Am 25.09.08 nach Absprache eingereicht bei DIE LINKE von Daniela Truffer
im Namen von Intersexuelle Menschen e.V.
>>> Chronologie
EINFÜHRUNG
Mit "uneindeutigen" Geschlechtsmerkmalen geborene Menschen werden in unserer
Gesellschaft, die nur "Männer" und "Frauen" anerkennt, juristisch, politisch
und sozial unsichtbar gemacht und diskriminiert. Die betroffenen Menschen
selbst bezeichnen sich als Zwischengeschlechtliche, Hermaphroditen, Zwitter
oder Intersexuelle, im Gegensatz zur medizinischen Bezeichnung DSD-Patienten
(DSD = Disorders of Sex Development, deutsch: Störungen der
Geschlechtsentwicklung), die von den betroffenen Menschen mehrheitlich vehement
abgelehnt wird, da sie sich nicht als "gestört", sondern als Menschen mit einer
Variation oder Besonderheit empfinden. Als "abnormal" klassifiziert, werden die
in der Regel gesunden Körper Intersexueller zum medizinisch-chirurgischen
Notfall erklärt: Ohne ihre Einwilligung werden sie meistens im Kindesalter an
ihren intersexuellen Genitalien operiert, um diese zu "vereinheitlichen", wobei
in Kauf genommen wird, dass ihr sexuelles Empfinden vermindert oder gänzlich
zerstört wird. Bis in die 1980er Jahre war es gar üblich, einen zu kleinen
Penis beziehungsweise eine zu große Klitoris zu amputieren. Diesen Operationen
liegt keine medizinische Indikation zugrunde, es handelt sich um rein
kosmetische Eingriffe.
Weiter werden betroffene Menschen ohne ihre Einwilligung systematisch
kastriert, das heißt es werden ihnen die in der Regel gesunden, Hormone
produzierenden inneren Geschlechtsorgane entfernt, was eine lebenslange
Substitution mit körperfremden Hormonen zur Folge hat. Auch diese Kastrationen
haben zumeist keine medizinische Indikation, sondern dienen wiederum lediglich
der "Vereinheitlichung". Entsprechend dem "zugewiesenen Geschlecht" und nicht
nach den individuellen körperlichen Bedürfnissen werden den Kastrierten ab der
Pubertät künstliche Hormone verabreicht, was oft zu gravierenden
gesundheitlichen Problemen führt. Zum Beispiel werden bei weiblicher Zuweisung
prinzipiell Östrogene verabreicht, obwohl etwa betroffene Menschen mit
Androgenresistenz von sich aus Testosterone produzieren würden, die dann vom
Körper in Östrogene umgewandelt werden. Die Folgen dieser lediglich auf das
zugewiesene Geschlecht ausgerichteten Hormonersatztherapien sind unter anderem
Depressionen, Adipositas, Stoffwechsel- und Kreislaufstörungen, Osteoporose,
Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten und Libidoverlust. Schlimmer noch,
wollen betroffene Menschen auf eine adäquatere Hormonersatztherapie wechseln,
weigert sich die Krankenkasse, für die Kosten aufzukommen, da die Ärzte in der
Regel lediglich Privatrezepte ausstellen. Zwar kommen in Deutschland die Ärzte
nicht zuletzt aufgrund des Drucks der betroffenen Menschen und ihrer
Selbsthilfeorganisationen langsam von der Praxis der systematischen
Kastrationen ab. Die große Gruppe der Opfer dieser Praxis bleibt jedoch
weiterhin ausgeblendet und ihrem Schicksal überlassen.
Weiter werden die betroffenen Menschen (und oft auch ihre Eltern) über ihre
Besonderheit und die an ihnen vorgenommenen Eingriffe und deren lebenslangen
Nebenwirkungen und Folgen meist ein Leben lang angelogen, um ihnen ihr wahres
Geschlecht zu verheimlichen.
Die meisten Opfer dieser trotz gegenteiliger Lippenbekenntnisse heute noch
gängigen Praxis tragen massive psychische und physische Schäden davon, unter
denen sie ein Leben lang leiden.
