Sunday, November 4 2012

Intersex: Alle 4 Portraits + Kommentar aus der sonntaz vom 27.10.12

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Kann ein Zwitter Sünde sein?

Zum  9. Intersex Awareness Day 2012 hatte die taz bereits ein Portrait und den dazugehörigen Kommentar online als Vorabdruck gebracht (dieser Blog berichtete). In der sonntaz vom Wochenende darauf folgten die Printversion mit allen 4 Portraits. Danke!

Diese sind nun inzwischen alle (wenn auch ohne die Fotos) via Printarchiv öffentlich online zugänglich:

>>> Jessika-Katharina Möller-Langmaack
>>> Lucie Veith
>>> Diana Hartmann
>>> Simon
>>> Kommentar von Waltraud Schwab  

Nachfolgend dokumentiert dieser Blog zusätzliche den Aufhänger auf der taz-Titelseite mit einer bemerkenswerten Bildunterschrift (zum Vergrössern reinklicken):

Wer weiss, vielleicht bringt die taz ja künftig gar mal noch Klartext über die nach wie vor andauernden Intersex-Genitalverstümmelungen vor der Haustüre ihrer Redaktionen in Berlin, Hamburg und Bremen?

Und leistet einen Beitrag zur historischen Aufarbeitung kosmetischer Klitorisamputationen ebendort, oder zur Verbindung solcher Praktiken mit NS-MedizinerInnen?

Oder wär das dann doch zuviel Mut verlangt?

>>> Genitalverstümmelungen in KInderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen"

Saturday, November 3 2012

Französischssprachiger Artikel zur UNO-Aktion auf 360°, 25.10.12

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Menschenrechte auch für Zwitter!

>>> Gelungener solidarischer Artikel zum UPR auf der Homepage der LGBT-Zeitschrift 360° aus der welschen Schweiz, mit einem Foto der Aktionen zur CEDAW-Session von 2009, an denen auch eine Soli-Vetretung von 360° mit dabei war. Danke! 

 

>>> Intersex-Verstümmelungen vor UN-Menschenrechtsrat
>>> OHCHR kritisiert "medizinisch nicht notwendige OPs"
>>>
Intersex-ZwangsOps: Typische Diagnosen und Eingriffe

 

Wednesday, October 31 2012

"Ich bin ein Zwitter" - Radio 105, 13.10.12 + online

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Menschenrechte auch für Zwitter!

>>> 40-minütige Talk-Sendung von Michi Sahli auf dem CH-Jugendsender One-O-Five, mit Daniela "Nella" Truffer und yours truly a.k.a. Markus Bauer, jetzt auch zum online nachhören. Danke!

Es geht natürlich um unsere Arbeit, aber auch um Persönliches. Die Sendung ist auf Schwyzertütsch.

>>> Nellas Geschichte(n) auf diesem Blog

Sunday, October 21 2012

Halle Di 6.11. 17h: Podiumsdiskussion zu Intersexualität + live auf Radio Corax

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

>>> Diskussion bei Radio Corax, die sowohl vor Ort wie auch über den Äther live verfolgt werden kann, organisert von que(e)r_einsteigen, einem Arbeitskreis des Studierendenrates der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Danke!

Von Betroffenenseite sind Michaela aus Halle und Dan Christian Ghattas (IVIM) auf dem Podium, als Experte Maximilian Schochow (Institut für Geschichte und Ethik der Medizin MLU, Spezialgebiet: Hermaphroditen im 16.-19. Jh) und als Diskussionsleiterin Viola Schubert Lehnhardt (Rosa-Luxemburg-Stiftung, ehemalige Mitarbeiterin Institut für Geschichte und Ethik der Medizin MLU).

Bleibt zu hoffen, dass nebst der konkreten >>> heutigen Praxis kosmetischer Genitaloperationen an Kindern im Universitätsklinikum Halle sowie dito in Lehre und Forschung der MLU auch deren historische Verantwortung angemessen in der Diskussion berücksichtigt werden, und damit einhergehend die aktuelle >>> Forderung nach Aufarbeitung.

Damit es letztlich nicht nur einfach bei einer weiteren Runde unverbindlicher Statements zum Thema bleibt ...

