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Saturday, June 12 2010

Berichterstattung über das "Schwule Ehepaar aus Malawi": Beispiel für Vereinnahmungskaskaden?

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Solidarität mit Zwittern statt VereinnahmungGeorg Klauda hat in seinem bahnbrechenden Vortrag "Fürsorgliche Belagerung" vom 31.10.2002 von "Kolonialisierungskaskaden" gesprochen, deren Opfer die Zwitter würden:

Durch die Queer- und Transgender-Modelle entstehen darüber hinaus Kolonialisierungskaskaden: Lesben und Schwule kolonialisieren Transsexuelle, und diese wiederum kolonialisieren Hermaphroditen. So haben etwa in der Berliner Partyszene die Tunten den Begriff Transgender für sich okkupiert und verneinen damit die Differenz, die zwischen ihnen besteht und Leuten, die die leidvolle Erfahrung machen müssen, dass ihre Einbildungskraft ihnen die Zugehörigkeit zu einem anderen Körper aufgibt als den, den sie besitzen. Gleichzeitig beginnen Transsexuelle für Hermaphroditen zu sprechen, sich unter Umständen sogar selbst als intersexuell zu bezeichnen. Aber damit verleugnen sie die Tatsache, dass genau die Operationen, die ihnen den Geschlechtsübergang erleichtern sollen, unter Umständen an der Verstümmelung von Hermaphroditen entwickelt wurden. Und vergessen Lesben und Schwule, wenn sie die Konstruiertheit von Geschlecht hervorheben, nicht allzu leicht, dass diese Formulierung für Hermaphroditen einen bitteren Beigeschmack hat? Denn an ihnen wurde versucht, ein Geschlecht zu konstruieren, und das mit katastrophalem Ausgang.

Auch der (Ex-)Zwitter-Aktivist Vincent Guillot sagte an einer Diskussionsveranstaltung in Zürich vom 4.4.10 sinngemäss:

"Die Befreiung der Schwulen und Lesben wurde auf Kosten der Transsexuellen erkauft, und die Befreiung der Transsexuellen wird mit der Psychiatrisierung der Intersexuellen erkauft werden [bei DSM-V werden ja Zwitter klar verstärkt psychiatrisiert – die Psychiater bauen schon mal vor], und die Befreiung der Zwitter wird höchstwahrscheinlich auf Kosten einer weiteren Gruppe erfolgen [was Vincent durch ein "ganzheitliches Befreiungsmodell" verhindern will, ohne das jedoch konkretisieren zu können, ebensowenig, wie er damit die Zwangsoperationen und sonstigen medizinisch nicht notwendigen Zwangsbehandlungen an Zwittern innert nützlicher Frist abschaffen will]." (Vgl. dazu auch den Nachtrag im Kommentar hier.)

Jedoch ging schon die Entstehung der 1. Schwulenbewegung letztlich auf Kosten der Zwitter, bzw. trug bei zu den späteren menschenrechtswidrigen, medizynischen und psychiatrischen Zwangspraktiken, unter denen Zwitter heute noch leiden (vgl. z.B. Karl Heinrich Ulrichs und Magnus Hirschfeld), was das Ganze noch einmal komplizierter macht.

Zumindest die aktuelle Medienberichterstattung über den "Fall" von Tiwonge "Aunty Tiwo" Chimbalanga und Steven Monjeza, die in Malawi wegen "Sodomie" zu 14 Monaten Zwangsarbeit verurteilt wurden, weil sie eine Heiratszeremonie durchgeführt hatten, kann jedoch durchaus im Bezugsrahmen der Vereinnahmungskaskade betrachtet werden, wie sie oben von Georg Klauda und Vincent Guillot umrissen wurde:

LGB(T)-Aktivistinnen weltweit hatten diesen "Fall" aufgegriffen und berichteten über das skandalöse Urteil gegen das "schwule Ehepaar". Dank grossem internationalem Druck (auch Madonna hatte eine Unterschriftensammlung veranstaltet, der US-Präsident Barack Obama sprach sich gegen das Urteil aus) wurden die beiden zum Glück schliesslich begnadigt. Soweit, so positiv, und dafür allen Beteiligten ein herzliches Danke.

Negativ ist hingegen, wie LGB(T)-Organisationen und -Medien die beiden unhinterfragt und unbeirrbar als "schwules Ehepaar" beschrieben und annektierten, selbst als schon lange klar war, dass dies wohl so nicht zutreffen kann, und nachdem die Organsisationen und Medien mehrfach auf diesen Lapsus aufmerksam gemacht wurden (worauf auch solidarische kritische Kommentare auf diesem Blog hinwiesen). Weil erstens versteht sich Aunty Tiwo offensichtlich als Frau und ebenso wie Steven NICHT als "schwuler Mann". Weiter gibt es verschiedene Berichte, wonach Aunty Tiwo wahrscheinlich Intersexuell ist (sie habe Monatsblutungen und ihr Penis schaue "nicht normal" aus – vgl. die erwähnten Kommentare sowie einen bei BadHairDays übersetzten Artikel aus der NY-Times). Trotz mehrfachen Hinweisen darauf zeigten sich praktisch alle LGB-Organsisationen und -Medien weitgehend unbeirrbar, und wo sie diese Hinweise überhaupt konkret zur Kenntnis nahmen, neigten sie in der Regel zu paternalistischen Verschlimmbesserungen und Zurechtweisungen, so scheints u.a. Queer.de, MERSI-Amnesty und Queeramnesty, Volker Beck/Grüne.

Zu Recht wurden diese (und andere) LGB-Organisationen und -Medien deshalb vor allem von Trans*-Aktivist_innen kritisiert, die sich solche Unterschlagungen/Vereinnahmungen durch LGB auch sonst gewohnt sind.

Leider machten die allermeisten dieser Kritiken entsprechend der Logik der Vereinnahmungskaskade (oder einfach schlicht aus Unwissenheit?) den gleichen Fehler "gegen unten", indem sie Aunty Tiwo kurzerhand im Namen von "T" als "Transgender" reklamierten, und die Hinweise auf Intersexualität zwar z.T. kurz erwähnten, schlussendlich dann aber schlicht beiseite liessen (und so nebenbei z.T. auch zu vergessen schienen, dass das "T" eigentlich und ursprünglich (zumindest auch) für Transsexuelle steht), vgl. z.B. pamshouseblend.com, huffingtonpost.com, guardian.co.uk, news.pinkpaper.com (vgl. dort auch kritische Kommentare).

(NB: Ob Aunty Tiwo nun wirklich intersexuell ist oder Transgender oder was sonst, weiss ich ehrlich gesagt auch nicht, weil ich schlicht keine verlässlichen Infos darüber habe, doch ich denke, dass sie und Steven NICHT "homosexuell" sind, dürfte anhand des wenigen Bekannten klar genug sein, dass die betreffenden LGB-Organisationen und Medien hätten zumindest seriös darauf eingehen müssen. Meine Kritk in diesem Post richtet sich ausschliesslich an die LGB(T)-Berichterstattung über diesen "Fall" bzw. dessen öffentliche Handhabung. Obwohl, worauf schon BadHairDays hinwies, die Vereinnahmung in diesem Fall ausnahmsweise für die direkt betroffenen etwas Gutes bewirkte, nämlich, dass Aunty Tiwo und Steven begnadigt wurden.)

Siehe auch:
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung
- Kritische Kommentare zum "Fall" auf diesem Blog

Tuesday, June 1 2010

"Theoretisch intersexuell" - Joke Janssen, 2006/2008

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Texte innerhalb der Gender- und Queer Studies, die sich selbstkritisch mit der Vereinnahmung von Zwittern durch die eigene Zunft beschäftigen, haben immer noch Seltenheitswert. Umso erfreulicher, auf ein weiteres Beispiel zu stossen!

Der vorliegende Text von Joke Janssen wurde publiziert im von der Hamburger AG Queerstudies herausgegebenen Sammelband "Verqueerte Verhältnisse. Intersektionale, ökonomiekritische und strategische Interventionen" (Männerschwarm Verlag, Hamburg 2009). Der vollständige Titel des Beitrags lautet "Theoretisch intersexuell. Wie intersexuelle Menschen zwischen den Zeilen bleiben." (S. 165-184).

>>> Ältere Fassung von 2006 als PDF im InterArchiv

Der Artikel greift die Kritik auf, dass Gender- und Queer Studies Zwitter zwar gerne behandeln, jedoch meist nur als Mittel zum eigenen Zweck, d.h. Dekonstruktion von Geschlecht bzw. Kritik am Zweigeschlechtersystem, jedoch ohne angemessene Berücksichtigung der Lebensrealitäten und Kämpfe der meist zwangsoperierten Zwitter selber, geschweige denn ohne je praktisch einen solidarischen Beitrag zum Kampf der Zwitter gegen die Zwangsoperateure zu leisten (obwohl diese Verbrecher meist in genau denselben akademischen Intstitutionen "tätig" sind wie die ach so "kritischen" Gender-WissenschaftlerInnen selber).

Joke Jansen greift dabei auf drei exemplarische, (selbst)kritische Texte zurück, die in diesem Blog schon öfters gewürdigt wurden:

  • Antke Engel: "Eene meene meck, und du bist weck." (Hamburger Frauenzeitung, 1997)
  • Emi Koyama / Lisa Weasel:
 "Von der sozialen Konstruktion zu sozialer Gerechtigkeit. Wie wir unsere Lehre zu Intersex verändern." (2002, auf Deutsch in: Die Philosophin, 2003)
  • Gabriele Dietze: "The Cutting Edge of Gender Studies. Die Geburt der Kategorie Gender aus dem Geist des Skalpells" 
a.k.a "Schnittpunkte. Gender Studies und Hermaphroditismus" 
(In: Dietze / Hark (Hg.): "Gender kontrovers, 2006)

Joke Janssen untersucht in der erweiterten Buchfassung dann 4 Texte, denen innerhalb der Gender Studies "sehr viel Bedeutung beigemessen wird" (S. 166) darauf, inwiefern sie die in den obigen Texten angeführten Kritikpunkte berücksichtigen oder nicht. Dabei handelt es sich um:

  • Michel Foucault: "Das wahre Geschlecht" (die Einleitung zu den Tagebüchern von Herculine Barbin, auf Deutsch 1998)
  • Judith Butler: "Foucault, Herculine und die Politik der sexuellen Diskontinuität" [In: "Das Unbehagen der Geschlechter" S. 142-165, auf Deutsch 1991]
  • Anne Fausto-Sterling: "The Five Sexes" (1993)
  • Gabriele Dietze: "Allegorien der Heterosexualität. Intersexualität und Zweigeschlechtlichkeit – eine Herausforderung an die Kategorie Gender?" (2003)

Einleitend wird in einem Überblick zunächst konstatiert, dass der den meisten Zwitter-Aktivist_innen (im Gegensatz zu VertreterInnen von Queer- und Gender Studies) in erster Linie um "ethische Fragen nach dem Recht auf körperliche Unversehrtheit" (S. 169) geht, sowie in der Buchfassung, dass sich die Zwitterbewegung vielfach ausdrücklich "entgegen queeren Lebens- und Identitätsentwürfen [positioniert]" (S. 170).

Folgerichtig (und wenig überraschend) kommt Joke Janssen in der weiteren Analyse zum Schluss, dass alle 4 untersuchten Texte Intersexuelle selbst bzw. ihre eigenen Zeugnisse und Geschichten weitgehend ausser Acht lassen, sondern dass vielmehr die altbekannte "Instrumentalisierung von Intersexuellen im Text" (S. 171) die Regel ist, wobei sich lediglich "das ‹Schreckensbild› sexueller ‹Transgressionen› [...] hier zu einer romantischen Vorstellung von Geschlechtergrenzgänger_Innen [verschiebt]" (S. 171).

Ebenso werden Zwitter einer "Mystifizierung" als "[r]ätselhafte Gestalten" (S. 172) unterworfen: "Auf diese Weise wird das alltägliche Leben intersexueller Menschen verklärt und / oder erotisiert." (S. 173). Generell sei "hegemoniales Schreiben" (S. 174) über Intersexuelle als "Andere" vorherrschend. "Intersexualität wird zum «Qualifizierungsobjekt» der Geschelchterforschung, [wird] entkörpert und [...] [dient] als Metakritik der Zweigeschlechtlichkeit" (S. 178).

Kritisert wird weiter der Gebrauch der "Fallgeschichte John/Joan" als "Platzhalter" der Geschlechterforschung (S. 176), bzw. die "unproduktive Fokussierung" der Genderstudies auf diesen einzelnen Fall unter Auslassung der täglichen Genitalvesrtümmelungen an Zwittern (im Gegensatz zum "«biologisch männlichen»" David Reimer a.k.a. "John"), wofür möglicherweise "hegemoniale sexistische Vorannahmen" verantwortlich seien (S. 177).

(Leider unterlässt es der Artikel, gleichzeitig festzuhalten, dass dieses infame, tragisch verlaufene "Zwillingsexperiment" von John Money, das von diesem als "Beweis" für die Zwangsbehandlungen an Zwittern verbraten wurde, und das er auch nie zurücknahm und das von der akademischen Gemeinschaft bisher auch noch nie angemessen kritisiert wurde als das, was es letztlich ist, nämlich ein krasses Menschenrechtsverbrechen, und dass dieses Verbrechen als solches aus einer Menschenrechtsperspektive solange weiter angeführt und kritisiert werden muss, bis endlich die Gerechtigkeit siegt, soweit das überhaupt noch möglich ist – auch wenn einige "GenderwissenschaftlerInnen" es stattdessen lieber gleich ganz unter dem Tisch haben, oder gar noch – wie schon John Money selber – gleich noch anderen die Verantwortung für den Tod von David Reimer in die Schuhe schieben möchten.)

Abschliessend hält Joke Janssen in der erweiterten Buchfassung von 2008 fest (S. 179-181):

Bei Intersexualität geht es um Körper, denen die Chance auf eine Zukunft abgesprochen wird, insofern haben Theoretiker_Innen, die Intersexualität in ihre Texte einbeziehen, eine Verantwortung gegenüber dem, was sie be / schreiben. Den Text von der Körperlichkeit zu befreien, bedeutet ein unverantwortliches Verhandeln dessen, was die Theorie untermauern soll. [...] Dieser Akt der Aneignung des Anderen [durch Objektivierung über das Absprechen von Individualität] und das damit verbundene Versagen von Selbstbestimmung wurde schon ausführlich von Kritiker_Innen eines weißen hegemonialen Feminismus und seinen Rassismen [...] beschrieben [...]

Die politischen Forderungen nach körperlicher Selbstbestimmung einer breit angelegten Medizinkritik oder einer Kritik der Zweigeschlechtlichkeit, welche die Individuen nicht aus dem Fokus verliert, finden sich ich den von mir gewählten gendertheoretischen Texten nicht wieder. Im Gegenteil lässt sich durchaus sagen, dass Intersexualität nur als abstrakt bleibende Widerlegung des Prinzips Zweigeschlechtlichkeit Eingang in die von mir kritisierten Texte findet. [...]

Eine theoretische Behandlung von Intersexualität, welche die Forderungen von Aktivist_innen nicht mitdenkt, schafft eine textuelle Wirklichkeit, in der eine «Gruppe» eine andere repräsentieren kann und Individuen bestimmte Kriterien erfüllen müssen, um an Diskursen teilnehmen zu können. [...] Eine Instrumentalisierung von Intersexualität, wie ich sie oben dargestellt habe, kann deshalb hinterfragt und vermieden werden

Soweit die Theorie. Dafür schon mal ein fettes Dankeschön!

