"Viele Betroffene fragen, wodurch sich die „geschlechtsangleichenden Operationen“ von „Genitalverstümmelungen“ nordafrikanischer Ethnien, die wir zu Recht verurteilen, unterscheiden." - ETEKAR zu Beitrag von Dr. Jörg Woweries (VII)

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>>> Fussnoten/Quellen UPDATE

Nachfolgend dokumentiert dieser Blog einen Kommentar zum Beitrag von Dr. Jörg Woweries: "Hinter Unterschieden versteckt sich die Normalität" von ETEKAR, der vom Deutschen Ethikrat im Online-"Diskurs" das Recht auf freie Meinungsäusserung verweigert wird: 

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

Sehr geehrter Herr Dr. Woweries,

zu Ihrem neuen Beitrag möchte ich gerne mein Wissen einbringen und Ihre Zeilen:

"Viele Betroffene fragen, wodurch sich die „geschlechtsangleichenden Operationen“ von „Genitalverstümmelungen“ nordafrikanischer Ethnien, die wir zu Recht verurteilen, unterscheiden. Es ist die gleiche fixe Idee, es „richtig“ zu machen. Es ist dort eine Jahrhunderte alte Tradition, hier ein Jahrzehnte alter medizinischer Brauch, der erst seit wenigen Jahren hinterfragt wird, aber noch nicht geändert ist. Die Tabuisierung hiesiger genitalmedizinischer Praktiken hat verhindert, dass die  Öffentlichkeit den „geschlechtsangleichenden Operationen“ ein gleiches Verbot entgegengesetzt."

aufgreifen.

Wie aus der Dissertation von Hans Martin Wisseler [1] auf Seite 1 hervorgeht, unterscheiden sich die rassistisch motivierten Genitalamputationen und Verstümmelungen an der größten Gruppe zweigeschlechtlicher Säuglinge in nichts, aber auch in gar nichts von den afrikanischen und über den gesamten arabischen Raum verbreiteten Genitalverstümmelungen, denn wie wir der Dissertation von Hans Martin Wisseler entnehmen können, wurden die afrikanischen Genitalverstümmelungen als "Vorbild" gepriesen und genommen.

Der pharaonische Jungfrauenkult, der erstmals in der Gechichte der Menschheit unter Ramses dem II auftauchte, diente dazu, die Fertilität der Frau zu zerstören, weil in Ägypten Hungersnot herrschte und auf diese Weise eine Geburtenkontrolle erreicht wurde! Wie im alten Ägypten ging es auch bei den Nazis und bis in die 80-er Jahre in der BRD unter den alten Naziverbrechern darum, die Fertilität der von Natur aus reproduktionsfähigen zweigeschlechtlichen Menschen zu zerstören!

Es ging dabei niemals um eine fixe Idee es "richtig" im Interesse des Kindes zu machen, sondern es ging und geht seit Jahrtausenden um die Kontrolle/Zerstörung der weiblichen Sexualität, wenn es um Genitalverstümmelungen geht, egal ob in Afrika, Asien, Europa oder den USA. Für die Genitalverstümmelungen von amerikanischen Frauen im 19. Jahrhundert als medizynische Behandlung gegen psychiatrische Erkrankungen lohnt sich der Beitrag von Marion Hulverscheidt [2] zum Lesen.

Die Genitalverstümmelung an europäischen Mädchen zwecks Bestrafung ist auch weit verbreitet gewesen, wie einem Buch von Prof. Dr. Gisela Zenz [3] zu entnehmen ist. Der kranke Diskurs der Genitalverstümmelung an Kindern in Europa zwecks Strafe und Reglementierung für Ungehorsam sowie die Verstümmelung von Armen und Beinen um besser für das Betteln eingesetzt werden zu können, ist ein Relikt aus dem 18. und 19. Jahrhundert, welches noch bis heute in der Hamburger Innenstadt anzutreffen ist. Die Genitalverstümmelung und Genitalamputationen von zweigeschlechtlichen Menschen allerdings, tritt in der Geschichte der Menschheit erstmals in Nazideutschland auf den Plan und wurde bis in die 80-er Jahre von allen den medizynischen Naziverbrechern verübt, die nicht in Nürnberg hingerichtet worden sind! aufgrund der! 