>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen
>>> Offener Brief an das Universitätsklinikum Halle, 25.09.2012
>>>
Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> 16.04.2012: Senat der Philipps-Universität Marburg beschliesst Aufarbeitung
>>> 06.06.2012: Senat der JLU Gießen regt einstimmig historische Aufarbeitung an  

Wednesday, October 17 2012

"Über die medizinische Korrektur von Intersexuellen" - Amnesty Magazin, Radio Corax Halle 10.10. - WH: rdl 17.10. 16h

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

Zwischengeschlecht.org on Facebook

>>> 60-Min. Beitrag zu den Protesten in Halle von der Amnesty-Redaktion der AI-Hochschulgruppe Halle, u.a. mit Daniela Truffer und yours truly a.k.a. Markus Bauer, inkl. einem Teilmitschnitt der Infoveranstaltung. Danke!

Wegen Gema leider nicht als Podcast downloadbar, aber die Wiederholung kann bei >>> Radio Dreyeckland gestreamt werden. >>> Folien zur Infoveranstaltung (PDF 3.3 MB)

>>> Offener Brief an das Universitätsklinikum Halle   >>> Flugblatt zur Aktion (PDF)

Saturday, October 6 2012

Intersex: "Operiertes Geschlechtsteil extrem berührungsempfindlich, bei Erregung starke Schmerzen" - Was im Beobachter-Interview mit Erich Marti alles fehlte

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Menschenrechte auch für Zwitter!

In der >>> Beobachter-Titelgeschichte zum Thema "Intersex" war auch ein Interview mit einem Betroffenen mit dabei, das als einziges auf der Beobachter-Homepage öffentlich zugänglich ist – allerdings nur in arg verstümmelter Form, die z.T. mehr Fragen aufwirft als Antworten liefert (so auch z.B. >>> auf dem Hermaphrodit Forum). Im Gegenzug enthält sie Falschinformationen (Erich Marti lebte nie "in einem Heim").

Das autorisierte Interview gibt einen Einblick in die Lebenswelt von "in Richtung männlich" operierten Betroffenen ("Hypospadiekorrekturen") – in der Zeit, als dies mit Erich Marti gemacht wurde, die grosse Ausnahme (vgl. dazu auch die Biographie des Betroffenen Enst Bilke). Dieser Blog dokumentiert deshalb nachfolgend die ursprüngliche, von Erich Marti gegengelesene Version des Artikels. Einige zentrale ausgelassene Passagen sind dabei fett markiert. (Die gekürzte Version wurde, wie auch anderes im Hauptartikel, vom "Beobachter" ohne das OK des Betroffenen publiziert.)

Erich Marti* ist anders als die meisten anderen. Bestätigen wollte ihm das niemand. 70 Jahre lang behaupteten Ärzte, Verwandte und Eltern er sei ganz normal. 70 Jahre lang fühlte Marti, dass das nicht stimmen konnte.

Marti steht in seinem Arbeitszimmer. Die Wände sind bis zur Decke mit Büchern und Ordnern gefüllt. Der Wissenschaftler, der an den besten Universitäten dieser Welt studiert und später gearbeitet hatte, suchte sein Leben lang nach einer Antwort. Nach einem Mediziner, der ihm erklärt, dass er sich nicht getäuscht, sich diese Andersartigkeit nicht eingebildet hatte.

Als der damals 14-Jährige zum ersten Mal mit anderen Jungen duschte, bemerkte er, dass er anders gebaut war. Wo die anderen eine Wölbung hatten, ging es bei ihm einfach flach hinunter. Seine Mitschüler lachten ihn aus und riefen ihm Fräulein hinterher. Als der Bart bei den anderen Buben allmählich begann zu spriessen, blieb Martis Gesicht fein wie das eines Mädchens. Während die Kumpanen einen definierten Bizeps entwickelten, fuhr Marti immer noch zum halben Preis Bus, weil er so kindlich aussah. Mit seinen Eltern konnte er darüber nicht sprechen. Der Arzt, den Marti um Hilfe bat, behauptete, alle sei gut und verschrieb ihm Vitamin E zur Ankurbelung der Testosteronproduktion. Genützt hatte es nichts.

Allmählich wurde der Grünschnabel flügge. Mit Mädchen verstand sich Marti immer glänzend. Doch kaum kamen sie sich näher, stiess Marti an seine Grenzen. „Irgendwo hatte ich aufgeschnappt, dass ein Mann mit seinem Penis in eine Frau eindringen muss, damit ein Kind entsteht. Ich schaute mich an und fragte mich, wie zum Teufel das funktionieren sollte“, erklärt Marti. Auch als er wie die anderen Knaben einmal heimlich Kondome kaufte, war er hinterher mehr verwirrt als aufgeklärt. Dennoch hat er sich deswegen nie abnormal gefühlt. „Sex war ein Tabu. Wir hatten keine Ahnung, was normal ist und was nicht. Ich konnte mir deshalb auch nicht wirklich einen Reim darauf machen, was nun wie sehr mit mir nicht stimmte“, erinnert sich Marti.

