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Saturday, April 2 2011

Genitalverstümmelung in Kinderkliniken: Endo-Chirurgen gehen auf Distanz

1. Mahnwache vor der "DGE 2011" mit Offenem Brief, Hamburg 1.4.11

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>>> Infoseite zu den Protesten   >>> Bericht 1. Aktion 30.3.   >>> Bericht 2. Aktion 1.4. 

PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 2.4.2011

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt.

In Hamburg sind anlässlich des Genitalabschneider-Kongresses "DGE 2011 – 54. Symposion der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie" menschenrechtswidrige kosmetische Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen aktuell gleich dreifach Thema:

• Zunächst drinnen im Congress Centrum Hamburg von Seiten der Ärztinnen und Ärtzte der "Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE):

Dort finden heute Samstag 2.4. sogenannte "Meet the Expert-Sessions" statt zu den Schwerpunkten "Pädiatrische Endokriniologie" sowie "Adrenogenitales Syndrom". Zu letzterem propagiert die DGE u.a. in der 2010 von ihr mitverantworteten AWMF-Leitlinie 027/047 unverdrossen "Genitalkorrekturoperationen" an wehrlosen Kleinkindern ohne Wenn und Aber: "In der Regel wird die Operation in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt."

• Thema sind die chirurgischen Genitalverstümmelungen aber auch draußen vor dem Kongress:

Ab 09:30 Uhr protestiert die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org gleichzeitig zum 3. Mal in Folge anlässlich der "DGE 2010" mit einer friedlichen Mahnwache gegen die Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken – allein in Hamburg werden solche an mindestens 5 Orten regelmäßig vorgenommen.

• Drittens sorgt sich die Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK) darüber, als Mitorganisatorin bei der "DGE 2011" in der Öffentlichkeit mit der Praxis der Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken in Verbindung gebracht zu werden:

Als Reaktion auf den gestrigen Offenen Brief der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org an die Mitgliederversammlung der DGE, welcher der zeitgleich tagenden CAEK ebenfalls zugestellt wurde, monierte der CAEK-Vorsitzende "bei allem Verständnis für Ihr Anliegen", dadurch werde eine "Beziehung" hergestellt, "welche nicht existiert" und ist daher "für den Leser irreführend" sei.

Zwischengeschlecht.org hält fest, dass weder im Offenen Brief noch sonstwo behauptet wurde, die CAEK sei an Leitlinien beteiligt, die menschenrechtswidrige Eingriffe propagieren, sondern sieht die Verantwortung dafür im Zusammenhang mit der "DGE 2011" klar bei der DGE. Zwischengeschlecht.org bedauert, falls trotzdem ein gegenteiliger Eindruck entstanden sein sollte. Es war nicht die Absicht unserer Menschenrechtsgruppe, eine direkte Beziehung der CAEK zu den von uns kritisierten Praktiken herstellen zu wollen.

Jedoch ist Zwischengeschlecht.org der Ansicht, dass bei gravierenden medizinethischen Fragen wie im Falle der systematischen kosmetischen Genitaloperationen an wehrlosen Kindern die gesamte medizinische Gemeinschaft gefordert ist, und nicht nur die unmittelbar betroffenen Teildisziplinen, und dies umso mehr, je enger andere Disziplinen mit den direkt verantwortlichen Kontakt pflegen und zusammenarbeiten.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

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Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> Infoseite zu den "DGE 2011"-Protesten

>>> Bericht 1. Protest vom 30.3.11
>>>
Flugblatt zu den Protesten (PDF, 168KB)
>>> Bericht 2. Aktion 1.4.11

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

>>> Friedlicher Protest & Offener Brief DGKJ-DGKCH 2010
>>> Friedlicher Protest & Offener Brief APE-AGPD 2010
>>> Friedlicher Protest & Offener Brief 11th EMBL/EMBO 2010
>>> Aktion & Offener Brief Ostschweizer Kinderspital St. Gallen 2011
>>> Aktion & Offener Brief Kinderspital Luzern 2010
>>> Aktion & Offener Brief Inselspital Bern 2009
>>> Aktion & Offener Brief Kinderspital Zürich 2008

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Friday, April 1 2011

Offener Brief von Zwischengeschlecht.org zur DGE 2011, 1.4.11

Vor dem Eingang zur "DGE 2011", Hamburg 30.3.11

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>>> Der Offene Brief als PDF

Zwischengeschlecht.org
Menschenrechte auch für Zwitter!
Postfach 2122
8031 Zürich
info_at_zwischengeschlecht.org



Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e.V.
c/o EndoScience Endokrinologie Service GmbH
Mozartstr. 23
93128 Regenstauf


Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK)
c/o [Name und Anschrift des Vorsitzenden
auf dessen Wunsch entfernt,
ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs]
55101 Mainz



Hamburg, 1. April 2011



Offener Brief von Zwischengeschlecht.org zur DGE 2011


Sehr geehrte Damen und Herren

Als sogenannt 'intersexuelle' Menschen und in diesem Zusammenhang auch Betroffene von nicht eingewilligten medizinischen Massnahmen sind wir sehr besorgt darüber, dass Ihre Organisationen ebensolche Zwangsmassnahmen propagieren und durch ihre Mitglieder durchführen lassen.

Wir beziehen uns dabei insbesondere auf die AWMF-Leitlinien 027/022 "Störungen der Geschlechtsentwicklung" und 027/047 "Adrenogenitales Syndrom", die wiederholt solche kosmetischen Eingriffe an Kleinkindern propagieren und dabei ethische und menschenrechtliche Gesichtspunkte entweder gar nicht oder nicht adäquat berücksichtigen.

Zwar bezieht sich die Leitlinie 027/022 teilweise unter anderem auf das Konsensuspapier "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD" der Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung" (1). Dessen Schlussfolgerungen werden jedoch in den Leitlinien einseitig und selektiv berücksichtigt. So benutzt zum Beispiel die Leitlinie das Ethikpapier dazu, Grund- und Menschenrechte der Kinder zu negieren, indem es abschliessend als einziger Beleg dafür hinzugezogen wird, dass "[r]echtlich [...] letztlich den Eltern die Entscheidung [zusteht]".

Dabei wird ausgeblendet, dass auch das Ethikpapier verschiedentlich bestätigt, dass auch die Kinder Rechte haben, darunter insbesondere das Recht auf "körperliche Integrität und Lebensqualität, insbesondere im Bereich der Fortpflanzungsfähigkeit sowie des sexuellen Erlebens, und die freie Entwicklung der Persönlichkeit", sowie das "Recht von Kindern und Jugendlichen auf Partizipation bzw. Selbstbestimmung" (2).

Ebenso hält auch das Ethikpapier unmissverständlich fest, dass medizinisch nicht notwendige, irreversible Eingriffe an Kindern klar unzulässig sind: "Maßnahmen, für die keine zufrieden stellende wissenschaftliche Evidenz vorliegt, sowie Maßnahmen, die irreversible Folgen für die Geschlechtsidentität oder negative Auswirkungen auf Sexualität oder Fortpflanzungsfähigkeit haben können, sind besonders begründungs- und rechtfertigungspflichtig und bedürfen einer zwingenden medizinischen Indikation." (3)

Auf die grund- und menschenrechtlichen Implikationen medizinisch nicht notwendiger Eingriffe ohne Evidenz geht die Leitlinie 027/022 gar nicht erst ein.

Die 2010 neu eingeführte Leitlinie 027/047 "Adrenogenitales Syndrom" lässt ethische Bedenken gleich ganz außen vor und propagiert stattdessen medizinisch nicht notwendige „Genitalkorrekturoperationen“ an Kleinstkindern als selbstverständlich:

„In der Regel wird die Operation in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt.“

Nebst unkontrollierten chirurgischen Menschenversuchen leistet die Leitlinie 027/047 auch unkontrollierten pränatalen Hormonexperimenten mit Dexamethason Vorschub. Zwar hält die Leitlinie hierzu immerhin fest:

"Die pränatale AGS-Therapie ist nach wie vor eine experimentelle Therapie. Sie sollte im Rahmen kontrollierter Studien durchgeführt werden (zentrale Datenerfassung für die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie über Prof. Dr. H.G. Dörr, Kinder- und Jugendklinik der Universität Erlangen)."

Trotzdem belässt es die von Prof. Dr. Dörr mitverantwortete AWMF-Leitlinie 027/042 letztlich bei unverbindlichen Empfehlungen ("sollte") – und erlaubt es so eigenmächtig "experimentierenden" Medizinern, dies weiterhin nach eigenem Gutdünken willkürlich zu tun, ohne dass sie für ihre menschenrechtswidrigen unkontrollierten Humanexperimente je irgendwelche Konsequenzen zu vergegenwärtigen hätten.

Dieses Unterlassung ist umso empörender, als Prof. Dr. Dörr schon seit längerem beklagt, dass sich die meisten Endokrinologen seit 1990, also seit zwanzig Jahren einen Deut um die Datenerfassung kümmern:

"Das Ausfüllen der Fragebögen erfolgt auf freiwilliger Basis. [...] Leider muss man somit feststellen, dass die Fragebögen nahezu nie komplett ausgefüllt zurückgeschickt werden [...]. Aufgrund der derzeit bestehenden Strukturen besteht jedoch keine Möglichkeit, gezielt nach den fehlenden Daten nachzufragen.[...] Man muss allerdings davon ausgehen, dass die dokumentierten Fälle in der Datenbank nur einen Teil der tatsächlich pränatal behandelten Fälle in Deutschland darstellen. Zum Beispiel wurden für das Jahr 1999 nur 2 Fälle und für das Jahr 2000 überhaupt kein Fall dokumentiert." (4)

"Dexamethason wird nicht selten großzügig Risikoschwangeren verordnet, ohne dabei einige der Grundregeln zu beachten, (…) und vor allem ohne die schriftliche Aufklärung der betroffenen Familie über die Therapie einschließlich der potenziellen Nebenwirkungen für Mutter und Kind."
(4)

Unserer Auffassung nach sind seit den Nürnberger Prozessen unkontrollierte Menschenexperimente, noch dazu ohne umfassende Aufklärung, nicht nur ethisch, sondern auch rechtlich nicht mehr haltbar, und eigentlich ein Fall für den Staatsanwalt.

Es ist verdankenswert, dass ein Mitglied der DGE hier hinschaut und die Tatsachen beim Namen nennt. Dass eine zwei Jahre später erstellte Leitlinie aus diesen bekannten Tatsachen keine Konsequenzen zieht, stimmt mehr als nachdenklich.

Unter diesen Voraussetzungen lässt die 2009 angemeldete und auf 2011 angekündigte AWMF-Leitlinie 027/029 "Hypospadie" unter Federführung derselben Verantwortlichen wie schon bei den Leitlinien 027/022 "Störungen der Geschlechtsentwicklung" und 027/047 "Adrenogenitales Syndrom", nämlich DGKJ, APE, AG DSD/Störungen der Geschlechtsdifferenzierung und DGE, wenig Gutes erahnen.

Wie interne Untersuchungen der APE (5) und ESPE (6) zudem bestätigen, sind es hauptsächlich Endokrinologen, die allein oder zusammen mit einem Kinderchirurgen in den Kinderkliniken den Eltern medizinisch nicht notwendige, irreversible Genitaloperationen aufdrängen.

Eine Mutter, die von einer Netzwerk DSD/Intersexualität-Endokrinologin "beraten" wurde:

„Wir Eltern wurden von den Ärzten massiv unter Druck gesetzt, das Kind geschlechtsbestimmend operieren zu lassen, obwohl es vollkommen gesund war und keine Beschwerden hatte. Nicht zu operieren, wäre für das Kind ein gesellschaftliches Desaster, lautete die Begründung. Die Rede war zuerst von einem Mädchen. ‘Aber wir machen auch einen Bub, wenn Sie das lieber wollen’, bot uns die Ärztin an.“ (7)

Als Betroffene sowohl von nicht eingewilligten "Genitalkorrekturen" wie auch von nicht eingewilligten Gonadektomien sind wir über diese Leitlinien und solche "Beratungen" entsetzt und halten fest:

Geschlechtszuweisende chirurgische Genitalkorrekturen ohne medizinische Indikation, wie sie auch in Deutschland immer noch regelmässig an Kleinkindern durchgeführt werden, sind auch in der medizinischen Lehre alles andere als unumstritten. Nach wie vor gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, dass sie auf lange Sicht wirksam und sicher sind. Hingegen gibt es viele Indizien, welche ihre Wirksamkeit in Frage stellen.

Weder ist gesichert, dass Genitalkorrekturen langfristig zu besseren psychosozialen Resultaten führen, als wenn sie unterlassen werden. Noch kann garantiert werden, dass ein Kind sich entsprechend der ihm zugewiesenen Geschlechtsidentität entwickelt. Im Gegenteil, aktuelle Studien belegen:

"Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch. [...] Ein Drittel [der Patienten] bewertet geschlechtsangleichende Operationen als zufriedenstellend bzw. sehr zufriedenstellend, ein weiteres Drittel ist unzufrieden bzw. sehr unzufrieden und das letzte Drittel ist z.T. zufrieden, z.T. unzufrieden." (8)

Die Behandlungszufriedenheit ist bei intersexuellen Erwachsenen und auch Eltern intersexueller Kinder "gering". Eltern beurteilen "die behandelnden Ärzte/Ärztinnen schlechter als Eltern von Kindern mit anderen chronischen Erkrankungen". (9) "Als Ergebnis zeigt sich, dass viele Erwachsene mit DSD mit der medizinischen Behandlung sehr unzufrieden sind." (10)

"The outcome of early genital vaginoplasty is poor and repeat procedures are common. Complications such as stenosis and persistent offensive vaginal discharge and bleeding are common. [...] It is also increasingly clear that clitoral surgery in childhood is detrimental to adult sexual function." (11)

„Auch aus der Literatur ist bekannt, dass sich ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz von Menschen mit DSD im Lauf der Pubertät oder im Erwachsenenalter entschließt, das ihnen zugewiesene soziale Geschlecht zu wechseln.“
(12)

Dass die Wirksamkeit der chirurgischen und hormonellen Behandlungsmethoden an Kleinkindern auch nach sechzigjähriger Praxis immer noch nicht erwiesen werden konnte, unterstreicht zudem auch die aktuelle Leitlinie selbst, die sich bekanntlich auf der niedrigsten Entwicklungsstufe 1 befindet.

Flächendeckende prophylaktische Gonadektomien sind laut medizinischen Studien in den meisten Fällen medizinisch nicht notwendig, haben aber für die Betroffenen lebenslange, sehr schwerwiegende Folgen, insbesondere bei anschliessender Hormonersatztherapie entgegen der ursprünglichen Hormonproduktion des Körpers. So beträgt beispielsweise bei CAIS das Krebsrisiko lediglich 0.8 %, bei PAIS 15 %. (13) Sogar Wünsch und Wessel halten in einer aktuellen Publikation fest: "Indikation und Zeitpunkt der Gonadenentfernung müssen dem individuellen Tumorrisiko angepasst werden. Der Schutz der Fertilität ist ein zentrales Anliegen." (14)

Auch aus ethischen und juristischen Gründen sind geschlechtszuweisende chirurgische Genitalkorrekturen und prophylaktische Gonadektomien an Kindern ohne deren informierte Zustimmung strikt abzulehnen.

Wie bereits eingangs erwähnt, sind laut "Ethische Grundsätze und Empfehlungen" irreversible, medizinisch nicht notwendige Eingriffe ohne ausreichende Evidenz klar unzulässig:

"Maßnahmen, für die keine zufrieden stellende wissenschaftliche Evidenz vorliegt, sowie Maßnahmen, die irreversible Folgen für die Geschlechtsidentität oder negative Auswirkungen auf Sexualität oder Fortpflanzungsfähigkeit haben können, sind besonders begründungs- und rechtfertigungspflichtig und bedürfen einer zwingenden medizinischen Indikation. [...] Die Verfügung über Organe und Strukturen, die für die körperliche Integrität oder Geschlechtsidentität wichtig sind (z.B. Keimdrüsen), sollten in der Regel – wenn keine gewichtigen, das Kindeswohl betreffenden Gründe entgegenstehen – dem Betroffenen selbst überlassen bleiben." (15)

2010 bestätigte der Deutsche Ethikrat:

"Der Umgang mit der Intersexualität berührt eine Reihe medizin-, rechts- und sozialethischer Fragen, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit." (16)

Und auf dem Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates vom 23.6.2010 fand die Leitung der Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung", Prof. Dr. Claudia Wiesemann, angesprochen auf die selektive Berücksichtigung der ethischen Grundsätze und Empfehlungen in der aktuellen Leitlinie, deutliche Worte und sprach von Situationen, in denen

"operiert wird auf Teufel komm raus (…) und (…) der informed consent aller Wahrscheinlichkeit nach Makulatur ist und letztendlich die Ethik nur noch als Freifahrtschein dazu dient, an die Eltern eine ohnehin feststehende Entscheidung abzudelegieren" (17).

(Claudia Wiesemann bezog sich dabei hauptsächlich auf "Kleinstzentren". Nach allen uns vorliegenden Informationen ist genau dasselbe jedoch auch in den grossen Behandlungszentren der Fall, und ist noch nirgends die auch in der Leitlinie geforderte Beteiligung von Psychologen, Sozialarbeitern und Ethikern in den multidisziplinären Behandlungsteams wirklich gewährleistet, auch durch entsprechende Festanstellungen.) (18)

Auch internationale Ethikgremien kommen zum Schluss:

"Our working group unanimously supported waiting for children to be old enough to participarte in decisions about risky and painful surgeries that might fail to reliably retain function and produce more normal appearance (for example, surgery for intersex and achondroplasia)." (19)

Die Rechtsprofessorin Konstanze Plett vertritt seit langem den Standpunkt, dass das medizinisch nicht notwendige Gonadektomieren intersexueller Kinder gegen das Sterilisationsverbot verstosse. (20)

Auch international werden medizinisch nicht notwendige Eingriffe an Kindern als Verstoß gegen ihre höchstpersönlichen Rechte gewertet. Vgl. zum Beispiel Prof. Dr. iur. Andrea Büchler, Professorin für Privatrecht an der Universität Zürich:

"Ein medizinischer Eingriff braucht die Zustimmung der betroffenen Person. In der Regel können die Eltern für ihr Kind zustimmen. Geschlechtszuweisende Operationen aber tangieren die höchstpersönlichen Rechte und dürfen nicht ohne Zustimmung des betroffenen Kindes vorgenommen werden – ausser es ist medizinisch notwendig." (21)

Nicht zuletzt verletzen medizinisch nicht notwendige, kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern Grund- und Menschenrechte, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung.

Namhafte Menschenrechtsorganisationen unterstreichen zudem die Parallelen zur weltweit geächteten Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung.


Die Juristin Dr. Angela Kolbe kritisiert in ihrer mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichneten Dissertation über die verfassungsrechtliche Situation intersexueller Menschen insbesondere die schweren Eingriffe bei Kleinkindern als Verstoß gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. (22)

Als Reaktion auf einen Schattenbericht von Intersexuelle Menschen e.V., der verschiedene Menschenrechtsverletzungen von Intersexuellen durch medizinische Zwangseingriffe auflistete (23), rügte 2009 das UN-Komitee CEDAW die Bundesregierung wegen Missachtung ihrer Schutzpflicht gegenüber intersexuellen Kindern. In den daraus resultierenden schriftlichen Empfehlungen forderte das Komitee die Bundesregierung auf, "wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenrechte zu ergreifen" (24).

Die Sektionen Deutschland und Schweiz von Amnesty International verabschiedeten 2010 an ihren Jahresversammlungen je eine Motion, worin sie Handlungsbedarf unterstrichen.

Amnesty Deutschland wertete die kosmetischen Genitaloperationen an Kindern als "fundamentalen Verstoß gegen die Menschenrechte":

"Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Ächtung einer medizinischen Praxis, intersexuellen Menschen entweder im frühen Kindesalter ohne Einwilligungsfähigkeit – oder Erwachsenen ohne Aufklärung über Folgen – auf operativ-medikamentösem Weg ein eindeutiges Geschlecht „zuzuweisen“. Dies wird als fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte (Recht auf körperliche Unversehrtheit, auf Selbstbestimmung und Würde und auf Nicht-Diskriminierung) gewertet, da solche Maßnahmen in den allermeisten Fällen aus medizinisch-gesundheitlicher Sicht keinerlei Begründung haben." (25)

Und Amnesty Schweiz führte in der Begründung aus:

"Wir erachten genitale Zwangsoperationen für ein schweres Verbrechen, das gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde verstösst. Genitale Zwangsoperationen sind schwere medizinische Eingriffe an Kindern mit gesunden, aber sogenannten nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen, die ohne die Einwilligung der Betroffenen vorgenommen werden. Die Folgen von chirurgischen und medikamentösen Eingriffen werden von den Betroffenen oft als Verstümmelungen wahrgenommen. Die Suizidrate bei operierten und hormonbehandelten Intersexuellen ist stark erhöht; auch verstösst die Zuweisung zum explizit männlichen oder weiblichen Geschlecht gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde, die nicht nur bei Female Genital Mutilation (FGM) in Entwicklungsländern, sondern weiterhin auch bei genitalen Zwangsoperationen in Industrieländern verletzt werden."
(26)

Terre des Femmes und internationale Expertinnen konstatieren seit Jahren, dass kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern eine Form von Genitalverstümmelung sind und für die Opfer vergleichbar schädlich wie die weibliche Genitalverstümmelung. (27)

Erwachsene, die als Kinder kosmetischen Genitaloperationen unterzogen wurden, beklagen seit den 1990er-Jahren öffentlich die "Zerstörung des sexuellen Empfindens" und der "körperlichen Unversehrtheit" (28) durch diese Eingriffe, welche sie als "Genitalverstümmelung" erfahren. (29)

Wir betroffene Menschen bitten Sie deshalb inständig, die fragwürdigen Praktiken im Zusammenhang mit Intersexualität zu überprüfen,
und bitten um eine diesbezügliche Stellungnahme innert nützlicher Frist.

Ebenso bitten wir Sie inständig um angemessenen Einbezug der Betroffenen und ihrer Organisationen beim Erarbeiten künftiger Behandlungsrichtlinien sowie in der Behandlung selbst (Anbieten von kontinuierlichem Peer Support sowohl für die betroffenen Kinder wie auch für ihre Eltern).

In der Hoffnung auf einen konstruktiven Dialog zwischen verantwortlichen Ärzten und uns Betroffenen grüssen wir Sie freundlich


Im Namen von Zwischengeschlecht.org


Daniela Truffer
Gründungsmitglied Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied XY-Frauen
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.






Quellen (alle Links Stand 15.9.2010)

(1) Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung": "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 2008, Nr. 156, S. 241-245

(2) Ebd., S. 244

(3) Ebd., S. 245

(4) Helmuth G. Dörr: "Adrenogenitales Syndrom infolge 21-Hydroxylase-Defektes: Hat die pränatale Therapie in Deutschland eine Zukunft?". In:  korasion Nr. 1, März 2008
http://www.kindergynaekologie.de/html/kora62.html

(5) Eigene Umfrage in der Arge Nebenniere der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie (APE) 2005

(6) Management of Congenital Adrenal Hyperplasia: Results of the ESPE Questionnaire (Riepe et al., Horm Res 2002;58:196-205)

(7) Renata Egli-Gerber: "Weder Mann noch Frau – und doch beides", in: Sonntag/Leben und Glauben, Heft 36/2010, S. 28-30, hier S. 29

(8) Christian Schäfer: "Intersexualität: Menschen zwischen den Geschlechtern".
http://www.springer.com/medicine/thema?SGWID=1-10092-2-513709-0

Lisa Brinkmann; Katinka Schweizer; Hertha Richter-Appelt: "Behandlungserfahrungen von Menschen mit Intersexualität. Ergebnisse der Hamburger Intersex-Studie". Gynäkologische Endokrinologie 04/2007, S. 235-242

(9) Eva Kleinemeier, Martina Jürgensen: "Erste Ergebnisse der Klinischen Evaluationsstudie im Netzwerk Störungen der Geschlechtsentwicklung/Intersexualität in Deutschland, Österreich und Schweiz Januar 2005 bis Dezember 2007", S. 18. http://www.netzwerk-dsd.uk-sh.de/fileadmin/documents/netzwerk/evalstudie/Bericht_Klinische_Evaluationsstudie.pdf

(10) Ebd., S. 37

(11) Sarah M. Creighton: "Adult Outcomes of Feminizing Surgery". In: Sharon E. Sytsma (Ed.): "Ethics and Intersex", Dordrecht: Springer, 2006, S. 207-214

(12) M. Jürgensen; O. Hiort; U. Thyen: "Kinder und Jugendliche mit Störungen der Geschlechtsentwicklung: Psychosexuelle und -soziale Entwicklung und Herausforderungen bei der Versorgung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3, March 2008, S. 226-233

(13) Martine Cools, Stenvert L. S. Drop, Katja P. Wolffenbuttel, J. Wolter Oosterhuis, and Leendert H. J. Looijenga: "Germ Cell Tumors in the Intersex Gonad: Old Paths, New Directions, Moving Frontiers". Endocrine Reviews 27(5), 2006: S. 468–484 (S. 481)

(14) L. Wünsch, L. Wessel: "Chirurgische Strategien bei Störungen der Geschlechtsentwicklung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3. Springer Berlin / Heidelberg 2008, S. 234-240

(15) Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung": "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 2008, Nr. 156, S. 241-245

(16) Pressemitteilung 06/2010 des Deutschen Ethikrates vom 25.6.2010
http://www.ethikrat.org/presse/pressemitteilungen/2010/pressemitteilung-2010-06

(17) Claudia Wiesemann, Redebeitrag in der Abschlussdiskussion am „Forum Bioethik“ des Deutschen Ethikrates, 23.06.2010, Transkript:
https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/09/13/Ethik-als-Freifahrtschein-Claudia-Wiesemann-23-6-10

(18) Eckhard Korsch: "Überlegungen zur praktischen Umsetzung des DSD-Consensus-Statements", Vortrag gehalten an der APE 2006, Folien 11-17

(19) Erik Parens (Ed.): "Surgically Shaping Children", Baltimore: The Johns Hopkins University Press, 2006, S. xxix

(20) Vortrag vom 7.3.2001, gehalten anläßlich der 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Druckfassung:
Konstanze Plett: Intersexualität aus rechtlicher Perspektive. "Gigi - Zeitschrift für die sexuelle Emanzipation" Nr. 13 (Mai/Juni 2001)

(21) Katrin Hafner: "Ein Intersexueller klagt seinen ehemaligen Arzt an". Tages-Anzeiger, 05.02.2008. http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/wissen/medizin/838834.html

(22) Angela Kolbe: Intersexualität, Zweigeschlechtlichkeit und Verfassungsrecht. Eine interdisziplinäre Untersuchung. Nomos 2010 (Dissertation)

(23) Lucie G. Veith / Sarah Luzia Hassel-Reusing / Claudia J. Kreuzer: Parallelbericht zum 6. Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW). Erstellt von: Intersexuelle Menschen e.V. / XY-Frauen (http://intersex.schattenbericht.org)

(24) CEDAW/C/DEU/CO/6
Deutsche Übersetzung: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Menschenrechte/Download/ConcludingCommentsFrauen.pdf

(25) "Intersexualität und Menschenrechte", Mitteilung vom 26.5.2010
http://www.mersi-hamburg.de/Main/20100526001

(26) Motion 6: "Position zu Intersexualität"
http://www.queeramnesty.ch/docs/QAI_Motion_GV2010_Intersex.pdf

(27) Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal". Orlanda 2003. Vgl. insbesondere Kapitel 3: "Intersex-Chirurgie – ein Segen für wen?", S. 49-58

Fana Asefaw, Daniela Hrzán: Genital Cutting – Eine Einführung. In: ZtG Bulletin 28, 2005, S. 8-21
Relevante Auszüge: https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/08/07/Genitale-Zwangsoperationen-an-Zwittern-Genitalverstuemmelung-Typ-IV-Fana-Asefaw%2C-Daniela-Hrzan%2C-2005
Ganzer Text: http://www.gender.hu-berlin.de/w/files/ztgbulletintexte28/2artikel_asefaw_hrzan.pdf

Marion Hulverscheidt: "Weiblich gemacht? Genitalverstümmelung bei afrikanischen Frauen und bei Intersexuellen". In: TDF. Menschenrechte für die Frau, Nr. 3/4, 2004, S. 23-26
http://kastrationsspital.ch/public/Hulverscheidt_TDF_3-4-04.pdf

Konstanze Plett: "Die Macht der Tabus". amnesty journal 03/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte
http://schattenblick.net/infopool/buerger/amnesty/bagru265.html

(28) Cheryl Chase: "Letters from Readers". In: The Sciences, July/August, 3, 1993
http://www.isna.org/articles/chase1995a

(29) Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG):
"Genitalverstümmelungen in Deutschland in der Kinder- und Jugendgynäkologie"
https://blog.zwischengeschlecht.info/pages/Genitalverstuemmelungen-AGGPG-%281996%29

 
>>>
Infoseite zu den Protesten zur "DGE 2011" 
>>> Download Flugblatt (PDF, 168KB)
>>> Bericht 1. Aktion 30.3.   >>> Bericht 2. Aktion 1.4.

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen 

Siehe auch:
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Hamburg: Proteste gegen Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken

Mahnwache vor der "DGE 2011" mit Offenen Briefen, Hamburg 1.4.11

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>>> Infoseite zu den Protesten   >>> Demo-Flugblatt (PDF)   >>> Bericht 1. Aktion 30.3.

PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 1.4.2011:

Heute Freitag 1.4. protestiert die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org in Hamburg mit einer friedlichen Aktion gegen die grausame Praxis der chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken – allein in Hamburg regelmäßig an mindestens 5 Orten.

Die meisten Kinder tragen von diesen medizinisch nicht notwendigen, menschenrechtswidrigen GenitalOPs massive körperliche und seelischen Schäden davon, unter denen sie ein Leben lang leiden.

Trotzdem werden heute noch 90% aller Kinder mit "auffälligen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen meist mehrfach massiven unnötigen Operationen wie "Klitorisreduktionen" und Kastrationen unterworfen.

Regelmäßig werden dabei auch die Eltern angelogen bzw. nicht vollständig aufgekärt.

Diese Fakten werden auch durch aktuelle Studien der behandelnden Mediziner selbst bestätigt. Verbandsinterne Umfragen zeigen überdies, dass die Endokrinologen bei den Verstümmelungen eine zentrale Schlüsselposition einnehmen.

Seit Mittwoch 30.3. versammelt sich im Congress Centrum Hamburg CCH zur "DGE 2011" eine der hauptsächlich für diese Verstümmelungen verantwortlichen Medizyner-Standesorganisationen, nämlich die "Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)", sowie die "Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie (CAEK)".

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird während der Mitgliederversammlungen dieser Vereinigungen zum 2. Mal vor dem CCH friedlich protestieren und den Verantwortlichen von DGE und CAEK einen Offenen Brief persönlich übergeben. Den Wortlaut des Offenen Briefes finden Sie untenstehend. Er wurde den Verantwortlichen bereits vorab per Mail zugestellt.

Betroffene, aber auch Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty prangern die unmenschliche Praxis der "kosmetischen Genitaloperationen" an Kindern und Jugendlichen seit langem an als "ein schweres Verbrechen, das gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde verstößt". Trotzdem operieren die Mediziner unbeirrbar weiter auf Teufel komm raus.

Diese Genitalverstümmelungen vor unserer Haustüre müssen endlich aufhören!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und  Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".



[ >>> Der Offene Brief ]



>>> Bericht 1. Protest vom 30.3.11
>>> Flugblatt zu den Protesten (PDF, 168KB)
>>> Bericht 2. Aktion 1.4.11
>>> Pressemitteilung vom 2.4.11
>>>
Chirurgische Arbeitsgemeinschaft CAEK geht auf Distanz
       
(will sich aber nicht distanzieren)  
>>> Bericht 3. Aktion 2.4.11 

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

>>> Friedlicher Protest & Offener Brief DGKJ-DGKCH 2010
>>> Friedlicher Protest & Offener Brief APE-AGPD 2010
>>> Friedlicher Protest & Offener Brief 11th EMBL/EMBO 2010
>>> Aktion & Offener Brief Ostschweizer Kinderspital St. Gallen 2011
>>> Aktion & Offener Brief Kinderspital Luzern 2010
>>> Aktion & Offener Brief Inselspital Bern 2009
>>> Aktion & Offener Brief Kinderspital Zürich 2008

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen? 

Thursday, March 24 2011

Hamburg: Proteste gegen Genitalverstümmler-Kongress "DGE 2011"

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!»

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>>> Der Offene Brief

>>> Pressemitteilung vom 24.3.11 --> siehe unten
>>> Bericht 1. Protest vom 30.3.11
>>> Flugblatt zu den Protesten (PDF, 168KB)
>>> Pressemitteilung 1.4.11
>>> Bericht 2. Aktion 1.4.11
>>> Pressemitteilung vom 2.4.11
>>>
Chirurgische Arbeitsgemeinschaft CAEK geht auf Distanz
       
(will sich aber nicht distanzieren) 
>>> Bericht 3. Aktion 2.4.11
  

xxx 1. Mahnwache vor der "DGE 2011" mit Offenen Briefen, Hamburg 1.4.11

PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 24.3.2011:

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt.

Nächste Woche versammelt sich in Hamburg zur "DGE 2011", dem "54. Symposion der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)", eine der hauptsächlich verantwortlichen Genitalabschneider-Standesorganisationen.

Die organisierende "Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)" ist u.a. beteiligt an den aktuell geltenden AWMF-Verstümmlerleitlinien 027/022 "Störungen der Geschlechtsentwicklung" und 027/047 "Adrenogenitales Syndrom", die beide menschenrechtswidrige kosmetische Genitaloperationen an wehrlosen Kleinkindern propagieren.

Wir wollen diesen täglichen Genitalverstümmelungen vor unserer Haustüre nicht mehr länger tatenlos zusehen!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird vor Ort in Hamburg über diese menschenrechtswidrigen Praktiken informieren.

Und während des Kongresses friedlich protestieren – gegen die GenitalabschneiderInnen sowie gegen die Untätigkeit von Politik und Justiz bei diesem fortdauernden Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

 
FRIEDLICHER PROTEST

während der Pressekonferenz und Eröffnung der "DGE 2011"
Mittwoch, 30.03.2011, 10:30-16:00 h

vor dem Eingang zum Congress Center Hamburg CCH, Am Dammtor / Marseiller Str., 20355 Hamburg

FRIEDLICHE MAHNWACHE + ÜBERREICHUNG OFFENER BRIEF
während der Mitgliederversammlung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie an der "DGE 2011"
Freitag, 01.04.2011, 07:30-10:00 h

vor dem Eingang zum Congress Center Hamburg CCH, Am Dammtor / Marseiller Str., 20355 Hamburg

FRIEDLICHE MAHNWACHE
während "Meet the Expert: Adrenogenitales Syndrom" und Abschlussveranstaltung der "DGE 2011"
Samstag, 02.04.2011, 09:30-13:30 h

vor dem Eingang zum Congress Center Hamburg CCH, Am Dammtor / Marseiller Str., 20355 Hamburg

+ INFOVERANSTALTUNG & DISKUSSION
mit Daniela Truffer und Seelenlos / Zwischengeschlecht.org
Mittwoch, 30.03.2011, 20:00 h
im Culturhaus SternChance, Schröderstiftstr. 7, 20146 Hamburg
 


KOSMETISCHE GENITALOPERATIONEN AN KINDERN

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)

Seit Jahrzehnten werden in Deutschland Kinder mit "auffälligen" Geschlechtsorganen (Zwitter / "Intersexuelle" / Hermaphroditen) systematisch "kosmetisch" zwangsoperiert, um aus ihnen "unauffällige" Jungen und Mädchen zu machen – ohne ihre Einwilligung, ohne medizinische Notwendigkeit und ohne, dass die angebliche "Wirksamkeit" der verstümmelnden Operationen je klinisch geprüft worden wäre (fehlende Evidenz). Dabei wird von den behandelnden Medizinern in Kauf genommen, dass das sexuelle Empfinden vermindert oder gänzlich zerstört wird. Viele dieser Kleinkinder werden obendrein kastriert und dadurch ihr Leben lang von gesundheitschädigenden "Hormonersatztherapien" abhängig gemacht.

Auch in Hamburg werden diese menschenrechtswidrigen Eingriffe weiterhin regelmäßig durchgeführt, u.a. am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Hamburger EndokrinologInnen und GeschlechterforscherInnen waren zudem maßgeblich mitbeteiligt an der Einführung und Durchsetzung der systematischen Verstümmelungen in den 1950er- und 1960er-Jahren.

Seit den 1990ern klagen überlebende Betroffene diese Operationen öffentlich an als medizinische Verbrechen und "westliche Form der Genitalverstümmelung".

Das durch diese medizinisch nicht notwendigen Zwangsoperationen an Kleinkindern verursachte Leid ist längst auch durch wissenschaftliche Studien dutzendfach belegt, auch in der Bundesrepublik. Ebenso bestätigen ExpertInnen, dass die Zwangseingriffe ethische Grundsätze verletzen, gegen Grund- und Menschenrechte verstoßen und auch strafrechtlich nicht haltbar sind.

Seit Jahren beklagen internationale Menschenrechtsorganisationen die kosmetischen Genitaloperationen an Kindern als "fundamentalen Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit" (Amnesty Deutschland), und unterstreichen die Parallelen zur weiblichen Genitalverstümmelung in Afrika (Terre des Femmes).

2009 wurde in Köln erstmals ein Chirurg letztinstanzlich zu einer Schmerzensgeldzahlung von 100'000 Euro verurteilt. Ebenfalls 2009 rügte das UN-Komitee CEDAW die Bundesregierung wegen Verletzung ihrer Schutzpflicht gegenüber zwischengeschlechtlichen Kindern.

2010 bestätigte der Deutsche Ethikrat: "Der Umgang mit der Intersexualität berührt eine Reihe medizin-, rechts- und sozialethischer Fragen, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit."

Trotzdem halten die Mediziner wider besseres Wissen unbeirrt an diesen menschenrechtswidrigen Praktiken fest – auch in Hamburg.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> Bericht 1. Protest vom 30.3.11
>>>
Flugblatt zu den Protesten (PDF, 168KB)

>>> Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>>
150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

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>>> Aktion & Offener Brief Ostschweizer Kinderspital St. Gallen 2011
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>>> Aktion & Offener Brief Kinderspital Zürich 2008

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
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- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Friday, February 18 2011

"Sag es niemandem!" - Das verinnerlichte Schweigegebot, Zwittertabu & Medizynermacht (II)

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1. Zwitterdemo vor dem Landgericht Köln, 12.12.07

(Full Disclosure: Seelenlos ist verantwortlicher Redakteur dieses Blogs, Gründungsmitglied und Kampagnenleiter bei Zwischengeschlecht.org und ein mit einem Zwitter verbandelter "normaler" XY, also ein solidarischer Nicht-Zwitter.) 

>>> Zwittertabu & Medizynermacht (I)

Geschlecht: ZwangsoperiertEiner der schlimmsten Feinde der Zwitterbewegung in ihrem Kampf um die Beendigung der Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken ist das verinnerlichte Schweigegebot.

Traumatisierte Betroffene (und cotraumatisierte Eltern) stehen vielfach und auf allen Ebenen unter massivem (Geheimhaltungs-)Druck, und das von allem Anfang an und über Jahrzehnte:

Man hat mir nichts erklärt, man hat mich ständig angelogen oder mit Halbwahrheiten abgespiesen. Ich habe aber immer gespürt, dass etwas nicht stimmt, habe mich geschämt, denn ich wusste, dass es mit meinen Genitalien zu tun hat. Sonst würden die doch nicht ständig da hingucken und hingreifen und so besorgt und peinlich berührt tun. Ich war abartig, man musste mich verstecken, man musste meinen Körper korrigieren. Ich war immer innerlich wie gelähmt, machte mich so unsichtbar wie möglich.  Nella 

Kommt dazu: Die wenigsten Betroffenen können es gefühlsmässig überhaupt aushalten, sich direkt mit dem zu konfrontieren, was ihnen von ethisch und moralisch gestörten Pädo-MedizynerInnen an Körper und Seele angetan wurde, geschweige denn eine Konfrontation damit über längere Zeit.

Und sogar noch bei den wenigen Ausnahmezwittern und -Eltern, die sich überhaupt öffentlich über die TäterInnen und das von ihnen angerichtete Leiden äussern, führen das verinnerlichte Zwittertabu, Scham und die anhaltende Verdrängung der Demütigungen und Schmerzen im Zusammenhang mit den Zwangsbehandlungen leider immer wieder dazu, dass sie oft nur durch Auslassungen abgeschwächte bzw. geschönte Versionen dessen bekannt geben, was ihnen angetan wurde, vor allem konkret über übergriffige Worte und Taten von Medizynern.

Was es den TäterInnen und ihren HelfershelferInnen erst recht erleichtert, mit ihren immergleichen Beschönigungen und Ausreden unhinterfragt bei Medien, ParlamentarierInnen und BürgerInnen durchzukommen (womit sich gleichzeitig das traumatisierende Unrecht an den wehrlos gemachten Zwangsoperierten jedesmal noch einmal mehr wiederholt).

"Retraumatisierung" heisst dann wenig überraschend mit unschöner Regelmässigkeit der letzte Sargnagel im öffentlichen Aufbegehren von Verstümmelten gegen die heute noch täglich begangenen medizynischen Verbrechen in den Kinderspitälern. 

Elisabeth Müller, Daniela Truffer, Katrin Ann Kunze †, Christiane Völling

"Those who cannot remember the past are condemned to repeat it."
George Santayana (1863 – 1952)

Zumindest dieser Blog weiss von keinem einzigen Zwitter, der es länger als einige wenige Jahre aushielt, den Medizynern kontinuierlich öffentlich Paroli zu bieten, ohne meist eher früher als später emotional unter die Räder zu kommen und ausgebrannt die Segel zu streichen. Wohl nicht wenige schweigen danach für immer.

Worauf die TäterInnen & Co. die Forderungen der Überlebenden einmal mehr als "Einzelproteste und eine sehr sehr kleine Gruppe" usw. in der Öffentlichkeit diffamieren (womit sich das traumatisierende Unrecht gleich noch einmal mehr wiederholt).

Auf dass in den Kinderspitälern alles weiterhin schön so bleibt wie es ist, erpressen die Medizyner zusätzlich Betroffene und Eltern reflexhaft und systematisch – ganze Familien über mehrere Generationen – mit der Drohung, ihnen auch ev. benötigte ECHTE medizinische Hilfeleistungen zu verweigern, wenn sie weiter aufmucken wollen.

All dieser Druck ist weitaus mehr, als die allermeisten (durch das Schweigebot isoliert gehaltenen) Zwitter und ihr Umfeld auf Dauer je aushalten können. Die wenigsten können es nur schon ertragen, wenn andere Zwitter das Schweigegebot brechen:

[...] Wenn etwas, was uns angetan wurde, zu schrecklich ist, verdrängen wir es. Was wir nicht ertragen, blenden wir aus. Opfer sein ist schrecklich, unerträglich. Deshalb sucht jedes Opfer in seinem Täter etwas Gutes, um weniger Opfer sein zu müssen. Deshalb kommen die meisten Täter ungeschoren davon. Und wenn doch ein Opfer einmal aufsteht und die unerträgliche Wahrheit heraus schreit und die Täter anklagt, dann sind die anderen Opfer die ersten, die es zum Schweigen bringen wollen. [...] 
Nella: "Stockholm under Water"

Umso wichtiger, dass empathische Nichtzwitter den Kampf der Verstümmelten gegen ihre PeinigerInnnen und für die Unversehrtheit der kommenden Generationen aktiv solidarisch unterstützen!

Genitalabschneider, wir kriegen euch! Zwangsoperateure, passt bloss auf!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

>>> Zwittertabu & Medizynermacht (I)
>>> Erpressung, Zwittertabu & Medizynermacht (III) 

Siehe auch:
- Trauma, Opferrolle, Befreiung
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Unseres Wissens zufolge unternehmen 80% der Intersexen Suizidversuche, hiervon 25% erfolgreich" - AGGPG 1998
- Schweiz: Bundesrat will weibliche Genitalverstümmelung verbieten – aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- Bundestag: "Weibliche Genitalverstümmelung ahnden" - aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik", 23.6.10
- "Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist."
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Monday, February 7 2011

Offener Brief von Zwischengeschlecht.org an das Ostschweizer Kinderspital, 6.2.11

Kispi St. Gallen, 6.2.2011 (Bild: Seelenlos)

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>>> Infoseite zum Protest   >>> Pressemitteilung 2.2.11
>>> Kispi-Chefarzt: "Genitalverstümmelungen ethisch unbedenklich"
>>> Genitalverstümmelungen: "Lieber hier durchführen als im Osten"
>>> Bericht einer Mutter über das Ostschweizer Kinderspital 
>>>
Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen

>>> Antwort des Ostschweizer Kinderspitals auf den Offenen Brief


Zwischengeschlecht.org
Menschenrechte auch für Zwitter!
Postfach 2122
8031 Zürich
info_at_zwischengeschlecht.org


Ostschweizer Kinderspital
z.Hd. Kinderchirurgie
und Pädiatrie/Jugendmedizin
Claudiusstrasse 6
9006 St. Gallen


Zürich, 6. Februar 2011


Offener Brief von Zwischengeschlecht.org


Sehr geehrte Damen und Herren

Als sogenannt 'intersexuelle' Menschen und in diesem Zusammenhang auch Betroffene von nicht eingewilligten medizinischen Massnahmen sind wir sehr besorgt über öffentliche Äusserungen und Verlautbarungen aus dem Ostschweizer Kinderspital, worin ebensolche Zwangsmassnahmen öffentlich propagiert, gerechtfertigt oder beschönigt werden.

So werden im Ostschweizer Kinderspital unter anderem bei Kleinkindern mit "Störungen der Geschlechtsentwicklung", "Hypospadie" und "Klitorishypertrophie" medizinisch nicht notwendige chirurgische "Korrektureingriffe" öffentlich angeboten und offensichtlich auch regelmässig durchgeführt. (1)

Zwar bemüht sich das Kispi dabei gegen aussen um einen betont fortschrittlichen und aufgeklärten Anstrich:

So bestehe seit Jahren ein "Multiprofessionelles endokrinologisch-gynäkologisch-psychologisches Betreuungsteam (MBT ENG)" (1) beziehungsweise ein "Multiprofessionelles Betreuungsteam für Störungen der Geschlechtsentwicklung, früher 'Intersexualität' (MBT-DSD)" (2), welches betroffenen Kindern und ihren Eltern unter anderem auch "[p]sychologische Beratung und Betreuung" sowie eine "Mitarbeiterin des Sozialdienstes" zur Verfügung stelle. Weiter würden auch Kontakte zu "Selbsthilfegruppen" vermittelt (1). "(…) wir nehmen das Kind so an, wie es ist (…) und drängen nicht zu einer Entscheidung in die eine oder andere Richtung." (2)

Leider scheint dieser hohe Anspruch bisweilen nicht ganz der Realität zu entsprechen. So schilderte unlängst eine Mutter ihre Erfahrungen mit dem "Multiprofessionellen Betreuungsteam" wie folgt:

„Wir Eltern wurden von den Ärzten massiv unter Druck gesetzt, das Kind geschlechtsbestimmend operieren zu lassen, obwohl es vollkommen gesund war und keine Beschwerden hatte. Nicht zu operieren, wäre für das Kind ein gesellschaftliches Desaster, lautete die Begründung. Die Rede war zuerst von einem Mädchen. ‘Aber wir machen auch einen Bub, wenn Sie das lieber wollen’, bot uns die Ärztin an.“ (3)

Auch die versprochenen Hinweise auf Selbsthilfegruppen entsprechen laut der Betroffenenselbsthilfe intersex.ch offensichtlich nicht immer der tatsächlichen Praxis.

Weiter fällt auf, dass die konkret angebotene sozialpädagogische Unterstützung letztlich doch nicht so ganz ergebnisoffen, sondern primär auf medizinische Behandlungen ausgerichtet ist: Erwähnt werden lediglich gegebenenfalls Hinauszögerung der Anmeldung als Junge oder Mädchen bei den Meldebehörden sowie Unterstützung bei der Durchsetzung von Forderungen bei Krankenkassen und Invalidenversicherung. (2)

Leiterin des "Multiprofessionellen Betreuungsteams" ist die Endokrinologin Prof. Dr. med. Dagmar L'Allemand-Jander, zugleich leitende Ärztin Endokrinologie/Diabetologie am Ostschweizer Kinderspital sowie Leiterin des "Studienzentrum St. Gallen" des deutschen "Netzwerk Intersexualität/DSD". Angesprochen auf (prophylaktische) Kastrationen und deren lebenslange Folgen behauptete L'Allemand-Jander am 5. Netzwerktreffen 2008 in Kiel öffentlich: "Das wird ja heute sowieso nicht mehr gemacht." (4) Obwohl geschlechtsbestimmende Operationen zum Mädchen, wie sie der oben zitierten Mutter angetragen wurde, eine Entfernung der Hoden zwangsläufig beinhalten.

Bezeichnenderweise sind auch vom Ostschweizer Kinderspital keinerlei Zahlen darüber bekannt, wie viele Kinder mit "Störungen der Geschlechtsentwicklung" dort behandelt werden und wie viele davon kosmetisch genitaloperiert und/oder kastriert werden.