Der nächste logische Schritt wäre nun eine aktive und tatkräftige Solidarisierung mit den Zwittern in ihrem Kampf um die schnellstmögliche Beendigung der genitalen Zwangsoperationen und sonstigen uneingewilligten, medizinisch nicht notwendigen Zwangsbehandlungen. Damit sieht's allerdings leider aktuell nicht nur an der Uni Hamburg bisher nach wie vor erstmal düster aus ...

>>> Ältere Fassung des Texts von Joke Janssen von 2006 als PDF im InterArchiv

Siehe auch:
- Genitalverstümmelung & Gendertheorie: Hirschfeld-Money-Butler
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung

Thursday, March 11 2010

2010: Die Rückkehr der Freakshow – "Hermaphroditen" in Film, Kunst und Theater (Jake Yuzna: "Open"; Div.: "The Hermaphrodites: Living In Two Worlds"; Jutta Schubert u. Horst Emrichs: "Rostige Rosen")

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Geschlecht: ZwangsoperiertSeit dem Beginn organisierter Zwitterbewegungen in den 1990ern beginnt das Zwittertabu langsam zu bröckeln – nicht zuletzt dank verschiedenenen politischen, völkerrechtlichen und juristischen Aktionen, gekoppelt mit Öffentlichkeitsarbeit und entsprechendem Niederschlag bis in die Mainstreammedien.

Die Kehrseite: Das gesteigerte öffentliche Interesse ruft verstärkt diverse TrittbrettfahrerInnen auf den Plan. Seit Anfang dieses Jahres scheinen diese in der Öffentlichkeit langsam aber sicher die Oberhand zu gewinnen ...

INHALT:

1993-2009: Das Zwittertabu beginnt zu wanken

2002: Der Kulturbetrieb zieht nach

2010: Die Rückkehr der Freakshow

   a)  Jake Yuzna: "Open"
        Transsexuelle, Fetisch und, ähm, "authentische Hermaphroditen"

   b)  "The Hermaphrodites: Living In Two Worlds"
        Klassischer Marmor-Zwitterporno im LGBT-Gewand

   c)  Jutta Schubert u. Horst Emrichs: "Rostige Rosen"
        "Zweigeschlechtliche" Kuriosität auf der Bühne

Kommentar

 
1993-2009: Das Zwittertabu beginnt zu wanken

1993 wurde mit der Intersex Society of North America ISNA) die erste Zwitter-Lobby-Organisatione gegründet. Am 26.10.1996 demonstrierten organsierte Zwitter von ISNA und "Bodies like ours" zum allererstenmal öffentlich: Vor dem Jahreskongress der "American Academy of Pediatrics" in Boston (USA) protestierten sie dagegen, dass diese Medizynervereinigung ihren Tagungen das Thema Zwangsoperationen an Zwittern "behandelt", aber Betroffenen das Wort an ihren Veranstaltungen verbot. Dieses Datum wird heute jedes Jahr in vielen Ländern mit dem von der Intersex Initative (englisch) ins Leben gerufenen "Intersex Awareness Day" begangen.

1997 wurde John Moneys angeblicher "Beweis" für die "Wirksamkeit" klinisch nie getesteten Zwangsbehandlungen, das unsägliche "John/Joan-Zwillingsexperiment", öffentlich als wissenschaftliche Fälschung entlarvt. (Trotzdem wurde Money zeitlebends nie dafür zur Verantwortung gezogen, sondern im Gegenteil unreflektierterweise – und doch irgendwie "passend" – u.a. mit der Magnus-Hirschfeld-Medaille geehrt.)

1999 schränkte Kolumbien als erster und nach wie vor einziger Staat weltweit kosmetische Genitaloperationen an Kindern zumindest teilweise ein (englisch).

Ab 2001 versuchte Michel Reiter in München über 2 Instanzen vergeblich, sich das Recht auf einen Geschlechtseintrag "zwittrig" auf gerichtlichem Wege einzufordern.

2003 bezog mit Hanny Lightfoot-Klein zum ersten Mal eine prominente Gegenerin der weiblichen Genitalverstümmelung unmissverständlich Stellung auch gegen die Genitalverstümmelungen an Zwittern.

>>> Mahnwache UNO Genf 26.1.09
(Bild: Ärger)

Vor allem in deutschsprachigen Medien wurden in den letzten gut 2 Jahren die menschenrechtswidrigen Genitalverstümmelungen und sonstigen uneingewilligten kosmetischen Zwangseingriffe an Zwittern in noch nie dagewesenem Masse öffentlich bekanntgemacht und kristisiert:

2007 gelang es der "zwangskastrierten Intersexuellen" Christiane Völling, als allererste und immer noch einzige Zwangsoperierte überhaupt, in Köln ihren ehemaligen Zwangsoperateur gerichtlich zu verklagen. 2 Jahre lang zog sich der von einer kontiniuierlichen Öffentlichkeitsarbeit und zahllosen Medienberichten begleitete "Zwitterprozess" über 3 Instanzen, bis sich der Zwangsoperateur nach dem 3 Schuldspruch in Folge geschlagen gab. Zum allerersten Mal wurde ein Medizyner für einen medizinisch nicht notwendigen Zwangseingriff wenigstens zivilgerichtlich beurteilt. Mit klarem Resultat – O-Ton OLG: "Der Chirurg hatte die Patientin vor der Operation nicht hinreichend aufgeklärt und sie daher mangels wirksamer Einwilligung schuldhaft in ihrer Gesundheit und ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt."

2009 kritisierte mit dem CEDAW-Ausschuss zum ersten Mal ein UN-Komitee die menschenrechtswidrigen Zwangseingriffe an Zwitterkindern. Vor der Hamburgischen Bürgerschaft kam es zu einer historischen Anhörung sowie ebensolchen politischen Vorstössen. In der Schweiz wurde zum ersten Mal überhaupt ein politischer Vorstoss zu Gunsten von Zwittern eingereicht.

Auch im Sport wurde die Diskriminierung "intersexueller" Sportlerinnen vermehrt Thema. Der Fall der als Zwitter gemobbten Tennisspielerin Sarah Gronert führte zu öffentlicher Kritik. Die niederträchtigen und menschenrechtswidrige öffentlichen Zwitter-Vorwürfe an Mokgadi Caster Semenya durch die internationalen Sportverbände nach ihrem glanzvollem Sieg an der Athletik-Weltmeisterschaft 2009 brachte eine bisher noch nie dagewesene globale Medienschmutzkampagne, aber auch zahlreiche kritische Stimmen und Solidaritätserklärungen von Zwittern. Vor dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) gab es eine Demonstration, bei der auch an die geschädigten Sportlerinnen María José Martínez-Patiño und Santhi Soundarajan erinnert wurde. Nach dem Ausschluss von Betroffenen an einem skandalösen IOC-Medizynersymposium gab es weitere Proteste sowie eine Online-Petition.

2010 fordern in Amerika 35 EthikerInnen sowie 11 zwangsoperierte Erwachsene und mehrere Zwitter-Lobbyorgansisationen eine Untersuchung der experimentellen kosmetischen Hormonzwangstherapien an Ungeborenen auf blossen "Verdacht" hin. Wie auch alle übrigen kosmetischen Zwangseingriffe wird auch diese experimentelle "Therapie" unkontrolliert serienmässig angewendet und obendrein von Medizynern weltweit rechtswidrig als "erprobt" und "sicher" angepriesen.

2002: Der Kulturbetrieb zieht nach

Auch international und in der Kultur gewann bekam das Jahrhundert lange Zwittertabu zunehmend Risse, wurden Zwitter und auch die an ihnen systematisch begangenen medizynischen Verbrechen mehr und mehr Thema, mittlerweile sogar in mindestens einem halben Dutzend Fernsehserien.

Mit dem Pulitzerpreis 2003 für Jeffrey Eugenides' im Vorjahr publizierten Roman "Middlesex" erreichten Zwitter und Zwangsoperationen zumindest als Nebenthema den Mainstream. 2005 verpackte Ralf Isau das Thema in den spannenden Thriller "Galerie der Lügen". 2008 erschien der Roman "The Sinkings" der australischen Schriftstellerin Amanda Curtin (englisches Interview).

2005 machte die zwischengeschlechtlich geborene Regisseurin Lisa Barcellos mit "Both" den ersten Spielfilm zum Thema Zwitter und Zwangsoperationen. 2008 feierte Lucía Puenzo mit ihrem sensiblen Erstling "XXY" weltweit Erfolge und bewies, dass sich mit dem Thema durchaus auch Filmpreise abräumen lassen.

2010: Die Rückkehr der Freakshow

Das öffentliche Bekanntwerden der real existierenden Zwitter und der an ihnen begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ruft zunehmend Gegenmassnahmen seitens der Medizyner sowie die üblichen Trittbrettfahrer auf den Plan. Im neuen Jahr schafften diese es in Deutschland, der Zwitterbewegung zum ersten Mal seit über 2 Jahren die Medienhoheit zu entreissen – ein Faktum, das sich bereits letztes Jahr abzeichnete.

Seit Juni 2009 bis heute führt Lady Gaga weltweit vor, wie sich das "neue Reizthema Zwitter" als blosser PR-Gag weltweit inszenieren lässt – unter Ausklammerungen der Anliegen der realen Zwitter.

Zeitgleich begann das mehr oder minder organiserte Sexgewerbe ebenfalls das Thema vermehrt auszubeuten.

Auch im Zusammenhang mit der Berichterstattung um den "Fall" Caster Semenya durften Medizyner endlich wieder allenthalben Zwangsoperationen etc. unwidersprochen als angeblich notwendige "Heilmittel" propagieren, tatkräftig unterstützt von den internationalen Sportverbänden. Das IOC selbst legte dann mit seiner im Januar beschlossenen Pflicht zu Zwangsbehandlungen noch einen drauf. Während der Winterolympiade in Vancouver schaffte es das IOC zudem, das leidige Thema "Zwitter im Sport" erfolgreich unter Verschluss zu halten.

2010 scheinen "Intersexuelle" bzw. "Hermaphroditen" nun auch in der Welt der Mode angelangt zu sein. Laut einem Bericht der London Times schickte Givenchy ein Model auf den Laufsteg, das explizit als "Hermaphrodit" vermarktet wurde, die Zeitung merkte dazu an: "Das Traurige dabei war, dass er/sie so ziemlich gleich aussah wie all die anderen Models." ("Zufällig" fand sich diese News als Schlussätze zu einem Abschnitt über lesbische Beziehungen unter Models.)

Im Stern erschienen im Januar 2010 zwei unter Beihilfe der Medizynerlobby verfasste, sehr einseitige Artikel, die in der Öffentlichkeit weitgehend unwidersprochen blieben (Artikel 1 / Artikel 2 / Diskussion auf dem Hermaphroditforum). Darin wurden beide Male nicht nur medizinisch nicht notwendige, menschenrechtswidrige Zwangseingriffe hemmungslos propagiert, sondern auch die übliche Nebelwand hochgefahren durch Vermischung mit "Transsexualität", "Geschlechtsidentitätsstörungen", "sexueller Orientierung", "Abweichungen" usw. 

In dieselbe Kerbe hauten mehrere Artikel um die Münchner Trans-, äh, "Intersexuelle" JJ Eichmann, u.a. in der Süddeutschen.

Auch der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD), der 2009 noch durch nicht-vereinnahmende, solidarische Statements zu Gunsten von Zwittern Positives bewirkt hatte, macht nunmehr – zusammen mit der SPD und den wohl unverbesserlich vereinnahmenden Bundestags-Grünen – 3 Schritte zurück und setzt im Zusammenhang mit verschiedenen Anläufen zur Aufnahme eines expliziten Schutzes von "sexuelle Identität" (an und für sich schon ein vereinnahmendes Konstrukt) nunmehr wieder voll auf die altbekannte Vereinnahmungsschiene (Anlauf 1 / Anlauf 2).

Auch auf der kulturellen Ebene schlägt im neuen Jahr das Pendel massiv zurück, wie drei aktuelle Beispiele zeigen:

a)  Jake Yuzna: "Open"
     Transsexuelle, Fetisch und, ähm, "authentische Hermaphroditen"

(Bild: Gaea Gaddy als "authentischer Hermaphrodit")

In der offiziellen Berlinale-Ankündigung (PDF) heisst's zum Film:

Ein queeres Roadmovie und gleichzeitig eine transsexuelle Romanze – in seinem Spielfilmdebüt kombiniert Regisseur Jake Yuzna auf spektakuläre Weise Ausprägungen des Gender Crossings.
Da gibt es zum einen den jungen Hermaphroditen Cynthia. [...]
Hormonbehandlung und Chirurgie: In OPEN offenbart sich der Neue Mensch. Pioniere einer neuen menschlichen Erfahrung – authentische Hermaphroditen und Transsexuelle – präsentieren auf der Leinwand die neu entstehenden Möglichkeiten der Menschheit am Beginn eines noch jungen Jahrhunderts. 

Eine Rezension in "Junge Welt" mit dem bezeichnenden Titel "Selbstbestimmt aussehen" vermischt ebenfalls unreflektiert "Intersexualität", "Geschlechterverwirrung", "Sichtbarmachen einer selbst konstruierten Identität", "sexuelles Begehren", "Eintritt in das Zeitalter der Cyborgs" usw. Der Artikel endet:

Voyeurismus? Das zur Schaustellen von Fleisch jedenfalls ist Yuznas Talent. Die Spritze, die das Testosteron in den haarigen Oberschenkel spritzt. Das noch blutige Steak, dessen Fasern mit Messer und Gabel auseinander gezogen werden. Die Narben nach der Schönheitsoperation. »Open« lebt von diesen eindrucksvollen Bildern mehr als von der erzählten Geschichte.

Prompt gewann der offensichtlich vereinnahmende Streifen den Jurypreis des "Teddy Adward", des "offiziellen queeren Filmpreis[es] der Berlinale", mit folgender Begründung: "um einem mutigen Debütfilm Anerkennung zu zollen, der ein weites Spektrum von Transgender-Liebe und Transgender-Beziehungen darstellt."

b)  "The Hermaphrodites: Living In Two Worlds"
     Klassischer Marmor-Zwitterporno im LGBT-Gewand

(Bild: Tip Toland: "Tender Flood", Detail)

"Hermaphroditen: Leben in zwei Welten" (englisch) ist eine thematische Gruppenausstellung mit keramischen Arbeiten, die derzeit in Amerika gezeigt wird. 

Ein Portfolio mit sämtlichen Exponaten findet sich hier.

Die Ausstellung will "die wörtliche Definition von Zwittern verkörpern, die beide Geschlechter umfassen. Solche Kunstwerke finden sich manchmal in frühen Gesellschaften, jedoch selten in der zeitgenössischen Kunst."

Wenig überraschend wurde in der queeren Öffentlichkeit vor allem das auch hier abgebildete Exponat von Tip Toland prominent ins Zentrum gerückt, so etwa auf diesem Blog (englisch).

Die Skulptur ist offensichtlich eine enge Anlehnung an klassische Vorbilder. Statt der bekannten "Normal Weibchens" wurde hier jedoch von einem "Butch"-Vorbild ausgegangen, diesem ein paar zusätzliche Körperhaare angefügt sowie ein Penis samt Hoden.