Es war am Tag vor seiner Hochzeit als Martis Mutter nach 30 Jahren endlich ihr Schweigen brach. „Du bist operiert“, warnte sie mich. „In der Hochzeitsnacht wird nicht alles funktionieren“, erklärte sie weiter. Marti verwirft die Hände. Noch heute wird er wütend, wenn er sich daran zurückerinnert. „All die Jahre liess sie mich im Ungewissen und dann, als ich endlich eine Frau gefunden hatte, belastete sie mich damit“, entfährt es dem 70-Jährigen. Zwei Jahre nach dieser Offenbarung verstarb Martis Mutter. Was genau mit ihm nach der Geburt geschehen war, sollte sie für immer für sich behalten. In Martis Ehe wurde seine Besonderheit bald zur Belastung. Kam dazu, dass sein operiertes Geschlechtsteil extrem berührungsempfindlich war und bei Erregung stark schmerzte. Seine Frau bestand schnell einmal auf getrennten Schlafzimmern.

In Martis Familie und deren Bekanntenkreis gab es mehrere Ärzte. Marti ging von einem zum anderen, wollte wissen, was mit ihm gemacht wurde. Jeder winkte ab: alles gut, alles normal. Seine lange Suche nach einer Antwort führte ihn sogar zu einer erotischen Masseurin. Er bat sie, sein Glied mit dem anderer Kunden zu vergleichen und zu erklären, worin es sich unterscheidet. „Sie sagte mir, dass er ganz anders aussieht. Dass da gar nichts sei und bei mir bestimmt etwas verkehrt gelaufen ist“, erinnert sich Marti. Er hatte die Hoffnung schon aufgegeben, als er zufällig ein Gespräch zweier mit ihm bekannter Ärzte mitverfolgte, die vergessen hatten, die Behandlungszimmertüre zu schliessen: „Hast du gesehen, der hat keinen Penis. Das ist ein Intersexueller.“ Als Marti zurück in den Behandlungsraum ging, stellte er den Arzt zur Rede. Doch wieder nichts.

Allmählich kam das Internet auf und damit der Zugang zu einer unglaublichen Fülle an Informationen. Informationen, die man ihm so viele Jahre verwehrt hatte. Er sah sich Bilder an, las Erfahrungsberichte, kontaktierte eine Selbsthilfegruppe. „Ich bin Wissenschaftler. Für mich ist etwas erst sicher, wenn es bewiesen ist. Ich wollte einen Beweis.“

Also ging er an seinem 70. Geburtstag zum Kinderarzt Primus Mullis im Inselspital Bern. Aus Dokus und Berichten wusste er, dass Mullis mit intersexuellen Kindern zu tun hatte und nun wollte auch er eine Antwort von ihm.

Und er bekam sie. Nach einer kurzen Untersuchung, stellte der Erwachsenen-Endokrinologe Emanuel Christ die Diagnose: Marti hat einen Mikropenis und wurden wegen einer Hypospadie – die Harnröhre mündet unterhalb der Penisspitze – kurz nach der Geburt operiert. Er habe Glück gehabt, dass er nicht wie die meisten zum Mädchen umoperiert worden sei. Tests haben ergeben, dass Marti wahrscheinlich unter einer partiellen Gonadendysgenesie, einer Fehlentwicklung der Keimdrüsen, leidet, welche die Entwicklung seines männliches Genitals verhinderte. Ein Sonderfall. Bisher kaum erforscht. Umso grösser das Interesse der Ärzte. Unterdessen wurde Martis Erbgut zu Forschungszwecken Mäusen eingepflanzt. „Den Forschungstrieb verliert man auch nach der Pension nicht. Ich möchte unbedingt mehr darüber erfahren. Vor allem interessiert es mich, inwieweit dieser Defekt vererbbar ist“. Denn: Marti hat einen Sohn. Obschon die meisten Betroffenen partieller Gonadendysgenesien unfruchtbar sind, hatte Marti diesbezüglich Glück. Ein Hoden war funktionstüchtig und ermöglichte es ihm, mittels künstlicher Befruchtung ein gesundes Kind zu zeugen.