Chefarzt Pädiatrie/Bereichsleiter Fachbereich Pädiatrie am Ostschweizer Kinderspital ist Prof. Dr. Christian Kind, der gleichzeitig unter anderem als Präsident der "Zentralen Ethikkommission (ZEK)" der "Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW)" amtet. Angesprochen auf die ethische Problematik kosmetischer Genitaloperationen an Kindern gab er 2010 öffentlich bekannt:

"[Wir] richten uns dabei eigentlich nach dem, was wir für Signale aus der Ärzteschaft und aus der Öffentlichkeit bekommen. Und da muss ich Ihnen sagen, dass in unserer Wahrnehmung bis jetzt das Problem der Störung der Geschlechtsentwicklung nicht als so brennend und mit einem grossen Handlungsbedarf behaftet gesehen wird." (5)


Im selben Interview urteilte Prof. Dr. Kind über die Jahrzehnte langen Klagen unzufriedener Zwangsbehandelter:

"Es scheint uns eher, dass es sich um Einzelproteste und eine sehr sehr kleine Gruppe zu handeln scheint und sich auch auf etwas Vergangenes bezieht." (5)


Dies, obwohl das Ostschweizer Kinderspital an der Lübecker Evaluationsstudie beteiligt war, die unter anderem bestätigte, dass heute noch 90% aller betroffenen Kinder und Jugendlichen im Durchschnitt mehrfach kosmetisch genitaloperiert werden, wobei die Behandlungsunzufriedenheit hoch ist (vgl. auch unten Anmerkungen 7 und 8).

Als Betroffene sowohl von nicht eingewilligten "Genitalkorrekturen" wie auch von nicht eingewilligten Gonadektomien sind wir über solche Aussagen und "Beratungen" entsetzt und halten fest:

Geschlechtszuweisende chirurgische "Genitalkorrekturen" ohne medizinische Indikation, wie sie auch im Ostschweizer Kinderspital immer noch regelmässig an Kleinkindern durchgeführt werden, sind auch in der medizinischen Lehre alles andere als unumstritten. Nach wie vor gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, dass sie auf lange Sicht wirksam und sicher sind. Hingegen gibt es viele Indizien, welche ihre Wirksamkeit in Frage stellen.

Weder ist gesichert, dass "Genitalkorrekturen" langfristig zu besseren psychosozialen Resultaten führen, als wenn sie unterlassen werden. Noch kann garantiert werden, dass ein Kind sich entsprechend der ihm zugewiesenen Geschlechtsidentität entwickelt. Im Gegenteil, aktuelle Studien belegen:

"Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch. [...] Ein Drittel [der Patienten] bewertet geschlechtsangleichende Operationen als zufriedenstellend bzw. sehr zufriedenstellend, ein weiteres Drittel ist unzufrieden bzw. sehr unzufrieden und das letzte Drittel ist z.T. zufrieden, z.T. unzufrieden." (6)


Die Behandlungszufriedenheit ist bei intersexuellen Erwachsenen und auch Eltern intersexueller Kinder "gering". Eltern beurteilen "die behandelnden Ärzte/Ärztinnen schlechter als Eltern von Kindern mit anderen chronischen Erkrankungen". (7) "Als Ergebnis zeigt sich, dass viele Erwachsene mit DSD mit der medizinischen Behandlung sehr unzufrieden sind." (8)

"The outcome of early genital vaginoplasty is poor and repeat procedures are common. Complications such as stenosis and persistent offensive vaginal discharge and bleeding are common. [...] It is also increasingly clear that clitoral surgery in childhood is detrimental to adult sexual function." (9)

„Auch aus der Literatur ist bekannt, dass sich ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz von Menschen mit DSD im Lauf der Pubertät oder im Erwachsenenalter entschließt, das ihnen zugewiesene soziale Geschlecht zu wechseln.“ (10)


Dass die Wirksamkeit der chirurgischen und hormonellen Behandlungsmethoden an Kleinkindern auch nach sechzigjähriger Praxis immer noch nicht erwiesen werden konnte, wird durch die Tatsache unterstrichen, dass es in der Schweiz dazu noch nicht einmal eine Leitlinie gibt. Selbst im benachbarten Ausland, wie zum Beispiel in Deutschland, befinden sich die aktuellen AWMF-Leitlinien allesamt auf der niedrigsten Entwicklungsstufe 1.

Flächendeckende prophylaktische Gonadektomien sind laut medizinischen Studien in den meisten Fällen medizinisch nicht notwendig, haben aber für die Betroffenen lebenslange, sehr schwerwiegende Folgen,
insbesondere bei anschliessender Hormonersatztherapie entgegen der ursprünglichen Hormonproduktion des Körpers. So beträgt beispielsweise bei CAIS das Krebsrisiko lediglich 0.8 %, bei PAIS 15 %. (11) Sogar Wünsch und Wessel halten in einer aktuellen Publikation fest: "Indikation und Zeitpunkt der Gonadenentfernung müssen dem individuellen Tumorrisiko angepasst werden. Der Schutz der Fertilität ist ein zentrales Anliegen." (12)

Auch aus ethischen und juristischen Gründen sind geschlechtszuweisende chirurgische "Genitalkorrekturen" und prophylaktische Gonadektomien an Kindern ohne deren informierte Zustimmung strikt abzulehnen.

So kritisiert zum Beispiel Dr. med. Nikola Biller-Andorno, Professorin für Biomedizinische Ethik an der Universität Zürich, in der "Schweizerischen Ärztezeitung" an einem konkreten Fallbeispiel, dass eine "Verschiebung der operativen 'Korrektur'" mit "Einbeziehung des dann Jugendlichen in den Entscheidungsprozess" von den behandelnden Ärzten lediglich als "'theoretische' Option", jedoch nie als praktische Möglichkeit erwogen wird.

Im Gegensatz zu den behandelnden Ärzten plädiert Biller-Andorno "angesichts des relativ geringen Schadens/Risikos im Falle des Aufschiebens einer Operation und angesichts der noch nicht zufriedenstellenden Datenlage bezüglich der Auswirkungen der jeweiligen Eingriffe auf die Lebensqualität der Betroffenen" für eine Aufschiebung und dagegen, "durch eine Operation bereits irreversible Fakten zu schaffen". (13)

Auch internationale Ethikgremien kommen zum Schluss:

"Our working group unanimously supported waiting for children to be old enough to participarte in decisions about risky and painful surgeries that might fail to reliably retain function and produce more normal appearance (for example, surgery for intersex and achondroplasia)." (14)

"Maßnahmen, für die keine zufrieden stellende wissenschaftliche Evidenz vorliegt, sowie Maßnahmen, die irreversible Folgen für die Geschlechtsidentität oder negative Auswirkungen auf Sexualität oder Fortpflanzungsfähigkeit haben können, sind besonders begründungs- und rechtfertigungspflichtig und bedürfen einer zwingenden medizinischen Indikation. [...] Die Verfügung über Organe und Strukturen, die für die körperliche Integrität oder Geschlechtsidentität wichtig sind (z.B. Keimdrüsen), sollten in der Regel – wenn keine gewichtigen, das Kindeswohl betreffenden Gründe entgegenstehen – dem Betroffenen selbst überlassen bleiben." (15)


Auch Prof. Dr. iur. Andrea Büchler, Professorin für Privatrecht an der Universität Zürich, stellt unmissverständlich klar:

"Ein medizinischer Eingriff braucht die Zustimmung der betroffenen Person. In der Regel können die Eltern für ihr Kind zustimmen. Geschlechtszuweisende Operationen aber tangieren die höchstpersönlichen Rechte und dürfen nicht ohne Zustimmung des betroffenen Kindes vorgenommen werden – ausser es ist medizinisch notwendig." (16)

Nicht zuletzt verletzen medizinisch nicht notwendige, kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern Grund- und Menschenrechte, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung.

Namhafte Menschenrechtsorganisationen unterstreichen zudem die Parallelen zur weltweit geächteten Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung.


Die Stiftung Kinderschutz Schweiz kritisiert 2009 in einem gemeinsam mit der Mütter- und Väterberatung Schweiz herausgegebenen Elternratgeber:

"Leider werden auch heute noch viele intersexuelle Kinder bereits als Säugling oder Kleinkind operativ einem Geschlecht zugewiesen (…)." (17)

Die beiden Organisationen konstatieren,

"dass nicht notwendige operative Eingriffe dringend vermieden werden sollten, bis das Kind bzw. der Jugendliche selbst miteintscheiden kann, ob und wenn ja welche Eingriffe vorgenommen werden sollen." (17)


In der Vernehmlassung zur parlamentarischen Initiative "Verbot von sexuellen Verstümmelungen" forderten Terre des Femmes Schweiz und die Schweizer Sektion von Amnesty International 2009 ausdrücklich die Ausdehnung des Tatbestandes auch auf kosmetische Genitaloperationen an Intersexuellen. (18)

Die Sektionen Schweiz und Deutschland von Amnesty International verabschiedeten 2010 an ihren Jahresversammlungen je eine Motion, worin sie Handlungsbedarf unterstrichen.

Amnesty Schweiz führte dazu in der Begründung aus:

"Wir erachten genitale Zwangsoperationen für ein schweres Verbrechen, das gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde verstösst. Genitale Zwangsoperationen sind schwere medizinische Eingriffe an Kindern mit gesunden, aber sogenannten nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen, die ohne die Einwilligung der Betroffenen vorgenommen werden. Die Folgen von chirurgischen und medikamentösen Eingriffen werden von den Betroffenen oft als Verstümmelungen wahrgenommen. Die Suizidrate bei operierten und hormonbehandelten Intersexuellen ist stark erhöht; auch verstösst die Zuweisung zum explizit männlichen oder weiblichen Geschlecht gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde, die nicht nur bei Female Genital Mutilation (FGM) in Entwicklungsländern, sondern weiterhin auch bei genitalen Zwangsoperationen in Industrieländern verletzt werden." (19)

Amnesty Deutschland wertete die kosmetischen Genitaloperationen an Kindern als "fundamentalen Verstoß gegen die Menschenrechte":

"Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Ächtung einer medizinischen Praxis, intersexuellen Menschen entweder im frühen Kindesalter ohne Einwilligungsfähigkeit – oder Erwachsenen ohne Aufklärung über Folgen – auf operativ-medikamentösem Weg ein eindeutiges Geschlecht „zuzuweisen“. Dies wird als fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte (Recht auf körperliche Unversehrtheit, auf Selbstbestimmung und Würde und auf Nicht-Diskriminierung) gewertet, da solche Maßnahmen in den allermeisten Fällen aus medizinisch-gesundheitlicher Sicht keinerlei Begründung haben." (20)

Terre des Femmes Deuschland und internationale Expertinnen konstatieren seit Jahren, dass kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern eine Form von Genitalverstümmelung sind und für die Opfer vergleichbar schädlich wie die weibliche Genitalverstümmelung. (21)

Auch die UNO wertet kosmetische Genitaloperationen an Kindern als Menschenrechtsverletzung: Als Reaktion auf einen Schattenbericht der deutschen NGO Intersexuelle Menschen e.V., der verschiedene Menschenrechtsverletzungen von Intersexuellen durch medizinische Zwangseingriffe auflistete (22), rügte 2009 das UN-Komitee CEDAW die Bundesregierung wegen Missachtung ihrer Schutzpflicht gegenüber intersexuellen Kindern. In den daraus resultierenden schriftlichen Empfehlungen forderte das Komitee die Bundesregierung auf, "wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenrechte zu ergreifen" (23).

Wie in der Schweiz ist auch in Deutschland das Recht auf körperliche Unversehrtheit ausdrücklich Bestandteil der Verfassung. Die Juristin Dr. Angela Kolbe kritisiert in ihrer mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichneten Dissertation über die verfassungsrechtliche Situation intersexueller Menschen insbesondere die schweren Eingriffe bei Kleinkindern als Verstoß gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. (24)

Erwachsene, die als Kinder kosmetischen Genitaloperationen unterzogen wurden, beklagen seit den 1990er-Jahren öffentlich die "Zerstörung des sexuellen Empfindens" und der "körperlichen Unversehrtheit" (25) durch diese Eingriffe, welche sie als "Genitalverstümmelung" erfahren. (26)

Wir betroffene Menschen bitten Sie deshalb inständig, die offenbar auch im Kinderspital St. Gallen üblichen, fragwürdigen Praktiken im Zusammenhang mit Intersexualität zu überprüfen,
und bitten um eine diesbezügliche Stellungnahme innert nützlicher Frist.

Ebenso bitten wir Sie inständig um angemessenen Einbezug der Betroffenen und ihrer Organisationen beim Erarbeiten künftiger Behandlungsrichtlinien sowie in der Behandlung selbst (Anbieten von kontinuierlichem Peer Support sowohl für die betroffenen Kinder wie auch für ihre Eltern).

In der Hoffnung auf einen konstruktiven Dialog zwischen verantwortlichen Ärzten und uns Betroffenen grüssen wir Sie freundlich

Im Namen von Zwischengeschlecht.org


Daniela Truffer
Gründungsmitglied Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied XY-Frauen
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.



Quellen (alle Links Stand 5.2.2011)

(1) Flyer Multiprofessionelle Sprechstunde für chronisch kranke Kinder und Jugendliche mit Hormonstörungen, Störungen der Geschlechtsentwicklung und des Wachstums (MBT ENG), 2009
http://www.kispisg.ch/downloads_cms/flyer_sprechstunde_eng.pdf

(2) Information DSD-Team am OKS, 2011
http://www.kispisg.ch/downloads_cms/information_dsd-team_2011.pdf

(3) Renata Egli-Gerber: "Weder Mann noch Frau – und doch beides", in: Sonntag/Leben und Glauben, Heft 36/2010, S. 28-30, hier S. 29
http://kastrationsspital.ch/public/SLG_36-2010_Intersexualitaet.pdf

(4) https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2008/09/11/5-Netzwerk-Treffen-Kiel-6908%3A-Intersexualitat-ade-DSD-ahoi

(5) DRS2 Kontext 21.10.2010: "Wenn der Arzt das Geschlecht bestimmt"
http://www.drs.ch/www/de/drs/sendungen/kontext/5005.sh10153728.html
Teiltranskript:
https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2011/02/05/kind

(6) Christian Schäfer: "Intersexualität: Menschen zwischen den Geschlechtern".
http://www.springer.com/medicine/thema?SGWID=1-10092-2-513709-0

Lisa Brinkmann; Katinka Schweizer; Hertha Richter-Appelt: "Behandlungserfahrungen von Menschen mit Intersexualität. Ergebnisse der Hamburger Intersex-Studie". Gynäkologische Endokrinologie 04/2007, S. 235-242

(7) Eva Kleinemeier, Martina Jürgensen: "Erste Ergebnisse der Klinischen Evaluationsstudie im Netzwerk Störungen der Geschlechtsentwicklung/Intersexualität in Deutschland, Österreich und Schweiz Januar 2005 bis Dezember 2007", S. 18. http://www.netzwerk-dsd.uk-sh.de/fileadmin/documents/netzwerk/evalstudie/Bericht_Klinische_Evaluationsstudie.pdf

(8) Ebd., S. 37

(9) Sarah M. Creighton: "Adult Outcomes of Feminizing Surgery". In: Sharon E. Sytsma (Ed.): "Ethics and Intersex", Dordrecht: Springer, 2006, S. 207-214

(10) M. Jürgensen; O. Hiort; U. Thyen: "Kinder und Jugendliche mit Störungen der Geschlechtsentwicklung: Psychosexuelle und -soziale Entwicklung und Herausforderungen bei der Versorgung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3, March 2008, S. 226-233

(11) Martine Cools, Stenvert L. S. Drop, Katja P. Wolffenbuttel, J. Wolter Oosterhuis, and Leendert H. J. Looijenga: "Germ Cell Tumors in the Intersex Gonad: Old Paths, New Directions, Moving Frontiers". Endocrine Reviews 27(5), 2006: S. 468–484 (S. 481)

(12) L. Wünsch, L. Wessel: "Chirurgische Strategien bei Störungen der Geschlechtsentwicklung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3. Springer Berlin / Heidelberg 2008, S. 234-240

(13) Nikola Biller-Andorno: "Zum Umgang mit Intersex: Gibt es Wege jenseits der Zuordnung des 'richtigen Geschlechts'?". Schweizerische Ärztezeitung, 47/2007, S. 2047-2048

(14) Erik Parens (Ed.): "Surgically Shaping Children", Baltimore: The Johns Hopkins University Press, 2006, S. xxix

(15) Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung": "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 2008, Nr. 156, S. 241-245

(16) Katrin Hafner: "Ein Intersexueller klagt seinen ehemaligen Arzt an". Tages-Anzeiger, 05.02.2008. http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/wissen/medizin/838834.html

(17) Stiftung Kinderschutz Schweiz, Mütter- und Väterberatung Schweiz (Hrsg.): Sexualerziehung bei Kleinkindern und Prävention von sexueller Gewalt, September 2009, S. 22

(18) Genitalverstümmelung: Übersicht zur Vernehmlassung: http://humanrights.ch/home/de/Fokus-Schweiz/Inneres/Gewalt/Genitalverstuemmelung/idcatart_9012-content.html?zur=300

Vernehmlassungsantwort von Terre des Femmes Schweiz:http://www.terre-des-femmes.ch/files/TERRE_DES_FEMMES_Schweiz_Stellungnahme_Vernehmlassung_FGM.pdf

Vernehmlassungsantwort von Amnesty International: http://humanrights.ch/home/upload/pdf/090504_PP_FGM.pdf

(19) Motion 6: "Position zu Intersexualität"
http://www.queeramnesty.ch/docs/QAI_Motion_GV2010_Intersex.pdf

(20) "Intersexualität und Menschenrechte", Mitteilung vom 26.5.2010
http://www.mersi-hamburg.de/Main/20100526001

(21) Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal". Orlanda 2003. Vgl. insbesondere Kapitel 3: "Intersex-Chirurgie – ein Segen für wen?", S. 49-58

Fana Asefaw, Daniela Hrzán: Genital Cutting – Eine Einführung. In: ZtG Bulletin 28, 2005, S. 8-21
Relevante Auszüge: https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/08/07/Genitale-Zwangsoperationen-an-Zwittern-Genitalverstuemmelung-Typ-IV-Fana-Asefaw%2C-Daniela-Hrzan%2C-2005
Ganzer Text: http://www.gender.hu-berlin.de/w/files/ztgbulletintexte28/2artikel_asefaw_hrzan.pdf

Marion Hulverscheidt: "Weiblich gemacht? Genitalverstümmelung bei afrikanischen Frauen und bei Intersexuellen". In: TDF. Menschenrechte für die Frau, Nr. 3/4, 2004, S. 23-26
http://kastrationsspital.ch/public/Hulverscheidt_TDF_3-4-04.pdf

Konstanze Plett: "Die Macht der Tabus". amnesty journal 03/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte
http://schattenblick.net/infopool/buerger/amnesty/bagru265.html

(22) Lucie G. Veith / Sarah Luzia Hassel-Reusing / Claudia J. Kreuzer: Parallelbericht zum 6. Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW). Erstellt von: Intersexuelle Menschen e.V. / XY-Frauen (http://intersex.schattenbericht.org)

(23) CEDAW/C/DEU/CO/6
Deutsche Übersetzung: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Menschenrechte/Download/ConcludingCommentsFrauen.pdf

(24) Angela Kolbe: Intersexualität, Zweigeschlechtlichkeit und Verfassungsrecht. Eine interdisziplinäre Untersuchung. Nomos 2010 (Dissertation)

(25) Cheryl Chase: "Letters from Readers". In: The Sciences, July/August, 3, 1993
http://www.isna.org/articles/chase1995a

(26) Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG):
"Genitalverstümmelungen in Deutschland in der Kinder- und Jugendgynäkologie"
https://blog.zwischengeschlecht.info/pages/Genitalverstuemmelungen-AGGPG-%281996%29


>>> Antwort des Ostschweizer Kinderspitals auf den Offenen Brief

>>> Infoseite zum Protest   >>> Pressemitteilung 2.2.11
>>> Kispi-Chefarzt: "Genitalverstümmelungen ethisch unbedenklich"
>>> Genitalverstümmelungen: "Lieber hier durchführen als im Osten"
>>> Bericht einer Mutter über das Ostschweizer Kinderspital 
>>>
Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen 

>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

 

Monday, January 31 2011

Zwittertabu & Medizynermacht (I)

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Proteste gegen Genitalabschneider-Jahrestreffen "DGKJ 2010", Potsdam 16.-18.9.

(Full Disclosure: Seelenlos ist verantwortlicher Redakteur dieses Blogs, Gründungsmitglied und Kampagnenleiter bei Zwischengeschlecht.org und ein mit einem Zwitter verbandelter "normaler" XY, also ein solidarischer Nicht-Zwitter.) 

Der stärkste Verbündete der zwangsbehandelnden Pädo-Medizyner ist und bleibt das sogenannte Zwittertabu:

So lange die breite Öffentlichkeit weiterhin ahnungslos darüber bleibt, dass es

a) Zwitter allgemein überhaupt real gibt, sowie
b) über die an ihnen in den Kinderspitälern tagtäglich verübten medizynischen Verbrechen im Speziellen,

ebenso lange werden die Medizyner & ihre Helfershelfer ungestört nach Lust und Laune weiter verstümmeln können.

(Zumal die Zwangsoperationen auch für die Kinderkliniken selbst ebenfalls Mal für Mal einen hübschen Gewinn abwerfen.)

Umgekehrt gilt: Sobald mehr als die Hälfte der "Menschen auf der Strasse" wissen, dass Zwitter a) real und zuhauf existieren, und was b) in den Kinderkliniken konkret mit ihnen geschieht, wird dies das Ende der Genitalverstümmelungen und sonstigen Zwangsbehandlungen einläuten.

Denn zum Glück sind Folter und Verstümmelung von wehrlosen Kleinkindern in der hiesigen Wahlbevölkerung NICHT mehrheitsfähig! Ganz im Gegensatz zu Bestrebungen zur Abschaffung solcher menschenverachtender Praktiken, wie sie in hiesigen Kinderkliniken leider nach wie vor an der Tagesordnung sind.

Sprich, sobald es gelingt, das gesellschaftliche Tabu über Zwitter und ihre "Behandlung" wirkungsvoll zu durchbrechen, wird dadurch der Druck auf die TäterInnen und ihre HelfershelferInnen insbesondere in Politik und Justiz derart wachsen, dass die Interessen der zwangsoperierten und künftigen Zwitter plötzlich eine reale politische Chance haben werden – auch gegen die nicht zu unterschätzende Macht der ethisch und moralisch herausgeforderten Pädo-MedizynerInnen & Co.

Aus diesem Grund hat für die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung über die Machenschaften der GenitalabschneiderInnen einen grossen Stellenwert, und wir begrüssen entsprechende Berichterstattung in allen Medien, ausdrücklich inkl. Boulevard und ungeachtet persönlicher Vorlieben – vorausgesetzt, dass die medizynischen Verbrechen an Zwittern in der Berichterstattung angemessen erwähnt werden.

(Letzteres darf allerdings nicht dem Zufall überlassen werden, sondern muss aus verschiedenen Gründen leider bei so ziemlich allen Medien Mal für Mal durch effektive Medienarbeit erkämpft werden.)

Elisabeth Müller, Daniela Truffer, Katrin Ann Kunze †, Christiane Völling

"Those who cannot remember the past are condemned to repeat it."
George Santayana (1863 – 1952)

Auch wenn mache Zwitter wegen des verinnerlichten Schweigegebots das Licht der Öffentlichkeit primär als Gefahr wahrnehmen: Klartext, ungeschminkte Fallberichte von Freiwilligen, TäterInnen, Taten und Tatorte öffentlich beim Namen nennen, kurz: Transparenz und Informationsfreiheit sind die mächtigsten Waffen im Kampf um die Beendigung der Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken – Geheimhaltung, Maulkörbe, Geheimverhandlungen durch den Dienstboteneingang und Redeverbote spielen hingegen erwiesenermassen Mal für Mal letztlich den MedizynerInnen in die Hände.

Und nicht zuletzt: Auf einen groben Klotz gehört bekanntlich auch ein grober Keil. Sprich, ein derart mächtiges und lange bestehendes Tabu wie dasjenige über die Existenz der Zwitter und die an ihnen bis heute verübten medizynischen Verbrechen wird kaum mit Geflüster und subtilen theoretischen Aufsätzen zu knacken sein. Sondern dazu braucht es nicht zuletzt kontinuierliche, angriffige Medienarbeit und öffentlichkeitswirksame friedliche Protestaktionen (Gewaltfreie Aktion).

Genitalabschneider, wir kriegen euch! Zwangsoperateure, passt bloss auf!

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

>>> Das verinnerlichte Schweigegebot (Zwittertabu & Medizynermacht II) 
>>>
Erpressung, Zwittertabu & Medizynermacht (III)  

Siehe auch:
- Zwangsoperierte über sich selbst und ihr Leben
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- Schweiz: Bundesrat will weibliche Genitalverstümmelung verbieten – aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- Bundestag: "Weibliche Genitalverstümmelung ahnden" - aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Medizinische Verbrechen an Zwittern
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik", 23.6.10
- "Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist. Wir nehmen es dankbar an und lieben es."
- Genitalverstümmelung in Kinderklinik: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Wednesday, November 17 2010

"Cornelia Goethe Colloquien" / "11th EMBL/EMBO": Geschlechterforschung ohne Ethik und ohne Gewissen?