Die klassischen Statuen werden heute noch häufig themenbezogen als Illustration verwendet, auch von Medizynern. Von Betroffenen wurde die unreflektierte Verwendung solcher Plastiken wiederholt als "Porno" kritisiert.

c)  Jutta Schubert u. Horst Emrichs: "Rostige Rosen"
     "Zweigeschlechtliche" Kuriosität auf der Bühne

(Bild: Publicity-Foto auf Kulturwerkstatt.de)

Auf dem Flyer zum Stück (PDF) heisst es:

Es gibt Männer und Frauen. Und alles Mögliche dazwischen. Oder: Dazwischen ist alles möglich. Den hundertprozentigen Mann, die hundertprozentige Frau gibt es nicht. Weder genetisch noch hormonell noch psychologisch oder sexuell. Das Stück mit Texten von Horst Emrich, Jutta Schubert und Tschuang Tse spielt mit Gender-Phänomenen, Lebensweisen, Schicksalen, GrenzgängerInnen, Identitätssuchern, mit Zweigeschlechtlichkeit, Sexualität und Sinnsuche. Außerdem tritt auch ein merkwürdiger Zeitgenosse auf, ein Freund, ein Seelenverwandter, ein Clown, ein Gott, ein Schamane? Ist es einer, der alles weiß oder nichts zu wissen braucht? Gespielt wird mit Texten und Musik, Figur und Tanz.

Die Ankündigungen auf der Theaterhomepage sowie bei der Autorin lauten jeweils leicht anders, wenn auch nicht weniger verwirrlich, so u.a.:

Ausgangspunkt: Es gibt Männer und Frauen. Und alles Mögliche dazwischen. Oder: Dazwischen ist alles möglich.

Inspiriert von Virginia Woolfs “Orlando”-Figur: Jemand reist durch die Zeiten, mal als Mann, mal als Frau, probiert Lebensweisen aus, überschreitet gesellschaftliche Grenzen, provoziert und ist dabei natürlich auf der Suche nach sich selbst, der eigenen Identität, der eigenen Sexualität.

Allen Ankündigungen gemeinsam ist ein ähnliches Pressefoto (siehe oben). Offensichtlich feiert im Stück ein weiterer historischer Charakter seine unreflektierte Auferstehung: Der (Fake-)Freakshow-Zwitter, wie er als Jahrmarktsattraktion zum Teil noch bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts gang und gäbe war. Ein (nachinszeniertes) Beispiel dazu fand sich in der 2. Season der Serie "Carnivale", hier zur Illustration ein kurzer Ausschnitt daraus auf Youtube.

Kommentar:

Die Aufbrechung des Zwittertabus wird auch weiterhin von verschiedenen Gesellschaftsschichten und Interessengruppen auf ihre Weise gespiegelt und benutzt werden. Dies ist unvermeidlich. Ein kleiner Trost: Noch die dümmsten Vereinnahmungen können bis zu einem gewissen Grad etwas zur Beendigung des Tabus beitragen, rein indem sie auf die Existenz von Zwittern hinweisen und die verschiedenen Bezeichnungen dafür im Umlauf halten.

Trotzdem bleibt Vereinnahmung Vereinnahmung, und allen, die sich dem Thema womöglich mit den besten Vorsätzen näherten, würde ein reflektierterer Umgang damit gut anstehen.

Sowie jedesmal auch unmissverständliche Hinweise auf die realen Leiden der realen Zwitter an den immer noch täglich andauernden realen genitalen Zwangsoperationen etc., oder gar eine konkrete Solidarisierung mit der Bewegung zur Beendigung dieser kosmetischen, menschenrechtswidrigen, experimentellen und uneingewilligten Zwangseingriffe an zumeist wehrlosen Zwitterkindern!

Nachtrag: Kommentare auf dem Hermaphroditforum

Monday, January 25 2010

Intersex-Genitalverstümmelung in Kinderkliniken: Wer sind die Täter? Was soll mit ihnen geschehen?

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Meine 2 Cent:

1) Die Kinderchirurgen, KInderurologen und Kindergynäkologen führen das Skalpell, sie verursachen die Schäden unmittelbar und persönlich.

Auch wenn sie dies möglicherweise guten Glaubens tun, stehen sie trotzdem in der Verantwortung, erst recht, wenn die Eingriffe seit langem experimentell erfolgen, d.h. ohne dass je klinisch getestet wurde, ob sie für die Operierten überhaupt eine Verbesserung bringen, und wie es mit den Nebenwirkungen ausschaut. Und nochmals erst recht, wenn schon so viele Fälle unzufriedener Erwachsener publik sind, auch in offiziellen Studien.

Da sie zumeist Kleinkinder zwangsoperieren, schützen die Verjährungsfristen die Zwangsoperateure perfiderweise meist vor gerichtlicher Verfolgung. Schon viele betrogenen Eltern und erwachsene geschädigte Zwitter haben versucht, einen Zwangsoperateur vor Gericht zu bringen – erfolglos. Erst 2007 gelang es Christiane Völling als erster – und immer noch einziger! –  praktisch in letzter Minute vor Eintritt  der absoluten Verjährung ihren früheren Chirurgen anzuzeigen und ihn in einem dreijährigen Verfahren über zwei Instanzen erfolgreich auf 100'000.-- Euro Schmerzensgeld zu verklagen. Wäre Christiane wie die meisten Zwitter schon als Kleinkind operiert worden, wäre auch ihr Zwangsoperateur ungestraft davongekommen.

Chirurgen, die jahrzehntelang Zwitter systematisch zwangsoperieren, ohne jegliche Evidenz, auch nach über 50 Jahren noch, ja, ohne sich überhaupt je glaubwürdig um Evidenz zu bemühen, sind offensichtlich gewissenlose Serientäter, sowohl als Individuen wie auch als Kaste, und gehören gerichtlich bestraft, solange sie noch weiter wehrlose Kinder zwangsoperieren statt aktiv zur Wiedergutmachung beizutragen.

Stammvater der heutigen Zwangsoperateure ist der US-Urologe Hugh Hampton Young (Johns Hopkins University, Baltimore), der in den 1920er und 1930er Jahren die Verstümmelungstechniken zur Serienreife brachte und damit eine der Voraussetzungen zur systematischen Kleinkinderverstümmelung ab 1950 schuf. Young war aber nicht der einzige, der bereits vor 1950 wehrlose Kinder verstümmelte, weitere frühe Verstümmler sind beispielsweise der Argeninier Carlos Lagos García (1880-1928), der Franzose Louis Ombrédanne (1871- 1956) und der deutsche NS-Medizyner Hans Christian Naujoks (1892-1956).
 
2) Die Endokrinologen koordinieren die Zwangsbehandlungen, liefern die Vorgaben für die Zwangsoperateure und sind zu über 90% (in einem Drittel davon zusammen mit einem Kinderchirurgen) diejenigen, welche meist überforderten Eltern die Verstümmelungen und sonstigen medizinisch nicht notwendigen Zwangsbehandlungen aufdrängen.

Obwohl sie sich bei den Verstümmelungen selber die Finger direkt nicht schmutzig machen, pfeifen auch sie seit über 50 Jahren auf jegliche Evidenz, genau gleich wie die Zwangsoperateure, mit denen sie ebensolange eng zusammenarbeiten. Die Endokrinologen sind deshalb als Individuen wie auch als Kaste genau gleich offensichtlich gewissenlose Serientäter, und gehören genau gleich gerichtlich bestraft, solange sie noch weiter wehrlose Kinder zwangsoperieren lassen statt aktiv zur Wiedergutmachung beizutragen.

Leider konnte bisher noch kein einziger Endokrinologe gerichtlich belangt werden (auch bei Christiane Völlings Prozess konnte wegen Verjährung ausser dem Chirurgen niemand mehr belangt werden).

Historisch war es der US-Endokrinologe Lawson Wilkins (Baltimore University Hospital), der 1950 die systematischen Genitalverstümmelungen an Kleinkindern "erfunden" hatte bzw. in die klinische Praxis einführte. Prominente europäische Endokrinologen wie z.B. Andrea von Prader (Kinderspital Zürich) und Jürgen Bierich (Universitätsklinik Hamburg / Kinderklinik Tübingen) arbeiteten eng mit Wilkins zusammen und waren massgeblich an der weltweiten Durchsetzung der systematischen Kleinkinderverstümmelungen beteiligt.

3) Psychologen und Psychiater sind in der Regel erstmal vergleichsweise nur am Rande konkret an den Zwangsoperationen mitbeteiligt.

In den meisten mir bekannten Fällen denke ich, oft überforderte Eltern und jungen Zwittern fahren deutlich besser, wenn sie nach der Geburt von kompetenten analytischen Psychologen oder notfalls klinischen Psychologen bzw. Psychiatern beraten (als wenn sie, was leider immer noch die Regel ist, Endokrinologen und Kinderchirurgen in die Hände fallen):

Das künftige Gehalt der Psychologen und Psychiater ist nämlich (im Gegensatz zu den Kinderchirurgen und Endokrinologen) im weiteren Verlauf nicht zwingend davon abhängig, ob das Kleinkind auch möglichst bald zwangsoperiert wird. Wohl kaum zufällig kommen zumindest ansatzweise solidarische Stimmen, sofern es sowas unter praktizierenden Medizinern überhaupt gibt, noch am ehesten aus den Reihen der analytischen Psychologen und Psychiater bzw. klinischen Psychologen.

Allerdings gilt sinngemäss auch das Umgekehrte, nämlich dass für Psychologen und Psychiater eine Zwangsoperation ebenfalls nicht zwingend finanziell unattraktiv ist. Wohl kaum zufällig wird mehreren seit längerem vorgeworfen, Windfahnen zu sein, und den Psychologen und Psychiatern als Kaste, seit mehr als 50 Jahren je nach politischer Grosswetterlage immer mal wieder den Endokrinologen und Zwangsoperateuren praktisch zuzuarbeiten (sowie auch theoretisch, siehe unten).

(Womöglich ein und dieselben Personen, die vorher noch Verständnis für die Leiden der Zwangsoperierten zeigten, und ev. auch später wieder zeigen wird – und manche Zwitter, die sich hüten würden, auf einen offensichtliche Kollegen der Zwangoperateure und Endokrinologen hereinzufallen, kriechen solchen Windfahnen trotzdem immer wieder auf den Leim).

Von Fall zu Fall müssen Psychiater und Psychologen wo nötig jedesmal zur Rechenschaft gezogen werden – moralisch, öffentlich und wo nötig auch gerichtlich, und als Kaste haben sie ebenfalls einen Teil zur Wiedergutmachung beizutragen.

Bisher wurde leider noch nie ein fehlbarer Psychologe oder Psychiater angeklagt, obwohl es auch unter ihnen offensichtlich gewissenlose Serientäter gibt – vor Gericht gehen sie im Gegenteil noch als "Sachverständige" ein- und aus, wobei sie oft gar Zwangsoperierten zum Schaden noch den Spott nachliefern.

Fälschlicherweise wird heute meist der neuseeländische Psychologe, Geschlechtertheoretiker und Sexologe John Money (Johns Hopkins University Hospital, Baltimore) öffentlich als Alleinverantwortlicher für die Praxis der Verstümmelungen im Kleinkindesalter vorgeschoben. "Erfunden" wurde diese Praxis jedoch 1950 vom Endokrinologen Lawson Wilkins (siehe oben). Tatsächlich lieferte Money 1955 mit seiner berühmten "Optimal Gender [!] Policy" den theoretischen Überbau für die systematischen Kleinkinderverstümmelungen – jedoch erst nachträglich, als diese schon 5 Jahre klinische Praxis waren. Im weiteren betätigte er sich jedoch nur zu geren als Sparchrohr der Verstümmler und wurde so und durch seine skrupellosen "Zwilligsexperimente" fraglos ein gewissenlos agierender Serientäter.

4) Die Politiker hätten in Europa als Verantwortliche für Spitäler usw. erst recht die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die (ansonsten autonome) Ärztezunft sich an übergeordnete Spielregeln hält wie z.B. Verfassung, Menschenrechte, ratifizierte (UN-)Abkommen und -Pakte zum Schutze der Kinder, benachteiligter Geschlechter, usw. Hierbei haben sie seit Jahrzehnten schmählich versagt.

Schlimmer noch, jedesmal wenn die Leiden der Opfer vor ihnen laut wurden, hielten sie zuerst ihre Ohren zu und mehrten anschliessend die Leiden gar noch mit Spott und Medizynersprüchen, vgl. z.B. diverse Antworten der Bundesregierung auf Kleine Anfragen der letzten 15 Jahre belegen.

Auch wenn angesichts dessen, womit speziell Politiker sonst noch allem straflos davonkommen, hier wohl am wenigsten Hoffnung auf Erfolg besteht, die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen: auch die Politiker sind sowohl als Individuen wie auch als Kaste gewissenlose Serientäter gehören für ihr alles andere als unerhebliches Verschulden zur Rechenschaft gezogen und bestraft, und der Staat als Brötchengeber der Zwangsoperateure & Co. hat einen angemessenen Teil an Wiedergutmachung zu leisten.

5) Eltern, die ihre Kinder zwangsoperieren lassen, sind in der Regel erst selbst mal Opfer der Zwangsoperateure & Konsorten. Die erst hinterher erfahren, dass sie belogen wurden, oder dass ihnen zumindest nicht die ganze Wahrheit erzählt wurde.

Wohl die meisten Eltern, wenn sie von Anfang an wüssten, was sie ihren Kindern letztlich antun, hätten es nie so weit kommen lassen, und hätten heute ein besseres Verhältnis zu ihren Kindern. So viele Eltern werden sich erst hinterher bewusst, worin genau sie da letztlich "einwilligten", und bereuen es hinterher ehrlich.

Doch es gibt auch Ausnahmen – wie z.B. diejenigen Eltern, die erst vor kurzem ihr erst wenige Monate altes Kind unbedingt kastrieren lassen wollen, obwohl noch nicht mal eine Diagnose feststand, und als das erste Spital sich gar weigerte, suchten sie einfach eines mit weniger Skrupeln und liessen dort ihr Kind kastrieren noch bevor es ein Jahr alt war.

Solchen und anderen verantwortungslosen Eltern gehört eindringlich ins Gewissen geredet (und nicht einfach weggeschaut wie es mitunter auch in "medizynunabhängigen" Selbsthilfegruppen geschieht), über die Existenz solcher Fälle muss öffentlich aufgeklärt und unmissverständlich daran Kritik geübt werden. (Ebenso, wenn medizynergesteuerte "Eltern- und Patienteninitiativen" öffentlich Zwangseingriffe propagieren und verharmlosen.) Ansonsten brauchen aber auch diese Eltern erstmal Hilfe. Stellen sie sich aber taub und zwingen trotzdem ihrem Kind unbeirrbar weitere Zwangseingriffe auf, werden auch sie zu Wiederholungstätern.

Zur Rechenschaft gezogen gehören jedoch auch hier zunächst mal all die gewissenlosen Serientäter, die verzweifelten Eltern immer noch als Lösung anbieten, ihr eigenes Kind verstümmeln zu lassen.

NB: Diese Liste ist nicht vollständig. Seit langem sind z.B. auch Genetiker an den Verstümmelungen mitbeiteiligt (auch historisch: der deutsche Genetiker Richard Goldschmidt hatte in den 1915 den Terminus "Intersex" geprägt, in Anlehnung an Magnus Hirschfeld und Karl Heinrich Ulrichs). Ebenso weitere medizinische, wissenschaftliche und politische Instanzen, Standesorganisationen und Interessensgruppen ...

Gonade um Gonade, Lustorgan um Lustorgan!