Doch Martis Sohn, weiss bis heute nichts von der Besonderheit seines Vaters. „Ich wollte ihn nicht mit Vermutungen verwirren. Nun, da ich weiss, was mit mir los ist, werde ich es ihm erzählen.“

Heute mit 70 Jahren sieht Marti seine ewige Suche nach einer Antwort gelassen. „Mir geht es gut. Ich hatte ein schönes Leben, trotz dieser Ungewissheit“, erklärt Marti. Er schaut zum Fenster hinaus, klappt ein Buch über Intersexualität zu und sagt: „Dennoch wäre es irgendwie schön gewesen, zu wissen, was ich bin und weshalb ich so bin. Es hätte einige Entscheidungen vereinfacht. Doch ich bin dankbar dafür, dass ich nach all diese Jahren, nun endlich all die Antworten bekomme, nach denen ich mein Leben lang gesucht habe.“

Nachtrag 2018:

Als Kinderspital und Universität Zürich 2016 bekanntgaben, im Rahmen des Nationalfonds-Projekts Nr. 169575 die Behandlung von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (DSD) im Kispi aufzuarbeiten und den Betroffenen ihre Krankenakten im Staatsarchiv Zürich zugänglich zu machen, schöpfte Erich Marti neue Hoffnung, nun endlich zu erfahren, was als Kind mit ihm ggemacht wurde – nur um erneut schändlich betrogen und bitter enttäuscht zu werden.

Denn trotz Protesten von Betroffenen liessen Kispi und Uni vorgängig ca. 80% aller relevanten Krankenakten vernichten – offensichtlich auch diejenige von Erich Marti. Denn als er mit Unterstützung der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org beim Staatsarchiv um Einsicht anfragte, war seine Akte nicht mehr da – lediglich ein Registereintrag war noch übrig, der allerdings bestätigte, dass Erich Marti 1945 und 1946 zweimal im Kispi in der kinderchirurgischen Abteilung operiert worden war! >>> mehr

>>> Intersex-"Genitalkorrekturen": Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch
>>> Genitalverstümmelungen in KInderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen?
>>> Zwangsoperierte Zwitter über sich selbst und ihr Leben
>>> IGM – eine Genealogie der TäterInnen

Siehe auch:
- "Nur die Angst vor dem Richter wird meine Kollegen dazu bringen, ihre Praxis zu ändern" 
- "Schädliche medizinische Praxis": UNO, COE, ACHPR, IACHR verurteilen IGM 
- 36 UN Rügen für Intersex-Genitalverstümmelungen
"Schädliche Praxis" und "Gewalt": UN-Kinderrechtsausschuss (CRC) verurteilt IGM
- "Unmenschliche Behandlung": UN-Ausschuss gegen Folter (CAT) verurteilt IGM
- "Schädliche Praxis" zum Zweiten: UN-Frauenrechtsausschuss (CEDAW) verurteilt IGM
- UN-Menschenrechtsausschuss (HRCttee/CCPR) verurteilt IGM-Praktiken
- UN-Behindertenrechtsausschuss (CRPD) verurteilt IGM-Straflosigkeit in Deutschland

Kosmetische Klitorisamputationen an Kindern im Kispi Zürich und Insel Bern, z.B. Andrea Prader, Max Grob, Marcel Bettex, von Zwischengeschlecht.org

"KOSMETISCHE KLITORISAMPUTATIONEN AN INTERSEX-KINDERN IN ZÜRICH UND BERN"
Dokumentation mit Belegen aus Publikationen aus dem Kispi Zürich und Insel Bern [OHNE OP / Genitalbilder].

 >>> Download Folien (PDF, 700 KB)

Input von Daniela Truffer zum "Fachtag Intersex"
  • IGM Überlebende – Danielas Geschichte
  • Historischer Überblick:
     "Zwitter gab es schon immer – IGM nicht!"
  • Was ist Intersex?  • Was sind IGM-Praktiken?
  • IGM in Hannover  • Kritik von Betroffenen  • u.a.m.
>>> PDF-Download (5.53 MB)

Thursday, October 4 2012

Intersex: «Entsetzt über das, was ich tat» - Dr. med. Jörg Woweries, Beobachter 20/2012

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

«Wenn Ärzte oder Eltern ihre Vorstellungen über richtige Genitalien durchsetzen, sind Menschenrechte verletzt.» Jörg Woweries, ArztDie schweizer Zeitschrift "Beobachter" hat eine langjährige Tradition im Aufdecken von (Behörden-)Unrecht, am bekanntesten sind wohl ihre Enthüllungen von 1972 über die Kinderwegnahmen bei jenischen und Romafamilien und zu Sterilisationen und Verdingkindern. Mittlerweile gehört die Zeitschrift dem Axel-Springer-Verlag, erreicht aber immer noch über eine Million LeserInnen.