Friedliche Mahnwache der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org vor der '11th EMBL/EMBO Science and Society Conference: The Difference between the Sexes – From Biology to Behaviour', 06.11.2010Friedliche Mahnwache vor der "11th EMBL/EMBO Conference", 06.11.2010

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>>> "11th EMBL/EMBO": Unethische Forscher als Zulieferer der Genitalabschneider
>>>
"STOP Genitalverstümmelung als 'Rohmaterial' für die Geschlechterforschung!" 
>>>
Infoseite zu den Protesten    >>> OB "APE-AGPD"   >>> OB "11th EMBL/EMBO"


PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 17.11.2010:

INHALT:
1) Zusammenfassung
2) Zur heutigen Veranstaltung des "Cornelia Goethe Centrum", Frankfurt am Main 17.11.2010
3) Hintergrund: Genitalverstümmelung als "Rohmaterial" für die Geschlechterforschung
4) "Kosmetische Genitaloperationen" an Kindern sind menschenrechtswidrig, unethisch und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit
 

1) Zusammenfassung

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt.

Die Geschlechterforschung ist in einer für diese Kinder verhängnisvollen Wechselwirkung mit der Medizin bis heute als Mittäterin maßgeblich an diesen Verstümmelungen und deren Weiterführung mitbeteiligt.

Trotzdem weigern sich sowohl die natur- wie auch die geisteswissenschaftlichen Disziplinen der Geschlechterforschung bis heute, Verantwortung für die ethischen und menschenrechtlichen Implikationen dieser Mittäterschaft zu übernehmen – geschweige denn, ihren Beitrag zu leisten, dass diese unsäglichen Verstümmelungen vor unserer Haustüre endlich gestoppt werden!

Im Gegenteil versuchte vor kurzem die "11th EMBL/EMBO Science and Society Conference: The Difference between the Sexes – From Biology to Behaviour" in Heidelberg, fundierte Kritik von Überlebenden an dieser Komplizenschaft durch Drohungen zum verstummen zu bringen. >>> mehr

Und auch in einer thematisch ähnlichen heutigen Veranstaltung des Cornelia Goethe Centrums der J. W. Goethe-Universität in Frankfurt a.M. bleiben menschenrechtliche und ethische Aspekte einmal mehr außen vor – obwohl diese medizinisch nicht notwendigen "kosmetischen Genitaloperationen" an Kindern in Frankfurt u.a. auch im Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität weiterhin ungebrochen praktiziert werden ...

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und „Menschenrechte auch für Zwitter!“.

2) Zur heutigen Veranstaltung des "Cornelia Goethe Centrum", Frankfurt am Main 17.11.2010

Die Cornelia Goethe Colloquien im WS 2010/2011 stehen unter dem Motto "Geschlechter|ent|grenzungen" und beschäftigen sich laut Ankündigung "mit den in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen vorherrschenden Geschlechterordnungen ebenso wie mit verschiedenen Strategien zur Überwindung noch immer vorhandener Geschlechtergrenzen. [...] Im Kontext des Körpers wird es dabei um Trans- und Intersexualität sowie Drag gehen; auch die Disability Studies und neue medizinische Aspekte von Körper- und Geschlechtsidentität werden in den Fokus genommen."

Offensichtlich wird somit "Intersexualität" einmal mehr als blosses Mittel zum Zweck der Dekonstruktion von Geschlecht a.k.a. "zur Überwindung noch immer vorhandener Geschlechtergrenzen" missbraucht.

Und dies, obwohl Betroffene und solidarischen Nicht-Zwitter solchen vereinnahmenden und objektivierenden Gebrauch "als Forschungsobjekt [...] und nicht als ein Thema [...], das in der realen Welt Implikationen für reale Leute hat" seit längerem kritisieren, weil er "die Nicht-Sichtbarkeit und die Objektivierung der Intersexuellen perpetuiert" (Koyama/Weasel, 2003).

Der 2. Vortrag dieser Reihe heute abend von "Dr. Ulrike Klöppel (Charité-Universitätsmedizin Berlin)" beschäftigt sich scheinbar kritisch mit dem brisanten Thema der Entstehung der "wissenschaftlichen Kategorie" "Gender" unmittelbar aus den menschenrechtswidrigen Humanexperimenten an "Intersexuellen" Kindern inkl. systematischer Genitalverstümmelungen seit den 1950ern.

Ob dabei die ethischen und menschenrechtlichen Implikationen der heute noch andauernden Verstümmelungen adäquat gewürdigt werden, scheint mehr als fraglich. Einmal mehr geht es laut Ankündigung offensichtlich vielmehr ausschließlich darum, anhand des "Rohmaterials" der Genitalverstümmelungen die "heutige Geschlechterforschung" auf neue Höhen emporzuführen und dabei "das Verhältnis der sozialen Kontingenz von Geschlecht erneut kritisch zu diskutieren"

Dies scheint umso bedenklicher, als Dr. Ulrike Klöppel für ihre 'rein wissenschaftlichen Intersex-Studien' sozusagen direkt an der Quelle sitzt: Ihr Arbeitsort und Brötchengeber Charité-Univeritätsmedizin Berlin lässt bis auf den heutigen Tag systematisch und serienmäßig wehrlose kleine Kinder verstümmeln. 

Trotzdem ist zumindest Zwischengeschlecht.org nicht bekannt, dass sich Dr. Klöppel je konkret gegen die andauernden Verstümmelungen eingesetzt hätte, weder in der Charité noch anderswo, oder sich nur schon öffentlich konkret und unmissverständlich entsprechend geäussert hätte. Trotz einzelner Ansätze bleibt jegliche Kritik letztlich bequem im Abstrakten verhaftet bzw. richtet sich stets nur gegen das theoretische "Prinzip Zweigeschlechtlichkeit" an sich, jedoch nie konkret gegen die menschenrechtswidrige und zutiefst unethische Praxis der Verstümmelungen oder gar gegen die GenitalabschneiderInnen selbst. 

Dadurch wird es gar möglich, dass entsprechende Äußerungen und Veranstaltungen letztlich von verantwortlichen PolitikerInnen als Feigenblatt zur Rechtfertigung der Weiterführung der Verstümmelungen und zur Inschutznahme der GenitalabschneiderInnen benutzt werden, so z.B. vom Berliner Senat am 17.06.2010 in der Drucksache 16/14436.

Noch die Sprache in der Ankündigung der heutigen Veranstaltung ist entsprechend verharmlosend: Statt von Genitalverstümmelungen, unkontrollierten Humanexperimenten, medizinischen Verbrechen oder nur schon massiven Menschenrechtsverletzungen ist lediglich verschämt die Rede von "medizinischer Normierung" und "chirurgisch-hormonellem Behandlungsmodell".

Frage: Würden Dr. Klöppel und das Cornelia Goethe Centrum bei weiblicher Genitalverstümmelung auch bloss verschämt z.B. von "kultureller Normierung" reden? Würden sie ebenfalls tatenlos zuschauen, wenn innerhalb ihrer eigenen Institutionen "richtige Mädchen" systematisch verstümmelt würden, und sich gar noch widerspruchslos als Rechtfertigung zur Weiterführung der täglichen Verstümmelungen hinzuziehen lassen?

3) Hintergrund: Genitalverstümmelungen als "Rohmaterial" für die Geschlechterforschung

Die Geschichte der Geschlechterforschung in all ihren Disziplinen (Biologie, Endokrinologie, Genetik, Sexologie und Gender Studies) ist untrennbar verbunden mit der Geschichte der medizinischen Verbrechen an Menschen mit "auffälligen" Körperlichen Geschlechtsmerkmalen (Zwitter / Hermaphroditen / "Intersexuelle"). Diese andauernden medizinischen Verbrechen, die seit den 1950ern systematisch an wehrlosen Kindern verübt werden, sind wohl eine der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen in westlichen Gesellschaften seit dem 2. Weltkrieg.

Schlimmer noch, die Geschlechterforschung trug maßgeblich dazu bei, dass sich die gesellschaftliche Situation der Zwitter seit Beginn der Moderne dramatisch verschlechterte:

Während des Mittelalters bis in die Neuzeit waren Zwitter nicht nur juristisch anerkannt und wuchsen mit unversehrten Körpern auf, sondern hatten das einzigartige Privileg, als Erwachsene selber darüber entscheiden zu dürfen, ob sie als Männer oder als Frauen leben wollten. Erst im 19. Jahrhundert wurde ihnen dieses Privileg aberkannt im Namen der Wissenschaft, die sich seither und bis auf den heutigen Tag anmaßt, besser als die Betroffenen selbst darüber entscheiden zu können, welches ihr "wahres Geschlecht" sei. Seit den 1950ern setzt die Medizin diese selbstherrlichen "Entscheidungen" systematisch chirurgisch durch, so dass heute Zwitter als Spezies ebenso wie in der öffentlichen Wahrnehmung nahezu ausgelöscht sind. Heute noch werden nach Erhebungen der GenitalabschneiderInnen selbst 90% aller Zwitter im Kindesalter ohne medizinische Notwendigkeit durchschnittlich mehrfach irreversibel genitalverstümmelt.

Die Geschlechterforschung und ihre Disziplinen sind in einer für Zwitter verhängnisvollen Wechselwirkung mit der Medizin bis heute als Mittäterin maßgeblich an der Weiterführung der Verstümmelungen mitbeteiligt:

Von Anfang an benutzten GeschlechterforscherInnen "wissenschaftliche Berichte" über Zwittergenitalverstümmelungen als Grundlage und Datenmaterial zur Entwicklung und Verfeinerung ihrer "wissenschaftlichen Theorien", während andererseits die Medizyner diese Theorien bis heute zur Rechtfertigung und Fortführung der laufend "verbesserten" Verstümmelungen benutzen, worauf die Geschlechterforschung diese neuen "Erkenntnisse" wiederum benutzt zur Weiterführung ihrer Theorien, usw. usf. – für die täglichen Opfer der Verstümmelungen ein Teufelskreis.

Zwar streiten vor allem die mittlerweile verstärkt in die Kritik geratenen MedizinerInnen und ihre Standesorganisationen die weiterhin täglich andauernden Verstümmelungen in der Öffentlichkeit gerne ab. Aktuelle Leitlinien und Publikationen belegen jedoch:

  • medizinisch nicht notwendigen "kosmetischen Genitaloperationen" werden nach wie vor systematisch an Kleinkindern durchgeführt,

  • nach wie vor werden 90% aller erfassten Menschen mit "auffälligen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen im Durchschnitt mehrfach irreversibel verstümmelt.

  • die andauernden Verstümmelungen sind nicht nur das Werk einzelner "scharzer Schafe" (wie z.B. der heute oft als "alleiniger Sündenbock" zitierte John Money), sondern ein gesamtmedizinisches bzw. gesamtwissenschaftliches Problem

  • jedeR, der/die den täglichen Verstümmelungen innerhalb der eigenen Institutionen weiterhin tatenlos zuschaut und die "Ergebnisse" der Verstümmelungen gar noch dankbar für eigene Forschungszwecke benutzt, macht sich mitschuldig


4) "Kosmetische Genitaloperationen" an Kindern sind menschenrechtswidrig, unethisch und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Zum Teil seit Jahren sprechen sich Menschenrechtsorganisationen, EthikerInnen und sogar Gerichte gegen die täglichen Verstümmelungen aus (sofern letztere wegen der Verjährung überhaupt zum Zug kommen):

„Ethik als Freifahrtschein für operieren auf Teufel komm raus“

Seit längerem kritisiert Zwischengeschlecht.org öffentlich, dass Medizyner ethische Bedenken gleich außen vor lassen oder Ethik als Feigenblatt für Zwangsoperationen missbrauchen.

Am "Forum Biotehik: Intersexualität – Leben zwischen den Geschlechtern" des Deutschen Ethikrates vom 23.6.10 in Berlin beklagte die Ethikerin Claudia Wiesemann ebenfalls, "dass einfach noch zuviel operiert wird auf Teufel komm raus" und beklagte eindringlich "Situation[en]", in denen "der informed consent aller Wahrscheinlichkeit nach Makulatur ist und letztendlich die Ethik nur noch als Freifahrschein dazu dient, an die Eltern eine ohnehin feststehende Entscheidung abzudelegieren. Das halte ich selber auch für höchstgefährlich und auch höchstproblematisch."

„Weder Evidenz noch medizinische Indikation“

Obwohl die Genitalverstümmelungen ohne medizinische Notwendigkeit seit 60 Jahren systematisch praktiziert werden, wurde ihre angebliche „Wirksamkeit“ noch nie klinisch getestet, d.h. sie erfolgen als unkontrollierte Menschenversuche. Noch die aktuellen AWMF-Leitlinien stehen unverändert auf der niedrigsten Evidenzstufe.

Auch dies wird von verantwortungsvollen Medizinern sowie Medizinethik seit längerem kritisiert – wiederum ohne jegliche Resonanz bei den verantwortlichen Zwangsbehandlern ...


Amnesty: „fundamentaler Verstoß gegen körperliche Unversehrtheit“

Menschenrechtsorganisationen (u.a. Amnesty Deutschland, Terre des Femmes und das UN-Komitee CEDAW) kritisieren die Duldung der chirurgischen Genitalverstümmelungen u.a. als „schweres Verbrechen“.

 
Terre des Femmes: „westliche Form der Genitalverstümmelung“

International anerkannte ExpertInnen zum Thema weibliche Genitalverstümmelung (FGM), darunter Hanny Lightfoot-Klein, Marion Hulverscheidt und Fana Asefaw, sowie die Rechtsprofessorin Konstanze Plett stützen die Klagen überlebender Zwitter, die Zwangsoperationen seien die „westliche Form der Genitalverstümmelung“, und ihre mutwillige Tabuisierung und Ausblendung der in der politischen Debatte ein typisches Beispiel scheinheiliger Doppelmoral.

Trotzdem blieben in Deutschland in der aktuellen Debatte um den Gesetzesentwurf zur Einführung eines eigenen Straftatbestandes „weibliche Genitalverstümmelung“ (inkl. adäquater Anpassung der Verjährung) die chirurgischen Verstümmelungen an Zwittern bisher sorgsam ausgeklammert ...

 
BMBF-Studien: Lebenslanges Leiden an Zwangsoperationen

Seit bald 20 Jahren klagen überlebende Zwangsoperierte öffentlich über über massive körperliche und seelische Schäden und lebenslanges Leiden durch uneingewilligte kosmetische GenitalOPs.

Umfangreiche, BMBF-finanzierte Studien bestätigten diese Klagen 2007 und 2008 wiederholt: „Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch.“
 

EndokrinologInnen und KinderchirurgInnen drängen auf OPs

Wie internen Untersuchungen bestätigen, sind es hauptsächlich Endokrinologen, die allein oder zusammen mit einem Kinderchirurgen in den Kinderkliniken den Eltern medizinisch nicht notwendige, irreversible Genitaloperationen aufdrängen.

Eine Mutter: „Wir Eltern wurden von den Ärzten massiv unter Druck gesetzt, das Kind geschlechtsbestimmend operieren zu lassen, obwohl es vollkommen gesund war und keine Beschwerden hatte. Nicht zu operieren, wäre für das Kind ein gesellschaftliches Desaster, lautete die Begründung. Die Rede war zuerst von einem Mädchen. ‘Aber wir machen auch einen Jungen daraus, wenn Ihnen das lieber ist’, bot uns die Ärztin an.“


„ökonomische Interessen“ der Kinderkliniken

Vereinzelt sprechen verantwortungsvolle Ärzte Missstände seit längerem an und kritisieren offen die fehlende Einhaltung zentraler medizinischer Standards: „Kliniken behalten Kinder aus ökonomischen Interessen.“

Und nennen durch interne Abrechnungen belegte Zahlen: „Plastische Rekonstruktion der Vulva: ERLÖS € 8175,12“

Leider stößt solche interne Kritik in den Medizinerverbänden mit unschöner Regelmäßigkeit auf taube Ohren ...
 

OLG Köln: „schuldhaft in Selbstbestimmungsrecht verletzt“

2009 war es Christiane Völling als erster überhaupt gelungen, in Köln einen Chirurg für einen Zwangseingriff an einem Zwitter wenigstens zivilrechtlich vor die Justiz zu bringen. Mit Erfolg: Nach 2-jährigem „Zwitterprozess“ wurden ihr in 3. Instanz 100‘000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

Laut OLG Köln hatte der Zwangsoperateur Christiane Völling „vor der Operation nicht hinreichend aufgeklärt und sie daher mangels wirksamer Einwilligung schuldhaft in ihrer Gesundheit und ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt“, und zwar „in ganz erheblichem Maße“ (5 U 51/08).

Seither scheiterten wiederum alle Versuche, einen Zwangsoperateur vor Gericht zu bringen, stets am selben Knackpunkt – Verjährung.


UNO rügte Bundesregierung – Politik als Mittäterin

2009 gelangten Zwangsoperierte zum ersten Mal mit einem Schattenbericht an die UNO. In der Folge rügte das UN-Komitee CEDAW die Bundesrepublik Deutschland wegen Verletzung der Schutzpflicht gegenüber potentiellen und bereits geschädigten Opfern. Trotzdem weigert sich die Bundesregierung weiterhin, die Menschenrechtsverletzungen durch die Genitalverstümmelungen durch angemessene Schritte künftig zu verhindern ...

 
Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und „Menschenrechte auch für Zwitter!“.

Freundliche Grüsse

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> "STOP Genitalverstümmelung als 'Rohmaterial' für die Geschlechterforschung!"
>>>
"11th EMBL/EMBO": Unethische Forscher als Zulieferer der Genitalabschneider

Saturday, November 6 2010

Offener Brief von Zwischengeschlecht.org zur APE-AGPD 2010, 5.11.10

APE-AGPD 2010, Augsburg 5.11.: Unser Beitrag zum 7. Intersex Awareness Day 2010

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Infosseite zum Protest   >>> Bericht Demo 5.11.   >>> Pressemitteilung 3.11.10

[ Eine Kopie dieses Offenen Briefes ging auch an die Medizinerverbände DGK und DGKCH als Follow-Up zum Offenen Brief vom 18.9.10 ]
  

>>> Der Offene Brief als PDF
Zwischengeschlecht.org
Menschenrechte auch für Zwitter!
Postfach 2122
8031 Zürich
info_at_zwischengeschlecht.org



Arbeitsgemeinschaft und Sektion
Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie
Universitätsklinik für Kinder- und
Jugendmedizin
Eythstr. 24
89075 Ulm


Augsburg, 5. November 2010


Offener Brief von Zwischengeschlecht.org zur JA-PED 2010


Sehr geehrte Damen und Herren

Als sogenannt 'intersexuelle' Menschen und in diesem Zusammenhang auch Betroffene von nicht eingewilligten medizinischen Massnahmen sind wir sehr besorgt darüber, dass Ihre Organisationen ebensolche Zwangsmassnahmen propagieren und durch ihre Mitglieder durchführen lassen.

Wir beziehen uns dabei insbesondere auf die AWMF-Leitlinien 027/022 "Störungen der Geschlechtsentwicklung" und 027/047 "Adrenogenitales Syndrom", die wiederholt solche kosmetischen Eingriffe an Kleinkindern propagieren und dabei ethische und menschenrechtliche Gesichtspunkte entweder gar nicht oder nicht adäquat berücksichtigen.

Zwar bezieht sich die Leitlinie 027/022 teilweise unter anderem auf das Konsensuspapier "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD" der Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung" (1). Dessen Schlussfolgerungen werden jedoch in den Leitlinien einseitig und selektiv berücksichtigt. So benutzt zum Beispiel die Leitlinie das Ethikpapier dazu, Grund- und Menschenrechte der Kinder zu negieren, indem es abschliessend als einziger Beleg dafür hinzugezogen wird, dass "[r]echtlich [...] letztlich den Eltern die Entscheidung [zusteht]".

Dabei wird ausgeblendet, dass auch das Ethikpapier verschiedentlich bestätigt, dass auch die Kinder Rechte haben, darunter insbesondere das Recht auf "körperliche Integrität und Lebensqualität, insbesondere im Bereich der Fortpflanzungsfähigkeit sowie des sexuellen Erlebens, und die freie Entwicklung der Persönlichkeit", sowie das "Recht von Kindern und Jugendlichen auf Partizipation bzw. Selbstbestimmung" (2).

Ebenso hält auch das Ethikpapier unmissverständlich fest, dass medizinisch nicht notwendige, irreversible Eingriffe an Kindern klar unzulässig sind: "Maßnahmen, für die keine zufrieden stellende wissenschaftliche Evidenz vorliegt, sowie Maßnahmen, die irreversible Folgen für die Geschlechtsidentität oder negative Auswirkungen auf Sexualität oder Fortpflanzungsfähigkeit haben können, sind besonders begründungs- und rechtfertigungspflichtig und bedürfen einer zwingenden medizinischen Indikation." (3)

Auf die grund- und menschenrechtlichen Implikationen medizinisch nicht notwendiger Eingriffe ohne Evidenz geht die Leitlinie 027/022 gar nicht erst ein.

Die 2010 neu eingeführte Leitlinie 027/047 "Adrenogenitales Syndrom" lässt ethische Bedenken gleich ganz außen vor und propagiert stattdessen medizinisch nicht notwendige „Genitalkorrekturoperationen“ an Kleinstkindern als selbstverständlich:

„In der Regel wird die Operation in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt.“

Nebst unkontrollierten chirurgischen Menschenversuchen leistet die Leitlinie 027/047 auch unkontrollierten pränatalen Hormonexperimenten mit Dexamethason Vorschub. Zwar hält die Leitlinie hierzu immerhin fest:

"Die pränatale AGS-Therapie ist nach wie vor eine experimentelle Therapie. Sie sollte im Rahmen kontrollierter Studien durchgeführt werden (zentrale Datenerfassung für die Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie über Prof. Dr. H.G. Dörr, Kinder- und Jugendklinik der Universität Erlangen)."

Trotzdem belässt es die von Prof. Dr. Dörr mitverantwortete AWMF-Leitlinie 027/042 letztlich bei unverbindlichen Empfehlungen ("sollte") – und erlaubt es so eigenmächtig "experimentierenden" Medizinern, dies weiterhin nach eigenem Gutdünken willkürlich zu tun, ohne dass sie für ihre menschenrechtswidrigen unkontrollierten Humanexperimente je irgendwelche Konsequenzen zu vergegenwärtigen hätten.

Dieses Unterlassung ist umso empörender, als Prof. Dr. Dörr schon seit längerem beklagt, dass sich die meisten Endokrinologen seit 1990, also seit zwanzig Jahren einen Deut um die Datenerfassung kümmern:

"Das Ausfüllen der Fragebögen erfolgt auf freiwilliger Basis. [...] Leider muss man somit feststellen, dass die Fragebögen nahezu nie komplett ausgefüllt zurückgeschickt werden [...]. Aufgrund der derzeit bestehenden Strukturen besteht jedoch keine Möglichkeit, gezielt nach den fehlenden Daten nachzufragen.[...] Man muss allerdings davon ausgehen, dass die dokumentierten Fälle in der Datenbank nur einen Teil der tatsächlich pränatal behandelten Fälle in Deutschland darstellen. Zum Beispiel wurden für das Jahr 1999 nur 2 Fälle und für das Jahr 2000 überhaupt kein Fall dokumentiert."
(4)

"Dexamethason wird nicht selten großzügig Risikoschwangeren verordnet, ohne dabei einige der Grundregeln zu beachten, (…) und vor allem ohne die schriftliche Aufklärung der betroffenen Familie über die Therapie einschließlich der potenziellen Nebenwirkungen für Mutter und Kind." (4)

Unserer Auffassung nach sind seit den Nürnberger Prozessen unkontrollierte Menschenexperimente, noch dazu ohne umfassende Aufklärung, nicht nur ethisch, sondern auch rechtlich nicht mehr haltbar, und eigentlich ein Fall für den Staatsanwalt.
Es ist verdankenswert, dass ein Mitglied der APE hier hinschaut und die Tatsachen beim Namen nennt. Dass eine zwei Jahre später erstellte Leitlinie aus diesen bekannten Tatsachen keine Konsequenzen zieht, stimmt mehr als nachdenklich.

Unter diesen Voraussetzungen lässt die aktuell auf 2011 angekündigte AWMF-Leitlinie 027/029 "Hypospadie" unter Federführung derselben Verantwortlichen wie schon bei den Leitlinien 027/022 "Störungen der Geschlechtsentwicklung" und 027/047 "Adrenogenitales Syndrom", nämlich DGKJ, APE, AG DSD/Störungen der Geschlechtsdifferenzierung und DGE, wenig Gutes erahnen.

Wie interne Untersuchungen der APE (5) und ESPE (6) zudem bestätigen, sind es hauptsächlich Endokrinologen, die allein oder zusammen mit einem Kinderchirurgen in den Kinderkliniken den Eltern medizinisch nicht notwendige, irreversible Genitaloperationen aufdrängen.

Eine Mutter, die von einer Netzwerk DSD/Intersexualität-Endokrinologin "beraten" wurde:

„Wir Eltern wurden von den Ärzten massiv unter Druck gesetzt, das Kind geschlechtsbestimmend operieren zu lassen, obwohl es vollkommen gesund war und keine Beschwerden hatte. Nicht zu operieren, wäre für das Kind ein gesellschaftliches Desaster, lautete die Begründung. Die Rede war zuerst von einem Mädchen. ‘Aber wir machen auch einen Bub, wenn Sie das lieber wollen’, bot uns die Ärztin an.“
(7)


Als Betroffene sowohl von nicht eingewilligten "Genitalkorrekturen" wie auch von nicht eingewilligten Gonadektomien sind wir über diese Leitlinien und solche "Beratungen" entsetzt und halten fest:

Geschlechtszuweisende chirurgische Genitalkorrekturen ohne medizinische Indikation, wie sie auch in Deutschland immer noch regelmässig an Kleinkindern durchgeführt werden, sind auch in der medizinischen Lehre alles andere als unumstritten. Nach wie vor gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, dass sie auf lange Sicht wirksam und sicher sind. Hingegen gibt es viele Indizien, welche ihre Wirksamkeit in Frage stellen.

