Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!
Zum >>> unglücklichen neuen "Geschlechtseintrags-Verbot"
für Intersex-Kinder (§ 22 PStG), das der Bundestag am 31.1.13 beschloss, liegen nach der Kritik durch die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org nun auch öffentliche Verlautbarungen von den Betroffenenorganisationen Intersexuelle Menschen e.V. und Internationale Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM) vor, sowie von der Juristin Konstanze Plett, die alle (fast) kein Blatt vor den Mund nehmen. Danke!
In einem >>> Artikel des Weser Kurier vom 5.2.13 (Scan) sagt Lucie Veith im Namen von Intersexuelle Menschen e.V. zum neuen Paragraphen, sie seien "traurig über den Schnellschuss", und "kritisiert", dass weder die "Stimmen der Betroffenen genügend berücksichtigt wurden", noch die Empfehlungen des Ethikrates, "dass nur Betroffene selbst über geschlechtszuordnende Operationen entscheiden sollten und dass es einen Härtefallfonds für Opfer von medizinisch nicht indizierten Operationen geben sollte".
Die "nun schnell gefasste Neuregelung" könne "den Druck auf Betroffene und deren Eltern nicht abmildern". Veith fordert – nebst einem (realpolitisch unrealistischen) generellen Verzicht auf Geschlechtseinträge "bis zum 16. oder 18. Lebensjahr" – ein "grundsätzliches" gesetzliches Verbot kosmetischer Genitaloperationen an betroffenen Kindern (vom Weser Kurier in indirekter Rede und unglücklicherweise in der TäterInnensprache wiedergegeben als "geschlechtsangleichende Operationen").
Und weiter:"„Intersexuell geboren zu sein, heißt nicht, krank zu sein.“ Veith möchte zudem, dass auch Eltern nicht über den Kopf des Kindes hinweg in eine Geschlechtsoperation einwilligen. [...] Laut Veith wird insgesamt weniger, aber immer noch zu viel operiert."
(Quellen werden keine genannt für letztere Behauptung von wegen "weniger" OPs, bei der offensichtlich in erster Linie Kastrationen bei CAIS gemeint und die massiv häufigeren – und zunehmenden! – kosmetischen "Peniskorrekturen"/"Harnröhrenverlegungen"/"Hypospadiekorrekturen" sowie "Klitorisreduktionen" und "Vaginalplastiken" einmal mehr nicht mit berücksichtigt sind – was dem Leiter der Kinderchirurgie am >>> Verstümmler-Klinikum Bremen-Mitte, Christian Lorenz, eine Steilvorlage liefert zur üblichen Schutzbehauptung, dass heutzutage praktisch nur noch "Fälle [...] vorlägen, die also medizinisch notwendig seien", und überhaupt: "Reine Rekonstruktionsoperationen, wie sie in den 60er-Jahren üblich waren, seien überholt." Schön wärs – aber Hauptsache, nichts zugeben, was auch nicht ganz sicher längst absolut verjährt ist ...)
In einer >>> Pressemitteilung vom 07.02.2013 hält die Internationale Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM) / OII Deutschland ebenfalls fest: Der neue § 22 (3) PStG "bedeutet im Klartext, dass es sich nicht um eine Wahlmöglichkeit, sondern um eine Vorschrift handelt", gar um eine "Sondervorschrift", die "Ausschlüsse" produziere: "Die Lebenssituation der allermeisten intergeschlechtlichen Menschen wird sich dadurch nicht verbessern." Zudem bleibe die "Definitionsmacht" der MedizinerInnen über die Betroffenen "unangetastet", und es drohe "die Gefahr der Stigmatisierung":
"Daher könnte im Gegenteil, die neue Vorschrift (potentielle) Eltern und Ärzt_innen zusätzlich darin bestärken, ein “uneindeutiges” Kind um jeden Preis zu vermeiden (durch Abtreibung, pränatale “Behandlung” oder sogenannte vereindeutigende chirurgische und/oder hormonelle Eingriffe). Sofern das Motiv der Neureglung gewesen ist, chirurgisch-hormonelle “Vereindeutigungen” von Kindern zu verringern, so ist abzusehen, dass dieses Ziel nicht erreicht werden wird."
Fazit von IVIM: "Was wir brauchen, ist ein Ende der fremdbestimmten Geschlechtszuweisung, der Praxis geschlechtlicher Normierung und Verstümmelung sowie der medizinischen Definitionshoheit über Geschlecht."
Ebenfalls im >>> Artikel des Weser Kurier vom 5.2.13 (Scan) kam weiter die emeritierte Jus-Professorin Konstanze Plett zu Wort. Auch sie kommt zum Schluss:
„Diese Regelung löst eher Zwang aus“, sagt sie, „weil die Ärzte entscheiden müssen, ob eine Geschlechtszuordnung möglich ist.“ Zudem sei ungeklärt, wie Standesämter prüfen sollen, dass eine bestimmte Zuordnung nicht möglich ist – Entwürfe für Ausführungsvorschriften gebe es bislang nicht. „Im Zweifel ist wohl ein Attest eines Arztes nötig“, so Plett, sodass weiter die Gefahr einer zwangsweisen Geschlechtszuordnung bestehe.
>>> Bundesrat 2014: Verwaltungsvorschrift zum PStG-Murks § 22(3) PStG:
Alleinige Definitionshoheit und Entscheidungsgewalt für Ärzte
>>> Bundestag 31.1.13: Staatliches Zwangsouting für "Intersex-Kinder" -
Freipass für GenitalabschneiderInnen
>>> Intersex-Fakten: Geschlechtseintrag "offen" seit 2009 möglich (§ 7 PStV) -
Genitalverstümmelungen zunehmend
>>> § 22 (3) PStG: "Deutliche Kritik an neuer Regelung" - erste Reaktionen