In den letzten zwölf Jahren wurde die Bundesregierung durch Kleine Anfragen
bisher vier Mal aufgefordert, zur Situation der intersexuellen Menschen in
Deutschland, der medizinischen Praxis und den rechtlichen Implikationen
Stellung zu nehmen (Drucksachen 13/5916, 14/5627, 16/4322, 16/4786). Von
betroffenen Menschen wurde mehrfach kritisiert, dass auf wiederholt gestellte
wesentliche Fragen keine Antworten erfolgten und generell die Sicht der
betroffenen Menschen nicht einbezogen, sondern einseitig auf den
Parteistandpunkt der "an einer Fortführung der bisherigen Praxis
interessiert[en]" Mediziner zurückgegriffen wurde (Schattenbericht
CEDAW 2008, 1.2).
Noch als die Bundesregierung zum dritten Mal in Folge nach Statistiken zum
Vorkommen und zur Behandlung von intersexuellen Menschen gefragt wurde, lautete
die Antwort: "Der Bundesregierung liegen keine bundesweit einheitlichen
Erfassungen und Statistiken vor" (16/4786). Zwar wurde 2001 "voraussichtlich ab
2002" eine statistische Erfassung in Aussicht gestellt (14/5627), jedoch später
nie mehr darauf Bezug genommen. Zu keinem Zeitpunkt wurden Konsequenzen gezogen
aus diesem Nicht-Vorliegen genauer Daten und widersprüchlichen Teilangaben
gemäß "Erkenntnisse[n] von Fachgesellschaften und Wissenschaft": zum Beispiel
"etwa 150" Geburten jährlich "mit genitale[n] Fehlbildungen" gegenüber "7"
Krankenhauseinweisungen "mit der Diagnose Hermaphroditismus [...] im Jahr
2004"; "etwa 1:4500" "genitale Fehlbildungen" gegenüber "etwa 8 000 bis 10 000"
"schwerwiegenderen Abweichungen der Geschlechtsentwicklung" (16/4786). Geht es
demgegenüber in wissenschaftlichen Publikationen um die Anzahl der zu
Behandelnden, so heißt es bei 1:1000 sei keine "eindeutige Zuordnung" möglich,
was gut 80 000 betroffenen Menschen entspricht (Finke/Höhne: "Intersexualität
bei Kindern" 2008). Umso notwendiger wären deshalb aus Sicht der betroffenen
Menschen exakte Statistiken und kontinuierliches Monitoring.
Durchgängig stellte sich die Bundesregierung auf den Standpunkt, die an
intersexuellen Kindern ohne ihre Einwilligung vorgenommenen chirurgischen
Eingriffe seien ausnahmslos "medizinisch indiziert" und dienten deshalb dem
"Kindeswohl [...] (§ 1627 BGB)" (14/5627). Weiter unterstellt die
Bundesregierung, "größer angelegte Nachuntersuchungen als auch die klinische
Praxis" würden beweisen, "dass die Mehrzahl der betroffenen Patienten
rückblickend (d. h. im Erwachsenenalter) die bei ihnen in der Kindheit
vorgenommene operative Vereindeutigung ihres Genitalbefundes für richtig
befinden", vermag dafür jedoch keine Belege anzuführen (16/4786).
Möglicherweise bezog sich die Bundesregierung auf die in diesem Zusammenhang
gerne zitierte amerikanische Studie von Meyer-Bahlburg aus dem Jahre 2004, die
angeblich beweist, dass 85% der Befragten sich "mit ihrem Geschlecht zufrieden"
zeigten (vgl. Aktuelle Urologie 2005; 36: 90-95). Die in dieser Studie
vorgenommene Interpretation der Untersuchungsergebnisse ist jedoch alles andere
als unumstritten. So hält etwa Prof. Dr. M. Westenfelder (Krefeld) unter
anderem fest:
"Zieht man z.B. in den einzelnen Auswertungsergebnissen die Gruppe der 17 CAIS,
die zunächst ohne Intersexproblematik und ohne Operation zunächst als 'normale'
Mädchen aufwachsen, von dem Gesamtkollektiv ab, so kommt es in einigen Aussagen
zur Umkehr der Ergebnisse." (http://www.thieme-connect.com/ejournals/html/uro/doi/10.1055/s-2005-870031)
Mittlerweile vorliegende Forschungsergebnisse des Netzwerks Intersexualität/DSD
unterstreichen dies. So bestätigte etwa die "Hamburger Studie" die von
betroffenen Menschen seit Jahren immer wieder betonten, von der Bundesregierung
aber bisher ignorierten Missstände in der Behandlung intersexueller
Menschen:
"Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch.