Seit längerem versuchte Zwischengeschlecht.org den "Beobachter" für das Thema kosmetische Genitaloperationen an Kindern zu interessieren, doch erst im Anschluss an die >>> denkwürdige "Club"-TV-Diskussion vom letzten Mai ging konkret etwas: In der Ausgabe 20/2012 ist nun "Intersex" Titelgeschichte. Dazu gab's nebst einem Editorial und dem eigentlichen Artikel auch ein Dialekt-Video-Interview mit dem Medizinethiker Jürg Streuli und einem (in entscheidenden Passagen massiv gekürzten) Interview mit dem Betroffenen Erich Marti.

Sowie als krönenden Abschluss ein Interview mit dem Kinderarzt Jörg Woweries, in welchem er deutlich Klartext redet, und das wir nachfolgend als ersten Beobachter-Beitrag online stellen. Jörg Woweries und allen Beteiligten ein ganz herzliches Dankeschön!

>>> Zum Vergrössern ins Bild klicken
danach ggf. nochmals reinlicken zum
Aufklappen auf 100% Grösse!

>>> Genitalverstümmelungen in KInderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter
>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen

Thursday, September 27 2012

"Eine Frage des Geschlechts?" - Radio Mephisto 97.6, 25.9.12 + online

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)>>> Gelungene 3-teilige Schwerpunktsendung des Leipziger Studierendenradios Mephisto 97.6 aus Anlass der >>> Intersex-Proteste in Leipzig zur "ESPE 2012", vor der Unikinderklinik und zur "DGU 2012" (noch bis Samstag!), zum online nachören und herunterladen, herzliches Dankeschön an alle Beteiligten!

Inkl. einem Studiogespräch mit Daniela "Nella" Truffer und yours truly a.k.a. Markus Bauer, und einem supertypischen Statement von Prof. Dr. med. Roland Pfäffle, seines Zeichens Kinderendokrinologe der Lepiziger Universitäts- kinderklinik (gleich zu Beginn des 3. Teils):

"Ich denke in der Mehrzahl der Fälle lässt sich für den Patienten eine eindeutige Diagnose stellen, und auch eine Geschlechtsfestlegung zumindest vorschlagen, die später kaum in Zweifel gezogen werden kann. Es bleiben Grenzfälle vorhanden und in diesen Grenzfällen stellt dies dritte Geschlecht eine Möglichkeit dar. Dennoch glaube ich bleibt es ein Provisorium, weil die allgemeine Akzeptanz eines dritten Geschlechtes in dem Sinne ist noch schwierig meiner Einschätzung nach."

Fazit: Egal wie sehr am Thema vorbei und an den Haaren herbeigezogen – Hauptsache eine gute Ausrede zum ungehemmt weiterverstümmeln ...

>>> Bericht & Interview im Kreuzer 
>>> Offener Brief Uniklinik Leipzig  
>>> Info-Flyer (PDF)     >>> Open Letter "ESPU 2012"
>>>
Genitalverstümmelungen in KInderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen

Monday, September 17 2012

Peinlich: taz will über Intersex-Proteste berichten, schreibt aber durchgehend "Transsexuelle" --> Nachtrag 2

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Nachträge 1+2 (siehe unten)     >>> Info + Proteste Leipzig-Dresden-Halle 19.-30.9.1

Kann ein Zwitter Sünde sein?

Interview von Judyta Smykowski in der gedruckten taz Nord mit yours truly a.k.a. Markus Bauer über die >>> Intersex-Proteste in Hamburg. (Ausser dass in der taz durchgehend "Trans" steht.)

Für den guten Willen sag ich mal Danke.

Ansonsten sag ich vorerst mal einfach nix dazu, ausser: "Woher nur könnte diese typische Wahrnehmungsverschiebung bloss kommen?"

Nachtrag 1: Hab Autorin und Redaktion um ne Stellungnahme angemailt.

Nachtrag 2: Von der Redaktion erreichte Zwischengeschlecht.org am Montag 17.9.12 ein Entschuldigungsmail:

Tut uns sehr leid, dass das passiert ist. Die zuständige Redakteurin hat bei der Betreuung des Textes geschlafen. Es wird ihr nicht nochmal passieren.

