Die Zwitter Medien
Offensive™ geht weiter!
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Vollständiges Gerichtsurteil (5 U 51/08)
Christianes glanzvoller
definitiver Sieg auch vor dem OLG vom 3.9.2008 vermochte wieder mehr
Medienecho zu generieren als als die provisorische Rückweisung zuvor. Erneute
Steigerung verspricht die nächste Prozessphase, wenn über die Höhe des
Schmerzensgeldes entschieden wird.
Das gute Dutzend Berichte, das ich bisher auf dem Netz fand (Ergänzungen
willkommen) deckt einmal mehr ein grosses Spektrum ab von mehr oder weniger
engagierten, sauber recherchierten Berichten bis hin zu grotesken Verzerrungen
offensichtlich überforderter bis mutwilliger RedakteurInnen.
(Bild: Der Westen)
Positiv ist m.E. zu werten, dass es einmal mehr bei der überwiegenden
Mehrzahl der Berichte klar um einen "Zwitterprozess"
geht, in dem ein Zwitter wegen einer uneingewilligten OP klagt und gewinnt,
weil "Der Chirurg [...] die Patientin vor der Operation nicht hinreichend
aufgeklärt und sie daher mangels wirksamer Einwilligung schuldhaft in ihrer
Gesundheit und ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt" hatte, wie das OLG
in seinem nicht mehr anfechtbaren Urteil unmissverständlich festhielt, sowie
(meine Hervorhebungen):
"Nach den Angaben in der Behandlungsdokumentation der Medizinischen
Klinik über die der Klägerin zuteil gewordene Aufklärung bedarf es keiner
näheren Erörterung, dass das Selbstbestimmungsrecht der Klägerin in
ganz erheblichem Maße verletzt worden ist. Damit fehlte es an
einer wirksamen Einwilligung der Klägerin in die
Operation, so dass sie ohne Zweifel
rechtswidrig war." (5 U 51/08)
Christianes Prozess hat das Wort "Zwitter" als positive Bezeichnung
für Zwischengeschlechtliche und ihre Forderung nach Selbstbestimmung im
Nachrichten-Mainstream durchgesetzt!
Die Bezeichnung "Intersexuell" ist demgegenüber in der Berichterstattung
rückgängig, aber immer noch verbreitet. Trotzdem tun sich die deutschen Medien
nach wie vor schwer, beispielsweise Zwangskastrationen oder
genitale Zwangsoperationen an Zwittern deutsch und deutlich
unmissverständlich anzuprangern -- das Ausmass der Ignoranz und chronischen
Verdrängung der ganzen Wahrheit ist (wie
auch in anderen Fällen) allem Erreichten zum Trotz nach wie vor
erschreckend hoch.
Gerne verzichten könnte ich z.B. auf die ständigen Versuche, den
eigentlichen Sachverhalt auf die Konstellation "Krankenpflegerin gegen
Arzt" zu reduzieren und damit quasi als interne Standesangelegenheit zu
entsorgen, oder mittels der typischen Trans*-Berichterstattungs-Terminologie
wie "Geschlechtsumwandlung", "weibliche Geschlechtsorgane"
usw. das eigentliche Kernthema einmal mehr aussen vor zu lassen --
verhängnisvolle Tendenzen, wie sie in den allermeisten Berichten zumindest
durchscheinen. Handkehrum steht das Wort "Zwitter" noch in den peinlichsten
Meldungen mindestens einmal.
Diese z.T. gegenläufigen Tendenzen finden sich alle bereits in der
ursprünglichen Pressemitteilung des OLG vom 4. September unter dem Titel
Kölner »Zwitterprozess«: Krankenpflegerin obsiegt auch in 2.
Instanz (auch
als PDF-Download 16 kb), mit Ausnahme der "Geschlechtsumwandlung" sind alle
obigen Zitate dort bereits mehr oder weniger prominent versammelt. Dass das OLG
sich überhaupt bemüssigt sah, eine Pressemitteilung zu verschicken (was es nur
sehr unregelmässig tut), bekräftigt einmal mehr das öffentliche Interesse am
"Zwitterprozess". (Nachtrag: Inzwischen ist auch das
vollständige Urteil online.)
Auch der Kölner Stadtanzeiger schreibt sowohl von einem "beispiellosen"
Zwitterprozess und "Selbstbestimmungsrecht verletzt", die Schlagzeile lautet
jedoch einmal mehr Krankenpflegerin siegt
gegen Chirurgen, oder zumindest ist die Rubrik
"Zwitterprozess" in deutlich kleinerer Schrift
wiedergegeben.
Später Sieg
im "Zwitterprozess" heissts bei der Kölner Rundschau,
sinnigerweise in der Rubrik »Kriminalität«!
"Zwitterprozess": Krankenpflegerin siegt erneut gegen Chirurgen berichtet
Der Westen in einem korrekten Artikel. Prominent werden einmal mehr auch die
Demo und die Forderung "Menschenrechte auch für Zwitter" bildlich in Erinnerung
gebracht (siehe Bild oben). Danke!
"Zwitterprozess": Krankenpflegerin siegt erneut gegen Chirurgen
titelte auch die Ibbenbürener Volkszeitung.