[...] Ein Drittel [der Patienten] bewertet geschlechtsangleichende Operationen
als zufriedenstellend bzw. sehr zufriedenstellend, ein weiteres Drittel ist
unzufrieden bzw. sehr unzufrieden und das letzte Drittel ist z.T. zufrieden,
z.T. unzufrieden." (Christian Schäfer: "Intersexualität: Menschen zwischen den
Geschlechtern". http://www.springer.com/medicine/thema?SGWID=1-10092-2-513709-0)
Auch die aktuelle "Lübecker Studie" bestätigt erneut die notorisch "Hohe
Unzufriedenheit mit der medizinischen Behandlung" von Intersexuellen. Eltern
von Betroffenen schätzten zudem deren Lebensqualität durchgehend besser ein als
die Kinder selbst. (Vortrag von Dipl.-Psych. Eva Kleinemeier und Dipl.-Soz.
Martina Jürgensen (Lübeck) anlässlich des 5. Bundesweiten Treffens "Netzwerk
Intersexualität e.V." vom 6.9.2008 in Kiel. Erste Resultate in schriftlicher
Form werden Anfang Oktober auf der Netzwerk-Homepage veröffentlicht.)
Dasselbe bestätigt die Feststellung: "Auch aus der Literatur ist bekannt, dass
sich ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz von Menschen mit DSD im Lauf
der Pubertät oder im Erwachsenenalter entschließt, das ihnen zugewiesene
soziale Geschlecht zu wechseln." (M. Jürgensen; O. Hiort; U. Thyen: "Kinder und
Jugendliche mit Störungen der Geschlechtsentwicklung: Psychosexuelle und
-soziale Entwicklung und Herausforderungen bei der Versorgung". Monatsschrift
Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3, March 2008, S. 226-233.
http://www.netzwerk-is.uk-sh.de/is/fileadmin/documents/publikationen/Kinder_und_Jugendliche_mit_Stoerungen_der_Geschlechtsentwicklung.pdf)
Diese aktuellen Studien zur Situation Intersexueller in Deutschland
unterstreichen also einmal mehr, dass die von der Bundesregierung durchgehend
behauptete Ausrichtung auf das Kindeswohl nicht der Realität entspricht.
Aktuelle Entwicklungen deuten darauf hin, dass die zivilrechtlichen,
strafrechtlichen und menschenrechtlichen Implikationen der uneingewilligten
Behandlungen intersexueller Menschen in der Gesellschaft langsam zu einem Thema
werden. Am 3. September 2008 gewann die Intersexuelle Christiane Völling den
Prozess gegen ihren ehemaligen Operateur auch in 2. Instanz. Das Kölner
Oberlandesgericht bestätigte, wie schon das Landgericht, dass das
"Selbstbestimmungsrecht der Klägerin in ganz erheblichem Maße verletzt" worden
sei (Az. 5 U 51/08). Mit ihrem Prozess löste Christiane Völling eine bis dahin
noch nie da gewesene Medienresonanz aus und etablierte das Wort "Zwitter" in
der Öffentlichkeit als positive Bezeichnung für Intersexuelle und ihre
Forderung nach Selbstbestimmung (http://www.google.de/search?q=zwitterprozess).
Selbsthilfegruppen weisen jedoch darauf hin, dass Christiane Völlings Anzeige
buchstäblich im letzten Moment erfolgte, und berichten von einer Vielzahl von
anderen Fällen, bei denen wegen der Traumatisierung der betroffenen Menschen
und der oft "nicht mehr auffindbaren" Patientenakten eine Anzeige wegen
Verjährung schlussendlich nicht mehr möglich war.
