"Liminalis
- Zeitschrift für geschlechtliche Emanzipation", Ausgabe 08_02 --
weiteres aktuelles Beispiel für Vereinnahmung:
Teil 1: Die Theorie
aus:
"die
standard.at"
Webtipp: "Liminalis" ist ein Projekt des
Wissenschaftlichen Beirates des
Transgender Netzwerkes Berlin (TGNB).
[...] begleitet Ziele der Transgender- und Intersex-Bewegungen
wissenschaftlich [...]
[...] umfasst wissenschaftliche Beiträge zum Überthema [!]
"Pathologisierung und Emanzipation". Darin werden akademische, essayistische
und künstlerische Versionen einer Auseinandersetzung mit möglichen Formen der
Emanzipation vorgestellt. [...]
"LIMINALIS" 2008_02, aus dem
Editorial:
Ausgangspunkt dieser Ausgabe der Liminalis sind Erfahrungen vieler
Intersex- und Transgendermenschen mit Pathologisierung durch den medizinischen
und rechtlichen Apparat in unserer Gesellschaft [...].
Wir freuen uns in dieser Ausgabe nicht nur dekonstruktivistischen Ansätzen
einen Raum geben zu können, sondern auch konkreten Vorschlägen, wie eine
andere, nicht-pathologisierende, nicht-exotisierende Gesellschaft auf
verschiedenen Ebenen aussehen könnte.
Teil 2: Die Praxis
"LIMINALIS" 2008_02,
Artikel:
"Empowerment durch Recht? Intersexualität im juristischen
Diskurs"
von Angela Kolbe >>> PDF-Download 180kb
"LIMINALIS" 2008_02,
"Empowerment ...", aus dem
Abstract:
Dieser Artikel untersucht das Thema Emanzipation im Hinblick auf das
Verhältnis von Intersexualität und Recht. Er gibt einen Überblick über die
Rechtslage und die parlamentarischen Aktivitäten im Zusammenhang mit
Intersexualität in Deutschland [...].
Angesichts eines langsamen Umdenkens deutscher Gerichte in Fragen der
sexuellen Identität wird deutlich, dass es sich dabei nicht nur um Wunschdenken
handelt. Besonders die neueren Entwicklungen in Bezug auf Transsexualität
lassen hoffen, dass sich diese auch positiv auf die rechtliche Situation
intersexueller Menschen auswirken werden.
Kommentar zum Artikel "Empowerment ...":
Soviel vorweg, die Beschreibungen der konkreten Vorgänge wie Michel Reiters
Gerichtsverfahren um Anerkennung eines "dritten Geschlechtseintrags" oder der
Umgang von
Bundestag und Regierung mit dem Thema sind auch für Laien kurzweilig zu
lesen und mit vielen interessanten Details gespickt. Sobald sich die
Perspektive aber von der konkreten Ereignisebene ablöst, wird der Artikel
schnell mal ärgerlich bis voll peinlich -- wie schon die im Abstract zu Markte
getragene, in Transgender-Kreisen offensichtlich nach wie vor handelsübliche
'Verwechslung' von
"Intersexualität" mit (um nicht zu sagen
Unterordnung unter das
"Überthema")
"Fragen der sexuellen
Identität" und
"Entwicklungen in Bezug auf
Transsexualität".
Prompt wird von Angela Kolbe als einziges Beispiel aus dem
"nicht-parlamentarischen Bereich" der olle
"Transgender-Gesetzesentwurf" von TGNB-Mitglied
dgti aus dem vorletzten Jahrtausend noch einmal ausgegraben, den schon
Michel Reiter in "Gigi" so treffend entlarvte:
Hurra, es ist da – das neue Transschända.
Erwartungsgemäss beschreibt auch das mit
"III. Resümee und Ausblick"
betitelte Abschlusskapitel
ausschliesslich die
"aktuell[en] Bemühungen das sog. Transsexuellengesetz zu reformieren",
welche im Detail à la
"Varianten [!!!] von Geschlecht [...] wie zum
Beispiel eine Frau mit Penis oder auch ein Vater mit Vagina" eine Seite
lang ausgebreitet werden, um dann im Schlussabschnitt zu gipfeln:
"Noch ist
ein solches Gesetz nicht beschlossen, wie Grünberger gehe ich aber davon aus,
dass auf die geschlechtsanpassende Operation für Transsexuelle künftig
verzichtet wird (Grünberger 2007). Es bleibt zu hoffen, dass sich dies auch auf
Intersexuelle und deren rechtliche und gesellschaftliche Emanzipation positiv
auswirken wird."
Ebenfalls bezeichnend, dass der wahre Motor der stets wieder betonten
"kleinen Änderungen" in Gerichts- und Bundesregierungspraxis im ganzen
Artikel zu 100% unterschlagen wurde: Nämlich die
Aktivitäten und Publikationen von Michel Reiter, der als einziger jahrelang
kontinuierlich für die Sache der Zwitter lobbyierte. Ohne Michel Reiter hätte
es keine parlamentarischen Anfragen im Bundestag gegeben, paradoxerweise
verdankt sogar das "Netzwerk Intersexualität a.k.a. DSD (Störungen, äh,
Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung)" letztlich ihm seine Existenz (wie
so nebenbei auch der hier kritisierte Artikel zu über 90%). Auch Stimmen, die
andere, d.h.
nicht am
"sog. Transsexuellengesetz"
angelehnte, rechtliche Möglichkeiten für Zwitter favorisieren, wie z.B.
Konstanze Plett in ihrem bahnbrechenden Vortrag (
Bericht /
Text -
PDF), wonach die bei Zwittern ohne ihre Einwilligung üblichen
"prophylaktischen" Kastrationen nach deutschen Recht strafbar sind, fehlen
ganz.
Und die gute Nachricht ist: Das Verfalldatum dieses
"brandakuellen" Artikels von Angela Kolbe war identisch mit dem Zeitpunkt
seiner Niederschrift im Oktober letzten Jahres. Seither hat sich so einiges
getan, das nicht nur "Liminalis" sich nicht zu träumen wagte, und das klar
zeigt, wo die Zukunft der Zwitter-Emanzipation liegt:
eins /
zwei
/
drei /
vier /
fünf Aufwachen, TGNB!
Fortsetzung folgt ...