Weder ist gesichert, dass Genitalkorrekturen langfristig zu besseren psychosozialen Resultaten führen, als wenn sie unterlassen werden. Noch kann garantiert werden, dass ein Kind sich entsprechend der ihm zugewiesenen Geschlechtsidentität entwickelt. I
m Gegenteil, aktuelle Studien belegen:

"Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch. [...] Ein Drittel [der Patienten] bewertet geschlechtsangleichende Operationen als zufriedenstellend bzw. sehr zufriedenstellend, ein weiteres Drittel ist unzufrieden bzw. sehr unzufrieden und das letzte Drittel ist z.T. zufrieden, z.T. unzufrieden." (8)

Die Behandlungszufriedenheit ist bei intersexuellen Erwachsenen und auch Eltern intersexueller Kinder "gering". Eltern beurteilen "die behandelnden Ärzte/Ärztinnen schlechter als Eltern von Kindern mit anderen chronischen Erkrankungen". (9) "Als Ergebnis zeigt sich, dass viele Erwachsene mit DSD mit der medizinischen Behandlung sehr unzufrieden sind." (10)

"The outcome of early genital vaginoplasty is poor and repeat procedures are common. Complications such as stenosis and persistent offensive vaginal discharge and bleeding are common. [...] It is also increasingly clear that clitoral surgery in childhood is detrimental to adult sexual function." (11)

„Auch aus der Literatur ist bekannt, dass sich ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz von Menschen mit DSD im Lauf der Pubertät oder im Erwachsenenalter entschließt, das ihnen zugewiesene soziale Geschlecht zu wechseln.“ (12)

Dass die Wirksamkeit der chirurgischen und hormonellen Behandlungsmethoden an Kleinkindern auch nach sechzigjähriger Praxis immer noch nicht erwiesen werden konnte, unterstreicht zudem auch die aktuelle Leitlinie selbst, die sich bekanntlich auf der niedrigsten Entwicklungsstufe 1 befindet.

Flächendeckende prophylaktische Gonadektomien sind laut medizinischen Studien in den meisten Fällen medizinisch nicht notwendig, haben aber für die Betroffenen lebenslange, sehr schwerwiegende Folgen,
insbesondere bei anschliessender Hormonersatztherapie entgegen der ursprünglichen Hormonproduktion des Körpers. So beträgt beispielsweise bei CAIS das Krebsrisiko lediglich 0.8 %, bei PAIS 15 %. (13) Sogar Wünsch und Wessel halten in einer aktuellen Publikation fest: "Indikation und Zeitpunkt der Gonadenentfernung müssen dem individuellen Tumorrisiko angepasst werden. Der Schutz der Fertilität ist ein zentrales Anliegen." (14)

Auch aus ethischen und juristischen Gründen sind geschlechtszuweisende chirurgische Genitalkorrekturen und prophylaktische Gonadektomien an Kindern ohne deren informierte Zustimmung strikt abzulehnen.

Wie bereits eingangs erwähnt, sind laut "Ethische Grundsätze und Empfehlungen" irreversible, medizinisch nicht notwendige Eingriffe ohne ausreichende Evidenz klar unzulässig:

"Maßnahmen, für die keine zufrieden stellende wissenschaftliche Evidenz vorliegt, sowie Maßnahmen, die irreversible Folgen für die Geschlechtsidentität oder negative Auswirkungen auf Sexualität oder Fortpflanzungsfähigkeit haben können, sind besonders begründungs- und rechtfertigungspflichtig und bedürfen einer zwingenden medizinischen Indikation. [...] Die Verfügung über Organe und Strukturen, die für die körperliche Integrität oder Geschlechtsidentität wichtig sind (z.B. Keimdrüsen), sollten in der Regel – wenn keine gewichtigen, das Kindeswohl betreffenden Gründe entgegenstehen – dem Betroffenen selbst überlassen bleiben." (15)

2010 bestätigte der Deutsche Ethikrat:

"Der Umgang mit der Intersexualität berührt eine Reihe medizin-, rechts- und sozialethischer Fragen, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit." (16)

Und auf dem Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates vom 23.6.2010 fand die Leitung der Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung", Prof. Dr. Claudia Wiesemann, angesprochen auf die selektive Berücksichtigung der ethischen Grundsätze und Empfehlungen in der aktuellen Leitlinie, deutliche Worte und sprach von Situationen, in denen

"operiert wird auf Teufel komm raus (…) und (…) der informed consent aller Wahrscheinlichkeit nach Makulatur ist und letztendlich die Ethik nur noch als Freifahrtschein dazu dient, an die Eltern eine ohnehin feststehende Entscheidung abzudelegieren" (17).


(Claudia Wiesemann bezog sich dabei hauptsächlich auf "Kleinstzentren". Nach allen uns vorliegenden Informationen ist genau dasselbe jedoch auch in den grossen Behandlungszentren der Fall, und ist noch nirgends die auch in der Leitlinie geforderte Beteiligung von Psychologen, Sozialarbeitern und Ethikern in den multidisziplinären Behandlungsteams wirklich gewährleistet, auch durch entsprechende Festanstellungen.) (18)

Auch internationale Ethikgremien kommen zum Schluss:

"Our working group unanimously supported waiting for children to be old enough to participarte in decisions about risky and painful surgeries that might fail to reliably retain function and produce more normal appearance (for example, surgery for intersex and achondroplasia)." (19)


Die Rechtsprofessorin Konstanze Plett vertritt seit langem den Standpunkt, dass das medizinisch nicht notwendige Gonadektomieren intersexueller Kinder gegen das Sterilisationsverbot verstosse. (20)

Auch international werden medizinisch nicht notwendige Eingriffe an Kindern als Verstoß gegen ihre höchstpersönlichen Rechte gewertet. Vgl. zum Beispiel Prof. Dr. iur. Andrea Büchler, Professorin für Privatrecht an der Universität Zürich:

"Ein medizinischer Eingriff braucht die Zustimmung der betroffenen Person. In der Regel können die Eltern für ihr Kind zustimmen. Geschlechtszuweisende Operationen aber tangieren die höchstpersönlichen Rechte und dürfen nicht ohne Zustimmung des betroffenen Kindes vorgenommen werden – ausser es ist medizinisch notwendig." (21)

Nicht zuletzt verletzen medizinisch nicht notwendige, kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern Grund- und Menschenrechte, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung.

Namhafte Menschenrechtsorganisationen unterstreichen zudem die Parallelen zur weltweit geächteten Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung.


Die Juristin Dr. Angela Kolbe kritisiert in ihrer mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichneten Dissertation über die verfassungsrechtliche Situation intersexueller Menschen insbesondere die schweren Eingriffe bei Kleinkindern als Verstoß gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. (22)

Als Reaktion auf einen Schattenbericht von Intersexuelle Menschen e.V., der verschiedene Menschenrechtsverletzungen von Intersexuellen durch medizinische Zwangseingriffe auflistete (23), rügte 2009 das UN-Komitee CEDAW die Bundesregierung wegen Missachtung ihrer Schutzpflicht gegenüber intersexuellen Kindern. In den daraus resultierenden schriftlichen Empfehlungen forderte das Komitee die Bundesregierung auf, "wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenrechte zu ergreifen" (24).

Die Sektionen Deutschland und Schweiz von Amnesty International verabschiedeten 2010 an ihren Jahresversammlungen je eine Motion, worin sie Handlungsbedarf unterstrichen.

Amnesty Deutschland wertete die kosmetischen Genitaloperationen an Kindern als "fundamentalen Verstoß gegen die Menschenrechte":

"Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Ächtung einer medizinischen Praxis, intersexuellen Menschen entweder im frühen Kindesalter ohne Einwilligungsfähigkeit – oder Erwachsenen ohne Aufklärung über Folgen – auf operativ-medikamentösem Weg ein eindeutiges Geschlecht „zuzuweisen“. Dies wird als fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte (Recht auf körperliche Unversehrtheit, auf Selbstbestimmung und Würde und auf Nicht-Diskriminierung) gewertet, da solche Maßnahmen in den allermeisten Fällen aus medizinisch-gesundheitlicher Sicht keinerlei Begründung haben." (25)

Und Amnesty Schweiz führte in der Begründung aus:

"Wir erachten genitale Zwangsoperationen für ein schweres Verbrechen, das gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde verstösst. Genitale Zwangsoperationen sind schwere medizinische Eingriffe an Kindern mit gesunden, aber sogenannten nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen, die ohne die Einwilligung der Betroffenen vorgenommen werden. Die Folgen von chirurgischen und medikamentösen Eingriffen werden von den Betroffenen oft als Verstümmelungen wahrgenommen. Die Suizidrate bei operierten und hormonbehandelten Intersexuellen ist stark erhöht; auch verstösst die Zuweisung zum explizit männlichen oder weiblichen Geschlecht gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde, die nicht nur bei Female Genital Mutilation (FGM) in Entwicklungsländern, sondern weiterhin auch bei genitalen Zwangsoperationen in Industrieländern verletzt werden."
(26)

Terre des Femmes und internationale Expertinnen konstatieren seit Jahren, dass kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern eine Form von Genitalverstümmelung sind und für die Opfer vergleichbar schädlich wie die weibliche Genitalverstümmelung. (27)

Erwachsene, die als Kinder kosmetischen Genitaloperationen unterzogen wurden, beklagen seit den 1990er-Jahren öffentlich die "Zerstörung des sexuellen Empfindens" und der "körperlichen Unversehrtheit" (28) durch diese Eingriffe, welche sie als "Genitalverstümmelung" erfahren. (29)

Wir betroffene Menschen bitten Sie deshalb inständig, die fragwürdigen Praktiken im Zusammenhang mit Intersexualität zu überprüfen, und bitten um eine diesbezügliche Stellungnahme innert nützlicher Frist.

Ebenso bitten wir Sie inständig um angemessenen Einbezug der Betroffenen und ihrer Organisationen beim Erarbeiten künftiger Behandlungsrichtlinien sowie in der Behandlung selbst (Anbieten von kontinuierlichem Peer Support sowohl für die betroffenen Kinder wie auch für ihre Eltern).

In der Hoffnung auf einen konstruktiven Dialog zwischen verantwortlichen Ärzten und uns Betroffenen grüssen wir Sie freundlich


Im Namen von Zwischengeschlecht.org



Daniela Truffer
Gründungsmitglied Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied XY-Frauen
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.



Quellen (alle Links Stand 15.10.2010)

(1) Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung": "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 2008, Nr. 156, S. 241-245

(2) Ebd., S. 244

(3) Ebd., S. 245

(4) Helmuth G. Dörr: "Adrenogenitales Syndrom infolge 21-Hydroxylase-Defektes: Hat die pränatale Therapie in Deutschland eine Zukunft?". In:  korasion Nr. 1, März 2008
http://www.kindergynaekologie.de/html/kora62.html

(5) Eigene Umfrage in der Arge Nebenniere der Arbeitsgemeinschaft Pädiatrische Endokrinologie (APE) 2005

(6) Management of Congenital Adrenal Hyperplasia: Results of the ESPE Questionnaire (Riepe et al., Horm Res 2002;58:196-205)

(7) Renata Egli-Gerber: "Weder Mann noch Frau – und doch beides", in: Sonntag/Leben und Glauben, Heft 36/2010, S. 28-30, hier S. 29

(8) Christian Schäfer: "Intersexualität: Menschen zwischen den Geschlechtern".
http://www.springer.com/medicine/thema?SGWID=1-10092-2-513709-0

Lisa Brinkmann; Katinka Schweizer; Hertha Richter-Appelt: "Behandlungserfahrungen von Menschen mit Intersexualität. Ergebnisse der Hamburger Intersex-Studie". Gynäkologische Endokrinologie 04/2007, S. 235-242

(9) Eva Kleinemeier, Martina Jürgensen: "Erste Ergebnisse der Klinischen Evaluationsstudie im Netzwerk Störungen der Geschlechtsentwicklung/Intersexualität in Deutschland, Österreich und Schweiz Januar 2005 bis Dezember 2007", S. 18. http://www.netzwerk-dsd.uk-sh.de/fileadmin/documents/netzwerk/evalstudie/Bericht_Klinische_Evaluationsstudie.pdf

(10) Ebd., S. 37

(11) Sarah M. Creighton: "Adult Outcomes of Feminizing Surgery". In: Sharon E. Sytsma (Ed.): "Ethics and Intersex", Dordrecht: Springer, 2006, S. 207-214

(12) M. Jürgensen; O. Hiort; U. Thyen: "Kinder und Jugendliche mit Störungen der Geschlechtsentwicklung: Psychosexuelle und -soziale Entwicklung und Herausforderungen bei der Versorgung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3, March 2008, S. 226-233

(13) Martine Cools, Stenvert L. S. Drop, Katja P. Wolffenbuttel, J. Wolter Oosterhuis, and Leendert H. J. Looijenga: "Germ Cell Tumors in the Intersex Gonad: Old Paths, New Directions, Moving Frontiers". Endocrine Reviews 27(5), 2006: S. 468–484 (S. 481)

(14) L. Wünsch, L. Wessel: "Chirurgische Strategien bei Störungen der Geschlechtsentwicklung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3. Springer Berlin / Heidelberg 2008, S. 234-240

(15) Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung": "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 2008, Nr. 156, S. 241-245

(16) Pressemitteilung 06/2010 des Deutschen Ethikrates vom 25.6.2010
http://www.ethikrat.org/presse/pressemitteilungen/2010/pressemitteilung-2010-06

(17) Claudia Wiesemann, Redebeitrag in der Abschlussdiskussion am „Forum Bioethik“ des Deutschen Ethikrates, 23.06.2010, Transkript:
https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/09/13/Ethik-als-Freifahrtschein-Claudia-Wiesemann-23-6-10

(18) Eckhard Korsch: "Überlegungen zur praktischen Umsetzung des DSD-Consensus-Statements", Vortrag gehalten an der APE 2006, Folien 11-17

(19) Erik Parens (Ed.): "Surgically Shaping Children", Baltimore: The Johns Hopkins University Press, 2006, S. xxix

(20) Vortrag vom 7.3.2001, gehalten anläßlich der 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Druckfassung:
Konstanze Plett: Intersexualität aus rechtlicher Perspektive. "Gigi - Zeitschrift für die sexuelle Emanzipation" Nr. 13 (Mai/Juni 2001)

(21) Katrin Hafner: "Ein Intersexueller klagt seinen ehemaligen Arzt an". Tages-Anzeiger, 05.02.2008. http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/wissen/medizin/838834.html

(22) Angela Kolbe: Intersexualität, Zweigeschlechtlichkeit und Verfassungsrecht. Eine interdisziplinäre Untersuchung. Nomos 2010 (Dissertation)

(23) Lucie G. Veith / Sarah Luzia Hassel-Reusing / Claudia J. Kreuzer: Parallelbericht zum 6. Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW). Erstellt von: Intersexuelle Menschen e.V. / XY-Frauen (http://intersex.schattenbericht.org)

(24) CEDAW/C/DEU/CO/6
Deutsche Übersetzung: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Menschenrechte/Download/ConcludingCommentsFrauen.pdf

(25) "Intersexualität und Menschenrechte", Mitteilung vom 26.5.2010
http://www.mersi-hamburg.de/Main/20100526001

(26) Motion 6: "Position zu Intersexualität"
http://www.queeramnesty.ch/docs/QAI_Motion_GV2010_Intersex.pdf

(27) Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal". Orlanda 2003. Vgl. insbesondere Kapitel 3: "Intersex-Chirurgie – ein Segen für wen?", S. 49-58

Fana Asefaw, Daniela Hrzán: Genital Cutting – Eine Einführung. In: ZtG Bulletin 28, 2005, S. 8-21
Relevante Auszüge: https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/08/07/Genitale-Zwangsoperationen-an-Zwittern-Genitalverstuemmelung-Typ-IV-Fana-Asefaw%2C-Daniela-Hrzan%2C-2005
Ganzer Text: http://www.gender.hu-berlin.de/w/files/ztgbulletintexte28/2artikel_asefaw_hrzan.pdf

Marion Hulverscheidt: "Weiblich gemacht? Genitalverstümmelung bei afrikanischen Frauen und bei Intersexuellen". In: TDF. Menschenrechte für die Frau, Nr. 3/4, 2004, S. 23-26
http://kastrationsspital.ch/public/Hulverscheidt_TDF_3-4-04.pdf

Konstanze Plett: "Die Macht der Tabus". amnesty journal 03/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte
http://schattenblick.net/infopool/buerger/amnesty/bagru265.html

(28) Cheryl Chase: "Letters from Readers". In: The Sciences, July/August, 3, 1993
http://www.isna.org/articles/chase1995a

(29) Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG):
"Genitalverstümmelungen in Deutschland in der Kinder- und Jugendgynäkologie"
https://blog.zwischengeschlecht.info/pages/Genitalverstuemmelungen-AGGPG-%281996%29


>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen
>>>
Genitalverstümmelungen im Kinderspital: Fakten und Zahlen
>>> 
"Unrecht der Medizinversuche anerkennen" - Oliver Tolmein (2009)
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter

Siehe auch:

- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Wednesday, November 3 2010

Proteste gegen Genitalverstümmelung: "Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist." (Augsburg / Heidelberg, 4.-6.11.10)

Protest gegen Genitalabschneider-Jahrestreffen "DGKJ 2010", Potsdam 16.9.2010

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>>> Infoseite zu den Protesten 4.-6.11.2010

PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 03.11.2010:

„Gott hat uns dieses Kind geschenkt, so wie es ist. Wir nehmen es dankbar an und lieben es. Es ist gesund und fröhlich und entwickelt sich prächtig.“ Eine Mutter.

• Informationsveranstaltung + Friedlicher Protest in Augsburg,
   Do 4. + Fr 5. November 2010

• Friedliche Mahnwache in Heidelberg, Sa 6. November 2010

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt – auch in Bayern und Baden-Württemberg.
 

Operieren auf Teufel komm raus: „APE-AGPD 2010“ in Augsburg

Ab Freitag 5.11. versammelt sich in Augsburg zur „APE-AGPD 2010“ eine der hauptsächlich für die Verstümmelungen hauptverantwortliche Ärzte-Standesorganisationen: die „Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Endokrinologie (APE)“ und ihre „AG DSD/Störungen der Geschlechtsentwicklung“.

APE-Mitglieder sind weiter prominent vertreten im BMBF-finanzierten „Netzwerk DSD/Intersexualität“ sowie dessen EU-Entsprechung „EuroDSD“ und praktizieren zum Teil international.

Die APE und ihre „AG DSD“ zeichnen beide mitverantwortlich für die aktuellen AWMF-Leitlinien 027/022 „Störungen der Geschlechtsentwicklung“ und 027/047 „Adrenogenitales Syndrom“.

Insbesondere die Leitlinie 027/022 steht seit längerem in der Kritik, u.a. weil sie ethische Empfehlungen missbraucht als „Freifahrschein für operieren auf Teufel komm raus“ (Ethikprofessorin Claudia Wiesemann am „Forum Bioethik“ des Deutschen Ethikrates, 23.06.2010).

Die 2010 neu eingeführte Leitlinie 027/047 lässt ethische Bedenken gleich ganz außen vor und propagiert stattdessen medizinisch nicht notwendige, menschenrechtswidrige „Genitalkorrekturoperationen“ an Kleinstkindern ohne Wenn und Aber: „In der Regel wird die Operation in Deutschland im ersten Lebensjahr durchgeführt.“

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird vor Ort in Augsburg über diese menschenrechtswidrigen Praktiken informieren, und friedlich dagegen protestieren.

Donnerstag, 04.11.2010, 19:30 h: INFOVERANSTALTUNG + FILM
Bildungscafé, Fuggerstraße 9 RG, Augsburg

Freitag, 05.11.2010, 16:00-19:00 h: FRIEDLICHER PROTEST
vor dem IHK Schwaben-Veranstaltungscenter, Stettenstraße 1, Augsburg

>>> mehr


Endokrinologen drängen auf OPs

Wie internen Untersuchungen der APE bestätigen, sind es hauptsächlich Endokrinologen, die allein oder zusammen mit einem Kinderchirurgen in den Kinderkliniken den Eltern medizinisch nicht notwendige, irreversible Genitaloperationen aufdrängen.

Eine Mutter: „Wir Eltern wurden von den Ärzten massiv unter Druck gesetzt, das Kind geschlechtsbestimmend operieren zu lassen, obwohl es vollkommen gesund war und keine Beschwerden hatte. Nicht zu operieren, wäre für das Kind ein gesellschaftliches Desaster, lautete die Begründung. Die Rede war zuerst von einem Mädchen. ‘Aber wir machen auch einen Jungen daraus, wenn Ihnen das lieber ist’, bot uns die Ärztin an.“


„ökonomische Interessen“ der Kinderkliniken

Vereinzelt sprechen verantwortungsvolle Ärzte Missstände seit längerem an und kritisieren offen die fehlende Einhaltung zentraler medizinischer Standards: „Kliniken behalten Kinder aus ökonomischen Interessen.“

Und nennen durch interne Abrechnungen belegte Zahlen: „Plastische Rekonstruktion der Vulva: ERLÖS € 8175,12“

Leider stößt solche interne Kritik (nicht nur) innerhalb der APE mit unschöner Regelmäßigkeit auf taube Ohren ...


„Weder Evidenz noch medizinische Indikation“

Obwohl die Genitalverstümmelungen ohne medizinische Notwendigkeit seit 60 Jahren systematisch praktiziert werden, wurde ihre angebliche „Wirksamkeit“ noch nie klinisch getestet, d.h. sie erfolgen als unkontrollierte Menschenversuche. Noch die aktuellen AWMF-Leitlinien stehen unverändert auf der niedrigsten Evidenzstufe.

Auch dies wird von verantwortungsvollen Medizinern sowie Medizinethik seit längerem kritisiert – wiederum ohne jegliche Resonanz bei den verantwortlichen Zwangsbehandlern ...


BMBF-Studien: Lebenslanges Leiden an Zwangsoperationen

Seit bald 20 Jahren klagen überlebende Zwangsoperierte öffentlich über über massive körperliche und seelische Schäden und lebenslanges Leiden durch uneingewilligte kosmetische GenitalOPs.

Umfangreiche, BMBF-finanzierte Studien bestätigten diese Klagen 2007 und 2008 wiederholt: „Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch.“


OLG Köln: „schuldhaft in Selbstbestimmungsrecht verletzt“

2009 war es Christiane Völling als erster überhaupt gelungen, in Köln einen Chirurg für einen Zwangseingriff an einem Zwitter wenigstens zivilrechtlich vor die Justiz zu bringen. Mit Erfolg: Nach 2-jährigem „Zwitterprozess“ wurden ihr in 3. Instanz 100‘000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

Laut OLG Köln hatte der Zwangsoperateur Christiane Völling „vor der Operation nicht hinreichend aufgeklärt und sie daher mangels wirksamer Einwilligung schuldhaft in ihrer Gesundheit und ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt“, und zwar „in ganz erheblichem Maße“ (5 U 51/08).

Seither scheiterten wiederum alle Versuche, einen Zwangsoperateur vor Gericht zu bringen, stets am selben Knackpunkt – Verjährung.


UNO rügte Bundesregierung – Politik als Mittäterin

2009 gelangten Zwangsoperierte zum ersten Mal mit einem Schattenbericht an die UNO. In der Folge rügte das UN-Komitee CEDAW die Bundesrepublik Deutschland wegen Verletzung der Schutzpflicht gegenüber potentiellen und bereits geschädigten Opfern. Trotzdem weigert sich die Bundesregierung weiterhin, die Menschenrechtsverletzungen durch die Genitalverstümmelungen durch angemessene Schritte künftig zu verhindern ...

 
Amnesty: „fundamentaler Verstoß gegen körperliche Unversehrtheit“

Menschenrechtsorganisationen (u.a. Amnesty Deutschland, Terre des Femmes und das UN-Komitee CEDAW) kritisieren die Duldung der chirurgischen Genitalverstümmelungen u.a. als „schweres Verbrechen“.

 
Terre des Femmes: „westliche Form der Genitalverstümmelung“

International anerkannte ExpertInnen zum Thema weibliche Genitalverstümmelung (FGM), darunter Hanny Lightfoot-Klein, Marion Hulverscheidt und Fana Asefaw, sowie die Rechtsprofessorin Konstanze Plett stützen demgegenüber die Klagen überlebender Zwitter, die Zwangsoperationen seien die „westliche Form der Genitalverstümmelung“, und ihre mutwillige Tabuisierung und Ausblendung der in der politischen Debatte ein typisches Beispiel scheinheiliger Doppelmoral.