Für eine weitere Sensibilisierung der Öffentlichkeit sorgte auch der
argentinische Spielfilm "XXY", der die Geschichte einer Intersexuellen
erzählt.
Am 20. Juli 2008 publizierte der Dachverband Intersexuelle Menschen e.V. eine
umfassende Forderungsliste von betroffenen Menschen zur Verbesserung ihrer
Situation (http://www.intersexuelle-menschen.net/forderungen.html).
Am 21. Juli 2008 präsentierte eine Delegation von Intersexuelle Menschen e.V.
in einem offiziellen Hearing dem UN-Ausschuss CEDAW einen eigenen
Schattenbericht, dem die Forderungsliste ebenfalls beigelegt war (http://intersex.schattenbericht.org).
Menschen mit einer Besonderheit der geschlechtlichen Entwicklung sind ein Teil
unserer Gesellschaft und haben als gleichberechtigte Bürger ein Recht auf freie
Entfaltung und Entwicklung. Die an ihnen begangenen medizinisch nicht
notwendigen, traumatisierenden Zwangsbehandlungen stellen aus der Sicht der
betroffenen Menschen einen erheblichen Verstoß gegen ihr Menschenrecht auf
körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde dar, auf deren
Wiedergutmachung sie nach wie vor warten.
FRAGEN
A. Statistiken und Monitoring
1. Wie viele Kinder werden nach den Informationen der Bundesregierung jährlich
in Deutschland geboren, die als intersexuell klassifiziert werden können
(Angaben bitte in absoluten Zahlen und Prozent)?
Wenn der Bundesregierung keine exakten Zahlen zugänglich sind: Was gedenkt sie
zu unternehmen, um solche künftig verfügbar zu haben? Wann wird dies der Fall
sein?
2. Wie viele Säuglinge und Kinder im vorpubertären Alter werden pro Jahr nach
der Diagnose der Intersexualität geschlechtszuweisenden medizinischen Maßnahmen
(Hormonbehandlungen, Kastrationen, kosmetische Genitaloperationen, weitere
Eingriffe) unterworfen (bitte aufgliedern)?
Wenn der Bundesregierung keine exakten Zahlen zugänglich sind: Was gedenkt sie
zu unternehmen, um solche künftig verfügbar zu haben? Wann wird dies der Fall
sein?
3. Geht die Bundesregierung einig mit der Ansicht betroffener Menschen, dass
aufgrund der Widersprüchlichkeit der zugänglichen Zahlen und Statistiken zu
Vorkommen und Behandlung von Intersexualität exakte Erhebungen und umfassendes
Monitoring notwendig wären?
Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, was ist die Einschätzung der Bundesregierung?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
B. Behandlungszufriedenheit und Kindeswohl
1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von Intersexuellen im
Erwachsenenalter die an ihnen vorgenommenen Eingriffe kritisiert?
Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, welche Äußerungen von Intersexuellen zu den an ihnen vorgenommenen
Eingriffen sind der Bundesregierung bekannt?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass aktuelle Studien die Jahrzehnte lange
Kritik einer Vielzahl von Intersexuellen an den an ihnen vorgenommenen
Eingriffen bestätigt?
Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, welche aktuellen Studien zur Behandlungszufriedenheit von
Intersexuellen in Deutschland sind der Bundesregierung bekannt?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
3. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von im Kindesalter am
Genitale operierten Intersexuellen an einer Verminderung oder vollständigen
Zerstörung der sexuellen Empfindungsfähigkeit leiden?
Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, welche Auswirkungen von Genitaloperationen auf das sexuelle
Empfinden sind der Bundesregierung bekannt?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn der Bundesregierung keine Auswirkungen bekannt sind, was gedenkt sie zu
unternehmen, um die Auswirkungen von Genitaloperationen auf das sexuelle
Empfinden abzuklären? In welchem Zeitrahmen?
4. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von kastrierten
Intersexuellen an Folgeschäden der einzig auf das zugewiesene Geschlecht
ausgerichteten Hormonersatztherapie leiden?
Wenn ja, welche Folgen sind der Bundesregierung bekannt?