Wie weiter im Mail versprochen erschien in der heutigen gedruckten Ausgabe eine (klitzekleine) Berichtigung in der Rubrik "In aller Kürze" (S. 24):

In unserem Interview mit Markus Bauer in der Wochenendausgabe ist uns ein Fehler unterlaufen: Herr Bauer sprach nicht von Transsexuellen, sondern von Intersexuellen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

In der Onlineversion des Artikels steht allerdings nach wie vor durchgehend "Transsexuelle". Wir bleiben dran ...

>>> Genitalverstümmelungen in KInderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen" 

Thursday, September 13 2012

"Intersex oder lasst uns die Entscheidung" - rdl-Interview zu den Protesten, 13.9.12

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)Interview von Konrad von Radio Dreyeckland, Danke!
Yours truly a.k.a. Markus Bauer informiert über die Proteste dieses Wochenende in Hamburg. Nella meint: "Ganz gut geworden."

>>> Hier zum online anhören/downloaden

Saturday, September 8 2012

Rezensionen zu Heinz-Jürgen Voß: "Intersexualität - Intersex. Eine Intervention" (2012)

>>> Info + Proteste Hamburg 13.-16.9.12   >>> Leipzig-Dresden-Halle 19.-30.9.12

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Heinz-Jürgen Voß (Blog) ist einer der leider raren Geschlechterforscher, bei dem die inhaltliche Kritik an der vereinnahmenden Ausblendung der Menschenrechtsverletzungen an Zwittern offensichtlich nicht nur zum einen Ohr rein und zum andern flugs wieder raus ging, sondern der die Argumente und Quellen auch zur Kenntnis nahm und seither immer mal wieder beweist, dass er seine Hausaufgaben gemacht hat und die Anliegen der Überlebenden von kosmetischen Genitaloperationen ernst nimmt. Dafür im Namen dieses Blogs ein ganz herzliches Danke!

Voß' neues Buch schliesst offenbar an seine bisherige inhaltliche Kritik an der Ethikratstellungnahme an, insbesondere die fehlende Berücksichtigung aktueller Outcomestudien, wie auch das unzureichende Musikgehör der Grünen für die Forderungen der Betroffenen. >>> Klappentext + Einleitung  Wir sind gespannt wie ein Flitzbogen!

Bis dahin schon mal Hinweise auf eine >>> gelungene Rezension von Martin Brandt auf kritisch-lesen.de, die zudem punktgenau den Finger auf die wunden Stellen in der Ethikratstellungnahme legt. (Einziger Wermutstropfen: Die darin vorgebrachte These, das Zurückgreifen auf konkrete Outcome-Ergebnisse sei – im Gegensatz zur Argumentation mittels Geschlechtertheorie, wie Voß sie in seiner Dissertation entwickelte – eine gar auch "brave Intervention gegenüber einem Bollwerk aus Medizin, Jurisprudenz, Zivilgesellschaft und Staat" und letztlich nur "strategisch sinnvoll", um "die Debatte für radikalere Forderungen offen zu halten". Dies wirft die Frage auf, ob der Rezensent genügend reflektiert hat, dass – immer wieder neu zurechtgebogene – "wissenschaftliche Geschlechtertheorien" in der langen Geschichte der medizinischen Zwitter-Verstümmelungen historisch und bis heute letztlich Ausrede für und wissenschaftliche Rechtfertigung von Menschenrechtsverletzungen sind, weshalb gerade nur Belege für das dadurch verursachte (physische) Leid und damit einhergehend das Bestehen auf dem Menschenrecht auf körperlicher Unversehrtheit und Selbstbestimmung gegen das erwähnte "Bollwerk" Erfolg versprechen. Und dass der Debatte um Beendigung der Verstümmelungen eine moralische Verpflichtung innewohnt, endlich einmal genau auf diese Beendigung konkret hinzuarbeiten, und nicht erneut auf "radikalere Forderungen" einmal mehr auf dem Buckel der noch ungeborenen Verstümmelten.)

Und weiter auf die >>> interessante Besprechung von Anja Gregor auf Mädchenblog, inkl. einer Zusammenfassung des Buches, die (wenn auch wiederum erst nach scheinbar obligaten Schlenkern und Umwegen über verschiedene "den universitären Diskurs betreffende Details" der geschlechtertheoretischen Art) im letzten Abschnitt ebenfalls zurückkommt auf die notwendige politische "Auseinandersetzung um die Menschenrechte auch für intergeschlechtliche Menschen".