Trotzdem blieben in Deutschland in der aktuellen Debatte um den Gesetzesentwurf zur Einführung eines eigenen Straftatbestandes „weibliche Genitalverstümmelung“ (inkl. adäquater Anpassung der Verjährung) die chirurgischen Verstümmelungen an Zwittern bisher sorgsam ausgeklammert ...
 

„11th EMBL/EMBO“ in Heidelberg: Genitalverstümmelungen als „Rohmaterial“ für die Geschlechterforschung

Parallel zur „APE-AGPD 2010“ findet in Heidelberg mit der „11th EMBL/EMBO“„Science and Society Conference: The Difference between the Sexes – From Biology to Behaviour“ – eine internationale wissenschaftliche Tagung statt, an der aus den medizinischen Verbrechen an Zwittern gewonnene „Erkenntnisse“ für die Weiterentwicklung der Geschlechterforschung benutzt werden.

Einmal mehr werden dabei die damit verbundenen menschenrechtlichen und ethischen Implikationen in der realen Welt nicht angesprochen. Gleichzeitig werden in den Kinderkliniken weiterhin täglich wehrlose Kinder verstümmelt – auch in Heidelberg.

Zusätzlich profilieren sich die diversen Geschlechterforschungs-Teildisziplinen seit Jahrzehnten als Zulieferer der GenitalabschneiderInnen – sei es mit "neuen biologischen Erkenntnissen" zur "Verbesserung" der serienmäßigen Verstümmelungen, sei es mit "(Gender-)theoretischem Überbau" zur Rechtfertigung der Fortführung der systematischen medizynischen Verbrechen an Zwittern.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird in Heidelberg mit einer friedlichen Mahnwache der realen Opfer dieser „wertfreien Wissenschaft“ gedenken und gegen die Ausbeutung von Zwittern als „Rohmaterial“ für die Geschlechterforschung protestieren.

Samstag, 06.11.2010, 13:30-16:30 h: FRIEDLICHE MAHNWACHE
vor dem EMBL Advanced Training Centre (ATC), Meyerhofstraße 1, Heidelberg

>>> mehr


Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und „Menschenrechte auch für Zwitter!“.

Freundliche Grüsse

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info

 

>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Siehe auch:
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Tuesday, October 19 2010

Augsburg 4.+5.11. / Heidelberg 6.11. - Info + Proteste gegen Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken und als "Rohmaterial" für die Geschlechterforschung (APE-AGPD 2010, 11th EMBL/EMBO)

Protest gegen Genitalabschneider-Jahrestreffen "DGKJ 2010", Potsdam 16.9.

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Offener Brief an die "APE-AGPD 2010" 05.11.10

>>> Offener Brief EMBL/EMBO, 6.11.10 (englisch)

>>> Bericht vom Protest zur "APE-AGPG 2010"
>>> Flugblatt zum "APE-AGPD 2010"-Protest, 5.11.10 (PDF) 
>>> Pressemitteilung vom 3.11.10
>>> "11th EMBL/EMBO": Unethische Forscher als Zulieferer der Genitalabschneider
>>>
"Cornelia Goethe Colloquien: Geschlechterforschung ohne Ethik?" - 17.11.10
>>>
"STOP Genitalverstümmelung als 'Rohmaterial' für die Geschlechterforschung!" 

PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 19.10.2010:

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt.

Augsburg Do 4. + Fr 5. 11.
INFOVERANSTALTUNG + FRIEDLICHER PROTEST
gegen Genitalabscheider-Jahrestreffen "APE-AGPD 2010"

Heidelberg Sa 6. 11.
FRIEDLICHE MAHNWACHE
gegen lokale Genitalabschneider
+ MittäterInnenkongress "11th EMBL/EMBO"

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

1) Augsburg Do 4. + Fr 5. 11. - INFO + FRIEDLICHER PROTEST "APE-AGPD 2010"

In der ersten Novemberwoche versammelt sich in Augsburg zur "APE-AGPD 2010", der  5. Gemeinsamen Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaften für Pädiatrische Endokrinologie (APE) und Pädiatrische Diabetologie (AGPD), eine der hauptsächlich verantwortlichen Genitalabschneider-Standesorganisationen:

Die organisierende "Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Endokrinologie (APE)" und ihre "AG DSD/Störungen der Geschlechtsentwicklung" sind beide beteiligt an der aktuell geltenden AWMF-Verstümmlerleitlinien 027/022 "Störungen der Geschlechtsentwicklung" und 027/047 "Adrenogenitales Syndrom".

(Die weiteren verantwortlichen Standesorganisationen, nämlich die APE-Mutterorganisationen – der Pädiaterverband DGKJ und der Endokrinologenverband DGE –, führen ihre Jahresversammlungen getrennt durch, ebenso der Kinderchirurgenverband DGKCH.)

Wir wollen diesen täglichen Genitalverstümmelungen vor unserer Haustüre nicht mehr länger tatenlos zusehen!

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird vor Ort in Augsburg über diese menschenrechtswidrigen Praktiken informieren.

Und während des Kongresses friedlich protestieren – gegen die GenitalabschneiderInnen sowie gegen die Untätigkeit von Politik und Justiz bei diesem fortdauernden Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

INFOVERANSTALTUNG, DISKUSSION UND FILM
mit Daniela Truffer und Seelenlos / Zwischengeschlecht.org
Anschließend Film: "Das verordnete Geschlecht"
Donnerstag, 04.11.2010, 19:30 h
im Bildungscafé, Fuggerstraße 9 RG, Augsburg


FRIEDLICHER PROTEST
während des Treffens der "AG DSD/Störungen der Geschlechtsentwicklung"
anlässlich der "APE-AGPD 2010"
Freitag, 05.11.2010, 16:00-19:00 h

vor dem IHK Schwaben-Veranstaltungscenter, Stettenstraße 1, Augsburg

 

2) Heidelberg Sa 6. 11. - FRIEDLICHE MAHNWACHE "11th EMBL/EMBO"

Geschlecht: ZwangsoperiertGleichzeitig mit der "APE-AGPD 2010" findet in Heidelberg mit der "11th EMBL/EMBO" eine internationale wissenschaftliche Tagung statt, an der aus den medizinischen Verbrechen an Zwittern gewonnene "Erkenntnisse" für die Weiterentwicklung der Geschlechterforschung benutzt werden.

Einmal mehr werden dabei die damit verbundenen menschenrechtlichen und ethischen Implikationen in der realen Welt nicht angesprochen. Gleichzeitig werden in den Kinderkliniken weiterhin täglich wehrlose Kinder verstümmelt.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird mit einer friedlichen Mahnwache der realen Opfer dieser "wertfreien Wissenschaft" gedenken und gegen die Ausbeutung von Zwittern als "Rohmaterial" für die Geschlechterforschung protestieren.

FRIEDLICHE MAHNWACHE
anlässlich der "11th EMBL/EMBO"
"European Molecular Biology Laboratory Science and Society Conference
The Difference between the Sexes - From Biology to Behaviour"
Heidelberg, Samstag, 06.11.2010, 13:30-16:30 h
vor dem EMBL Advance Training Centre (ATC), Meyerhofstraße 1, Heidelberg



KOSMETISCHE GENITALOPERATIONEN AN KINDERN

Menschenrechte auch für Zwitter!Seit Jahrzehnten werden in Deutschland Kinder mit "auffälligen" Geschlechtsorganen (Zwitter / "Intersexuelle" / Hermaphroditen) systematisch "kosmetisch" zwangsoperiert, um aus ihnen "unauffällige" Jungen und Mädchen zu machen – ohne ihre Einwilligung und ohne dass die angebliche "Wirksamkeit" der verstümmelnden Operationen je klinisch geprüft worden wäre. Dabei wird von den behandelnden Medizinern in Kauf genommen, dass das sexuelle Empfinden vermindert oder gänzlich zerstört wird. Viele dieser Kleinkinder werden obendrein kastriert und dadurch ihr Leben lang von gesundheitschädigenden "Hormonersatztherapien" abhängig gemacht.

Seit den 1990ern klagen überlebende Betroffene diese Operationen öffentlich an als medizinische Verbrechen und "westliche Form der Genitalverstümmelung".

Das durch diese medizinisch nicht notwendigen Zwangsoperationen an Kleinkindern verursachte Leid ist längst auch durch wissenschaftliche Studien dutzendfach belegt, auch in der Bundesrepublik. Ebenso bestätigen ExpertInnen, dass die Zwangseingriffe ethische Grundsätze verletzen, gegen Grund- und Menschenrechte verstoßen und auch strafrechtlich nicht haltbar sind.

Seit Jahren beklagen internationale Menschenrechtsorganisationen die kosmetischen Genitaloperationen an Kindern als "fundamentalen Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit" (Amnesty Deutschland), und unterstreichen die Parallelen zur weiblichen Genitalverstümmelung in Afrika (Terre des Femmes).

2009 wurde in Köln erstmals ein Chirurg letztinstanzlich zu einer Schmerzensgeldzahlung von 100'000 Euro verurteilt. Ebenfalls 2009 rügte das UN-Komitee CEDAW die Bundesregierung wegen Verletzung ihrer Schutzpflicht gegenüber zwischengeschlechtlichen Kindern.

2010 bestätigte der Deutsche Ethikrat: "Der Umgang mit der Intersexualität berührt eine Reihe medizin-, rechts- und sozialethischer Fragen, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit."

Trotzdem halten die Mediziner wider besseres Wissen unbeirrt an diesen menschenrechtswidrigen Praktiken fest.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und "Menschenrechte auch für Zwitter!".


Freundliche Grüsse

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
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Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> Offener Brief an die "APE-AGPD 2010" 05.11.10

>>> Offener Brief EMBL/EMBO, 6.11.10 (englisch)

>>> Bericht vom Protest zur "APE-AGPG 2010"
>>> Flugblatt zum "APE-AGPD 2010"-Protest, 5.11.10 (PDF) 
>>> Pressemitteilung vom 3.11.10

>>> "11th EMBL/EMBO": Unethische Forscher als Zulieferer der Genitalabschneider
>>>
"Cornelia Goethe Colloquien: Geschlechterforschung ohne Ethik?" - 17.11.10
>>>
"STOP Genitalverstümmelung als 'Rohmaterial' für die Geschlechterforschung!"  

Siehe auch:

- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- "Weder Evidenz noch medizinische Indikation" (Dr. med. Jörg Woweries)
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Monday, September 27 2010

DGKJ/DGKCH: Erste Antwort auf Offenen Brief

"DGKJ 2010": 1. Demo Potsdam-Babelsberg, 16.9.10

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Offener Brief an die "DGKJ 2010" 18.09.2010
>>> "DGKJ 2010": Infoseite zu den Protesten

Am letzten Freitag erreichte uns vorab per Email eine >>> erste Antwort (PDF 572 KB) der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Der grösste Teil des Schreibens sind Zitate aus den "Ethischen Grundsätzen und Empfehlungen", deren mangelnde Einhaltung sowohl in den aktuellen AWMF-Leitlinien wie auch in der täglichen Praxis der Offene Brief feststellte. Ohne weiter auf diese Feststellungen einzugehen, führt das Antwortschreiben dazu aus:

Die DGKJ und die DGKCH sehen diese Empfehlungen als Grundlage ärztlichen Handelns im Zusammenhang mit dem Umgang mit Besonderheiten der Sexualentwicklung an und gehen davon aus, dass die AWMF-Leitlinien zu Störungen der Geschlechtsentwicklung nicht im Widerspruch zu diesen Empfehlungen stehen. Um Missverständnisse auszuräumen und Formulierungen möglicherweise noch weiter zu präzisieren, werden wir Ihren Offenen Brief an die zuständige Leitlinienkommission weiterleiten mit der Bitte, Ihre Anmerkungen bei der nächsten Überarbeitung der Leitlinien zu berücksichtigen. 

Aus Nellas Antwort dazu von gestern Sonntag im Namen von Zwischengeschlecht.org:

Vielen Dank für Ihre umgehende Antwort! Gerne erwarten wir die Rückmeldung Ihrer Leitlinienkommission.

Die von Ihnen aufgeführten "Ethischen Grundsätze und Empfehlungen" sind  uns bestens bekannt; nicht umsonst behandelten wir sie auch ausführlich im Offenen Brief. Darin führen wir auch aus, weshalb nicht nur wir in Sorge darüber sind, dass die "Grundsätze und Empfehlungen" einerseits in den aktuellen Leitlinien, andererseits aber auch in der generellen medizinischen Praxis zur Zeit noch nicht umfassend beherzigt werden. Zumindest letzterer Aspekt wäre unseres Erachtens nach auch für die DGKJ und die DGKCH als solche von allgemeinem Interesse.

Fortsetzung folgt ...

>>> Offener Brief an die "DGKJ 2010" 18.09.2010
>>> "DGKJ 2010": Infoseite zu den Protesten

Siehe auch:
- "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD": Zwangsoperationen klar unzulässig (Dr.med. Jörg Woweries)
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen? 

Saturday, September 18 2010

Offener Brief von Zwischengeschlecht.org zur DGKJ 2010, 18.9.10

"DGKJ 2010": 1. Demo Potsdam-Babelsberg, 16.9.10

>>> "DGKJ 2010": Infoseite zu den Protesten

>>> DGKJ/DGKCH: Erste Antwort auf Offenen Brief, 24.9.10 

>>> Der Offene Brief als PDF


Zwischengeschlecht.org
Menschenrechte auch für Zwitter!
c/o Postfach 2122
8031 Zürich
info_at_zwischengeschlecht.org



Deutsche Gesellschaft für Kinder-
und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)
Chausseestr. 128/129
10115 Berlin

Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie
Langenbeck-Virchow-Haus
Luisenstraße 58/59
10117 Berlin



Potsdam, 18. September 2010



Offener Brief von Zwischengeschlecht.org zur DGKJ 2010


Sehr geehrte Damen und Herren

Als sogenannt 'intersexuelle' Menschen und in diesem Zusammenhang auch Betroffene von nicht eingewilligten medizinischen Massnahmen sind wir sehr besorgt darüber, dass Ihre Organisationen ebensolche Zwangsmassnahmen propagieren und durch ihre Mitglieder durchführen lassen.

Wir beziehen uns dabei insbesondere auf die AWMF-Leitlinie 027/022 "Störungen der Geschlechtsentwicklung", die wiederholt solche kosmetischen Eingriffe an Kleinkindern propagiert und dabei ethische und menschenrechtliche Gesichtspunkte entweder gar nicht oder nicht adäquat berücksichtigt.

Zwar bezieht sich die Leitlinie teilweise unter anderem auf das Konsensuspapier "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD" der Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung" (1). Dessen Schlussfolgerungen werden jedoch in den Leitlinien einseitig und selektiv berücksichtigt. So benutzt zum Beispiel die Leitlinie das Ethikpapier dazu, Grund- und Menschenrechte der Kinder zu negieren, indem es abschliessend als einziger Beleg dafür hinzugezogen wird, dass "[r]echtlich [...] letztlich den Eltern die Entscheidung [zusteht]".

Dabei wird ausgeblendet, dass auch das Ethikpapier verschiedentlich bestätigt, dass auch die Kinder Rechte haben, darunter insbesondere das Recht auf "körperliche Integrität und Lebensqualität, insbesondere im Bereich der Fortpflanzungsfähigkeit sowie des sexuellen Erlebens, und die freie Entwicklung der Persönlichkeit", sowie das "Recht von Kindern und Jugendlichen auf Partizipation bzw. Selbstbestimmung" (2).

Ebenso hält auch das Ethikpapier unmissverständlich fest, dass medizinisch nicht notwendige, irreversible Eingriffe an Kindern klar unzulässig sind: "Maßnahmen, für die keine zufrieden stellende wissenschaftliche Evidenz vorliegt, sowie Maßnahmen, die irreversible Folgen für die Geschlechtsidentität oder negative Auswirkungen auf Sexualität oder Fortpflanzungsfähigkeit haben können, sind besonders begründungs- und rechtfertigungspflichtig und bedürfen einer zwingenden medizinischen Indikation." (3)

Auf die grund- und menschenrechtlichen Implikationen medizinisch nicht notwendiger Eingriffe ohne Evidenz geht die aktuelle Leitlinie gar nicht erst ein.

Als Betroffene sowohl von nicht eingewilligten "Genitalkorrekturen" wie auch von nicht eingewilligten Gonadektomien sind wir daher über diese Leitlinie entsetzt und halten fest:

Geschlechtszuweisende chirurgische Genitalkorrekturen ohne medizinische Indikation, wie sie auch in Deutschland immer noch regelmässig an Kleinkindern durchgeführt werden, sind auch in der medizinischen Lehre alles andere als unumstritten. Nach wie vor gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, dass sie auf lange Sicht wirksam und sicher sind. Hingegen gibt es viele Indizien, welche ihre Wirksamkeit in Frage stellen.

Weder ist gesichert, dass Genitalkorrekturen langfristig zu besseren psychosozialen Resultaten führen, als wenn sie unterlassen werden. Noch kann garantiert werden, dass ein Kind sich entsprechend der ihm zugewiesenen Geschlechtsidentität entwickelt.
Im Gegenteil, aktuelle Studien belegen:

"Die Behandlungsunzufriedenheit von Intersexuellen ist [...] eklatant hoch. [...] Ein Drittel [der Patienten] bewertet geschlechtsangleichende Operationen als zufriedenstellend bzw. sehr zufriedenstellend, ein weiteres Drittel ist unzufrieden bzw. sehr unzufrieden und das letzte Drittel ist z.T. zufrieden, z.T. unzufrieden."
(4)

Die Behandlungszufriedenheit ist bei intersexuellen Erwachsenen und auch Eltern intersexueller Kinder "gering". Eltern beurteilen "die behandelnden Ärzte/Ärztinnen schlechter als Eltern von Kindern mit anderen chronischen Erkrankungen". (5) "Als Ergebnis zeigt sich, dass viele Erwachsene mit DSD mit der medizinischen Behandlung sehr unzufrieden sind." (6)

"The outcome of early genital vaginoplasty is poor and repeat procedures are common. Complications such as stenosis and persistent offensive vaginal discharge and bleeding are common. [...] It is also increasingly clear that clitoral surgery in childhood is detrimental to adult sexual function." (7)

"Auch aus der Literatur ist bekannt, dass sich ein überdurchschnittlich hoher Prozentsatz von Menschen mit DSD im Lauf der Pubertät oder im Erwachsenenalter entschließt, das ihnen zugewiesene soziale Geschlecht zu wechseln."
(8)

Dass die Wirksamkeit der chirurgischen und hormonellen Behandlungsmethoden an Kleinkindern auch nach sechzigjähriger Praxis immer noch nicht erwiesen werden konnte, unterstreicht zudem auch die aktuelle Leitlinie selbst, die sich bekanntlich auf der niedrigsten Entwicklungsstufe 1 befindet.

Flächendeckende prophylaktische Gonadektomien sind laut medizinischen Studien in den meisten Fällen medizinisch nicht notwendig, haben aber für die Betroffenen lebenslange, sehr schwerwiegende Folgen, insbesondere bei anschliessender Hormonersatztherapie entgegen der ursprünglichen Hormonproduktion des Körpers. So beträgt beispielsweise bei CAIS das Krebsrisiko lediglich 0.8 %, bei PAIS 15 %. (9) Sogar Wünsch und Wessel halten in einer aktuellen Publikation fest: "Indikation und Zeitpunkt der Gonadenentfernung müssen dem individuellen Tumorrisiko angepasst werden. Der Schutz der Fertilität ist ein zentrales Anliegen." (10)

Auch aus ethischen und juristischen Gründen sind geschlechtszuweisende chirurgische Genitalkorrekturen und prophylaktische Gonadektomien an Kindern ohne deren informierte Zustimmung strikt abzulehnen.

Wie bereits eingangs erwähnt, sind laut "Ethische Grundsätze und Empfehlungen" irreversible, medizinisch nicht notwendige Eingriffe ohne ausreichende Evidenz klar unzulässig:

"Maßnahmen, für die keine zufrieden stellende wissenschaftliche Evidenz vorliegt, sowie Maßnahmen, die irreversible Folgen für die Geschlechtsidentität oder negative Auswirkungen auf Sexualität oder Fortpflanzungsfähigkeit haben können, sind besonders begründungs- und rechtfertigungspflichtig und bedürfen einer zwingenden medizinischen Indikation. [...] Die Verfügung über Organe und Strukturen, die für die körperliche Integrität oder Geschlechtsidentität wichtig sind (z.B. Keimdrüsen), sollten in der Regel – wenn keine gewichtigen, das Kindeswohl betreffenden Gründe entgegenstehen – dem Betroffenen selbst überlassen bleiben." (11)

2010 bestätigte der Deutsche Ethikrat:

"Der Umgang mit der Intersexualität berührt eine Reihe medizin-, rechts- und sozialethischer Fragen, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit."
(12)

Und auf dem Forum Bioethik des Deutschen Ethikrates vom 23.6.2010 fand die Leitung der Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung", Prof. Dr. Claudia Wiesemann, angesprochen auf die selektive Berücksichtigung der ethischen Grundsätze und Empfehlungen in der aktuellen Leitlinie, deutliche Worte und sprach von Situationen, in denen

"der informed consent aller Wahrscheinlichkeit nach Makulatur ist und letztendlich die Ethik nur noch als Freifahrtschein dazu dient, an die Eltern eine ohnehin feststehende Entscheidung abzudelegieren"
(13).

(Claudia Wiesemann bezog sich dabei hauptsächlich auf "Kleinstzentren". Nach allen uns vorliegenden Informationen ist genau dasselbe jedoch auch in den grossen Behandlungszentren der Fall, und ist noch nirgends die auch in der Leitlinie geforderte Beteiligung von Psychologen, Sozialarbeitern und Ethikern in den multidisziplinären Behandlungsteams wirklich gewährleistet, auch durch entsprechende Festanstellungen.)

Auch internationale Ethikgremien kommen zum Schluss:

"Our working group unanimously supported waiting for children to be old enough to participarte in decisions about risky and painful surgeries that might fail to reliably retain function and produce more normal appearance (for example, surgery for intersex and achondroplasia)." (14)

Die Rechtsprofessorin Konstanze Plett vertritt seit langem den Standpunkt, dass das medizinisch nicht notwendige Gonadektomieren intersexueller Kinder gegen das Sterilisationsverbot verstosse. (15)

Auch international werden medizinisch nicht notwendige Eingriffe an Kindern als Verstoß gegen ihre höchstpersönlichen Rechte gewertet. Vgl. zum Beispiel Prof. Dr. iur. Andrea Büchler, Professorin für Privatrecht an der Universität Zürich:

"Ein medizinischer Eingriff braucht die Zustimmung der betroffenen Person. In der Regel können die Eltern für ihr Kind zustimmen. Geschlechtszuweisende Operationen aber tangieren die höchstpersönlichen Rechte und dürfen nicht ohne Zustimmung des betroffenen Kindes vorgenommen werden – ausser es ist medizinisch notwendig." (16)

Nicht zuletzt verletzen medizinisch nicht notwendige, kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern Grund- und Menschenrechte, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung.


Namhafte Menschenrechtsorganisationen unterstreichen zudem die Parallelen zur weltweit geächteten Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung.

Die Juristin Dr. Angela Kolbe kritisiert in ihrer mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichneten Dissertation über die verfassungsrechtliche Situation intersexueller Menschen insbesondere die schweren Eingriffe bei Kleinkindern als Verstoß gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. (17)

Als Reaktion auf einen Schattenbericht von Intersexuelle Menschen e.V., der verschiedene Menschenrechtsverletzungen von Intersexuellen durch medizinische Zwangseingriffe auflistete (18), rügte 2009 das UN-Komitee CEDAW die Bundesregierung wegen Missachtung ihrer Schutzpflicht gegenüber intersexuellen Kindern. In den daraus resultierenden schriftlichen Empfehlungen forderte das Komitee die Bundesregierung auf, "wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenrechte zu ergreifen" (19).

Die Sektionen Deutschland und Schweiz von Amnesty International verabschiedeten 2010 an ihren Jahresversammlungen je eine Motion, worin sie Handlungsbedarf unterstrichen.