Wie bewertet sie diese und welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die
Verträglichkeit der gängigen, einzig auf das zugewiesene Geschlecht
ausgerichteten Hormonersatztherapien abzuklären? In welchem Zeitrahmen?
5. Ist die Bundesregierung bereit, gemäß den Forderungen betroffener Menschen
Forschungsvorhaben mit dem Ziel einer individuell abgestimmten und
verträglicheren Hormonersatztherapie zu unterstützen?
6. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl der ohne ihre
Einwilligung kastrierten und genitaloperierten Intersexuellen dadurch
zusätzlich traumatisiert sind, dass ihnen ihr eigentliches Geschlecht
verheimlicht wurde, und dass sie diese Traumatisierung als besonders gravierend
empfinden?
Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, welche Äusserungen von Intersexuellen zu Traumatisierungen durch
Verheimlichung ihres eigentlichen Geschlechts sind der Bundesregierung
bekannt?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn der Bundesregierung keine bekannt sind, was gedenkt sie zu unternehmen, um
die Auswirkungen der Verheimlichung abzuklären? In welchem Zeitrahmen?
7. Geht die Bundesregierung einig mit der Ansicht betroffener Menschen, dass
die Existenz und medizinische Behandlung Intersexueller einen sensiblen und
tabuisierten Bereich darstellt, indem in der Vergangenheit zum Teil gravierende
Fehler begangen wurden, welche das von der Bundesregierung postulierte Gebot
des Kindeswohls prinzipiell in Frage stellen?
Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, was ist die Einschätzung der Bundesregierung?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
C. Psychologische Unterstützung und Peer Support
1. Erhalten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung Intersexuelle begleitend
zu medizinischer Behandlung auch psychologische bzw. psychotherapeutische
Betreuung?
2. Erhalten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung Intersexuelle begleitend
zu medizinischer Behandlung und eventueller psychologischer bzw.
psychotherapeutischer Betreuung auch Peer Support?
3. Erhalten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung Eltern Intersexueller
psychologische bzw. psychotherapeutische Betreuung?
4. Erhalten nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung Eltern Intersexueller
begleitend zu eventueller psychologischer bzw. psychotherapeutischer Betreuung
auch Peer Support?
5. Geht die Bundesregierung einig mit der Forderung betroffener Menschen nach
Peer Support als die wirksamste Hilfe für Intersexuelle und ihre Eltern?
Wenn ja, was gedenkt sie zu unternehmen, um Peer Support für Intersexuelle und
ihre Eltern zu gewährleisten?
Wenn nein, wie schätzt die Bundesregierung die Aussagen von betroffenen
Menschen und ihren Eltern ein, dass Peer Support die wirksamste Hilfe
darstellt?
D. Unterstützung der Selbsthilfe- und
Beratungsinfrastruktur
1. Welche Unterstützung erfahren Intersexuelle und ihre Infrastruktur derzeit
aus Bundesmitteln?
2. Hält die Bundesregierung Maßnahmen erforderlich, um den Aufbau einer
bundesweiten Infrastruktur für erwachsene intersexuelle Menschen zu
unterstützen?
Wenn ja, was gedenkt sie zu unternehmen, um den Aufbau einer bundesweiten
Infrastruktur zu unterstützen?
Wenn nein, wie schätzt die Bundesregierung das Bedürfnis erwachsener
intersexueller Menschen nach einer solchen Infrastruktur ein?
3. Was kann und will die Bundesregierung unternehmen, um die Einrichtung
außerklinischer Kontaktzentren mit einem psychologischen Beratungsangebot für
Intersexuelle zu fördern, welche die von Fachleuten und Interessensverbänden
für wesentlich erachtete Kontaktaufnahme von Eltern und intersexuellen Kindern
mit anderen Menschen in der gleichen Situation und die psychologische Beratung
aller Beteiligten ermöglichen würde?
E. Akzeptanzfördernde Maßnahmen und Aufnahme in
Lehrpläne
1. Ist die von der Bundesregierung in Drucksache 16/4786, Antwort C 5, in
Aussicht gestellte Prüfung, ob und inwieweit allgemein zugängliche und
akzeptanzfördernde Aufklärungsarbeiten über die Existenz intersexueller
Menschen geeignet und erforderlich sind, inzwischen erfolgt?