Siehe auch:
- Genitalverstümmelungen in westlichen Kinderkliniken - eine Genealogie der TäterInnen
- Kinderkliniken: € 8175,12 Reingewinn pro Genitalverstümmelung
- "EuroDSD"-Chef Olaf Hiort: "Intersexuelle" nur ein Bruchteil aller "Genitalkorrekturen"
- Intersex-Genitalverstümmelung in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe

Tuesday, January 5 2010

Intersexuelle Menschen e.V. informiert (nicht)

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Kann ein Zwitter Sünde sein?Sage und schreibe zum 2. Mal seit Nellas Rücktritt als 1. Vorsitzende bei IMeV geruhte sich der neue Vorstand am 24.12.09, die Mitglieder und Öffentlichkeit über die in der Regel hinter verschlossenen Türen laufenden Aktivitäten in einem >>> Newsletter zu "informieren" (--> 23.12.09) (rsp. öfters auch nur anzukündigen, konkret informiert würde dann später mal).

Erfreulicherweise wurden das Kinderbuch "LILA – oder was ist Intersexualität" (ISBN 978-3-00-029591-1 – bei amazon allerdings nicht aufgeführt) und die Hebammenbroschüre "Was ist es denn?" nun anscheinend fertiggestellt und sind beim Vorstand bestellbar.

Weiter werden einige Anlässe mit Vereinsbeteiligung aufgelistet, allerdings ist ausser Titel, Ort und Datum meist kaum etwas darüber zu erfahren, geschweige denn wo eigentlich bitter nötig kritische Anmerkungen, so z.B. beim "Fachgespräch" der Grünen vom 27.5. in Berlin oder zur APE/AGPD-Jahrestagung.

Während der aktuelle Vorstand in einer ersten Verlautbarung noch vollmundig verkündet hatte, "Der von der UN geforderte Dialog der Bundesrepublik Deutschland mit den Berichterstatterinnen zum CEDAW- Abkommen ist einer der Arbeitsschwerpunkte des Vorstandes für die Amtsperiode 2009/ 2010", wird das diesbezügliche, wenig ruhmreiche Treffen mit dem "Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe" des Bundestages bequemerweise gleich ganz unterschlagen. Auch die seinerzeitige Info-Veranstaltung des Vereins (ausgerechnet!) im Magnus Hirschfeld Centrum vom 11.11. bleibt unerwähnt.

Rein gar nichts erfahren interessierte Mitglieder weiterhin über die gebrochenen Vereinbarungen seitens des Netzwerks DSD/Intersexualität, dito zum Frisieren der "Lübecker Studie" ebenfalls durch das Netzwerk DSD/Intersexualität. Die Medizyner freut's weiterhin ...

Fragwürdig m.E. auch, wie Hertha Richter-Appelt im Namen von IMeV einmal mehr unhinterfragt ausschliesslich gehypt und von jeder Kritik ausgenommen wird.

Während der jetzige Vorstand sich stets gegen Untersützung prozesswilliger Zwangsoperierter gegen ihre Zwangsoperateure wandte, wird nun neuerdings ein Anwalt gestellt – ausschliesslich bei Beantragung von Behindertenausweisen.

"Ab Januar" kündigt der Vorstand gar an, neu "regelmäßig" zu informieren. Wir bleiben gespannt ...

Saturday, January 2 2010

Dr. Magnus Hirschfeld führt Genitalverstümmelung an Zwitter durch (Rosa von Praunheim: "Der Einstein des Sex")

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Lohn für eine Intersex-Genitalverstümmelung – und Grundstock
für Hirschfelds "Institut für Sexualwissenschaft".

In seiner Filmbiographie über den Begründer der Sexologie sowie der modernen Schwulenbewegung unter dem Titel "Der Einstein des Sex. Leben und Werk des Dr. Magnus Hirschfeld" (1999) füllte Rosa von Praunheim Lücken in der Biographie von Magnus Hirschfeld mit fiktiven Passagen auf.

Eine dieser Lücken betrifft die Herkunft der Geldmittel für das von Hirschfeld 1919 begründete "Institut für Sexualwissenschaft". Statt die wohl wahrscheinlichere, allerdings weniger filmogene These von einem anonym bleiben wollenden, schwerreichen oder gar aristokratischen Schwulen als Geldgeber zu inszenieren, verfiel Rosa von Praunheim auf einen dramaturgischen Kniff, der nebenbei ein grelles Schlaglicht wirft auf den allzuoft von krasser Vereinnahmung geprägten Umgang der Schwulenbewegungen mit den Zwittern: In "Der Einstein des Sex" ist der Grundstock für das "Institut für Sexualforschung" eine mit Edelsteinen gefüllte Schatztruhe, die Magnus Hirschfeld von einer orientalischen Familie erhält – als Honorar für eine von Hirschfeld an ihrer "Tochter" durchgeführte genitale Zwangsoperation!

Da Hirschfeld, der "Vater der modernen Schwulenbewegung", und sein "Institut für Sexualwissenschaft" als Fundament der Sexologie wie auch der wissenschaftlichen Gendertheorie angesprochen werden können, hat Filmemacher Rosa von Praunheim (wohl ohne es zu wollen) zugleich ein treffendes Bild geschaffen für die Vereinnahmung der Zwitter durch ebendiese Bewegungen – ihr finanzieller Grundstock ist in Praunheims filmischem Hirschfeld-Denkmal ein blutiges medizinisches Verbrechen an einem wehrlosen Zwitter!

Obwohl "Der Einstein des Sex" mittlerweile 10 Jahre auf dem Buckel hat, wurde dieses ebenso empörende wie vielsagende "Detail" meines Wissens nach ausser auf diesem Blog bisher noch nirgends kritisiert oder nur schon hinterfragt (im Gegensatz etwa zu Hirschfelds – auch im Film unterschlageneneugenischen Verstrickungen und seiner Mitgliedschaft in der "Gesellschaft für Rassenhygiene") und fehlt auch im Wikipedia-Eintrag zum Film.

Was wohl einiges über das Selbstverständnis sowohl der Schwulen- wie auch der Zwitterbewegung aussagt ...

Ebenfalls passend: 2002 verlieh die "Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS)" ihre seit 1990 vergebene "Magnus-Hirschfeld-Medaille" in der "Kategorie Sexualwissenschaft" an – ausgerechnet einen der wohl grössten Medizyner-Verbrecher der Nachkriegszeit, John Money!

Zwischengeschlecht.org fordert alle fortschrittlichen Schwulen, Lesben, FeministInnen, LGBTs und ihre Organisationen und Verbände einmal mehr dazu auf, endlich ihre Geschichte kritisch aufzuarbeiten in Bezug auf Mitbeteiligung an / stillschweigende Duldung von medizynischen Menschenrechtsverbrechen an Zwittern!

>>> Magnus Hirschfeld – bestbezahlter Genitalverstümmler seiner Zeit
>>> Offener Brief an Rosa von Praunheim

Siehe auch:
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität" 
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung 
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität" 

Nachfolgend ein Überblick zur Darstellung von 'Hirschfelds Sündenfall' in "Der Einstein des Sex. Leben und Werk des Dr. Magnus von Hirschfeld":

Über weite Strecken klagt Magnus Hirschfeld in Rosa von Praunheims Film, dass er Geld brauche für sein geplantes "Institut für Sexualwissenschaft", er habe da auch schon eine Villa am Tiergarten in Aussicht, für die er bereits eine Anzahlung geleistet habe, er müsse aber nun den ganzen Betrag innert 3 Monaten auftreiben können. Nach einem neuen Rückschlag (eine Tante hatte das Erbe von Hirschfelds Onkel, der "die Wissenschaft" fördern wollte, bereits dem Zoo vermacht – "Für die Rhinozerosse!", wie Hirschfeld entgeistert ausruft), wird Hirschfeld bei Laufzeit 1:02:01 überraschend aufgefordert, er soll "sofort ins Hotel Adlon kommen. Es ist ganz dringend!"

In der nächsten Szene wird Hirschfeld in ein luxuriöses Hotelzimmer hereingebeten:

Eine ältere Frau, wohl die Mutter des angstvoll daliegenden "Patienten", redet in einer Fremdsprache ununterbrochen auf Hirschfeld ein.

Nebst dem wohlbeleibten Leibwächter sind weiter 2 junge Männer zusätzlich anwesend, einer liefert schliesslich eine 1-Wort-Übersetzung der Erklärungen der Frau: "Hermaphrodit!" Hirschfeld meint darauf, "Hm, interessant", und beginnt sogleich mit einer Untersuchung des "Patienten":

"Tatsächlich, ein Hermaphrodit. Sie hat beide Geschlechter", verkündet Hirschfeld schliesslich. "Was soll ich jetzt tun?"

"Operieren! Operation!", fordert darauf der junge Mann bestimmt. "Sie sind doch der einzige!" 

Der "Patient" liegt dabei die ganze Zeit und bis zum Schluss passiv und mit veränstigtem Blick da.

Während Hirschfeld im Film sonst fürsorglich auf seine PatientInnen eingeht, lässt er hier jegliche Empathie vermissen.

Trotzdem wehrt Hirschfeld das Ansinnen zunächst ab: "Na, das kommt doch überhaupt nicht in ... ein solcher Eingriff ... nein, nein, das kommt nicht in Frage!"

Doch die Frau lässt nicht locker, und als Dr. Hirschfeld schliesslich das juwelengefüllte Schatzkästchen unter der Nase hat (siehe oben), ändert er seine Meinung rasch: "Geben Sie mir eine Woche Bedenkzeit. Ich muss erst zu einer Vortragsreise nach München."

In der nächsten Szene präsentiert Hirschfeld in München seine Theorie der "Sexuellen Zwischenstufen" – ein in etwa mit der heutigen LGBT-etc-Buchstabensuppe deckungsgleicher Oberbegriff, Zwitter sind auch in Hirschfelds Vortrag lediglich "mitgemeint". Vor allem Transgender und BefürworterInnen der Abschaffung des biologischen Geschlechts dürften sich auch sonst mit dieser Darstellung der Hirschfeldschen Thesen spontan identifizieren.

Der Vortrag ist überschattet von antisemitsch-nazistischen Mini-Protesten einzelner Zuhörer. Schlimmer noch, auf dem Weg ins Hotel wird Hirschfeld von 3 Männern überfallen und zusammengeschlagen. Ein junger, glühenden Verehrer vom Vortrag (später Hirschfelds Geliebter) kommt ihm zu Hilfe, wird jedoch ebenfalls malträtiert.

Im Spital meint Hirschfeld darauf: "Ich muss dringendst nach Berlin zurück. Ich habe nämlich einen Operationstermin."

Die nächste Szene (1:07:30) beginnt damit, wie Hirschfeld die "Patientin" mit Äther betäubt:

WARNUNG!!! Die nun folgenden Bilder enthalten teils grafische Szenen einer genitalen Zwangsoperation, ausgeführt von Dr. Magnus Hirschfeld an einem wehrlosen "Hermaphroditen". (Der Film ist von der FSK freigegeben ab 16 Jahren.)

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Thursday, December 24 2009

"Give Peace a Chance" – Stop Genozid

In den "westlichen Zivilisationen" sind die genitalen Menschenrechtsverletzungen an Zwittern durch die genitalen Zwangsoperatioenen wegen der langen Dauer, der Schwere der Verletzungen, der Anzahl der Opfer und der systematischen Durchführung wohl die gravierendsten Menschenrechtsverletzungen seit dem 2. Weltkrieg. In "unterentwickelten Ländern" kümmern sich die selben "zivilisierten Nationen" allerdings oft noch weit weniger um menschenrechtliche oder ethische Bedenken. Ein weiterer Blick (zumindest teilweise) über den "eigenen" Tellerrand hinaus:


George Maciunas: "U.S.A. Surpasses All The Genocide Records!"
["Die vereinigten Staaten übertreffen alle Völkermordrekorde!"]
Offset auf weißem Papier, 54 × 88 cm (1968)

Folgendes aktuelles Zitat fiel mir gleich wieder ein, als ich neulich zum ersten Mal das obige, 41 Jahre alte, als Protest gegen den Vietnamkrieg entstandene Plakat sah:

Zu den wichtigsten, in kommerziellen Medien zensurierten Nachrichten des letzten Jahrzehnts muss wohl jene gehören, dass durch die militärische Invasion und Besetzung des Iraks durch die USA über eine Million Menschen starben. Dies selbstverständlich ohne die Todesopfer des 1. Golfkriegs und den nachfolgenden Sanktionen, die zusammen [schon einmal] fast eine Million Tote forderten. [...] Es handelt sich bei diesen Zahlen um zusätzliche zivile Tote im vergleich zur normalen Zivilistentodesrate unter dem vorherigen Regime [von Saddam Hussein]. [...] Es wurden [ab 2003] mehr Tonnen Bomben über dem Irak abgeworfen als während des gesamten 2. Weltkrieges. [...]
(englische Quelle mit Belegen – ironischerweise u.a. Publikationen aus der Johns Hopkins University ...)

Durch die massenhafte Anwendung von Munition aus "abgereichertem Uran" in beiden Irakkriegen sowie in Palästina und Afghanistan werden zudem noch zahllose weitere Opfer folgen (ebenso wie in Vietnam als "Spätfolgen" des dioxinhaltigen "Entlaubungsmittels" Agent Orange).

Wie praktisch ist es doch da, dass in den "westlichen Zvilisationen" das Thema Genozid gerne zeitlich und geographisch streng beschränkt auf Nazideutschland 1933-1945 abgehandelt wird! (Ausnahmen wie z.B. Ruanda 1994 bestätigen die Regel.)

Es würde den Rahmen dieses Blogs sprengen, nur schon einen groben Überblick über weitere Ausnahmen bringen zu wollen. Ebenso, dass die Nazi-Gräuel weder ein singuläre Ausnahme darstellten, die nach 1945 ein abruptes Ende fand  – die ganzen letzten 500 Jahre Kolonisationsgeschichte inkl. den heutigen "ökonomischen Kriegen" ist eigentlich eine Geschichte von nach wie vor verdrängten, ungesühnten Genoziden, mit einem durchgängigen Mythos vom "natürlichen Aussterben niedrigerer Rassen" (mehr darüber in Enzo Traverso: Moderne und Gewalt. Eine europäische Genealogie des Naziterrors, 2003 – der italienische Originaltitel lautete treffender: "Nazigewalt. Eine Genealogie").

Auch waren weder Eugenik noch "Rassengesetze" eine spezifisch deutsche Erfindung, noch die Naziideologie eine reinrassig Deutsche Angelegenheit, gefördert und finanziert allein von Deutschen – im Gegenteil. Neben u.a. Henry Ford, Andrew Carnegie und John D. Rockefeller gehörte auch George W. Bushs Grossvater zu Hitlers Förderern und Unterstützern. (Mehr dazu u.a.: Stefan Kühl: Die Internationale der Rassisten, 1997; Stefan Kühl: The Nazi Connection, 1994; Edwin Black: IBM und der Holocaust, 2001; Edwin Black: Nazi Nexus, 2009; Edwin Black: War against the Weak, 2003.)

(Mit Ernst Rüdin war übrigens auch ein Schweizer als prominenter Nazi grundlegend beteiligt, auch er kam nie vor Gericht.)

Sinti- und Roma-Zwillinge
als Versuchskaninchen in Auschwitz.

Zwar wurde John Money's berüchtigtes "Zwillingsexperiment" wohl tatsächlich bis zu einem gewissen Grad von Josef Mengele vorweggenommen, da auch dieser in Auschwitz bereits versuchte, bei Zwillingen das Geschlecht chirurgisch zu ändern (mehrere Quellen dazu bei Edwin Black: War against the Weak, S. 358, 494). Zur Serienreife gebracht waren entsprechende chirurgische Techniken aber schon vorher durch Hugh Hampton Young von der Johns Hopkins University in Baltimore, wo auch Money nach dem 2. Weltkieg "wirkte" (und wo wohl nicht ganz zufällig auch Judith Butler nochmals später ihre erste Professur bekam). Hugh Hampton Young wiederum hatte zuvor mit ziemlicher Sicherheit die chirurgischen "Geschlechtsumwandlungsexperimente" im Umfeld von Magnus Hirschfeld genauer verfolgt.

Die Grundlagenarbeit zur "kontrollierten" Herbeiführung der Pubertät durch künstliche "Geschlechtshormone" hatte in Nazideutschland Adolf Butenandt geleistet – der spätere Präsident der Max Planck Gesellschaft, dessen Sohn Otfried Butenandt ebenfalls eine medizynische Karriere einschlug und noch in den 1980er Jahren in München Zwitter zwangsbehandelte (darunter auch Michel Reiter). Vorarbeit für Butenandt hatte zuvor der Österreicher Eugen Steinach geleistet, der wiederum mit Magnus Hirschfeld zusammenarbeitete. (Hirschfeld war seinerseits ebenfalls Anhänger der Eugenik sowie Mitglied in der "Gesellschaft für Rassenhygiene".)

Butenandt war auch Hauptverantwortlicher der Nachkriegs-Rehabilitation seines verehrten Kollegen, Nazi-Eugenikers und Mengele-Doktorvaters Othmar Freiherr von Verschuer, der (wie auch seine Kollegen in Amerika) sein Fach nach 1945 von "Eugenik" einfach flugs in "Genetik" umbenannte und unbeirrbar weitermachte. Sowohl in Amerika (u.a. beim CIA) wie auch in Deutschlands Medizynerkaste nach 1945 konnten praktisch alle einschlägigen Nazi-Medizyner ihre nur kurz unterbrochene Karriere mehr oder weniger nahtlos weiterführen. Nicht einmal Josef Mengele selbst wurde nach dem Krieg je zur Rechenschaft gezogen ...

Die Rolle all dieser honorigen (Nazi-)Medizyner bei der Etablierung der systematischen menschenrechtswidrigen Zwangsbehandlungen an Zwittern wird allerdings heute sowohl auf dem Netz wie auch in offiziellen Biographien regelmässig ausgeklammert – sogar dort, wo sie (wie z.B. bei Hugh Hampton Young) wohldokumentiert sind. Auch hier werden die an Zwittern heute noch täglich begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sofern sie in der öffentlichen Diskussion überhaupt behandelt werden, bequemerweise stets zeitlich und personell streng beschränkt auf das Wirken John Moneys.

Aufmerksam auf das eingangs abgebildete Plakat von George Maciunas aus dem Jahre 1968 wurde ich übrigens durch obige Aufnahme, die prominent vorkommt im empfehlenswerten Dokfilm "The U.S. vs. John Lennon" (englischer Bericht eines der Regisseure). Dieser erzählt, wie der sonst so unbeugsame und politisch aktive Ex-Beatle in den frühen 1970ern aus politischen Gründen u.a. durch das FBI erfolgreich eingeschüchtert und letztlich für Jahre zum Verstummen gebracht wird – wie noch so mancher Aktivist vor und nach ihm –, was sowohl die Regierungen Reagan, Bush Sen. und Clinton streng geheim halten wollten (englisch). Erst nach 14 Jahren Gerichtsprozessen gelang es dem Geschichtsprofessor Jon Wiener, einen Grossteil der Akten herauszubekommen. 

Unter anderem dokumentiert "The US vs. John Lennon" auch eindrücklich die Entstehung der berühmten Friedenshymne "Give Peace a Chance", die Lennon anlässlich einer "Bettdemo" am 1. Juni 1969 in Toronto aufnahm – nur eines von zahlreichen Lehrstücken in Sachen wirksamer Öffentlichkeitsarbeit. Leider ist der Film, der sich übrigens auch gut im Adventsprogramm machen würde, bisher auf Deutsch "zufälligerweise" nie erschienen.

Der >>> Clip zu "Give Peace a Chance" ist jedoch im Netz frei erhältlich.

(Photo: Gerry Deiter/AFP/Getty Images/Guardian)
Die "Give Peace a Chance"-Session:
Hinten, v.l.n.r.: Tommy Smothers, John Lennon, Yoko Ono.
Im Vordergrund: Rosemary Leary, Timothy Leary.
>>> Galerie mit weiteren 7 Photos

Auch Allen Ginsberg und Al Capp waren neben vielen weiteren mehr bei der Aufnahme mit dabei. Durch weitere Autrtitte und Interviews in "The US vs. John Lennon" u.a. von und mit Bobby Seale, Angela Davis, Jerry Rubin, Abbie Hoffmann, Tariq Ali und Gore Vidal wird ein Stück heute oft verdrängter Zeitgeschichte wieder lebendig.

Am "Vietnam Moratorium Day", einer monatlichen Antikriegsdemo, wurde "Give Peace a Chance" später 1969 in Washington von 250'000 Menschen gesungen. Ein Stück Besinnlichkeit und Unschuld, wie sie aus "unserer" globalisierten und durchökonomisierten Welt längst entschwunden scheint ...

Video: ins Bild klicken!

Siehe auch: 
- Menschenrechtsverbrechen: Wer schweigt, macht sich mitschuldig  
- "Was wollt ihr?" - "Gerechtigkeit!" - "Wann wollt ihr sie?" - "Jetzt!" 
- "Monsanto – mit Gift und Genen"    
- Von der Frauenbewegung lernen  
- Genitale Zwangsoperationen: "Mengeles globaler Schatten" 
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren

Monday, November 9 2009

IMeV Infoveranstaltung in Hamburg, Mi 11.11.09 19h

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Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!Intersexuelle Menschen e.V. lädt ein zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung. Ein nächstes Mal vielleicht ja gar in Eigenregie und etwas breiterer Ankündigung, z.B. zumindest auch auf der eigenen Homepage? Wir wünschen gutes Gelingen und dokumentieren nachfolgend die uns zugesandte Info:

Die Lebenssituation intersexueller Menschen

Lucie Veith, UN-Berichterstatterin, Aktivistin für die Rechte intersexueller Menschen und Bundesvorsitzende des Vereins „Intersexuelle Menschen e.V.“, Mitglied der Selbsthilfegruppe xy-Frauen, berichtet in ihrem Vortrag zu den Themen:

- Was ist Intersexualität überhaupt?
- Gesellschaftliche, medizinische und rechtliche Normierung, Gewalt- und Machtmissbrauch an intersexuellen Menschen
- Vorstellung der Arbeit des Vereins intersexueller Menschen (Beratung und Selbsthilfe, politische Aktivitäten und Menschenrechtsarbeit)
- Intersexuelle und Trans*-Menschen: welche gemeinsamen Anliegen gibt es und wo liegen die Unterschiede?

Im Anschluss ist Zeit für Fragen und Diskussion.

Mittwoch, 11. November
19 Uhr, Raum 0.3
Eintritt frei, Spenden sind höchst willkommen.
Magnus-Hirschfeld-Centrum, Borgweg 8, 22303 Hamburg

Diese Veranstaltung ist eine Kooperation von: Magnus-Hirschfeld-Centrum, Transsexuellen-Selbsthilfegruppe „Switch“ und Verein Intersexuelle Menschen e.V.
Weiter Infos: intersex.schattenbericht.orgintersexuelle-menschen.net, xy-frauen.de

Siehe auch:
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren 
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität" 

Friday, August 28 2009

"Transidente" inszeniert sich als P*rn0-"Zwitter": Nikita Noemi Rothenbächer

Angefangen hatte Nikita Noemi Rothenbächer (* 1957) als typische "ich-bin-auch-intersexuell"- "Transidente" wie manch andere Zwitter-vereinnahmende Transsexuelle auch (vgl z.B. Helma Katrin Alter).

Als "Zwitter-Wesen Nikita Noemi Rothenbächer" reklamiert sie seit Mai 2009 auf dem Netz u.a. Christiane Völlings Prozesssieg für sich selbst und publiziert reihenweise geklaute Texte u.a. von Michel Reiter und Georg Klauda als ihre eigenen – umrahmt von Nacktfotos und Tierp*rn0-Videos.

Die Namen der realen Zwitter in den gestohlenen Texten löscht sie heraus und setzt stattdessen ihren eigenen ein.

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Friday, May 8 2009

"Sag es keinem anderen" - dradio 29.04.09

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Leider schon vorbei, aber im Netz noch nachzulesen:

>>> http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/zeitreisen/957311

Interessante Sendung von Kirstine Schwenger, ein Überblick zur Geschichte der Situation von Zwittern in Medizin und Gesellschaft, sogar mit Ansätzen zu solidarisch-kritischer Aufarbeitung der Berührungspunkte zwischen der Geschichte Zwangsoperationen und der Geschichte des Feminismus (bekanntlich eine Urforderung dieses Blogs).

Bis zum Beginn der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts bewahrten die Chirurgen im großen und ganzen Ruhe, wenn ein hermaphroditisches Kind geboren wurde. Sie empfahlen abzuwarten, welche Wünsche es in Bezug auf sein Geschlecht nach der Pubertät äußern würde. Operiert wurde meist nur, wenn die Ärzte fürchteten, dass die im Bauchraum lagernden, unvollständigen Keimdrüsen zu Tumoren entarten würden. [Anmerkung: nach wie vor beliebte Medizynermythe.] Oder wenn die Eltern auf den Operationen - meist waren mehrere nötig - bestanden. Es waren übrigens gar nicht so selten die Eltern, die Ärzte zum Eingreifen veranlassten, weil sie fürchteten, dass ihre Kinder verspottet und gemieden würden, und sie waren ganz sicher auch selbst verunsichert und hatten Angst davor tagtäglich mit einem Kind umzugehen, von dem sie nicht wussten ob es ein Junge oder ein Mädchen war. [...]

Bis weit in die 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts blieb das frühe Operieren, gefolgt von immer wiederkehrenden Begutachtungen der Kinder die Regel. Ihre Leidensgeschichten füllen Bände wissenschaftlicher und zunehmend kritischer Veröffentlichungen, und es entbehrt nicht der Ironie, dass die Theorie von der frühkindlichen Prägung nicht nur dazu führte, dass hermaphroditische Kinder schon als Säuglinge operiert wurden, um ihnen frühzeitig eine weibliche oder männliche Geschlechtsrolle zuzuweisen - auch die Frauenbewegung der 1960er-Jahre berief sich auf genau diese Theorie, um zu beweisen, dass kleine Mädchen durch erzieherischen "Geschlechtsrollendrill" in die Frauenrolle gedrängt würden.

Magnus Hirschfeld wird demgegenüber einmal mehr unkritisch als reiner Philantrop und Zwitter-Wohltäter dargestellt. Definitiv unerträglich dann, wie die Medizyner in der Sendung einmal mehr nicht nur die Mehrzahl der zu Wort Kommenden stellen, sondern – Überraschung! – wie stets unhinterfragt und kritiklos wegkommen, während mit den Zwangsoperationen nicht Zufriedene wie gehabt als "sogenannte[...] Intersex-Aktivisten" diffamiert werden (beides vgl. z.B. auch taz Hamburg):

Ganz verzichten wollen die Mediziner, und übrigens auch viele Eltern und die Intersexuellen aber nicht auf die korrigierenden Operationen, denn es gibt Untersuchungen, die belegen, dass nicht wenige Intersexuelle mit den medizinischen Behandlungen zufrieden sind, und nicht auf sie hätten verzichten wollen. In diesem Punkt gibt es deutliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den sogenannten Intersex-Aktivisten, die frühzeitige Operationen generell ablehnen und sie als Menschenrechtsverletzungen ansehen.

Dass eben die angesprochenen "Untersuchungen" deutlich zeigen, dass die Mehrzahl der Zwangsoperierten nicht nur NICHT zufrieden ist, sondern den Rest des Lebens unter schweren Traumatisierungen und zum Teil massiven körperlichen Schäden leidet, verschweigt auch das Deutschlandradio. Ebenso, dass auch der UN-Ausschuss CEDAW den mangelnden Schutz der Menschenrechte der Zwitter hervorhob und rügte. Bezeichnend auch, wie juristische und ethische Komplikationen zwar immerhin angesprochen werden, einmal mehr aber weder Jurist_innen noch Ethiker_innen zu Wort kommen.

Es ist noch ein weiter Weg ...

>>> http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/zeitreisen/957311

Siehe auch:
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren   
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung 
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität" 
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität" 

Monday, December 8 2008

"Who killed David Reimer?" - Wie Judith Butler und Friedemann Pfäfflin die medizinischen Verbrechen des John Money beschönigen und Moneys Schuld stattdessen Milton Diamond und John Colapinto in die Schuhe schieben wollen

Nachtrag 2012/2013: Heinz-Jürgen Voß (Blog) ist einer der leider raren Geschlechterforscher, bei dem die inhaltliche Kritik an der vereinnahmenden Ausblendung der Menschenrechtsverletzungen an Zwittern offensichtlich nicht nur zum einen Ohr rein und zum andern flugs wieder raus ging, sondern der die Argumente und Quellen auch zur Kenntnis nahm, und der seither immer mal wieder beweist, dass er seine Hausaufgaben gemacht hat und die Anliegen der Überlebenden von kosmetischen Genitaloperationen ernst nimmt. Dafür im Namen dieses Blogs ein ganz herzliches Danke!
>>>
Heinz-Jürgen Voß: "Intersexualität - Intersex. Eine Intervention" (2012)
>>>
Heinz-Jürgen Voß: "Intersex: aktuelle Debatten und Entwicklungen in der BRD" (2013)

>>> Nachtrag 1 & 2 (siehe unten)

("Wer tötete David Reimer?")

Über David Reimers (22.08.1965–04.05.2004) tragische Geschichte muss ich hier wohl nicht ins Detail gehen (ansonsten siehe z.B. Süddeutsche / Wiki / Cicero / FAZ).

Obwohl David Reimer nicht "intersexuell" war, ist die Widerlegung von John Moneys Lügen über sein angeblich "erfolgreiches Zwillingsexperiment" an David und seinem Bruder Brian durch Milton Diamond ab 1995 und John Colapinto ab 1997 eines der entscheidenden Ereignisse (wenn nicht das entscheidende Ereignis), welches dem Kampf der sich organisierenden Zwitter gegen genitale Zwangsoperationen, Zwangskastrationen und sonstige nicht eingewilligte "medizinische" Zwangs-"Behandlungen" in verstärktem Masse Auftrieb, Öffentlichkeit und Durchschlagskraft bescherte.

Wenig überraschend, dass von Seiten der "Church of Sexology" und der (ihr meist angegliederten) "Gender/Queer/Trans*-EnthusiastInnen" verstärkt daran gearbeitet wird, David Reimer, Milton Diamond und John Colapinto zu diskreditieren, um im Gegenzug John Money und seine speziell für Zwischengeschlechtliche so verhängnisvollen Gender-Thesen zu rehabilitieren.

Eine der beliebtesten Vorgehensweisen dazu ist, John Money aus der Schusslinie zu nehmen – und stattdessen Diamond und Colapinto die Schuld an David Reimers Selbstmord in die Schuhe zu schieben.

So z.B. aktuell Heinz-Jürgen Voß ("Dipl.-Biologin" und Queer-Aktivist) in seiner (ansonsten über weite Strecken lesenswerten!) Besprechung des (leider – ausgerechnet! – mit Ausnahme der Selbsthilfe-Kontaktadressen) empfehlenswerten neuen Buchs von Michael Gröneberg und Kathrin Zehnder (Hrsg.): "Intersex". Geschlechtsanpassung zum Wohl des Kindes? Erfahrungen und Analysen (in Querelles-Net. Rezensionszeitschrift für Frauen und Geschlechterforschung). Mangels Belegstellen operiert Voß dabei u.a. mit der rhetorischen Wendung "besser wäre es indes":

[...] Bei dem oft betrachteten ‚Fall‘ John/Joan (bzw. Bruce/Brenda) und der Diskussion seines Selbstmordes ist es relevant – und dies findet sich nicht bei Richter-Appelt (S. 57) –, dass der Selbstmord im Jahr 2001 geschah, ein Jahr nach dem Erscheinen von J. Colapintos Buch, in dem dieser ‚Fall‘ beschrieben wurde und der volle, nicht anonymisierte Name John/Joans auftauchte. Ob das auch ein Auslöser für den Selbstmord war, ist nicht publiziert – besser wäre es indes, John/Joan aus der Position eines ‚Belegs‘ widerstrebender medizinischer Theorien zu entlassen, wegen derer er schon fortwährend zeitlebens befragt wurde (vgl. J. Butler in: Das Argument, 2002, Heft 242).

Bezeichnend auch, dass Voß erst einmal das Sterbedatum von David Reimer um 3 Jahre vorverlegt, um seine "These" besser "beweisen" zu können. Zudem sind die unmittelbaren Auslöser von David Reimers Selbstmord alles andere als "unpubliziert" (wenn auch kaum zufällig eher selten in "Gender-Studies"-Veröffentlichungen). Nebst dem vorangegangenen Selbstmord seines Zwilligsbruders heisst's dazu z.B. auf S. 3 im oben verlinkten Nachruf in der "Süddeutschen":

David Reimer heiratete schließlich eine Frau mit drei Kindern. Er arbeitete in einem Schlachthaus und bastelte an seinem Auto herum. Doch die Schatten des Missbrauchs in seiner Kindheit ließen ihn nicht los. Davids Frau Jane trennte sich nach zehn Jahren von ihm, er verlor seine Stelle und viel Geld bei Fehlinvestitionen.

Auch in diversen Interviews hatte Davids Mutter keinen Zweifel daran gelassen, dass es letztlich John Moneys verbrecherisches "Zwillingsexperiment" war, das David Reimers Leben kostete, wie auch das seines Bruders Brian. (Dass David Reimers Name in Colapintos Buch "auftauchte", erfolgte übrigens mit dessen ausdrücklicher Zustimmung. Zudem litt David Reimer wohl "fortwährend zeitlebens" weniger daran, "befragt" zu werden wegen "widerstrebender medizinischer Theorien" – niemand ausser Money zwang ihn zu Interviews – als vielmehr an den handfesten Folgen von Moneys menschenverachtendem "Experiment" inkl. Zwangskastration.)

Selbstredend, dass der von Voß geforderte Mantel des Schweigens über Davids Leben in erster Linie den Bestrebungen der Zwitter nach Selbstbestimmung schadet – und dafür den gewissenlosen Zwangsoperateuren und sonstigen ("Gender"-)Erben John Moneys nützt.

Kaum zufällig wird der "Colapinto/Diamond sind schuld"-Mythos auch vom früheren Money-Mitarbeiter Prof. Dr. Friedemann Pfäfflin regelmässig als "Tatsache" kolportiert, so z.B. in seinem angeblich objektiven "Gutachten" zu Sabrina Schwanczars Prozess (vgl. Dokumentation Zuschrift 2, worin Pfäfflin ebenfalls Diamond und Colapinto sowie die Zwitterbewegung als Sündenböcke aufbaut, um gleichzeitig seinen Kollegen Money zu entlasten – obendrein mit der "interessanten" rhetorischen Konstruktion, die Diskreditierung als "harmlose Frage" zu tarnen, die dann ruhig "unbeantwortet bleiben [kann]" nach dem Motto "Etwas bleibt immer hängen" – und wie auch Voß ebenfalls mit einem diskreditierenden Seitenhieb gegen die wegen ihrem Eintreten gegen Zwangsoperationen von vielen Zwittern geschätzte Hertha Richter-Appelt):

Diamond nahm 1995 mit dem inzwischen 30 Jahre alten Patienten Kontakt auf, der bis zur Pubertät als Mädchen aufgewachsen war, später aber doch als Mann leben wollte und lebte, ohne dass seine weitere Umwelt von seiner Vorgeschichte wusste, publizierte den Fall und vermittelte den Kontakt zu einem Journalisten, der den Kasus zu einer Monographie verarbeitete [...], aus der Anonymität riss und zum Paradefall einer Falschbehandlung stilisierte, an die sich die Bewegung der Intersexuellen eng anschloss (vgl. Interview mit Milton Diamond, geführt von Hertha Richter-Appelt am 31.1.2008 in Hamburg anlässlich des 2. Interdisziplinären Forums für Intersexualität, Zeitschrift für Sexualforschung, im Druck).

Dass sich der Patient schließlich als Reaktion auf den öffentlichen Wirbel, der um ihn gemacht wurde, suizidierte, wirft die Frage auf, welcher Teil seiner Behandlung, die ursprüngliche oder die spätere Behandlung durch die Medien ihm wohl mehr geschadet hat, doch kann diese Frage hier unbeantwortet bleiben.

Nachtrag 1: Wie Milton Diamond in dem paradoxerweise von Pfäfflin erwähnten Interview mit Hertha Richter Appelt erzählt (Zeitschrift für Sexualforschung 2008; 21; 369 – 376), wollte David Reimer "Money damals [1997] verklagen, aber sein Fall war in den USA bereits verjährt." (S. 174)

Ebenfalls kaum zufällig beruft sich Voss auf ein Vortrags-Transkript von Judith Butler, auf Deutsch in "Das Argument" erschienen als "Jemandem gerecht werden. Geschlechtsangleichung und Allegorien der Transsexualität". Voss' und Pfäfflins These, in Wahrheit seien Diamond und Colapinto schuld an David Reimers Tod und nicht John Money, findet sich dort so zwar nirgends.

Was sich hingegen auch in Judith Butlers Vortrag findet, sind Andeutungen, John Money sei besser als sein (mittlerweile verdient miserabler) Ruf, sowie übelste Verleumdungen, wonach u.a. ausgerechnet Milton Diamond Zwangsoperationen an Zwittern propagieren würde – letztere werden in "feministischen" Publikationen bei Bedarf nach wie vor munter weiter kolportiert (z.B. in Gabriele Dietzes ansonsten sehr lesenswertem Aufsatz "Schnittpunkte. Gender Studies und Hermaphroditismus", in: Dietze / Hark (Hrsg.): "Gender Kontrovers. Genealogien und Grenzen einer Kategorie.", S. 46-68).

Judith Butler verdankt Money und seiner "Gender-Theorie" viel – mehr als sie ihm Credit gibt, nämlich offiziell wohlweislich überhaupt keinen, so dass heutzutage die meisten "Gender-Studies-AnhängerInnen" meinen, Butler habe "Gender" erfunden. Auch mit "Moneys Institut" (wie sie es nennt), der Johns Hopkins Uni in Baltimore, ist sie verbunden durch eine Professur kurz nach ihrem ersten Buch "Gender Trouble". In ihrem Vortrag vom 8. Mai 2001 an der FU Berlin verteidigte sie sowohl Money persönlich wie auch "Moneys Institut" – ebenfalls mittels einer rhetorischen "aber lassen wir es dabei bewenden"-Figur:

Als der Fall vor Kurzem in die Presse kam, kritisierten PsychiaterInnen und praktische ÄrztInnen das Auftreten von Moneys Institut. Sie beanstandeten vor allem Joans Indienstnahme als Beleg für Auffassungen von einer Neutralität der Geschlechtsidentität in der frühen Kindheit, einer Formbarkeit der Geschlechtsidentität und einer vorrangigen Rolle der Sozialisation bei der Herstellung der Geschlechtsidentität. Genau genommen ist das nicht alles, woran Money glaubt, aber lassen wir es dabei bewenden.

Dass Butler zudem Diamond durchgehend als angeblichen Propagandist von Zwangseingriffen "denunziert", ist für mit der Materie Vertraute zwar nur noch lächerlich, hat aber System. Und ist zudem ebenfalls im Vortag von Butler kaum zufällig noch nicht mal seriös belegt, sondern lediglich mit einem einzelnen Zeitungsartikel, der zudem mutwillig "als Knabe erziehen" mit "zu einem Knaben zwangsoperieren" "verwechselt", sowie mit einem Kapitel aus "Sexing the Body" von Fausto-Sterling, in welchem Diamond gar nicht erwähnt wird – auch wenn Fausto-Sterling wohl mit Butler (und auch Voss) gemeinsam hat, dass ihnen "Gender-Fragen" und (ihre eigene) "Gender-Identität" wichtiger sind als ein raschestmögliches Ende der menschenrechtswidrigen Zwangsoperationen an Zwittern ...

Auch wenn Milton Diamond als menschliches Wesen keineswegs unfehlbar ist, eine solch ungeheuerliche Behauptung wie diejenige Butlers, Diamond propagiere Zwangseingriffe an Zwittern, war im Jahre 2001, als Butler in Berlin ihren Vortrag hielt, klar nicht mehr mit Unwissenheit oder einem ehrlichen Versehen zu entschuldigen zu zahlreich sind gegenteilige Quellen.

Tatsache ist, dass Milton Diamond wohl derjenige Sexologe ist, der sich zumindest seit 1997 bis heute weltweit unermüdlich am nachhaltigsten gegen Zwangsoperationen und sonstige uneingewilligte Zwangs-"Behandlungen" an Zwittern einsetzt (zweifellos mehr als Voss, Butler und Fausto-Sterling zusammen – von Money und Pfäfflin ganz zu schweigen), wofür ihm weltweit praktisch alle Zwitter zutiefst dankbar sind (vgl. z.B. ISNA oder Intersexuelle Menschen e.V.)

Butler verbreitet selbstredend ihrerseits genau dieselbe Tasachenverdrehung auch über Cheryl Chase/ISNA:

[...] Diamond habe den Fall benutzt, um daraus eine Begründung für die operative Behandlung von Intersexen abzuleiten [...] Auf Angiers Frage, ob sie Diamonds Empfehlungen zur operativen Behandlung von Intersexen zustimme, antwortet Chase: ‘Die können sich nicht vorstellen, jemanden einfach in Ruhe zu lassen.’ 

Ebenso wird auch Colapinto von Zwittern in aller Welt für seine Verdienste hoch geschätzt und sein Buch auf praktisch allen einschlägigen Pages empfohlen (z.B. eins / zwei >> recommended resources / drei / vier).

Heinz-Jürgen Voß produziert hingegen trotz allem ev. guten Willen Texte wie z.B. "Geschlecht: Gender is Sex" (Rosa. Zeitschrift für Geschlechterforschung 36, Februar 08, S. 35-37 (Editorial & PDF-Download Inhaltsverzeichnis) --> Online-Volltext der ursprünglichen Version in neuroticker 13, September 2007), quasi eine etwas ausführlichere Blaupause für die Instrumentalisierung von Zwittern durch Transgender als "mehr-geschlechter.de" (vgl. >>> 6. Transgender), aber nach dem selben Motto:

Erstmal sichere ich mir die Aufmerksamkeit des Publikums durch Hinweis auf die krassen Menschenrechtsverletzungen an Zwittern, um danach sogleich umzuschwenken auf den "Geschlechterzwang, dem wir alle unterworfen sind" und sodann exklusiv auf meine eigenen Transgender-Queer-Partikularinteressen (Abschaffung des Geschlechtereintrags via 3. Geschlecht) –  wenn ich dann später mal nach Belieben mein legales Geschlecht ändern oder weglassen kann und der "konstruierte Geschlechterzwang" so "beseitigt" ist, ist den Zwittern ja ev. auch geholfen – wo die Zwitter bis dahin (und auch danach) abbleiben, ist mir sch...egal ...

Ein Motto, das wohl auch Butler & Co. jederzeit unterschreiben – und nicht nur sie: Viele Zwangsoperateure rechtfertigen ihre Verbrechen bekanntlich ebenfalls auf genau dieselbe Tour: Solange "die Gesellschaft" die Geschlechter nicht abschafft, gehen uns die Menschenrechte der Zwitter am A... vorbei ...

Nachtrag 2: Siehe auch Diskussion im Vereinsforum!

Nachtrag 2012/2013: Heinz-Jürgen Voß (Blog) ist einer der leider raren Geschlechterforscher, bei dem die inhaltliche Kritik an der vereinnahmenden Ausblendung der Menschenrechtsverletzungen an Zwittern offensichtlich nicht nur zum einen Ohr rein und zum andern flugs wieder raus ging, sondern der die Argumente und Quellen auch zur Kenntnis nahm, und der seither immer mal wieder beweist, dass er seine Hausaufgaben gemacht hat und die Anliegen der Überlebenden von kosmetischen Genitaloperationen ernst nimmt. Dafür im Namen dieses Blogs ein ganz herzliches Danke!
>>>
Heinz-Jürgen Voß: "Intersexualität - Intersex. Eine Intervention" (2012)
>>>
Heinz-Jürgen Voß: "Intersex: aktuelle Debatten und Entwicklungen in der BRD" (2013)

Siehe auch:
- Genitalverstümmelung & Gendertheorie: Hirschfeld-Money-Butler
- Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik aus 2002
- Heinz-Jürgen Voß in "Liminalis" 3 (2009) – Zwitter-Vereinnahmung wie gehabt ... 
- Warum Zwitterforderungen, worin zu oberst nicht die schnellstmögliche Beendigung der Zwangsoperationen steht, keine Zwitterforderungen sind, sondern Vereinnahmung
- Vereinnahmung von Zwittern: Das Transgender-Netzwerk Berlin TGNB macht's vor ...
- QueerGrün missbrauchen Zwittersymbol für TSG-Kampagne
- "Intersexualität" = sexuelle Orientierung?!     
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"   

Friday, May 9 2008

Kurze Geschichte der Zwittervereinnahmung: Ulrichs - Krafft-Ebing - Hirschfeld - Money - Butler - "hirnorganische Intersexualität"

ulrichs mag lange tot sein (wie hirschfeld und money inzwischen ja auch), aber seine ideen (& strategien) leben munter weiter -- im guten wie im schlechten:

karl heinrich ulrichs (1825-1895), "Vorkämpfer der Homosexuellen-Bewegung", hatte das undankbare schicksal, in einer zeit zu leben, als homosexualität (noch) strafbar war. er verlor seine stelle als gerichtsassessor und kriegte als anwalt generelles berufsverbot. zu ulrichs lebzeiten hatten zwitter dank preussischen landrecht (noch) das privileg, mit 18 (als einzige menschen) selbst entscheiden zu können, welches geschlecht sie wählen wollen, und damit einhergehend, ob sie sich straffrei lieber mit männlein oder mit weiblein ins bett legten -- was ulrichs als jurist zweifellos bewusst war. logisch fühlte sich ulrichs bald einmal als "psychischer hermaphrodit" und predigte diese idee für den rest seines lebens. logisch war dabei der wunsch der vater des gedankens.