Mit
"Zwitterprozess: Christiane/Thomas V. bekommt wieder Recht
hat der Express offensichtlich noch nicht mitbekommen, dass Christiane
unterdessen nicht mehr Thomas
ist. Cool hingegen, dass bildlich einmal mehr die Demo und das klassische
Transparent "Menschenrechte auch für Zwitter" rezykliert werden.
(Bild: Express)
Chirurg
muss intersexueller Frau Schmerzensgeld zahlen, betiteln die
Aachener Nachrichten die ddp-Meldung.
Intersexuelle
setzt Klage gegen Arzt wegen OP durch, die Agentur afp bleibt als
einzige komplett am alten medizinischen Begriff kleben und lässt "Zwitter"
aussen vor.
Super erfreulich m.E. hingegen, wie über das Urteil auf Branchenwebsites
berichtet wird, so z.B. auf
gesundheitsnews.imedo.de, www.anwalt.de/rechtstipps,
anwaltmagazin.de, www.juraforum.de,
www.jurion.de,
juris.de! Respekt!
Nachtrag: Auch die Ärzte Zeitung vermeldet unter der Rubrik
"Praxis & Wirtschaft" die dpa-Meldung: "Zwitterprozess":
Chirurg muss Krankenpflegerin entschädigen.
Ebenso die Frankfurter Rundschau unter dem Titel
"Zwitterprozess": Abermals Sieg gegen Chirurgen.
Titelmässig definitiv auf dem absteigenden Ast ist Focus mit
Köln: Schmerzensgeld für ungewollte OP (interessant auch
die Kommentare dort).
Von wegen Kommentare: Interessant auch, wie auf de.indymedia.org
einmal mehr Kommentare stehen bleiben à la "Jedoch kann ich mir auch nicht
so recht vorstellen das ein Arzt z.B. bei jemanden einbricht, die Persin mit
Gas beteubt und dann eine Geschlechtsentfernung durchführt." oder "was
war der arzt denn für einer, dass er 100.000 € bezahlen muss. hat der überhaupt
soviel geld?", während Kritik daran versteckt wird (aber mitunter trotzdem
wirkt).
Gleich mit zwei Titeln für denselben Bericht operiert topnews.de -- leider
alle beide von der unsichtbarmachenden und verleugnenden Art:
Schmerzengeld wegen Entfernung weiblicher Geschlechtorgane
rechtens &
Schmerzengeld wegen Entfernung weiblicher Geschlechtorgane
bestätigt
Das Schlusslicht der Berichte bildet diesmal wohl die net-tribune.de mit
Schmerzensgeld für
Geschlechtsumwandlung ohne Zustimmung.
Letzterer Artikel wurde zu Recht auch im Hermaphroditforum
kritisiert (06.09.2008 11:30). Ihn jedoch
zugleich als Referenz für die "Medienresonanzen" zu erklären und den Prozess
wie scheints im OII-Forum deshalb
als Ganzes gleich in Frage zu stellen halte ich für
wenig sinnvoll, siehe auch Nellas Kommentar (08.09.2008 22:13) und die sonstige Diskussion. Und die ebenfalls
von Michel im selben Thread auszugsweise zitierte Dissertation
(05.09.2008 17:49) verpasst m.E. vor lauter Fixierung auf die (eigene) (Trans-)Gender-Thematik
(einmal
mehr) komplett, worums eigentlich geht (wie auch
schon "Liminalis"), und spiegelt dadurch (einmal
mehr) bloss die üblichen
Vereinnahmungsmechanismen. Umgekehrt waren an der Demo zum 1. Prozesstag
auch einige solidarische Transgender vertreten, die vormachten, dass es auch
anders geht ...
PS: So nebenbei --
hätten Nella und ich die Pressearbeit "unseren Transgenderfreunden" überlassen
oder uns an deren Kategorien angelehnt, hätte es die Presseresonanz entweder
gar nicht gegeben, oder sie wäre von Stichworten wie "Geschlechtsidentität",
"sexuelle Minderheiten", "(Trans-)Gender" usw. usf. geprägt geworden ... wie ja
auch in einzelnen Fällen versucht wurde, Christiane als "(Trans-)Genderkämpferin" vor den eigenen Karren zu
spannen.
Christianes Prozess auf diesem Blog:
- Christiane
Völlings Geschichte
- 1.
Pressemitteilung
-
Demoaufruf 1. Prozesstag
-
Bericht 1. Prozesstag
- Pressespiegel
1. Prozesstag
-
Warum Christiane Völling zur Transsexuellen gemacht werden soll
-
Wegen Zwitterprozess: Druck auf Ärzte wächst
-
Bericht und Pressespiegel 2. Prozesstag
- Christiane:
Der kampf geht weiter
-
Bericht provisorischer Entscheid OLG
-
Bericht definitiver Entscheid OLG
- Pressespiegel definitiver Sieg vor OLG
- Internationale
Artikelübersicht auf OII
-
Zwitterprozess: 3. Prozesstag 20.5.09 – "Netzwerk DSD" fällt Chirurgen in den
Rücken