Wenn ja, zu welchen Ergebnissen ist die Bundesregierung gekommen?
Welche Schritte wird die Bundesregierung hin zu einer solchen Aufklärung
unternehmen? Schließen diese Schritte die Aufnahme von Intersexualität in die
Lehrpläne der Schulen und Berufsausbildungen mit ein, insbesondere in Biologie,
Sexualkunde und den sozialen Fächern, sowie in der Ausbildung sämtlicher
medizinischer und sozialer Berufe, z.B. von Ärzten, Hebammen,
Krankenschwestern, Pflegern, Psychologen, Lehrkräften, Kindergärtnern,
Sozialarbeitern usw.?
Wenn nein, in welchem Zeitrahmen wird die Bundesregierung zu entsprechenden
Ergebnissen kommen?
F. Entschädigung
1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von Intersexuellen die
Jahrzehnte lange Weigerung der Bundesregierung, die durch die nicht
eingewilligten Eingriffe verursachten Leiden zur Kenntnis zu nehmen, als
billigendes Inkaufnehmen und damit schädigendes staatliches Handeln
betrachtet?
Was ist die Einschätzung der Bundesregierung dazu? Welche Konsequenzen zieht
sie daraus?
2. Ist der Bundesregierung bekannt, dass einer Vielzahl von Intersexuellen
durch Traumatisierung, Hormonbehandlung und weitere Folgen der nicht
eingewilligten medizinischen Eingriffe Zeit für ihr berufliches Fortkommen
genommen wird und sie dadurch Einkommens- und Renteneinbussen erleiden?
Wenn ja, wie bewertet sie das?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, welche Auswirkungen von Traumatisierung, Hormonbehandlung und
weiteren Folgen der nicht eingewilligten medizinischen Eingriffe auf das
berufliche Fortkommen sind der Bundesregierung bekannt?
Wenn keine, was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um die Auswirkungen
abzuklären? In welchem Zeitrahmen?
3. Ist die Bundesregierung bereit, zusammen mit den verantwortlichen ärztlichen
Standesorganisationen Mittel zur Entschädigung Intersexueller, die Opfer nicht
eingewilligter medizinischer Geschlechtszuweisungen geworden sind, zur
Verfügung zu stellen?
Wenn ja, welche Schritte gedenkt die Bundesregierung dahingehend zu unternehmen
und in welchem Zeitrahmen?
Wenn nein, warum nicht?
G. Forschungen zum Thema Intersexualität
1. Werden mit Bundesmitteln medizinische Forschungen zu Ursachen und zur
Behandlung von Intersexualität gefördert?
Wenn ja, an welche Institutionen und Einrichtungen werden diese in welcher Höhe
vergeben?
2. Werden mit Bundesmitteln nicht-medizinische Forschungen zur Evaluation der
sozialen und rechtlichen Situation intersexueller Menschen in Deutschland
gefördert?
Wenn ja, an welche Institutionen und Einrichtungen werden diese in welcher Höhe
vergeben?
H. Menschenrechtsfragen
1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass eine Vielzahl von Intersexuellen die
nicht eingewilligten Eingriffe und ihre Folgen als eine Verletzung nicht nur
der Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde
empfinden, sondern auch als eine Verletzung der Kinderrechtskonvention (CRC),
des Zivilpakts (ICCPR), des Sozialpakts (CESCR) und der Konvention gegen Folter
(CAT)?
Wie bewertet sie diese Vorwürfe?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
2. Ist der Bundesregierung der Schattenbericht CEDAW 2008 des Dachverbandes
Intersexuelle Menschen e.V. bekannt?
Wenn ja, wie bewertet sie diesen?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
I. Forderungen betroffener Menschen
1. Sind der Bundesregierung die Forderungen des Dachverbandes Intersexuelle
Menschen e.V. bekannt?
Wenn ja, wie bewertet sie diese?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wenn nein, in welchem Zeitrahmen wird die Bundesregierung eine Abklärung
vornehmen?
Siehe auch:
Streicheleinheiten für die Bundesregierung