Von einem jahrzehnte alten medizynischen Brauch in der BRD zu sprechen, wo es sich um gezielten Völkermord/Genozid handelt, halte ich für eine Verharmlosung. Diese Verbrechen werden übrigens, wie wir aus zahlreichen Dissertationen wissen, von einigen wenigen mutigen und den Menschrechten zugewandten deutschen Ärzten! bereits seit Jahrzehnten auf das schärfste verurteilt, nicht nur, wie dem Büchlein: "Geschlechtswechsel" von Prof. Dr. Volkmar Sigusch zu entnehmen ist, sondern auch anderen Schriften.

Eine nachträgliche Anmerkung noch zum PStG: In sämtlichen medizynischen Dissertation, die ich aus dem Zeitraum von 1933 bis 1996 gelesen habe, wurde meiner Erinnerung nach kein einziges Mal das Personenstandsgesetz als medizynischer Grund für die Verstümmelung genannt! Das Pseudoargument, dass das PStG für die Verstümmelungen ursächlich ist, wurde erst ab einem bestimmten Zeitpunkt ebenso wie die Lüge, dass John Money die Wurzel allen Übels ist, in der BRD von den TäterInnen verbreitet.

Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar, auch und ganz besonders, wenn sie aus Nazideutschlands Konzentrationslagern kommt und von den TäterInnen noch Jahrzehnte darüber hinaus ungestraft verbreitet wird! Ist doch traurig, dass im Online-Diskurs die Wahrheit nur des Taktierens und der Ziele einiger weniger wegen ausgelöscht worden ist! Wissenschaft sollte immer die Forschung nach Wahrheit ohne Taktieren bestimmter durchsetzbarer Ziele bedeuten.

Zu kosmetischen Operationen an Kindern, als die viele Verbrecher diese Verbrechen wider die Menschlichkeit ausgeben, können Eltern übrigens keine rechtswirksame Einwilligung erteilen, da kosmetische Operationen an Kindern unzulässig sind. Mit dieser Thematik hat sich Prof. Dr. Bernd-Rüdiger Kern [4] in einem rechtswissenschaftlichen Aufsatz detailliert auseinandergesetzt. Dass kosmetische Operationen an Minderjährigen unzulässig sind, ist rechtlicher Konsens unter JuristenInnen.

Im übrigen kann bei Genitalamputationen nicht von einer Angleichung gesprochen werden, denn eine Angleichung ist überhaupt nur an etwas (noch) Vorhandenes möglich, davon kann aber bei ca. 200 in der medizynischen Literatur auffindbaren zweigeschlechtlichen Säuglingen nicht die Rede sein.

Die Öffentlichkeit muß den verübten Verbrechen wider die Menschlichkeit und dem Genozid an zweigeschlechtlichen Menschen kein gleiches Verbot entgegensetzen, wie es bei den afrikanischen und arabischen Genitalverstümmelungen geschieht, sondern die dazu berufenen Stafverfoglungsbehörden müssen dieses bereits seit dem 23. Mai 1949 bestehende Verbot gegen die TäterInnen durchsetzen!!! Es ist nicht die Öffentlichkeit, die versagt hat, sondern ein ganzer Berufsstand und die Bundesrepublick Deutschland als ein Staat, der es bis heute nicht geschafft hat, sich ehrlich mit seiner NS-Vergangenheit und Gegenwart auseinanderzusetzen. Wo ist die medizinische Vereinigung, die sich damit befaßt, was in der medizinischen Behandlung bis heute Nazimethoden sind!

Ein kleiner Teil von Juristen hat zumindest für das Recht eine solche Aufarbeitung mit Gründung des Forums für Justizgeschichte begonnen. Mediziner haben meines Wissens nach damit noch nicht einmal begonnen und die BRD auch nicht!