>>> Klappentext + Einleitung 

Fortsetzung folgt ...

>>> Info + Proteste Hamburg 13.-16.9.12   >>> Leipzig-Dresden-Halle 19.-30.9.12

Thursday, September 6 2012

«Wir müssen lernen, dass Kinder sich selber gehören» - Jacqueline Fehr, Tages-Anzeiger 5.9.12

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)Es tut sich was! >>> Gelungenes Interview von Vincenzo Capodici mit Jacqueline Fehr, SP-Nationalrätin und Präsidentin der Stiftung Kinderschutz Schweiz, über einen kommenden politischen Vorstoss "zum Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit".

Anknüpfend an die aktuellen Debatten von Knabenbeschneidung bis Ohrlochstechen will Jacqueline Fehr das Thema grundsätzlich angehen:

Ich setze mich dafür ein, dass Kinder als eigene Rechtssubjekte anerkannt werden. Körperliche Eingriffe, die medizinisch nicht nötig sind, sollen deshalb so lange verschoben werden, bis das Kind selber entscheiden kann. Es gibt bei nicht medizinisch notwendigen Eingriffen keinen Grund zur Eile und keinen Grund, anstelle der Kinder zu entscheiden.

Und schliesst zur Freude dieses Blogs dabei explizit auch kosmetische Genitaloperationen an "Intersexuellen" mit ein! Danke!  

Einziger Wermutstropfen: Der von Fehr für die "Intersex"-Genitalverstümmelungen verwandte Begriff "Geschlechtsoperationen" (der von der Redaktion in einer Fussnote erst mal erklärt werden muss) lenkt eher ab vom eigentlichen Anliegen "Recht auf intakte Genitalien auch für Zwitter". Und leistet dazu Vorschub für verschrobene Medizyner-Ausreden à la Deutscher Ethikrat, laut welchem bekannlich "geschlechtvereindeutigende" Verstümmelungen schon irgendwie OK seien und nur strikt "geschlechtszuordende" Verstümmelungen allenfalls eventuell unterlassungswürdig. :-(

Bleibt zu hoffen, dass der eingereichte Vorstoss diesbezüglich besser formuliert sein wird ...

>>> Chirurgische Genitaloperationen an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen"

Monday, September 3 2012

Berlin: Schmerzensgeldprozess um Ohrlochstechen an Dreijähriger - Richter erwägt Strafverfahren - "Intersex"-Genitalverstümmelungen in der "Charité" gehen ungehindert weiter

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

>>> Nachtrag

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)Laut der >>> Berliner Morgenpost (eins | zwei) zahlte ein Tattoo-Studio in einem Zivilprozess am Amtsgericht Lichtenberg (Az. 14 C 58/12 ) einer Dreijährigen wegen Ohrlochstechens in einem aussergerichtlichen Vergleich das geforderte Schmerzensgeld von 70.-- Euro. Den Prozess hatten die Eltern angestrengt – obwohl scheints sie und die Betroffene die Behandlung ausdrücklich gewünscht hatten.

Beide Berichte stellen prominent einen Bezug zum >>> Kölner Beschneidungsurteil her. Auch soll es möglicherweise nicht beim Zivilverfahren bleiben, wie der 2. Bericht herausstreicht:

Der Vorsitzende Richter kündigte nach der Verhandlung an, den Fall "wahrscheinlich" an die Staatsanwaltschaft zu übergeben.

Denn das Stechen von Ohrlöchern bei Kindern ist nach Ansicht des Berliner Richters möglicherweise auch dann eine strafbare Handlung, wenn die Eltern einwilligen. Im Rahmen des Zivilprozesses sagte Richter Uwe Kett am Freitag, er erwäge, die Strafgerichte einzuschalten. Möglicherweise handele es sich um rechtswidrige Körperverletzung, so Kett vor dem Hintergrund des umstrittenen Beschneidungsurteil des Kölner Landgerichts.

In der Verhandlung sagte der Richter mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit, das Kind habe zwar selbst die Ohrlöcher gewollt. Es sei jedoch nicht klar, ob der Wille einer Dreijährigen ausreiche, um den Vorwurf der Körperverletzung auszuschließen. Auch sei zweifelhaft, ob die Einwilligung der Eltern dem Wohl des Kindes gedient habe.