Amnesty Deutschland wertete die kosmetischen Genitaloperationen an Kindern als "fundamentalen Verstoß gegen die Menschenrechte":

"Im Mittelpunkt der Bemühungen steht die Ächtung einer medizinischen Praxis, intersexuellen Menschen entweder im frühen Kindesalter ohne Einwilligungsfähigkeit – oder Erwachsenen ohne Aufklärung über Folgen – auf operativ-medikamentösem Weg ein eindeutiges Geschlecht „zuzuweisen“. Dies wird als fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte (Recht auf körperliche Unversehrtheit, auf Selbstbestimmung und Würde und auf Nicht-Diskriminierung) gewertet, da solche Maßnahmen in den allermeisten Fällen aus medizinisch-gesundheitlicher Sicht keinerlei Begründung haben."
(20)

Und Amnesty Schweiz führte in der Begründung aus:

"Wir erachten genitale Zwangsoperationen für ein schweres Verbrechen, das gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde verstösst. Genitale Zwangsoperationen sind schwere medizinische Eingriffe an Kindern mit gesunden, aber sogenannten nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen, die ohne die Einwilligung der Betroffenen vorgenommen werden. Die Folgen von chirurgischen und medikamentösen Eingriffen werden von den Betroffenen oft als Verstümmelungen wahrgenommen. Die Suizidrate bei operierten und hormonbehandelten Intersexuellen ist stark erhöht; auch verstösst die Zuweisung zum explizit männlichen oder weiblichen Geschlecht gegen die Menschenrechte auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung und Würde, die nicht nur bei Female Genital Mutilation (FGM) in Entwicklungsländern, sondern weiterhin auch bei genitalen Zwangsoperationen in Industrieländern verletzt werden." (21)

Terre des Femmes und internationale Expertinnen konstatieren seit Jahren, dass kosmetische Genitaloperationen an Kleinkindern eine Form von Genitalverstümmelung sind und für die Opfer vergleichbar schädlich wie die weibliche Genitalverstümmelung. (22)

Erwachsene, die als Kinder kosmetischen Genitaloperationen unterzogen wurden, beklagen seit den 1990er-Jahren öffentlich die "Zerstörung des sexuellen Empfindens" und der "körperlichen Unversehrtheit" (23) durch diese Eingriffe, welche sie als "Genitalverstümmelung" erfahren. (24)

Wir betroffene Menschen bitten Sie deshalb inständig, die fragwürdigen Praktiken im Zusammenhang mit Intersexualität zu überprüfen, und bitten um eine diesbezügliche Stellungnahme innert nützlicher Frist.

Ebenso bitten wir Sie inständig um Einbezug der Betroffenen und ihrer Organisationen beim Erarbeiten künftiger Behandlungsrichtlinien sowie in der Behandlung selbst (Anbieten von kontinuierlichem Peer Support sowohl für die betroffenen Kinder wie auch für ihre Eltern).

In diesem Sinne möchten wir uns für das von Tagungspräsident Prof. Dr. med. Michael Radke in der "Potsdamer Neueste Nachrichten" vom 16.9.2010 bekundete Angebot einer sachlichen Diskussion schon jetzt bedanken.

In der Hoffnung auf einen konstruktiven Dialog zwischen verantwortlichen Ärzten und uns Betroffenen grüssen wir Sie freundlich

Im Namen von Zwischengeschlecht.org


Daniela Truffer
Gründungsmitglied Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied XY-Frauen
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.



Quellen (alle Links Stand 15.9.2010)

(1) Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung": "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 2008, Nr. 156, S. 241-245

(2) Ebd., S. 244

(3) Ebd., S. 245

(4) Christian Schäfer: "Intersexualität: Menschen zwischen den Geschlechtern".
http://www.springer.com/medicine/thema?SGWID=1-10092-2-513709-0

Lisa Brinkmann; Katinka Schweizer; Hertha Richter-Appelt: "Behandlungserfahrungen von Menschen mit Intersexualität. Ergebnisse der Hamburger Intersex-Studie". Gynäkologische Endokrinologie 04/2007, S. 235-242

(5) Eva Kleinemeier, Martina Jürgensen: "Erste Ergebnisse der Klinischen Evaluationsstudie im Netzwerk Störungen der Geschlechtsentwicklung/Intersexualität in Deutschland, Österreich und Schweiz Januar 2005 bis Dezember 2007", S. 18. http://www.netzwerk-dsd.uk-sh.de/fileadmin/documents/netzwerk/evalstudie/Bericht_Klinische_Evaluationsstudie.pdf

(6) Ebd., S. 37

(7) Sarah M. Creighton: "Adult Outcomes of Feminizing Surgery". In: Sharon E. Sytsma (Ed.): "Ethics and Intersex", Dordrecht: Springer, 2006, S. 207-214

(8) M. Jürgensen; O. Hiort; U. Thyen: "Kinder und Jugendliche mit Störungen der Geschlechtsentwicklung: Psychosexuelle und -soziale Entwicklung und Herausforderungen bei der Versorgung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3, March 2008, S. 226-233

(9) Martine Cools, Stenvert L. S. Drop, Katja P. Wolffenbuttel, J. Wolter Oosterhuis, and Leendert H. J. Looijenga: "Germ Cell Tumors in the Intersex Gonad: Old Paths, New Directions, Moving Frontiers". Endocrine Reviews 27(5), 2006: S. 468–484 (S. 481)

(10) L. Wünsch, L. Wessel: "Chirurgische Strategien bei Störungen der Geschlechtsentwicklung". Monatsschrift Kinderheilkunde, Volume 156, Number 3. Springer Berlin / Heidelberg 2008, S. 234-240

(11) Arbeitsgruppe Ethik im Netzwerk Intersexualität "Besonderheiten der Geschlechtsentwicklung": "Ethische Grundsätze und Empfehlungen bei DSD. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 2008, Nr. 156, S. 241-245

(12) Pressemitteilung 06/2010 des Deutschen Ethikrates vom 25.6.2010
http://www.ethikrat.org/presse/pressemitteilungen/2010/pressemitteilung-2010-06

(13) Claudia Wiesemann, Redebeitrag in der Abschlussdiskussion am „Forum Bioethik“ des Deutschen Ethikrates, 23.06.2010, Transkript:
https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/09/13/Ethik-als-Freifahrtschein-Claudia-Wiesemann-23-6-10

(14) Erik Parens (Ed.): "Surgically Shaping Children", Baltimore: The Johns Hopkins University Press, 2006, S. xxix

(15) Vortrag vom 7.3.2001, gehalten anläßlich der 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Druckfassung:
Konstanze Plett: Intersexualität aus rechtlicher Perspektive. "Gigi - Zeitschrift für die sexuelle Emanzipation" Nr. 13 (Mai/Juni 2001)

(16) Katrin Hafner: "Ein Intersexueller klagt seinen ehemaligen Arzt an". Tages-Anzeiger, 05.02.2008. http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/wissen/medizin/838834.html

(17) Angela Kolbe: Intersexualität, Zweigeschlechtlichkeit und Verfassungsrecht. Eine interdisziplinäre Untersuchung. Nomos 2010 (Dissertation)
(18) Lucie G. Veith / Sarah Luzia Hassel-Reusing / Claudia J. Kreuzer: Parallelbericht zum 6. Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW). Erstellt von: Intersexuelle Menschen e.V. / XY-Frauen (http://intersex.schattenbericht.org)

(19) CEDAW/C/DEU/CO/6
Deutsche Übersetzung: http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Themen/Menschenrechte/Download/ConcludingCommentsFrauen.pdf

(20) "Intersexualität und Menschenrechte", Mitteilung vom 26.5.2010
http://www.mersi-hamburg.de/Main/20100526001

(21) Motion 6: "Position zu Intersexualität"
http://www.queeramnesty.ch/docs/QAI_Motion_GV2010_Intersex.pdf

(22) Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal". Orlanda 2003. Vgl. insbesondere Kapitel 3: "Intersex-Chirurgie – ein Segen für wen?", S. 49-58

Fana Asefaw, Daniela Hrzán: Genital Cutting – Eine Einführung. In: ZtG Bulletin 28, 2005, S. 8-21
Relevante Auszüge: https://blog.zwischengeschlecht.info/post/2010/08/07/Genitale-Zwangsoperationen-an-Zwittern-Genitalverstuemmelung-Typ-IV-Fana-Asefaw%2C-Daniela-Hrzan%2C-2005
Ganzer Text: http://www.gender.hu-berlin.de/w/files/ztgbulletintexte28/2artikel_asefaw_hrzan.pdf

Marion Hulverscheidt: "Weiblich gemacht? Genitalverstümmelung bei afrikanischen Frauen und bei Intersexuellen". In: TDF. Menschenrechte für die Frau, Nr. 3/4, 2004, S. 23-26
http://kastrationsspital.ch/public/Hulverscheidt_TDF_3-4-04.pdf

Konstanze Plett: "Die Macht der Tabus". amnesty journal 03/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte
http://schattenblick.net/infopool/buerger/amnesty/bagru265.html

(23) Cheryl Chase: "Letters from Readers". In: The Sciences, July/August, 3, 1993
http://www.isna.org/articles/chase1995a

(24) Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG):
"Genitalverstümmelungen in Deutschland in der Kinder- und Jugendgynäkologie"
https://blog.zwischengeschlecht.info/pages/Genitalverstuemmelungen-AGGPG-%281996%29


>>> "DGKJ 2010": Infoseite zu den Protesten

>>> DGKJ/DGKCH: Erste Antwort auf Offenen Brief 

>>> Der Offene Brief als PDF


Siehe auch:
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen? 

>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

>>> "DGKJ 2010": Infoseite zu den Protesten 

Thursday, September 16 2010

16.09.: Genitalabschneider-Jahrestreffen, Buchpremiere Christiane Völling, Diskriminierung

"DGKJ 2010": 1. Demo Potsdam-Babelsberg, 16.9.10

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Offener Brief an die "DGKJ 2010" 18.09.2010
>>>
"DGKJ 2010": Infoseite zu den Protesten


PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 16.9.2010:

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt.

In Potsdam-Babelsberg versammeln sich ab heute 2 der 3 hauptsächlich verantwortlichen Genitalabschneider-Standesorganisationen: Die „Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGKJ)“ sowie die „Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)“. Deren fragwürdige Auffassung von Ethik war jüngst auch Thema am „Forum Bioethik“ des Deutschen Ethikrates.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org will bei den täglichen Genitalverstümmelungen nicht mehr länger tatenlos zusehen. Deshalb protestieren wir heute – gegen die GenitalabschneiderInnen und gegen die Untätigkeit von Politik und Justiz bei diesem fortdauernden Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Gleichentags präsentiert Christiane Völling, die berühmteste Intersexuelle Deutschlands, in [Düsseldorf] ihre druckfrische Lebensgeschichte.

Und in Berlin lädt die Antidiskriminierungsstelle zu einem weiteren Fachgespräch (auch über Zwitter).

 
„DGKJ 2010“:
Ethisch herausgeforderte Genitalverstümmler in Weiß

• Die organisierende „Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGKJ)“ ist auch federführend bei der aktuell geltenden AWMF-Verstümmlerleitlinie 027/022 „Störungen der Geschlechtsentwicklung“.

Diese unter überlebenden Zwittern berüchtigte „Verstümmler-Leitlinie“ steht seit längerem auch bei weiteren Kreisen in der Kritik, u.a. weil sie ethische Empfehlungen missbraucht als Feigenblatt und Rechtfertigung zu menschenverachtenden Zwangseingriffen.

Und dadurch Vorschub leistet, dass vielfach „der informed consent aller Wahrscheinlichkeit nach Makulatur ist und letztendlich die Ethik nur noch als Freifahrtschein dazu dient, an die Eltern eine ohnehin feststehende Entscheidung abzudelegieren.“ (Claudia Wiesemann am „Forum Bioethik“ des Deutschen Ethikrates, 23.06.2010).

• Die mitorganisierende „Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)“ führt dabei das Skalpell – sowie in Babelsberg zeitgleich mit der DGKJ ihre Jahrestagung durch (mit Preisverleihung).

(Die 3. Gruppe der medizynischen Hauptverantwortlichen, die EndokrinologInnenverbände APE und DGE, sind in Potsdam zwar anwesend, führen ihre Jahresversammlungen jedoch getrennt im November durch.)

 
Politiker als Mittäter

• Eröffnet wird der Genitalverstümmlerkongress in Potsdam hochoffiziell von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und dem Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Matthias Platzeck (SPD).

Die Zahl der bekannten MittäterInnen in Bund und Ländern sowie ihrer Lügen ist Legion. Jüngstes Beispiel:

• Der Berliner Senat behauptete betreffend Genitalverstümmelungen vor der eigenen Haustüre noch am 17.06.2010 schamlos:

„Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über konkrete Fälle mit derartigen Eingriffen oder Therapien vor. Eine rechtliche Beurteilung ist somit nicht möglich.“ (Drucks. 16 / 14436, S. 2).

„Auch gibt es keine Erkenntnisse darüber, ob und welche Krankenhäuser in Berlin solche Behandlungen an Kindern vorgenommen haben.“ (Drucks. 16 / 14436, S. 1).

Tatsache bleibt, dass „solche Behandlungen an Kindern“ im Zuständigkeitsbereich des Berliner Senats z.B. in der Charité seit Jahr und Tag systematisch „vorgenommen“ werden.

 
„fundamentaler Verstoß gegen körperliche Unversehrtheit“

• Menschenrechtsorganisationen (u.a. Amnesty Deutschland, Terre des Femmes und das UN-Komitee CEDAW) kritisieren die Duldung der chirurgischen Genitalverstümmelungen u.a. als „schweres Verbrechen“.

Trotzdem werden auch in Deutschen Kinderkliniken weiterhin täglich wehrlose Kleinkinder irreversibel genitalverstümmelt. Wie lange noch?!

 
„schuldhaft in Selbstbestimmungsrecht verletzt“

2009 war es Christiane Völling als erster überhaupt gelungen, in Köln einen Chirurg für einen Zwangseingriff an einem Zwitter wenigstens zivilrechtlich vor die Justiz zu bringen. Mit Erfolg: Nach 2-jährigem „Zwitterprozess“ wurden ihr in 3. Instanz 100‘000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

• Laut OLG Köln hatte der Zwangsoperateur Christiane Völling „vor der Operation nicht hinreichend aufgeklärt und sie daher mangels wirksamer Einwilligung schuldhaft in ihrer Gesundheit und ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt“, und zwar „in ganz erheblichem Maße“ (5 U 51/08).

Seither scheiterten wiederum alle Versuche, einen Zwangsoperateur vor Gericht zu bringen, stets am selben Knackpunkt – Verjährung.

 
„westliche Form der Genitalverstümmelung“

Bezeichnenderweise blieben in Deutschland in der aktuellen Debatte um den Gesetzesentwurf zur Einführung eines eigenen Straftatbestandes „weibliche Genitalverstümmelung“ (inkl. adäquater Anpassung der Verjährung) die chirurgischen Verstümmelungen an Zwittern bisher stets sorgsam ausgeklammert.

• International anerkannte ExpertInnen zum Thema weibliche Genitalverstümmelung (FGM), darunter Hanny Lightfoot-Klein, Marion Hulverscheidt und Fana Asefaw, sowie die Rechtsprofessorin Konstanze Plett stützen demgegenüber die Klagen überlebender Zwitter, die Zwangsoperationen seien die „westliche Form der Genitalverstümmelung“, und ihre mutwillige Tabuisierung und Ausblendung der in der politischen Debatte ein typisches Beispiel rassistisch motivierter Doppelmoral.

 
Proteste + Infoveranstaltung Potsdam-Babelsberg/Berlin 16.+18.09.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org protestiert anlässlich der „DGKJ 2010“ vor Ort in Potsdam-Babelsberg – gegen die täglichen Verstümmelungen und gegen die Untätigkeit von Justiz und Politik:

--> Bewilligter friedlicher Protest während der Medizyner-Pressekonferenz zur Eröffnung der „DGKJ 2010“ am Do 16.09.2010 von 12:30-15:30 Uhr.

--> Ebensolche Mahnwache während der parallel stattfindenden Jahresversammlungen von DGKJ und DGKCH am Sa 18.09.2010 von 15:30 bis 18:30 Uhr.

--> Informationsveranstaltung zu den Protesten
Berlin: Do 16.9. 20h @ TRISTEZA

 
Weitere Veranstaltungen Do 16.09.2010

Am Eröffnungstag der „DGKJ 2010“ sind zusätzlich folgende Veranstaltungen angekündigt:

 
1) [Düsseldorf]: Buchpremiere von Christiane Völling

Christiane Völling, die als erster (und immer noch einziger) Zwitter ihren ehemaligen Chirurgen vor Gericht brachte und auch noch gegen ihn gewann, liest in [Düsseldorf] aus ihrem Buch „Ich war Mann und Frau. Mein Leben als Intersexuelle“, mit anschliessendem Gespräch und Diskussion. Ebenfalls anwesend: Buch-Co-Autorin Britta Dombrowe, die soeben einem Dok-Film zum Thema fertigstellte (Erstausstrahlung: ARTE 08.10.2010, 21.45 Uhr).
--> Frauenbuchladen „Buch am Dreieck“, 19:30 Uhr.

 
2) Berlin: Fachgespräch der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS)

Zeitgleich zum ersten Protest in Potsdam findet eines der immer wieder beliebten „Fachgespräche“ statt, an denen die Genitalverstümmelungen an Zwittern jeweils (auch) irgendwie "(mit)gemeint" sind, diesmal in einem Workshop Nr. 6 „Geschlechtsausdruck, geschlechtliche Identität, Zwei-Geschlechter-Ordnung: Diskriminierung von Trans*, Inter* und schwul-lesbisch-bi lebenden Menschen“.
--> Anmeldung und Programm: http://www.ads-fachtagung.de/

Der Deutsche Dachverband der Selbsthilfegruppen, Intersexuelle Menschen e.V. wird dort eine schriftliche Note „Diskriminierungen im Leben von intersexuellen Menschen“ übergeben.

Ob sich daraus eine konkrete Praxis gegen die GenitalabschneiderInnen entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Zumindest bisher dienten solche Veranstaltungen letztlich bloß als Feigenblatt, wenn verantwortliche PolitikerInnen sich später öffentlich herauslügen wollen, eigentlich würden sie im Gegenteil etwas für die Menschenrechte der Zwitter tun:

Bezeichnenderweise waren mehrere der am aktuellen „Fachgespräch“ Beteiligten bereits an einer ähnlichen Veranstaltung des Berliner Senats vom November 2004 mit von der Partie – auf welche vom heutigen Berliner Senat nach bewährtem Muster in der oben bereits erwähnten Drucksache 16/14436 vom 17.06.2010 auf S. 2 abschließend „verwiesen wird“ ...

 
Der Kampf geht weiter ...

Solange die GenitalabschneiderInnen und ihre HelfershelferInnen sich unverändert in Sicherheit wiegen können, verjährungshalber für ihre an Kleinkindern begangenen medizinischen Verbrechen von vornherein nicht strafrechtlich belangt werden zu können, werden sie kaum je freiwillig mit den für sie lukrativen Verstümmelungen aufhören.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und „Menschenrechte auch für Zwitter!“.

Monday, September 13 2010

Genitalverstümmelung: "Ethik als Freifahrtschein, an die Eltern eine ohnehin schon feststehende Entscheidung abzudelegieren" - Claudia Wiesemann, Forum Bioethik 23.6.10

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Bezeichnenderweise hat es der Deutsche Ethikrat auch nach bald 3 Monaten immer noch nicht geschafft, die versprochenen Wortprotokolle seines "Forum Biotehik: Intersexualität – Leben zwischen den Geschlechtern" vom 23.6.10 in Berlin aufzuschalten.

Anlass für diesen Blog, erneut einen Ausschnitt aus der Abschlussdiskussion des Forums in einem eigenen Transkript öffentlich zu machen.

Nach dem bereits vor einem Monat veröffentlichten Diskussionsbeitrag von Zwischengeschlecht.org "Ethik als Feigenblatt?", der u.a. konkrete Fragen an die "Netzwerk DSD/Intersexualität"-Ethikerin Prof. Dr. Claudia Wiesemann richtete, diesmal der darauf folgende Diskussionsbeitrag von Claudia Wiesemann, in dem sie u.a. die bereits seit einem Jahr im Raum stehende Kritik dieses Blogs streift betreffend des Missbrauchs der Ethik-Empfehlungen der Netzwerk-Ethikarbeitsgruppe durch die AWMF-Leitlinie "Störungen der Geschlechtsentwicklung" von DGKJ, DGE und APE.

Weiter lässt der letzte Satz darauf schliessen, dass auch Frau Wiesemann vom Deutschen Ethikrat etwas mehr erwartet hätte als "vorerst kein weiterer Handlungsbedarf" (Hervorhebungen durch Zwischengeschlecht.info):

Claudia Wiesemann: Mir scheinen zwei Begriffe, die in diesen letzten Fragen gefallen sind, nochmal sehr wichtig zu sein.

Einmal ist es dieser Begriff der Verdunkelung, der hier fiel, und der besagt, dass einfach noch zuviel operiert wird auf Teufel komm raus, in Kleinstzentren, die vielleicht drei Mal im Jahr mit einem solchen Fall zu tun haben und ohne grössere Kompetenzen, und dass in einer solchen Situation der informed consent aller Wahrscheinlichkeit nach Makulatur ist und letztendlich die Ethik nur noch als Freifahrtschein dazu dient, an die Eltern eine ohnehin feststehende Entscheidung abzudelegieren. Das halte ich selber auch für höchstgefährlich und auch höchstproblematisch.

Es scheint sich ein gewisser paradoxer Effekt inzwischen einzustellen, das heisst die Zentren, die im Augenblick sehr Aufklärungsarbeit betreiben, und für einen wesentlich offeneren und besseren Umgang mit Intersexualität plädieren, die sorgen für ein gewisses Informationsniveau, so dass sich jetzt dann doch wieder jeder Feld- und Wiesenchirurg zutraut, mit den Kenntnissen, die er in der Monatsschrift Kinderheilkunde erworben hat, doch ganz schnell noch mal ein paar Operationen durchzuführen. Und das ist tatsächlich ein grosses Problem auch der medizinischen Landschaft in Deutschland.

Meines Erachtens ist die wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir mit unseren Empfehlungen, ethischen Empfehlungen überhaupt durchdringen, dass solche Konditionen nur in spezifischen Zentren behandelt werden, wo ausreichend professionelles Personal vorkommt, und zwar nicht nur Mediziner, sondern zum Beispiel auch wirklich geschulte Psychologen.

Und damit verbunden ist für mich die Frage, wie stärken wir die Kompetenz des Kindes in dieser spezifischen Situation? Mir scheint es sehr wichtig zu sein, das Kind so früh wie möglich und den Jugendlichen so früh wie möglich einzubeziehen. Wir entlasten uns damit eines Teils des Prognoseproblems, das dieser spezifischen Situation immer anhaftet, dass man zwanzig Jahre im Voraus eine Prognose treffen soll.

Und diese Frage, also, wie stärke ich die Kompetenz des Kindes, wie stärke ich die Rolle des Kindes, die ist mir - die ist bislang noch nicht gut beantwortet, auch von uns nicht gut beantwortet worden. Soll das über einen Kinderanwalt geschehen beispielsweise? Ist der Psychologe im Team die geeignete Person, die sich für die Kindesinteressen einsetzt?

Das sind Fragen, die gehören für mich in Zukunft ganz intensiv diskutiert und ich wäre auch sehr neugierig darauf zu wissen, was der Ethikrat sich dazu einfallen lässt.

>>> Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 23.6.10
>>> Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 22.6.10

>>> "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik" 23.6.10
>>> Pressemitteilung des Deutschen Ethikrates vom 25.6.10
>>> Veranstaltung des Ethikrates in Berlin 23.6.10
>>> Intersexuelle Menschen e.V. kritisiert Untätigkeit des Ethikrates 
>>> Ethikrat: "Kein Handlungsbedarf" bei Genitalverstümmelung?!
>>> (Audio-)Protokolle --> zu unterst     >>> Beitrag von Konstanze Plett (mp3, 19,3MB)
--> Diskussion zum "Forum Bioethik" auf dem Hermaphroditforum
--> Bayerischer Rundfunk   --> Tagesspiegel   --> Deutschlandradio   --> e-politik 

Siehe auch:
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Amnesty: Zwangsoperationen "fundamentaler Verstoß" gegen körperliche Unversehrtheit
- Genitalverstümmelungen an Zwittern gleich schädlich wie weibliche Genitalverstümmelung - Terre des Femmes, 2004
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung (Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal", 2003)
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Bundesregierung und Ethikrat: Genitalverstümmelungen an Zwitterkindern in Diskussion mit aufnehmen und handeln - Marion Böker
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg  
- Bremen: Genitalverstümmelungen im "Zentrum für Kinderheilkunde"
- USA: Seriengenitalverstümmler Prof. Dr. Dix Phillip Poppas von Ethikerinnen geoutet
- Genitale Zwangsoperationen: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2 (Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit) 
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen!
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert

Thursday, September 9 2010

Potsdam: Proteste gegen Genitalverstümmelung in Kinderkliniken 16.+18.9.2010 (DGKJ 2010)

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Proteste gegen Genitalabschneider-Jahrestreffen DGKJ 2010, Potsdam 16.+18.9.

>>> Offener Brief an die "DGKJ 2010" 18.09.2010

>>> DGKJ/DGKCH: Erste Antwort auf Offenen Brief, 24.9.10 

>>> Pressemitteilung vom 16.09.2010
>>> Pressemitteilung vom 09.09.2010 --> siehe unten
>>> Hintergrundartikel auf Indymedia
>>>
Fotos vom 1. Protest in Potsdam, 16.9.10
>>> Flugblatt zur Demo (PDF 193 KB)
    >>> Flyer & Plakate Download

Medienberichte:
- "Die Unsicherheit der Ärzte" - Potsdamer Neueste Nachrichten, 18.9.10
- "Protest gegen ­Verstümmelung"- junge Welt, 17.09.10
- "Genitalverstümmelung in Deutschland" - blu.fm, 16.09.10
- "Über 3000 Kinderärzte tagen in Potsdam" - Potsdamer Neueste Nachrichten, 14.09.10


PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 9.9.2010:

Jeden Tag wird in Deutschland in einer Kinderklinik mindestens ein wehrloses Kind irreversibel genitalverstümmelt.

