In den "westlichen Zivilisationen" sind die genitalen
Menschenrechtsverletzungen an Zwittern durch die genitalen Zwangsoperatioenen
wegen der langen Dauer, der Schwere der Verletzungen, der Anzahl der Opfer und
der systematischen Durchführung wohl
die gravierendsten Menschenrechtsverletzungen seit dem 2. Weltkrieg. In
"unterentwickelten Ländern" kümmern sich die selben "zivilisierten Nationen"
allerdings oft noch weit weniger um menschenrechtliche oder ethische Bedenken.
Ein weiterer Blick (zumindest teilweise) über den "eigenen" Tellerrand
hinaus:

George
Maciunas: "U.S.A. Surpasses All The Genocide
Records!"
["Die vereinigten Staaten übertreffen alle Völkermordrekorde!"]
Offset auf weißem Papier, 54 × 88 cm (1968)
Folgendes aktuelles Zitat fiel mir gleich wieder ein, als ich neulich zum
ersten Mal das obige, 41 Jahre alte, als Protest gegen den Vietnamkrieg
entstandene Plakat sah:
Zu den wichtigsten, in kommerziellen Medien zensurierten Nachrichten des
letzten Jahrzehnts muss wohl jene gehören, dass durch die militärische Invasion
und Besetzung des Iraks durch die USA über eine Million Menschen starben. Dies
selbstverständlich ohne die Todesopfer des 1. Golfkriegs und den nachfolgenden
Sanktionen, die zusammen [schon einmal] fast eine Million Tote forderten. [...]
Es handelt sich bei diesen Zahlen um zusätzliche zivile Tote im vergleich zur
normalen Zivilistentodesrate unter dem vorherigen Regime [von Saddam Hussein].
[...] Es wurden [ab 2003] mehr Tonnen Bomben über dem Irak abgeworfen als
während des gesamten 2. Weltkrieges. [...]
(englische
Quelle mit Belegen – ironischerweise u.a. Publikationen aus der
Johns Hopkins University ...)
Durch die massenhafte Anwendung von Munition aus
"abgereichertem Uran" in beiden Irakkriegen sowie in Palästina und
Afghanistan werden zudem noch zahllose weitere Opfer folgen (ebenso wie in
Vietnam als "Spätfolgen" des
dioxinhaltigen
"Entlaubungsmittels" Agent Orange).
Wie praktisch ist es doch da, dass in den "westlichen Zvilisationen"
das Thema Genozid gerne zeitlich und geographisch streng beschränkt auf
Nazideutschland 1933-1945 abgehandelt wird! (Ausnahmen wie z.B. Ruanda
1994 bestätigen die Regel.)
Es würde den Rahmen dieses Blogs sprengen, nur schon einen groben Überblick
über weitere Ausnahmen bringen zu wollen. Ebenso, dass die Nazi-Gräuel weder
ein singuläre Ausnahme darstellten, die nach 1945 ein abruptes Ende fand
– die ganzen letzten 500 Jahre Kolonisationsgeschichte inkl. den heutigen
"ökonomischen Kriegen" ist eigentlich eine Geschichte von nach wie vor
verdrängten, ungesühnten Genoziden, mit einem durchgängigen Mythos vom
"natürlichen Aussterben niedrigerer Rassen" (mehr darüber in Enzo Traverso:
Moderne und Gewalt. Eine europäische Genealogie des Naziterrors, 2003
– der italienische Originaltitel lautete treffender: "Nazigewalt. Eine
Genealogie").
Auch waren weder Eugenik noch "Rassengesetze" eine spezifisch
deutsche Erfindung, noch die Naziideologie eine reinrassig Deutsche
Angelegenheit, gefördert und finanziert allein von Deutschen – im Gegenteil.
Neben u.a. Henry Ford,
Andrew Carnegie und John D. Rockefeller
gehörte auch George W.
Bushs Grossvater zu Hitlers Förderern und Unterstützern. (Mehr dazu u.a.:
Stefan Kühl: Die Internationale der Rassisten, 1997; Stefan Kühl:
The Nazi Connection, 1994; Edwin Black: IBM und der
Holocaust, 2001; Edwin Black: Nazi Nexus, 2009; Edwin Black:
War against the Weak, 2003.)
(Mit Ernst Rüdin
war übrigens auch ein Schweizer als prominenter Nazi grundlegend beteiligt,
auch er kam nie vor Gericht.)
Sinti- und Roma-Zwillinge
als Versuchskaninchen in Auschwitz.
Zwar wurde John
Money's berüchtigtes "Zwillingsexperiment" wohl tatsächlich bis zu einem
gewissen Grad von Josef Mengele vorweggenommen, da auch dieser in
Auschwitz bereits versuchte, bei Zwillingen das Geschlecht chirurgisch zu
ändern (mehrere Quellen dazu bei Edwin Black: War against the Weak, S.
358, 494). Zur Serienreife gebracht waren entsprechende chirurgische
Techniken aber schon vorher durch Hugh Hampton Young von der Johns
Hopkins University in Baltimore, wo auch Money nach dem 2. Weltkieg "wirkte"
(und wo wohl nicht ganz zufällig auch
Judith Butler nochmals später ihre erste Professur bekam). Hugh Hampton
Young wiederum hatte zuvor mit ziemlicher Sicherheit die chirurgischen
"Geschlechtsumwandlungsexperimente" im Umfeld von
Magnus Hirschfeld genauer verfolgt.
Die Grundlagenarbeit zur "kontrollierten" Herbeiführung der Pubertät
durch künstliche "Geschlechtshormone" hatte in Nazideutschland
Adolf Butenandt
geleistet – der spätere Präsident der Max Planck Gesellschaft, dessen Sohn
Otfried Butenandt ebenfalls eine medizynische Karriere einschlug und noch in
den 1980er Jahren in München Zwitter zwangsbehandelte (darunter auch Michel
Reiter). Vorarbeit für Butenandt hatte zuvor der Österreicher Eugen
Steinach geleistet, der wiederum mit
Magnus Hirschfeld zusammenarbeitete. (Hirschfeld war seinerseits ebenfalls
Anhänger der Eugenik sowie Mitglied in der "Gesellschaft
für Rassenhygiene".)
Butenandt war auch Hauptverantwortlicher der Nachkriegs-Rehabilitation
seines verehrten Kollegen, Nazi-Eugenikers und Mengele-Doktorvaters Othmar Freiherr von
Verschuer, der (wie auch seine Kollegen in Amerika) sein Fach nach
1945 von "Eugenik" einfach flugs in "Genetik" umbenannte und unbeirrbar
weitermachte. Sowohl in Amerika (u.a. beim
CIA) wie auch in Deutschlands Medizynerkaste
nach 1945 konnten praktisch alle einschlägigen Nazi-Medizyner ihre nur kurz
unterbrochene Karriere mehr oder weniger nahtlos weiterführen. Nicht einmal
Josef Mengele selbst
wurde nach dem Krieg je zur Rechenschaft gezogen ...
Die Rolle all dieser honorigen (Nazi-)Medizyner bei der Etablierung der
systematischen menschenrechtswidrigen Zwangsbehandlungen an Zwittern wird
allerdings heute sowohl auf dem Netz wie auch in offiziellen
Biographien regelmässig ausgeklammert – sogar dort, wo sie (wie z.B.
bei Hugh Hampton Young) wohldokumentiert sind. Auch hier werden die an Zwittern
heute noch täglich begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sofern sie
in der öffentlichen Diskussion überhaupt behandelt werden, bequemerweise stets
zeitlich und personell streng beschränkt auf das Wirken John Moneys.

