Die Zwitter
Medien Offensive™ geht weiter!
>>> Vorabbericht zur Anhörung von gestern vor dem
Gesundheitsausschuss der hamburgischen Bürgerschaft.
Kommentar: Nach wie vor ist jeder Artikel, der die
genitalen Zwangsoperationen und weiteren Menschenrechtsverletzungen an
"Intersexuellen" überhaupt thematisiert, erstmal ein guter Artikel.
Erst recht, wenn er konkrete Fakten prominent
herausstreicht, z.B.:
"Betroffene
berichten von entwürdigenden und schmerzhaften Behandlungsmethoden, schildern,
wie sie als medizinische Versuchsobjekte dienten und im Glauben aufwuchsen, sie
seien verabscheuungswürdige Monster, ohne jemals den Grund für die Torturen zu
erfahren.
Eine Studie des Hamburger Instituts für Sexualforschung aus dem Jahr
2007 bewies, dass die es bei Intersexuellen doppelt so oft zu
selbstverletzendem Verhalten und Selbstmord kommt wie bei der
Normalbevölkerung."
(Naja, mal abgesehen vom m.E. eher unüberlegten Einsatz des Begriffs
"Normalbevölkerung". Wie dito von "Identität" im Titel –
hallo, Eiken Bruhn: Bitte mal die eigene Brille
einen Moment ablegen. Danke.)
Lucie Veith, die Vorsitzende von Intersexuelle Menschen e.V., darf eine
Lanze brechen für das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Selbstbestimmung
und Würde – auch für junge Zwitter:
"Regelmäßig, erzählt die 53-Jährige, habe sie als Beraterin ihres
Selbsthilfevereins Kontakt zu verzweifelten Eltern oder Jugendlichen, die zu
ihr kämen, wenn die Operation und die Hormongaben nicht mehr rückgängig gemacht
werden können. "Das sind Menschenrechtsverletzungen", sagt sie und verweist auf
einen Bericht der Vereinten Nationen vom Februar, der die Bundesregierung
auffordert, die Menschenrechte von Intersexuellen besser zu schützen.
"
Die "SPD-Gesundheitspolitikerin" Anja Domres, Verfasserin einer der
historischen Grossen Anfragen in der Bürgerschaft, relativiert bei der
ersten Nennung sogleich, dass die Bürgerschaft den "Ärzten keine
Vorschriften machen könnten. Sie hoffe aber, "eine breite Diskussion"
anzustoßen" und propagiert "eine Bundesratsinitiative zur
Änderung des Personenstandrechts [...], das eine Festlegung auf eins von zwei
Geschlechtern vorschreibt". Der Artikel lässt allerdings offen, worin die
"Änderung des Personenstandrechts" konkret bestehen soll. Ein optionales 3. Geschlecht für
Zwitter fordert aktuell Intersexuelle Menschen e.V., schon Michel Reiter klagte
dieses Recht 2000 vor Gericht ein, unterlag jedoch in den beiden ersten
Instanzen.
Hochgradig unerträglich wird der Artikel, wo er Medizynerlügen und
-Verdrehungen unwidersprochen lässt, wenn z.B. Olaf Hirt (1. Vorsitzender
"Netzwerk DSD/Intersexualität" und "Projektleiter" von "Euro-DSD")
unhinterfragt behaupten darf, dass genitale Zwangsoperationen an wehrlosen
Kindern doch "durchaus im Interesse der Betroffenen sein können":
"Schließlich, das hat die Hamburger Intersex-Studie ergeben, gibt es
erwachsene Intersexuelle, die mit ihrer damaligen Behandlung zufrieden
sind." Dass diese Zufriedenen auch laut der von "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort
ins Feld geführten Hamburger Studie klar die Minderheit sind, während die
grosse Mehrheit nicht nur NICHT zufrieden ist, sondern vielfach zudem
körperlich und seelisch massiv geschädigt oder längst tot, davon schweigt Olaf
Hiort vornehm – und auch die taz.
Oder wenn der Netzwerk-Psychologe Knut Werner-Rosen (einmal
mehr) unhinterfragt "Intersex-AktivistInnen" mit Zwangsoperateuren
gleichsetzen darf: "Knut Werner-Rosen warnt [...] davor, den Betroffenen
jetzt mit umgekehrtem Vorzeichen vorzuschreiben, was richtig für sie sei."
Sprich, die "Intersex-AktivistInnen" (Medizynerdeutsch = erwachsene
zwangsoperierte Zwitter) sollen bloss den "Betroffenen"
(Medizynerdeutsch = die Eltern der zu operierenden Kinder) nicht dreinreden
können, wenn sie ihre Kleinkinder ohne deren Einwilligung genital
zwangsoperieren lassen wollen. Obwohl die grosse Mehrzahl der Zwangsoperierten
hinterher ein Leben lang nicht nur körperlich geschädigt, sondern auch massiv
traumatiert sind, mit ähnlichen schweren Folgeschäden wie nach
Kindesmisshandlung oder Folter. Aber davon schweigt Knut Werner-Rosen vornehm –
und auch die taz hakt nicht nach.
Es ist noch ein weiter Weg ...
>>>
http://www.taz.de/regional/nord/nord-aktuell/artikel/1/identitaet-unterm-skalpell/
[PS In eigener Sache: Aus verschiedenen Gründen
kriegte ich leider die Kurve nicht zur Anhörung in Hamburg, weshalb aus dem
angekündigten Bericht vor Ort nichts wird, sorry.]