der psychiater richard von krafft-ebing (1840-1902) suchte kontakt zu ulrichs und erforschte dessen konzepte, indem er ulrichs vorspiegelte, er würde dessen bestrebungen unterstützen. krafft-ebing befasste sich in seinem standardwerk "psychopathia sexualis" (1886) ausführlich mit der "psychischen hermaphrodisie", und teilte darin ulrichs standpunkt von der angeborenheit der homosexualität, erklärte sie jedoch zugleich zu einer vererbten geisteskrankheit und legte damit den grundstein zur pathologisierung von homosexualität usw. inkl. den heute noch gängigen "umpolungstherapien". (eugen steinach, mit dem hirschfeld in dieser beziehung zusammenarbeitete, versuchte dies schon in den 1920ern auf hormonellem wege durch einpflanzung von 'hetero-hoden'.)

magnus hirschfeld (1868-1935) griff einerseits wieder direkt auf ulrichs zurück (dessen schriften er gekürzt neu herausgab) und entwickelte daraus (und seiner behauptung, schwule seien "das dritte geschlecht") sowie unter bezug auf krafft-ebing die "lehre von den sexuellen zwischenstufen", in der er zwitter, schwule, transsexuelle, und den halben "psychopathia sexualis"-katalog von krafft-ebing munter in einem grossen topf durcheinanderrührte, und begründete damit die "church of sexology" überhaupt inkl. "gendertheorie" -- letztlich ebenfalls als mittel zum zweck, um mit der gleichen argumentation wie ulrichs, aber unter dem deckmantel der "wissenschaft" gegen die kriminalisierung der homosexualität zu kämpfen. zugleich begründete er die heute noch verbreitete anschauung des konglomerats von lgbt-usw., in denen zwitter meist lediglich als "mitgemeintes" anhängsel vorkommen. auch der  medizinische begriff "intersexualität", unter welchem ab 1950 die sytamatische verstümmelung von kleinkindern durchgesetzt wurde, geht indirekt auf hirschfeld zurück.

der sexologe john money (1921-2006), der begründer des begriffs "gender" in seiner heutigen bedeuting, hat nach dem krieg das meiste von hirschfeld ohne quellenangabe abgeschrieben, genau gleich wie nochmals eine generation später die gender-theoretikerin judith butler (*1956) von john money. john money institutionalisierte die systematischen genitalverstümmelungen an zwittern mittels gefälschter studienergebnisse und ist somit direkt mitverantwortlich für die wohl schwerwiegensten medizynischen verbrechen seit dem 2. weltkrieg. butler erhielt ihre erste professur folgerichtig an der johns hopkins universität, wo bereits john moey wirkte, und propagiert weiter lautstark money's kernthese "gender trumps sex", versucht john money's verbrechen zu relativieren, und taucht bei zwitter-vereinnahmenden transgendern prompt jedesmal in der literaturliste auf ...

transsexuelle leiden heute daran, "im falschen Körper geboren" zu sein und müssen, um die ersehnte op auf krankenkasse zu bekommen, ein jahrelanges behördliches und gutachterliches spiessrutenlaufen absolvieren. neidvoll schauen sie auf die zwitter (bzw. ihre idealvorstellung davon), die ops stattdessen "nachgeworfen" bekommen. logisch enden sie bei einem konzept wie z.b. "hirnorganische bzw. neuro-anatomische intersexualität" -- schliesslich hatte derselbe trick mit dem "psychischen hermaphroditismus" ja schon mal bestens geklappt. einmal mehr ist der wunsch der vater des gedankens -- auch auf medizynerseite, würde eine offizielle anerkennung dieser theorie doch bestimmt das geschäft ankurbeln. nur die psychologen & der amtsschimmel hätten keinen spass, haben jedoch in sachen transsexualität nach wie vor die definitionsmacht. deshalb wird das transsexuellengesetz bis auf den heutigen stets nur kosmetisch "reformiert". trotzdem sehen mittlerweile offenbar sogar die psychiater das ende nahen – und haben bei in der neusten version ihrer diagnosebibel ("dsm-v") prophylaktisch schon mal die zwitter als "neue patientengruppe" integriert – die vereinnahmungskaskade (georg klauda) wird so oder so weiterlaufen ... (vgl. auch die aussage von vincent guillot hier, wonach die die psychiater, als sie die schwulen endlich entlassen mussten, sich umgehend mit den transsexuellen eine neue geldquelle erschlossen, sowie die prphezeihung, dass die zwitter die nächsten in dieser kaskade sein werden.)

die frage, ob z.b. bei der "hirnorganischen intersexualität" die experten der "church of sexology" den trans-aktivisten folgen oder umgekehrt, gleicht für mich der frage nach dem huhn oder dem ei -- oder auch der nach "nature" (d.h. gene) oder "nurture" (d.h. erziehung). und zu letzterer gefällt mir immer noch milton diamonds lösung am besten: "nature + nurture = interaction". obwohl diamond aktuell leider auch immer wieder und immer mehr unreflektiert "hirnorgansische sexualität" progagiert.

[ursprünglich publiziert im zerschossenen ime.v.-forum, 3. erweiterte fassung frühjahr 2011]

Siehe auch:
- Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung 
- Die Rede von der "psychischen Intersexualität"
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren
- "Who killed David Reimer?"  - Wie Judith Butler, Friedemann Pfäfflin und Heinz-Jürgen Voss die medizinischen Verbrechen des John Money beschönigen und Moneys Schuld stattdessen Milton Diamond und John Colapinto in die Schuhe schieben wollen   

Monday, December 10 2007

Die Rede von der "psychischen Intersexualität"

>>> Zwitter und progressive LGBTs gegen Vereinnahmung

150 JAHRE INSTRUMENTALISIERUNG UND AUSBEUTUNG VON INTERSEXEN DURCH HOMOSEXUELLE, TRANSSEXUELLE UND FEMINISTINNEN

Zwischengeschlechtlich geborene Menschen müssen sich nicht nur mit der Problematik auseinandersetzen, dass ein Zweigeschlechtssystem ihre geschlechtlich uneindeutigen Körper nicht gelten lässt und mittels Skalpell der Norm anpasst. Sie werden zusätzlich mit der Tatsache konfrontiert, dass homosexuelle und transsexuelle Bewegungen sowie die feministische Frauenbewegung ihre geschlechtlich uneindeutigen Körper oft als Mittel zum Zweck für eigene Interessen verwenden. In der öffentlichen Wahrnehmung sind zwischengeschlechtlich geborene Menschen längst im (Trans)Gender-Diskurs untergegangen – was den selbsternannten Vertretern der bipolar normierten Gesellschaft noch mehr Macht in die Hände spielt. Die Instrumentalisierung und Ausbeutung von Intersexen durch andere Randgruppen hat Tradition, wie der folgende historische Abriss zeigen soll.


INHALT

1. Karl Heinrich Ulrichs
2. Magnus Hirschfeld
3. John Money
4. Kate Millett / Alice Schwarzer / Judith Butler
5. Transsexuelle
6. Transgender
7. Aufruf zur Wiedergutmachung


1. KARL HEINRICH ULRICHS

Mit Einführung des § 175 des deutschen Strafgesetzbuchs am 1. Januar 1872 wurden sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts als “widernatürliche Unzucht” unter Strafe gestellt. Zehntausende Männer wurden aufgrund des § 175 verurteilt, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung aller Homosexuellen mit Füssen getreten.

Karl Heinrich Ulrichs (1825-1895), Ahnherr der Schwulenbewegung, verschrieb sich dem Kampf gegen den diskrimierenden Paragraphen und veröffentlichte ab 1864 zwölf Schriften “Forschungen über das Räthsel der mannmännlichen Liebe”.

Seine Forderung nach Straflosigkeit homosexueller Handlungen begründete Ulrichs mit seiner Theorie von der weiblichen Seele im männlichen Körper, was beweise, dass Homosexualität nicht krankhaft, sondern eine natürliche, angeborene Veranlagung sei, wie eben der Hermaphroditismus. Ulrichs sprach deshalb von ‚psychischem Hermaphroditimus’ oder ‚psychischer Zwitterbildung’. Das hatte Programm, wurden doch Hermaphroditen damals zwar als eigenartige, aber nicht illegale Wesen betrachtet, die für ihre Zweigeschlechtlichkeit nichts konnten, und waren somit im Gegensatz zu Homosexuellen nicht gesellschaftlich geächtet und kriminalisiert. Mehr noch, Zwitter hatten zu Ulrichs Lebzeiten dank Preussischen Landrecht als einzige Menschen (noch) das Privileg, mit 18 per "Geschlechtseid" selbst entscheiden zu können, welchem Geschlecht sie angehören wollen, und damit einhergehend, ob sie sich straffrei lieber mit Männlein oder mit Weiblein ins bett legten – was Ulrichs als Jurist zweifellos bewusst war. Was lag also näher, als zwecks Entkriminalisierung von Homosexualität diese als besondere Form von Hermaphroditismus zu propagieren und somit zu legitimieren? Ulrichs setzte hier den Grundstein für die Vereinnahmung und Instrumentalisierung von Hermaphroditen.
- Walter Tilmann: “Das frühe homosexuelle Selbst zwischen Autobiographie und medizinischem Kommentar”  http://www.qualitative-research.net/fqs-texte/1-05/05-1-10-d.htm
-  http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Heinrich_Ulrichs
- Ulrichs-(Krafft-Ebing)-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität"


2. MAGNUS HIRSCHFELD

Der Sexualforscher und Mitbegründer der ersten Homosexuellen-Bewegung Magnus Hirschfeld (1868-1935) führte Ulrichs Kampf gegen den § 175 fort und übernahm dessen Vorstellungen von der Homosexualität als psychischem Hermaphroditismus weitgehend in seiner “Lehre von den sexuellen Zwischenstufen” oder unter dem Schlagwort vom “dritten Geschlecht”. Hirschfeld versuchte, diese Theorie immer wieder wissenschaftlich zu untermauern, u.a. durch Untersuchungen über Hermaphroditen (siehe z.B. “Sexualpathologie 2. Teil: Sexuelle Zwischenstufen. Das männliche Weib und der weibliche Mann”). Zur Untermauerung der Analogie von Homosexualität und Hermaphroditismus verwandte Hirschfeld die Begriffe “Intersexualität”, “intersexuell” und “Intersexueller” (in Anlehnung an Richard Goldschmidt, dessen latinisierte Begriffsschöpfung wiederum auf Hirschfelds "Zwischengeschlecht" zurückgeht).

Um glaubwürdiger zu wirken, verleugnete der Eugeniker Hirschfeld (Mitglied der "Gesellschaft für Rassenhygiene") öffentlich lange seine eigene Homosexualität und schilderte Homosexuelle als minderwertig. Er arbeitete mit dem Wiener Physiologen Eugen Steinach zusammen (der u.a. Homesexuelle durch Implantieren von “gesunden” Hetero-Hoden von zwangskastrierten Sexualverbrechern oder von Hermaphroditen “heilte”), ebenso mit dem späteren KZ-Arzt Carl Værnet. Hirschfelds "Institut für Sexualwissenschaft" führte auch die ersten operativen Geschlechtsumwandlungen durch.
Siehe auch:
- Magnus Hirschfeld - bestbezahlter Genitalverstümmler seiner Zeit
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren    
-  http://de.wikipedia.org/wiki/Magnus_Hirschfeld
- Florian Mildenberger: "Diskursive Deckungsgleichheit – Hermaphroditismus und Homosexualität im medizinischen Diskurs (1850-1960)", in: Frank Stahnisch, Dlorian Steger (Hrsg.): Medizin, Geschichte und Geschlecht. Wiesbaden 2005, S. 259-283
- Florian Mildenberger: “Rattenfänger auf Schloß Bellevue”  http://www.gigi-online.de/Rattenf%E4nger23.html
- Peter Kratz: “Das falsche Idol”  http://www.trend.infopartisan.net/trd7800/t357800.htm
- Rezension: “Carl Værnet. Der dänische SS-Arzt im KZ Buchenwald”  http://www.invertito.de/jahrbuch/inv07/inv07_rez_potthoff_vaernet.html
- Rainer Herrn: “Vom Geschlechtsumwandlungswahn zur Geschlechtsumwandlung”  http://www.genderwunderland.de/forschung/herrn1995.html
(via auf archive.org)
- Rezension: Rainer Herrn: “Schnittmuster des Geschlechts”  http://www.genderwunderland.de/medien/buecher/titel/herrn2005.html
(via auf archive.org)
-  http://reform-akt.de/index.php?title=Medizin_(ist)
-  http://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechtsangleichende_Operation#Anfang_20._Jahrhundert.2FMagnus_Hirschfeld

1919 erschien “Anders als die Andern”, der erste Homosexuellen-Film der Filmgeschichte (Regie: Richard Oswald, wissenschaftliche Mitarbeit: Magnus Hirschfeld). Der Film, der die Nöte von Homosexuellen aufgrund des § 175 schildert, wurde nach wenigen Monaten verboten – als einer der ersten Filme nach der Wiedereinführung der Filmzensur. Als Reaktion auf das Verbot veröffentlichte Magnus Hirschfeld 1927 den Dokumentarfilm “Gesetze der Liebe”. Die “Schlussepisode” (die über 3/4 des gesamten Films ausmachte) enthielt eine leicht gekürzte Fassung von “Anders als die Andern”, als Alibi-Kapitel vorgeschoben wurde eine Abhandlung über das “Zwischengeschlecht beim Menschen, bei Pflanze und Tier”. Diese zweite Fassung von “Anders als die Andern”, die übrigens ebenfalls verboten wurde, beweist wiederum, wie Zwitter von Homosexuellen als Mittel zum Zweck eingesetzt wurden, um eigene Ziele zu erreichen. Während “Anders als die Andern” heute noch in beiden Fassungen restauriert erhältlich ist, sind vom Hermaphroditen-Kapitel bezeichnenderweise nur noch die Zwischentitel überliefert.
-  http://de.wikipedia.org/wiki/Anders_als_die_Andern_(1919)
- Dokumente zu “Anders als die andern”  http://www.cinegraph.de/cgbuch/b2/b2_03.html
- Zwischentitel “Gesetze der Liebe”  http://www.deutsches-filminstitut.de/collate/collate_sp/se/se_link_28.htm [mittlerweile nur noch via archive org, unvollständig ...]