Aufmerksam auf das eingangs abgebildete Plakat von George Maciunas aus dem Jahre 1968
wurde ich übrigens durch obige Aufnahme, die prominent vorkommt im
empfehlenswerten Dokfilm
"The U.S. vs. John Lennon" (englischer Bericht eines der
Regisseure). Dieser erzählt, wie der sonst so unbeugsame und politisch
aktive Ex-Beatle in den frühen 1970ern aus politischen Gründen u.a. durch das
FBI erfolgreich eingeschüchtert und letztlich für Jahre zum Verstummen gebracht
wird – wie noch so mancher Aktivist vor und nach ihm –, was sowohl die
Regierungen Reagan, Bush Sen. und Clinton streng
geheim halten wollten (englisch). Erst nach 14 Jahren Gerichtsprozessen
gelang es dem Geschichtsprofessor Jon Wiener, einen Grossteil der Akten
herauszubekommen.

Unter anderem dokumentiert "The US vs. John Lennon" auch
eindrücklich die Entstehung der berühmten Friedenshymne "Give Peace a
Chance", die Lennon anlässlich einer "Bettdemo" am 1. Juni 1969 in Toronto
aufnahm – nur eines von zahlreichen Lehrstücken in Sachen wirksamer
Öffentlichkeitsarbeit. Leider ist der Film, der sich übrigens
auch gut im Adventsprogramm machen würde, bisher auf Deutsch
"zufälligerweise" nie erschienen.
Der >>> Clip zu "Give Peace a
Chance" ist jedoch im Netz frei erhältlich.
(Photo:
Gerry Deiter/AFP/Getty Images/Guardian)
Die "Give Peace a Chance"-Session:
Hinten, v.l.n.r.: Tommy Smothers, John Lennon, Yoko Ono.
Im Vordergrund: Rosemary Leary, Timothy Leary.
>>>
Galerie mit weiteren 7 Photos
Auch Allen
Ginsberg und Al Capp
waren neben vielen weiteren mehr bei der Aufnahme mit dabei. Durch weitere
Autrtitte und Interviews in "The US vs. John Lennon" u.a. von und
mit Bobby Seale,
Angela Davis, Jerry Rubin, Abbie Hoffmann, Tariq Ali und Gore Vidal wird ein Stück heute
oft verdrängter Zeitgeschichte wieder lebendig.
Am "Vietnam Moratorium Day", einer monatlichen Antikriegsdemo,
wurde "Give Peace a Chance" später
1969 in Washington von 250'000 Menschen gesungen. Ein Stück
Besinnlichkeit und Unschuld, wie sie aus "unserer" globalisierten und
durchökonomisierten Welt längst entschwunden scheint ...
Video: ins Bild klicken!
Siehe auch:
-
Menschenrechtsverbrechen: Wer schweigt, macht sich
mitschuldig
-
"Was wollt ihr?" - "Gerechtigkeit!" - "Wann wollt ihr sie?" -
"Jetzt!"
-
"Monsanto – mit Gift und Genen"
-
Von der Frauenbewegung lernen
-
Genitale Zwangsoperationen: "Mengeles globaler Schatten"
-
Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das
"Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren