Deutscher Ethikrat: Erste Einschätzung zu "Intersexualität", 15.6.11

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!»Aktion & Offener Brief von Zwischengeschlecht.org, 6.2.2011 (Bild: NZZ Format)

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>>> Übersichtsseite zur laufenden Ethikrat-Anhörung 2011 
>>> Kommentar von Nella zu "Eine erste Einschätzung" 
>>> Kommentar von Nella zum Beitrag von ETEKAR  

Kann ein Zwitter Sünde sein?

Heute veröffentlichte der Deutsche Ethikrat auf dem Online-Diskurs-Blog im Anschluss an die öffentliche Anhörung vom 8.6.11 eine durchaus lesenswerte

>>> "Erste Einschätzung" (+ Kommentare):

"Ein zentraler Punkt ist das Recht der Betroffenen auf körperliche Unversehrtheit. Hier scheint es einen Konsens darüber zu geben, dass irreversible medizinische Eingriffe zur Geschlechtszuweisung so lange wie möglich hinausgeschoben werden müssen."

"Medizinische Eingriffe zur Geschlechtszuweisung betreffen den Kern des Persönlichkeitsrechtes jedes Menschen, seine Geschlechtsidentität, sexuelle Empfindungsfähigkeit und seine Fortpflanzungsfähigkeit. Hier findet das Elternrecht seine Grenzen und auch dies spricht dafür, mit solchen Eingriffen so lange wie möglich zu warten, damit die betroffenen Intersexuellen selbst entscheiden können."

Hört, hört!!

Bleibt schwer zu hoffen, dass der Ethikrat zu dieser tatsächlich zentralen Problematik in seinem Bericht Nägel mit Köpfen machen wird!!!

Und dass es NICHT wieder so läuft wie in den Parlamenten von Hamburg, Berlin und Bremen, welche die systematische Verletzung der körperlichen Unversehrtheit schlussendlich vornehm aussen vor liessen – bzw. in Berlin und Bremen gar rundheraus ableugneten, dass Genitalverstümmelungen in dortigen Kinderkliniken überhaupt stattfänden ...

>>> Kommentar von Daniela "Nella" Truffer zur "Ersten Einschätzung" 

Ebenfalls sehr lesenswert auf dem Ethikrat-Diskurs-Blog: Ein >>> Kommentar von ETEKAR mit begründeter Kritik, warum der Fokus sowohl des Betroffenenfragebogens wie auch der Anhörung infolge zentraler rechtlicher Fehlüberlegungen den Diskurs zu Gunsten der Täter verzerrt:

"[...] Der gesamte Fragekatalog ist darauf aufgebaut, dass die misshandelten Opfer den medizinischen TäterInnen beweisen müssen, dass die an ihnen einst durchgeführten medizynischen (Medizin + Zynismus = Medizyn) Interventionen Schäden bei den Opfern angerichtet haben. Diese Beweispflicht besteht im Deutschen Recht nicht, sondern umgekehrt hätte der gesamte Fragekatalog danach aufgebaut sein müssen, dass die WissenschaftstäterInnen den Opfern beweisen müssen, dass sie ihnen mit den medizynischen Interventionen in Form von chirurgischen und hormonellen Kastrationen, Genitalamputation, etc. Gutes getan haben. Den Beweis soll mal einer der anwesenden Medizinexperten anzutreten versuchen! Nicht der Patient bzw. das Opfer ist für die Rechtmäßigkeit eines medizinischen Eingriffes beweispflichtig, sondern der Mediziner! Die Mediziner müssen den Opfern beweisen, dass sie ihnen mit dem Abschneiden der Genitalien, mit der Degradierung zu asexuellen Lebewesen und mit der Degradierung zum Zwangskastraten etwas Gutes getan haben und nicht umgekehrt die Opfer, den Tätern, dass diese ihnen Schaden zugefügt haben! [...]"

"[...] Aufgrund von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG müssen weder Sie als Mitglieder des Deutschen Ethikrates noch zweigeschlechtliche Menschen sich dafür rechtfertigen und Beweis antreten, dass es für die Gesundheit besser ist, wenn funktionsfähige Körperorgane nicht entfernt werden, seien es nun funktionsfähige Hände und Füße oder Genitalien und Gonaden! Stellen Sie sich doch als Mitglieder des Deutschen Ethikrates einfach mal vor, ab dem nächsten ersten heißt es: Alle Männer müssen sich dafür rechtfertigen, dass sie ihren Penis behalten dürfen und wer dafür keinen von einem Mediziner wichtig anerkannten Grund vorweisen kann, dem wird der Penis entfernt! Und für Frauen ist es ab dem nächsten ersten genau das gleiche: Wer als Frau seine Brüste und seine Klitoris behalten möchte, muss ab dem nächsten ersten stichhaltige medizinische Beweise dafür vorbringen, dass er seine Organe behalten darf! Ansonsten werden die Organe entfernt! [...]"

Mal schauen, wie der Deutsche Ethikrat zu dieser sowohl unter Zwittern wie auch gegegenüber offiziellen Stellen schon seit Jahren immer wieder beklagten Sachlage Stellung nehmen wird ... höchste Zeit wäre es!

>>> Kommentar von Daniela "Nella" Truffer zum obigen Beitrag von ETEKAR 

>>> EKETAR über medizynische Auslöschung und die Anonymität der TäterInnen (I)
>>> Nazi-Genitalabschneider: ETEKAR nennt Namen und Kliniken (II)  

>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter 
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Fakten und Zahlen

>>> Übersichtsseite zur laufenden Ethikrat-Anhörung 2011

    
Unzensierte Version: Draufklicken (PDF, 3.3 MB)
>>> Flugblatt zur Anhörung (PDF, 3.3 MB)
         WARNUNG: 2. Seite enthält Operationsfotos!

>>> "Um den heißen Brei geredet" - Video-Statement
>>> Statement Forum 1: "Medizinische Behandlung – Indikation – Einwilligung"
>>> Statement Forum 2: "Lebensqualität Betroffener und Perspektiven"

>>> Aufforderung um Unterstützung an den Deutschen Ethikrat Dezember 2008
>>> Erneute Anfrage um Unterstützung an den Deutschen Ethikrat Mai 2009 
>>> Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates zu "Intersexualität" 23.6.2010  
>>> Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Offener Brief an das "3rd EuroDSD Symposium", Lübeck 21.5.2011
- 9. Menschenrechtsbericht: Bundesregierung deckt medizinische Verbrechen 
- Zwitter-Genitalverstümmelungen: Ethikrat gefordert
- "Ethik als Freifahrtschein für operieren auf Teufel komm raus" - Claudia Wiesemann
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen! 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag (I)
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: Business as usual (II)
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?