Filmbild: Hirschfeld operiert mit Blut im GesichtMagnus Hirschfeld, Zwitterverstümmler "für einen guten Zweck"
Darstellung nach Rosa von Praunheim: "Der Einstein des Sex"  >>> Quelle

Jahrzehnte später setzte Rosa von Praunheim der Schwulenikone Magnus Hirschfeld in seinem Film “Der Einstein des Sex. Leben und Werk des Dr. Magnus Hirschfeld” ein Denkmal. Wie sehr die Ausbeutung von Hermaphroditen zu diesem Zeitpunkt in der Schwulenbewegung bereits internalisiert ist, zeigt sich darin, dass Rosa von Praunheim, einer der wohl bekanntesten und tonangebendsten Exponenten, im Jahre 1999 in seinem Film die (historisch nicht belegte) Herkunft des Geldes für die Gründung von Hirschfelds "Institut für Sexualwissenschaft" damit erklärt, dass Hirschfeld nach anfänglichem Zögern einem orientalischen Hermaphroditen auf Geheiss dessen Eltern das zwittrige Genital amputierte, um die ihm dafür versprochene Schatztruhe zu erhalten. Treffender als mit dieser von Rücksichtslosigkeit gegenüber Intersexen geprägten Szene lässt sich die Instrumentalisierung von Zwittern durch Hirschfeld & Co. kaum darstellen: die Entstehung des Instituts wurde erkauft mit Geld, an dem das Blut eines zwangsopierten Hermaphroditen klebt.
- Stefan Zweifel: “Opus minus über Dr. Magnus”  http://www.intersexualite.org/Deutsch-Index.html#anchor_481
- Peter Kratz: “Der Streicher des Sex”  http://www.konkret-verlage.de/kvv/txt.php?text=derstreicherdessex&jahr=2000&mon=04
- Wie Dr. Magnus Hirschfeld einen Zwitter zwangsoperiert, um mit dem Erlös das "Institut für Sexualwissenschaft" zu finanzieren  
- Offener Brief an Rosa von Praunheim zu Hirschfeld als Zwitterverstümmler
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität" 
-  http://www.tvspielfilm.de/filmlexikon?type=filmdetail&film_id=250736


3. JOHN MONEY

Der Psychologe und Sexologe John Money (1921-2006) kann als Hirschfelds Erbe betrachtet werden. Money erfand und prägte die Gendertheorie vom sozialen Geschlecht als massgebendem und dem biologischen Geschlecht als vernachlässigbarem Faktor. Zeitgleich perfektionierte sein Team im Johns Hopkins Hospital in Baltimore operative Geschlechtsumwandlungstechniken für Transsexuelle. Davon ausgehend propagierte Money flächendeckend die heute noch gebräuchlichen “geschlechtsangleichenden” genitalen Zwangsoperationen an sämtlichen Intersexen in den ersten zwei Lebensjahren (damit sie sich später nicht erinnern können), wobei die Betroffenen über ihr eigentliches Geschlecht systematisch belogen werden. 100'000e Intersexe wurden und werden nach Moneys Vorgaben zwangsoperiert (allein in Deutschland 1-2 JEDEN TAG) und anschliessend ein Leben lang angelogen. Für die Mediziner ein lukratives Geschäft – mit gravierenden körperlichen und seelischen Folgen für die Betroffenen.

Dem Vorwurf von Kollegen, dass seine Gender-Theorie klinisch nicht bewiesen sei, versuchte Money ein für alle Mal mit einem klassischen “Zwillingsexperiment” zu begegnen: David Reimer, einen Jungen, dem bei einer missglückten Beschneidung der Penis völlig zerstört wurde, liess Money im Alter von 22 Monaten umoperieren und anschliessend als Mädchen aufziehen, dessen Zwillingsbruder musste die Kontrollgruppe spielen. Das Experiment misslang – David Reimer hatte sich immer wieder geweigert, seine Mädchenrolle zu akzeptieren; als er mit 14 die Wahrheit herausfand, wurde er wieder zum Mann. Heute sind Bruce und David Reimer tot, beide haben ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt. Money gab das Scheitern seines “Experiments” jedoch nie zu.

2002 erhielt John Money die Magnus-Hirschfeld-Medaille, die seit 1990 von der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS) für besondere Verdienste um Sexualwissenschaft und Sexualreform verliehen wird. Damit schliesst sich der Kreis.
-  http://en.wikipedia.org/wiki/John_Money
- John Money – der Mythos vom Einzeltäter
- John Colapinto: “The true Story of John/Joan”  http://infocirc.org/rollston.htm
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität" 
- Volker Zastrow: “Der kleine Unterschied”  http://www.faz.net/s/RubBF7CD2794CEC4B87B47C719A68C59339/Doc%7EE75AE8F760BF94344B9187BB752F34D74%7EATpl%7EEcommon%7EScontent.html


4. KATE MILLETT / ALICE SCHWARZER / JUDITH BUTLER

Moneys anscheinend wissenschaftlich untermauerte These wurde von der feministischen Bewegung begierig aufgenommen. Unreflektiert und unhinterfragt diente sie als Beweis dafür, dass das Geschlecht ein soziales Konstrukt ist, dass Weiblichkeit und Männlichkeit keine biologischen, sondern ausschliesslich psychische Identitäten sind. Was Feministinnen schon immer wusste, sahen sie bestätigt durch Moneys Experiment an David Reimer, der passenderweise bei einer missglückten Beschneidung seinen Penis verloren hatte und in der Folge unter Moneys Aufsicht zum Mädchen gemacht wurde: Die perfekte Widerlegung der “angebliche[n] Naturgegebenheit von Männerherrschaft”.

Die damals wichtigste lesbische Aktivistin, Kate Millett, übernahm in ihrem 1970 erschienenen Bestseller “Sexual Politics” Moneys Gendertheorie unter Quellenangabe und propagierte sie (Millett: “Sexus und Herrschaft” 1971, S. 39).

In ihrem 1975 erstmals erschienen Buch “Der kleine Unterschied” lobt Alice Schwarzer Moneys Reimer-Experiment als bahnbrechend und spricht von der Gebärfähigkeit als ohnehin einzigen Unterschied zwischen Männern und Frauen: “Alles andere ist künstlich aufgesetzt, ist eine Frage der geformten seelischen Identität.” Das ‚Mädchen’ werde nach Hormonbehandlung und künstlicher Scheide eine ganz normale Frau sein. Auch in der aktuellen, im September 2004 erschienenen zweiten Auflage der Neuausgabe von 2000 präsentiert Alice Schwarzer nachdrücklich den lebenden Beweis für die Gendertheorie.
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität"

Eine weitere bekannte Feministin, Judith Butler, setzt ebenfalls voll auf Moneys Gendertheorie. In ihrem 1990 erschienenen einflussreichsten Buch “Gender Trouble. Feminism and the subversion of identity” (“Das Unbehagen der Geschlechter”, 1991) greift Butler den von Money ins Leben gerufenen Begriff ‚Gender’ und die damit verbundene Theorie auf und modifiziert ihn, verzichtet jedoch konsequent darauf, Money in irgend einer Weise zu erwähnen. Z.B. noch in einem Vortrag vom 8. Mai 2001 an der FU Berlin relativierte Judith Butler Money's Verbrechen. Butlers Gendertheorie ist die Namensgeberin des “Gender Mainstreaming”, das heute in der EU als feministische Errungenschaft offizielle Vorgabe ist. Was prompt nicht uneigennützige politische Kritiker auf den Plan ruft wie z.B. Volker Zastrow - bezeichnenderweise aber bisher die einzigen, die Money's menschenrechtswidriges "Zwillingsexperiment" und Judith Butlers unreflektierten Brückenschlag unmissverständlich kritisieren:
- Volker Zastrow: “Politische Geschlechtsumwandlung”  http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E19A6FC7720554E81829007B25E33D7E4~ATpl~Ecommon~Scontent.html
- Volker Zastrow: “Der kleine Unterschied”  http://www.faz.net/s/RubBF7CD2794CEC4B87B47C719A68C59339/Doc%7EE75AE8F760BF94344B9187BB752F34D74%7EATpl%7EEcommon%7EScontent.html


5. TRANSSEXUELLE

Transsexuelle beneiden uns Intersexe darum, dass wir im Gegensatz zu ihnen ohne grosse bürokratische Hindernisse operiert werden (sofern wir nicht zufällig zu den 99% gehören, bei denen das als Baby ohne ihre Einwilligung geschah). Entsprechend dem Vorbild Ulrichs argumentieren sie heute wiederum damit, dass sie “psychisch intersexuell” sind. Ulrichs Theorie der weiblichen Seele gefangen in einem männlichen Körper als Beweis für den “psychischen Hermaphroditismus” von Homosexuellen findet “heute bei der Selbstcharakterisierung von Mann-zu-Frau-Transsexuellen weltweit Verwendung”.
- Claudia Lang: Intersexualität. Menschen zwischen den Geschlechtern, 2006

Im Internet wird Hermaphroditismus resp. “Intersexualität” auf unzähligen Transsexuellen-Homepages zur Unterkategorie von Transsexualität degradiert respektive eingangs alibimässig erwähnt, um in der Folge über Operationsmethoden zu diskutieren. Vornehm aussen vor gelassen wird dabei, dass praktisch alle Intersexe angelogen und gegen ihren Willen zwangsoperiert werden!

Einige wenige Beispiele für die unsägliche Vermengung von körperlicher Zweigeschlechtlichkeit und Transsexualität, wie sie heute den öffentlichen Diskurs dominieren:

“Man könnte sagen, daß Transsexuelle Hermaphroditen sind, solange sie noch nicht operiert wurden, denn ihre Seele ist ganz weiblich oder männlich, und der Körper ist bis auf Ausnahmen ganz männlich oder weiblich.”
Frau Dr. Inoszka Prehm,  http://www.transgender.at/infos/allgemein/aspekte.html

“Trans- u. Intersexuelle Menschen werden leider heute noch oft gemobbt, diskriminiert und ausgestossen nur weil die Tatsache der Realität und Existenz von Transsexualität falsch verstanden und falsch behandelt wird.” (Beachte, wie einmal mehr im zweiten Satzteil plötzlich nur noch von der “Realität und Existenz von Transsexualität” die Rede ist.)
 http://www.tas-org.ch/

Desgleichen ist das biologische Zwitter-Symbol derart von den Transsexuellen vereinnahmt, dass es in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr in seinem eigentlichen Sinn verstanden wird.
 http://www.genderwunderland.de/index.html
[Nachtrag: Der Inhalt der gesamten Domain wurde inzwischen ausgetauscht. Die ursprüngliche Seite mit dem geklauten Zwitter-Symbol auf archive.org: http://web.archive.org/web/20070621143429/http://www.genderwunderland.de/]

Mit dieser Vereinnahmung, Ausbeutung und Unsichtbarmachung von Intersexualität unterstützen Transsexuelle die Mediziner darin, Intersexe als Menschen mit einer Störung abzustempeln, die man operieren muss. Denn damit ist die medizinische Zwangszuweisung legitimiert und das lukrative Geschäft gesichert – zwar auf Kosten der Menschenrechte und der körperlichen und seelischen Unversehrtheit der Hermaphroditen, doch das interessiert ja eh niemand.
- Ulrichs-Krafft-Ebing-Hirschfeld-Money-Butler-"hirnorganische Intersexualität"


6. TRANSGENDER

Zur Illustration lediglich ein einzelnes Beispiel: Die Homepage mehr-geschlechter.de stellt sich nach aussen als von “Intersexuellen” betrieben dar. Im Lead-Text “Ich bin weder Mann noch Frau!” auf der Eingangsseite werden zwar im ersten Satz Intersexuelle und Operationen an diesen angesprochen, bezeichnenderweise jedoch nicht, dass diese als Zwangsoperationen und -kastrationen ohne Einwilligung der Betroffenen vorgenommen werden. Einmal mehr dient die Erwähnung von Hermaphroditen lediglich als Überleitung zu den eigenen Partikularinteressen: “Denn auch alle anderen Menschen werden von Geburt an mit dem Zwang konfrontiert männlich oder weiblich zu sein. Alle werden entsprechend eingeordnet und behandelt und ordnen selber ein und handeln.” Dieser Text ist auch Bestandteil von Plakaten mit dem Konterfei von Lesben, Trans[sexuell]en und/oder Drag Kings, die man unter “Motive” downloaden kann. Und unter “Bücher zum Thema Intersexualität” werden AUSSCHLIESSLICH Texte über Queer-Theorie, Gender, Transsexualität und lesbischen Feminismus aufgelistet. Fazit: Vereinnahmung, Instrumentalisierung und Ausbeutung in Reinkultur.
 http://mehr-geschlechter.de/
 http://mehr-geschlechter.de/buecher.de.html
 http://mehr-geschlechter.de/motive.de.html

Heute ist es soweit, dass z.B. auf Wikipedia oder im google open directory Hermaphroditismus bzw. “Intersexualität” frech als UNTERABTEILUNG von Transgender/Transsexualität rubrifiziert wird!
 http://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Transgender_und_Intersexualit%C3%A4t
 http://www.google.de/Top/World/Deutsch/Gesellschaft/Menschen/Transgender/Intersexualit%C3%A4t/


7. AUFRUF ZUR WIEDERGUTMACHUNG

Ulrichs, Hirschfeld, Money, Butler & Co. haben ganze Arbeit geleistet – nicht zuletzt dank 150 Jahren erfolgreicher Instrumentalisierung zwischengeschlechtlicher Menschen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts standen Homosexuelle schlecht da, waren kriminalisiert und geächtet, Frauen hatten kein Wahlrecht, beide Gruppen waren in ihren Rechten auf sexuelle Selbstbestimmung stark diskriminiert. Demgegenüber waren Hermaphroditen einigermassen akzeptiert und durften im Alter von 18 Jahren selbst entscheiden, welches Geschlecht sie annehmen wollten (wenn sie sich auch für eines von zwei entscheiden mussten). Heute ist es genau umgekehrt: Homosexuelle haben sich etabliert und sich ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung erfolgreich erstritten, Frauen können weit gehend über ihr Leben und über ihre Sexualität selbst entscheiden. Intersexe werden hingegen durchgehend als Kleinkinder ohne ihre Einwilligung genital zwangsoperiert, kastriert, ein Leben lang angelogen und – totgeschwiegen. Auch von Schwulenbewegung, Feministinnen usw. Während z.B. Proteste gegen Zwangsbeschneidungen und jungen Frauen in Afrika selbstverständlich sind und zum guten Ton gehören, werden genitale Zwangsoperationen und Kastrationen von Intersexen aus nahe liegenden Gründen verdrängt und ausgeblendet.
- Konstanze Plett: “Intersexualität aus rechtlicher Perspektive” (PDF) http://kastrationsspital.ch/public/PLETT_intersexualitaet.pdf
- Antke Engel: Ene mene meck, und du bist weg. Über die gewaltsame Herstellung der Zweigeschlechtlichkeit https://blog.zwischengeschlecht.info/pages/Antke-Engel%3A-Ene-mene-meck-Hamburger-Frauenzeitung-53-1997

Tatsache ist: An den an sich positiven Errungenschaften von Homosexuellen, Transsexuellen und Feministinnen klebt das Blut von Hunderttausenden von zwangsoperierten und mundtot gemachten Hermaphroditen. Über die 150-jährige Geschichte der Vereinnahmung der Intersexe und ihrer Folgen für die Betroffenen kann sich jeder Mensch informieren – wenn er denn will.

Wir rufen die Fortschrittlichen unter den Schwulen, Lesben, Transsexuellen, Feministinnen usw. auf, eure eigene Geschichte kritisch neu zu bewerten und einen Beitrag zu leisten, das Unrecht wieder gut zu machen, an dem ihr massgeblich beteiligt seid. Hört auf, in unserem Namen zu sprechen (und dabei doch nur eure eigenen Partikularinteressen zu verfolgen)! Hört auf, unser Symbol zu stehlen und zu entwerten!

Steht uns z.B. am 12.12.2007 in Köln solidarisch zur Seite, wenn es darum geht, genitale Zwangsoperationen an Intersexen anzuprangern – anlässlich eines Prozesses eines ohne seine Einwilligung operierten zwischengeschlechtlichen Menschen gegen seinen Arzt. Hört endlich auf, uns zu instrumentalisieren, sondern unterstützt uns in unserem Kampf um Selbstbestimmung, ohne uns dabei von Neuem zu vereinnahmen!

Demo Mittwoch, 12.12. 9:30 vor dem Landgericht in Köln. Kommt dunkel gekleidet, kein pink und kein lila!
 http://de.indymedia.org/2007/11/199653.shtml



Nella & Seelenlos


siehe auch http://de.indymedia.org/2007/12/201883.shtml

nachtrag: ---> Wikipedia vs. Zwitter

nachtrag: ---> Homo- & Transsexismus auf Wikipedia, reloaded

nachtrag: ---> Etwas  Solidarität mit Intersexuellen, bitte ...

nachtrag: ---> Instrumentalisierung von Zwittern: Kritik-aus-2002

nachtrag: ---> "Genitalverstümmelung ein afrikanisches Problem?"

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