Nächste Woche versammeln sich in Potsdam-Babelsberg zur "DGKJ 2010" 2 der 3 hauptsächlich verantwortlichen Genitalabschneider-Standesorganisationen:

  • Die organisierende "Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin (DGKJ)" ist auch federführend bei der aktuell geltenden AWMF-Verstümmlerleitlinie 027/022 "Störungen der Geschlechtsentwicklung".
     
  • Die mitorganisierende "Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)" führt in Babelsberg ihre Jahrestagung zeitgleich mit der DGKJ durch und verleiht Preise.

(Die 3. Gruppe der Hauptverantwortlichen, die Endokrinologenverbände APE und DGE, sind in Potsdam zwar auch anwesend, führen ihre Jahresversammlungen aber getrennt durch.)

Wir wollen diesen täglichen Genitalverstümmelungen vor unserer Haustüre nicht mehr länger tatenlos zusehen.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org wird während des Kongresses gegen diese menschenrechtswidrigen Praktiken vor Ort in Potsdam friedlich protestieren – gegen die GenitalabschneiderInnen sowie gegen die Untätigkeit von Politik und Justiz bei diesem fortdauernden Verbrechen gegen die Menschlichkeit:

FRIEDLICHER PROTEST

vor und während der DGKJ-Pressekonferenz
Do 16.9.10 - 12:30-15:30 h

Babelsberg, vor der Metropolishalle
Großbeerenstraße (nächster Bushalt: Filmpark)

MAHNWACHE

während der DGKCH und DGKJ Jahrestagungen
Sa 18.9.10 - 15:30-18:30 h

Babelsberg, Hochschule für Film und Fernsehen
Marlene-Dietrich-Allee 11 (nächster Bushalt: Filmpark)

+ INFOVERANSTALTUNGEN
Potsdam:
Mi 15.9. 20:00 h @ KUZE, Hermann-Elflein-Str. 10
Anschließend Film: "Die Katze wäre lieber ein Vogel"
Berlin:
Do 16.9. 20:00 h @ TRISTEZA, Pannierstr. 5, Neukölln (U Hermannplatz)
Anschließend Film: "Das verordnete Geschlecht"
 

KOSMETISCHE GENITALOPERATIONEN AN KINDERN

Seit Jahrzehnten werden in Deutschland Kinder mit "auffälligen" Geschlechtsorganen (Zwitter / "Intersexuelle" / Hermaphroditen) systematisch "kosmetisch" zwangsoperiert, um aus ihnen "unauffällige" Jungen und Mädchen zu machen – ohne ihre Einwilligung und ohne dass die angebliche "Wirksamkeit" der verstümmelnden Operationen je klinisch geprüft worden wäre. Dabei wird von den behandelnden Medizinern in Kauf genommen, dass das sexuelle Empfinden vermindert oder gänzlich zerstört wird. Viele dieser Kleinkinder werden obendrein kastriert und dadurch ihr Leben lang von gesundheitschädigenden "Hormonersatztherapien" abhängig gemacht.

Seit den 1990ern klagen überlebende Betroffene diese Operationen öffentlich an als medizinische Verbrechen und "westliche Form der Genitalverstümmelung".

Das durch diese medizinisch nicht notwendigen Zwangsoperationen an Kleinkindern verursachte Leid ist längst auch durch wissenschaftliche Studien dutzendfach belegt, auch in der Bundesrepublik. Ebenso bestätigen ExpertInnen, dass die Zwangseingriffe ethische Grundsätze verletzen, gegen Grund- und Menschenrechte verstoßen und auch strafrechtlich nicht haltbar sind.

Seit Jahren beklagen internationale Menschenrechtsorganisationen die kosmetischen Genitaloperationen an Kindern als "fundamentalen Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit" (Amnesty Deutschland), und unterstreichen die Parallelen zur weiblichen Genitalverstümmelung in Afrika (Terre des Femmes).

2009 wurde in Köln erstmals ein Chirurg letztinstanzlich zu einer Schmerzensgeldzahlung von 100'000 Euro verurteilt. Ebenfalls 2009 rügte das UN-Komitee CEDAW die Bundesregierung wegen Verletzung ihrer Schutzpflicht gegenüber zwischengeschlechtlichen Kindern.

2010 bestätigte der Deutsche Ethikrat: "Der Umgang mit der Intersexualität berührt eine Reihe medizin-, rechts- und sozialethischer Fragen, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit."

Trotzdem halten die Mediziner wider besseres Wissen unbeirrt an diesen menschenrechtswidrigen Praktiken fest.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Freundliche Grüsse

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> Hintergrundartikel auf Indymedia

Siehe auch:
- Das Medizynermärchen von den "früheren Behandlungsmaßstäben"
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken 
- "Genitalkorrekturen in Deutschland in der Regel im ersten Lebensjahr" (DGKJ/APE/DGE)
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- Amnesty Deutschland: "fundamentaler Verstoß gegen die Menschenrechte"
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken – eine Genealogie der TäterInnen
- Genitale Verstümmelung & Folgeschäden - AGGPG 1998
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg
- Lübeck: Klinikdirektor propagiert genitale Zwangsoperationen an Kindern
- Göttingen / Lübeck: Direktor Rolf-Hermann Ringert und Oberarzt Dominique Finas propagieren genitale Zwangsoperationen an Zwittern
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 2010 
- Zwangsoperationen an Zwittern: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2
- Chirurgische Genitalverstümmelungen: UNO mahnt Bundesregierung
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Netzwerk DSD/Intersexualität": Ethik-Empfehlungen als Feigenblatt für Zwangsoperateure
- Die grosse "Intersex"-Statistik-Lüge
- Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

Thursday, August 19 2010

Genitalverstümmelung in der westlichen Welt - Marion Hulverscheidt, 2000

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Marion Hulverscheidt:
"Weibliche Genitalverstümmelung. Diskussion und Praxis der Medizin während des 19. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum." Dissertation (2000)
Frankfurt am Main: Mabuse-Verlag, 2002

In ihrer Dissertation geht Marion Hulverscheidt auf S. 19 auch kurz auf die chirurgischen Genitalverstümmelungen an Zwittern ein:

In der aktuellen Debatte um die weibliche Genitalverstümmelung bei afrikanischen Ethnien wird erwähnt, dass es auch in der westlichen Welt eine Form von Genitalverstümmelung gibt, die starke Ähnlichkeit mit der Verstümmelung afrikanischer Mädchen und Frauen hat: die chirurgisch-plastische Korrektur der Genitalorgane bei Menschen mit einem nicht eindeutig zu bestimmenden Geschlecht, den Intersexuellen. Die an diesen Kindern in frühester Kindheit durchgeführten Operationen und Eingriffe wie Dilatationen einer "zu engen Vagina" wirken hochtraumatisierend auf diese Menschen.

Weiter liefert Hulverscheidt auf S. 21 eine präzise Definition des Begriffs "Verstümmelung", anhand welcher klar wird, wieso auch die menschenrechtswidrigen kosmetischen Genitaloperationen an Kindern klar als Genitalverstümmelungen anzusprechen sind:

Der Terminus Verstümmelung bezeichnet einen Eingriff in die körperliche Integrität. Eine Verstümmelung hat zum Zweck, gesunde Teile des Körpers oder von Körperorganen zu entfernen. Sie verursacht damit einen bleibenden Schaden. Der Körper als ganzes – und der Mensch – ist nach diesem Eingriff unwiderruflich verändert.

Trotzdem werden von unbeirrbaren "Halbgöttern in Weiss" auch 10 Jahre später unverändert wehrlose Kleinkinder irreversibel genitalverstümmelt – allein in Deutschen Kinderkliniken JEDEN TAG mindestestens 1 Kind, sowie in Österreich und in der Schweiz JEDE WOCHE nochmals JE 1 weiteres.

Wie lange noch?!

Siehe auch:
- Amnesty: Zwangsoperationen "fundamentaler Verstoß" gegen körperliche Unversehrtheit
- Terre des Femmes: Genitalverstümmelungen an Zwittern gleich schädlich wie weibliche Genitalverstümmelung
- Genitale Zwangsoperationen: Bundesregierung beugt Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit
- Zwangsoperationen an Zwittern = Genitalverstümmelung Typ IV - Fana Asefaw, Daniela Hrzán, 2005
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung (Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal", 2003)
- Schweiz: Terre des Femmes und Amnesty gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org zum "Forum Bioethik" 23.6.10
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen!
- Bundestag: "Weibliche Genitalverstümmelung ahnden" - aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...

Saturday, August 7 2010

Zwangsoperationen an Zwittern = Genitalverstümmelung Typ IV - Fana Asefaw, Daniela Hrzán, 2005

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Das >>> Gender Bulletin 28 vom April 2005 des "Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien" an der Humboldt Universität in Berlin widmete sich dem Thema "Female Genital Cutting". Die >>> Einführung dazu (S. 8-21, PDF) stammt von der international renommierten Expertin und Buchautorin Fana Asefaw und der Historikerin Daniela Hrzán.

Die beiden Autorinnen halten darin eingangs fest:

Des Weiteren war es uns ein Anliegen, auch in diesem einführenden Text auf FGC-Praktiken in der „westlichen Welt“ hinzuweisen, wenngleich der afrikanische Kontext hier im Mittelpunkt unseres Interesses steht, schon allein deswegen, um auf Vorurteile und Fehleinschätzungen bezüglich FGC in Afrika eingehen zu können. (S. 8 = S. 1 innerhalb PDF)

Im weiteren findet sich eine Zusammenfassung der WHO-Klassifikationen von Female Genital Cutting. Unter Typ II fällt u.a. die auch bei Zwitter-Genitalverstümmelungen (und auch sonst aus der westlichen Gynäkologie) sattsam bekannte "Klitoridektomie" (chirurgische Entfernung der "Klitoris" – vor allem von "zu grossen").

Weiter halten Fana Asefaw und Daniela Hrzán explizit fest (S. 12 = S. 5 Nummerierung im PDF):

Typ IV beinhaltet auch alle anderen Formen von FGC, die unter die oben genannte Definition fallen, aber nicht konkret aufgelistet wurden. Dies bedeutet, dass auch FGC-Formen in Europa oder Nordamerika, wie bspw. die „korrigierenden“ Operationen an intersexuellen Kindern, unter Typ IV subsumiert werden können.

Weitere Ausführungen zur ganz oder teilweisen Entfernung der Klitoris von Zwitterkindern finden sich auf S. 13-14 (= S. 6-7 Nummerierung im PDF):

Doch auch in Europa und Nordamerika war und ist FGC, auch wenn dies oft nicht eingestanden wird. Selbst wenn darauf Bezug g enommen wird, werden „westliche“ FGC-Praktiken oft nur als historisches Phänomen diskutiert. (27) Dazu gleich. ZZuvor soll jedoch ergänzt werden, dass „korrigierende“ Operationen an intersexuellen Kindern weithin üblich und medizinisch anerkannt sind. Cheryl Chase, Vorsitzende der Intersex Society of North America (ISNA), schätzt, dass jeden Tag in den USA fünf Kinder diesen Operationen zum Opfer fallen.(28) In etwa 90% der Fälle wird diesen Kindern die Klitoris teilweise oder ganz entfernt, um sie zu Mädchen zu machen.(29) Dies wird damit begründet, dass Operationen destruktive Prozesse sind. Gewebe kann entfernt und auch verpflanzt, aber nicht neu aufgebaut werden. Es ist also schwerer, einen „richtigen“ Penis aufzubauen, als „zu große“ weibliche Genitalien zu beschneiden. Mehr noch: es ist wohl einem Mann nicht zumutbar, mit einem zu kleinen Penis leben zu müssen, während die zumeist männlichen Ärzte annehmen, Frauen könnten offensichtlich ganz gut ohne ihre Klitoris leben. Hier zeigt sich einerseits die Abwertung weiblicher Sexualität und andererseits eine Abwertung weiblichen Schmerzes, denn die Behandlung ist mit der eigentlichen Operation nicht zu Ende. Sie wird in der Regel von jahrelangen Arztbesuchen gefolgt, in denen die Mädchen sich schmerzhaften Prozeduren unterziehen müssen.(30)

Was den historischen Kontext betrifft, so gibt es mittlerweile zahlreiche Quellen, die darauf hinweisen, dass bis Mitte des 20. Jahrhunderts FGC auch in Europa und den USA an Mädchen und Frauen durchgeführt wurde. Hierbei wurde der Eingriff medikalisiert, d.h. unter hygienischen und sterilen Bedingungen von etablierten Ärzten verschiedener Fachrichtungen durchgeführt. Als Indikationsgründe wurden Nymphomanie, Hypersexualität, Masturbation und so genannte „Geisteskrankheiten“ angeführt. Zweifelhafte Popularität erlangte vor allem der Arzt Isaac Baker Brown, der in den späten 1860er Jahren nahezu jede Frau, die in seiner Praxis erschien, in Narkose versetzte und ihr die Klitoris entfernte – unabhängig davon, was ihre eigentlichen Beschwerden waren.(31) Seine Berichte über „Wunderheilungen“ in einschlägigen Fachzeitschriften führten dazu, dass die Klitoridektomie sich zu einer anerkannten Methode entwickelte, um Epilepsie, Hysterie, Masturbation und weibliche Homosexualität zu behandeln.(32)

Damit wurde 2005 auch in einer deutschen akademischen Publikation von ExpertInnen bestätigt, was von KinderchirurgInnen verstümmelte deutschsprachige Zwitter schon seit 1996 unmissverständlich öffentlich anklagen.

Nur die verantwortlichen PolitikerInnen und der von ihnen bestellte Deutsche Ethikrat wollen dagegen auch 2010 weiterhin nichts bemerkt haben – während allein in deutschen Kinderkliniken weiterhin JEDEN TAG mindestens 1 wehrloses Kind irreversibel chirurgisch genitalverstümmelt wird, sowie in Österreich und in der Schweiz JEDE WOCHE zusätzlich JE 1 weiteres.

Wie lange noch?!

Intersex Genital Mutilations
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy

2014 NGO Report an das UN-Kinderrechtekomitee (CRC) (englisch)
Belegt 17 gebräuchliche IGM-Formen und NS-Verbrechen in CH, D, A
>>> Download PDF (3.65 MB)     >>>
Table of Contents

Siehe auch:
- Amnesty: Zwangsoperationen "fundamentaler Verstoß" gegen körperliche Unversehrtheit
- Genitalverstümmelungen an Zwittern gleich schädlich wie weibliche Genitalverstümmelung - Terre des Femmes, 2004
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung (Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal", 2003)
- Schweiz: Terre des Femmes, Amnesty und Grüne gegen Zwangsoperationen an Zwittern
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Bundesregierung und Ethikrat: Genitalverstümmelungen an Zwitterkindern in Diskussion mit aufnehmen und handeln - Marion Böker
- "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org zum "Forum Bioethik" 23.6.10
- Intersexuelle enttäuscht vom Ethikrat – "kein Handlungsbedarf" bei Genitalverstümmelung?!
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen!
- Bundestag: "Weibliche Genitalverstümmelung ahnden" - aber die Zwitter verstümmelt nur ruhig weiter ...

>>> Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM): Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> IGM – eine Genealogie der TäterInnen 

>>> Zwangsoperierte Zwitter über sich selbst und ihr Leben
>>> UN-Auschuss gegen Folter fordert Entschädigung für IGMs
>>> UN-Sonderberichterstatter über Folter verurteilt "genitale Zwangsoperationen" 

>>> Europarat verurteilt Intersex-Genitalverstümmelungen (IGM)
 
>>> WHO, UNICEF, etc. fordern Wiedergutmachung für Intersex-Verstümmelungen
>>> UN-Behindertenrechtsausschuss fordert IGM-Statistiken und konkrete Schritte
>>> GMFK 2014: 24. Gleichstellungsministerkonferenz fordert IGM-Verbot!

Thursday, July 15 2010

Intersexuelle enttäuscht vom Ethikrat – "kein Handlungsbedarf" bei Genitalverstümmelung?!

>>> 1. Zwitter Demo Landgericht Köln 12.12.2007

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PRESSEMITTEILUNG von Zwischengeschlecht.org vom 15.7.2010

Tag für Tag wird in Deutschlands Kinderkliniken mindestens ein wehrloses Kleinkind irreversibel chirurgisch genitalverstümmelt.

Seit 14 Jahren gibt es als Reaktion auf die öffentlichen Klagen überlebender Erwachsener alle Jahre wieder ExpertInnenrunden, Fachgespräche, Foren, Publikationen, Absichtserklärungen, Versprechungen, Vertröstungen – während die Täter unbehelligt weiterverstümmeln.

Zahllose genitalverstümmelte "Intersexuelle", Hermaphroditen oder Zwitter und ihre Organsiationen setzten grosse Hoffnungen auf den Deutschen Ethikrat, als er nach Jahre langen Anfragen versprach, die Anliegen der Überlebenden an seinem "Forum Bioethik" vom 23.6.10 endlich aufzugreifen.

Diese Hoffnungen bewahrheiteten sich leider nicht: Nach einer Plenarsitzung am Folgetag des Forums gab der Ethikrat bekannt, er habe mit der Ermöglichung der Veranstaltung seine Schuldigkeit getan und sehe aktuell keinen weiteren Handlungsbedarf – die Genitalabschneider danken.

Die konkreten Taten der Verstümmler und deren Folgen mochte der Ethikrat auch nach der Veranstaltung nicht beim Namen nennen, ja noch nicht einmal die Tatsache, dass es um chirurgische Eingriffe an Genitalien von Kleinkindern geht.

Noch in der anschliessenden Pressmitteilung frönte der Deutsche Ethikrat der Tätersprache; statt dem zentralen Anliegen der Überlebenden nach Beendigung der Verstümmelungen stellte er weiterhin schwulenpolitische Forderungen dritter Interessegruppen ins Zentrum.

Intersexuelle und ihre Interessegruppen verurteilten die Untätigkeit des Deutschen Ethikrates einhellig und zeigten sich enttäuscht vom tatenlosen Ausgang ihrer Bemühungen.

Intersexuelle Menschen e.V. hat dem Ethikrat gegenüber schriftlich sein "Bedauern darüber ausgedrückt, dass es den Vortragenenen offenbar nicht gelungen ist, die Dringlichkeit der Belange deutlich zu machen", wie der Verein auf seiner Homepage mitteilt.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org hatte schon am "Forum Bioethik" in einem Diskussionsvotum kritisiert, der Deutsche Ethikrat wie auch die ebenfalls am Forum vertretene "Arbeitsgruppe Ethik" der Medizinerinteressengruppe "Netzwerk Intersexualität/DSD" würden bei den Genitalverstümmelungen beide "nur zuschauen", dies sei untragbar und "Ethik als Feigenblatt".

Der Ethikrat selbst nimmt's weiterhin gemächlich: Auch drei Wochen nach dem "Forum Bioethik" sind noch nicht einmal die Hälfte der versprochenen Wortprotokolle zur Veranstaltung online.

Hintergrundinformationen: http://zwischengeschlecht.org
Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot kosmetischer Genitaloperationen an Kindern und "Menschenrechte auch für Zwitter!".


Freundliche Grüsse

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
Gründungsmitglied Schweizerische Selbsthilfegruppe Intersex.ch
Mitglied Intersexuelle Menschen e.V.
Mitglied XY-Frauen
Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

>>> Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 23.6.10
>>> Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 22.6.10

>>> "Ethik als Feigenblatt?" - Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik" 23.6.10
>>> "Ethik als Freifahrtschein, an die Eltern eine ohnehin schon feststehende Entscheidung abzudelegieren" - Claudia Wiesemann, Forum Bioethik 23.6.10
>>> Pressemitteilung des Deutschen Ethikrates vom 25.6.10
>>> Veranstaltung des Ethikrates in Berlin 23.6.10
>>> (Audio-)Protokolle --> zu unterst     >>> Beitrag von Konstanze Plett (mp3, 19,3MB)
--> Diskussion zum "Forum Bioethik" auf dem Hermaphroditforum
--> Bayerischer Rundfunk   --> Tagesspiegel   --> Deutschlandradio   --> e-politik 

>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Siehe auch:
- Amnesty: Zwangsoperationen "fundamentaler Verstoß" gegen körperliche Unversehrtheit
- Genitalverstümmelungen an Zwittern gleich schädlich wie weibliche Genitalverstümmelung - Terre des Femmes, 2004
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung (Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal", 2003)
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Bundesregierung und Ethikrat: Genitalverstümmelungen an Zwitterkindern in Diskussion mit aufnehmen und handeln - Marion Böker
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg  
- USA: Seriengenitalverstümmler Prof. Dr. Dix Phillip Poppas von Ethikerinnen geoutet
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Genitale Zwangsoperationen: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2 (Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit) 
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen!
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert

"Ethik als Feigenblatt?" - Diskussionsbeitrag von Zwischengeschlecht.org am "Forum Bioethik" des Deutschen Ethikrates zu "Intersexualität", 23.6.10

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Da der Ethikrat nicht nur wie schon im Vorfeld befürchtet bei den chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken vorerst "keinen Handlungsbedarf" sieht, sondern es auch mit der versprochenen Veröffentlichung der schriftlichen Protokolle eher geruhsam nimmt, hier schon mal ein (grammatikalisch "leicht begradigtes") Transkript des Beitrags, den Seelenlos im Namen der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org zur Diskussion beisteuerte:

Also, mein Name ist Seelenlos, ich bin von der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org. Und ich finde es schön, dass anscheinend auf dem Podium ja Einigkeit herrscht, dass es keinen vernünftigen Grund gäbe, Kleinkinder zu gonadektomieren.

Aber die Tatsache ist: Es werden Kleinkinder gonadektomiert, und es macht niemand etwas dagegen. Wenn es ausnahmsweise einen Mediziner gibt, der sich weigert, das zu machen, dann findet sich bestimmt ein anderer. Die Selbsthilfegruppen wissen von diversen Kindern jedes Jahr, neunmonatigen, zweijährigen, die gonadektomiert werden.

Frau Plett hat gesagt, man sollte die Mediziner überwachen. Offensichtlich macht das niemand, und ich wollte mal fragen: Was sind da die Vorschläge, um solches zu verhindern, oder gucken wir alle nur zu?

Und das andere ist, die ethischen Grundsätze [des "Netzwerk Intersexualität/DSD"], die finde ich ja zum Teil ganz schön, gutwillige Menschen können da bestimmt was damit anfangen. Aber die Mediziner lesen die ganz anders. Zum Beispiel die aktuelle Leitlinie, die beruft sich auch auf dieses Ethikpapier und benutzt es zur Begründung, dass die Eltern bestimmen können, was immer sie wollen, und dass die Kinder keine Rechte haben. Und es hat dann da eine Fussnote und da ist das Ethikpapier dabei.

Und für mich stellt sich da die Frage: Wo ist dann da die Ethik, nur noch ein Feigenblatt?

Und auch zu dieser Veranstaltung: Was bringt das, was kommt konkret heraus? Oder reden wieder alle nur und schauen dann zu, wie weiter Kinder operiert werden? Danke.

Ohne weiteren Kommentar ... (Nachtrag: Transkript der Antwort der Ethikpapier-Verantwortlichen.)

>>> Anliegen von Zwischengeschlecht.org an den Deutschen Ethikrat 23.6.10
>>> Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 22.6.10

>>> Pressemitteilung des Deutschen Ethikrates vom 25.6.10
>>> Veranstaltung des Ethikrates in Berlin 23.6.10
>>> "Ethik als Freifahrtschein, an die Eltern eine ohnehin schon feststehende Entscheidung abzudelegieren" - Claudia Wiesemann, Forum Bioethik 23.6.10
>>> (Audio-)Protokolle --> zu unterst     >>> Beitrag von Konstanze Plett (mp3, 19,3MB)
--> Diskussion zum "Forum Bioethik" auf dem Hermaphroditforum
--> Bayerischer Rundfunk   --> Tagesspiegel   --> Deutschlandradio   --> e-politik 

Siehe auch:
- Amnesty: Zwangsoperationen "fundamentaler Verstoß" gegen körperliche Unversehrtheit
- Genitalverstümmelungen an Zwittern gleich schädlich wie weibliche Genitalverstümmelung - Terre des Femmes, 2004
- Genitale Zwangsoperationen an Zwittern vergleichbar mit weiblicher Genitalverstümmelung (Hanny Lightfoot-Klein: "Der Beschneidungsskandal", 2003)
- "Die Macht der Tabus" - Konstanze Plett über Genitalverstümmelung, amnesty journal 03/08
- Bundesregierung und Ethikrat: Genitalverstümmelungen an Zwitterkindern in Diskussion mit aufnehmen und handeln - Marion Böker
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller chirurgischen Genitalverstümmelungen in deutschen Kinderkliniken
- Genitalverstümmler und Zwangsoperateure in Baden-Württemberg  
- USA: Seriengenitalverstümmler Prof. Dr. Dix Phillip Poppas von Ethikerinnen geoutet
- Alice Dreger über EthikerInnen als MittäterInnen
- Genitale Zwangsoperationen: Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2 (Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit) 
- Weltweit größte Zwitter-Studie straft Bundesregierung Lügen!
- Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Gesetzgeber gefordert

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