Mit bestem Gruß

ETEKAR

[Zusätzliche Abschnitte zur leichteren Lesbarkeit durch Zwischengeschlecht.info]

Fussnoten/Quellen (UPDATED) [hinzugefügt durch Zwischengeschlecht.info]

[1] Wisseler, Hans Martin: "Harnweginfektionen nach Klitorektomien bei Mädchen mit kongenitalem adrenogenitalem Syndrom AGS", Hamburg, Dissertation (1977). Zu Wisseler vgl. auch vom Ethikrat zensurierte Kommentare von ETEKAR auf dem Online-"Diskurs" Nr. 129 und Nr. 189 sowie Kommentare von Einhorn auf diesem Blog vom 16.6.09, 13.7.09, 17.9.09 und 14.1.10.

[2] Marion Hulverscheidt: "Weibliche Genitalverstümmelung. Diskussion und Praxis der Medizin während des 19. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum", Dissertation (2000). Vgl. auch: Marion Hulverscheidt: "Weiblich gemacht? Genitalverstümmelung bei afrikanischen Frauen und bei Intersexuellen", in: Menschenrechte für die Frau Nr. 3/4 (2004).

[3] Gisela Zenz: "Kindesmißhandlung und Kindesrechte. Erfahrungswissen, Normstruktur und Entscheidungsrationalität", Suhrkamp 1979, S. 29-31  

[4] Siehe: Kern, Bernd-Rüdiger / Köhler, Knut: „Beschneidung in Deutschland: Religionsfreiheit oder Körperverletzung?“, Ärzteblatt Sachsen 3/2006, S. 104f (>>> PDF-Download)

Siehe dazu weiter:
Stehr, Maximilian; Putzke, Holm; Dietz, Hans-Georg: "Zirkumzision bei nicht einwilligungsfähigen Jungen: Strafrechtliche Konsequenzen auch bei religiöser Begründung", Deutsches Ärzteblatt 2008; 105(34-35): A-1778 / B-1535 / C-1503
+ weitere 13 Artikel u.a. von Prof. Dr. Holm Putzke 

>>> Ein bisschen Zensur auf dem Ethikrat-Online-Diskurs "Intersexualität" (I)
>>> Zensur 2.0 - Ethikrat löscht Kommentar von ETEKAR (II)  
>>> Meinungsäusserung à la Ethikrat: Verstümmeln akzeptieren oder Maulkorb (III) 
>>> Dokumentation der Zensur auf dem Ethikrat-Online-"Diskurs" (IV) 
>>> Pressemitteilung Zwischengeschlecht.org 19.7.11    >>> Dementi Deutscher Ethikrat
>>> Prof. Hans Naujoks – "seit 1934 rassistische Operationen an Intersexuellen" (V) 
>>> Deutscher Ethikrat: Privilegien für Genitalverstümmler, Zensur für Opfer   

>>> Übersichtsseite zur laufenden Ethikrat-Anhörung 2011

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter

Unzensierte Version: Draufklicken (PDF, 3.3 MB)
>>> Flugblatt zur Anhörung (PDF, 3.3 MB)
         WARNUNG: 2. Seite enthält Operationsfotos!

>>> "Um den heißen Brei geredet" - Video-Statement
>>> Statement Forum 1: "Medizinische Behandlung – Indikation – Einwilligung"
>>> Statement Forum 2: "Lebensqualität Betroffener und Perspektiven"

>>> Aufforderung um Unterstützung an den Deutschen Ethikrat Dezember 2008
>>> Erneute Anfrage um Unterstützung an den Deutschen Ethikrat Mai 2009 
>>> Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates zu "Intersexualität" 23.6.2010  
>>> Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Offener Brief an das "3rd EuroDSD Symposium", Lübeck 21.5.2011
- 9. Menschenrechtsbericht: Bundesregierung deckt medizinische Verbrechen 
- Zwitter-Genitalverstümmelungen: Ethikrat gefordert
- "Ethik als Freifahrtschein für operieren auf Teufel komm raus" - Claudia Wiesemann
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen! 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag (I)
- Zwitter-Vereinnahmung im Bundestag: Business as usual (II)
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?