mio Dollar?
(VII)
-
Sarah Gronert
-
Diskriminierung von Zwittern im Sport weltweit
-
Protest gegen Diskriminierung von Zwittern im Sport, IOC
19.11.09
>>>
Report on Discrimination of Hermaphrodites in Sports
>>>
Open Letter to IOC Chief Jacques Rogge demanding Justice for Santhi and
Caster