In rührender Weise stellt sich zudem der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) mal wieder als (selektiver) Schützer der körperlichen Unversehrtheit in Szene und forderte "ein Verbot des Ohrlochstechens bei Kindern":

"Ohrlochstechen, Tätowierungen und Piercings bei Minderjährigen sind aus unserer Sicht Körperverletzung", sagte BVKJ-Präsident Wolfram Hartmann. Beim Stechen von Ohrlöchern könne es zu Entzündungen und Verletzungen kommen. Gerade für kleine Kinder sei die Gefahr groß [...]

Nachtrag: In der >>> Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung legte BVKJ-Präsident Hartmann noch einen drauf:

„Ohrlochstechen ist aus unserer Sicht eine Körperverletzung und ebenso ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Kindes wie die Beschneidung“ [...]. Es sei „teilweise abenteuerlich“, was Kindern schon im Säuglingsalter zugemutet werde. Das Loch im Ohrläppchen sei eine irreversible Schädigung, da es nicht mehr zuwachse. „Natürlich ist die Beschneidung ein noch wesentlich weitergehender Eingriff, aber auch das Ohrlochstechen ist ein schmerzhafter Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Kindes“ [...].

Gleichzeitig gehen (nicht nur) in Berlin (nicht nur) an der "Charité" medizinisch nicht notwendige, menschenrechtswidrige Genitalverstümmelungen an "Intersex"-Kindern unverändert weiter.

Meine 2 Cent: Nach Knabenbeschneidung und nunmehr Ohrlochstechen fehlen aktuell noch zu den Themen "Ohrenanlegen" und Abschneiden "überzähliger" Finger und Zehen Gerichtsprozesse und öffentliche Debatten, bei denen sich Pädo-MedizynerInnen als "KindeswohlbeschützerInnen" aufspielen, dann wäre wohl das ganze Spektrum medizinisch nicht notwendiger Verstümmelungen an Kindern abgedeckt – selbstverständlich mit Ausnahme der (wohl unbestritten vergleichsweise gravierenderen) kosmetischen Genitalverstümmelungen an Kindern mit "atypischen" Genitalien.

"Zufällig" betreffen die ersten beiden Themen, bei denen sich die PädiaterInnen bisher gerne so lautstark für das "Kindeswohl" in Szene setzen, Eingriffe, die (zumindest auch) von ProtagonistInnen ausserhalb der eigenen Zunft profitbringend ausgeübt werden.

Und die letzte angesprochene Gruppe betroffener Kinder, die (nicht nur in Berlin) nach wie vor zu 90% im Kindesalter genitalverstümmelten Zwitter, die sind ja offensichtlich eh keine richtigen Menschen – zumindest nicht für den Berliner Senat, der bis heute von kosmetischen Genitaloperationen angeblich "keine Kenntnis" haben will, noch für die menschenverachtenden PolitikerInnen, die regelmässig die wachsende öffentliche Empörung über die Zwitter-Verstümmelungen ausschlachten für "Gender- und Personenstandspolitik mit Kinderblut an den Händen".

>>> Zitty 14/2013: Heute noch Intersex-Genitalverstümmelungen in der "Charité"  
>>>
Hunde besser vor Verstümmelung und Kastration geschützt als Kinder   
>>> Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe 
>>> Berliner Senat leugnet Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken
>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen"
>>> Verflucht sollt ihr alle sein, denn an euren Händen klebt Kinderblut!  

Friday, August 31 2012

"Unter der Gürtellinie": Wie Michael Wunder, Eberhard Schockenhoff u.a. auf Deutschlandradio "Intersex"-Genitalverstümmelungen verharmlosen

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

[Nachtrag von Seelenlos: Von S. Z. gabs inzwischen mehrfach gelungene Interviewbeiträge, etwa in der taz und auf arte / youtube. Der Name wurde durch Initialen ersetzt. Auch von Michael Wunder gab's mittlerweile Positives auf dradio (--> 2.). Danke!]

Im Vorfeld der Ethikrat-Stellungnahme gab es auf
>>> Deutschlandradio Kultur eine Sendung, bei der ich wieder einmal das grosse Kotzen kriegte: Der "mehrdeutig geschlechtlich[e]" S. Z. und die beiden Ethikratmitglieder Michael Wunder und Eberhard Schockenhoff wurden zum Thema "Intersexualität" befragt.

S.Z. sagt schon zu Beginn: "Ich gebe nicht gerne Auskunft über meine geschlechtlichen Ausstattungen. Das finde ich etwas unter der Gürtellinie." Das ist sein gutes Recht, aber wenn er diesen Satz nicht ergänzt mit einem: "Nur soviel: Im Gegensatz zu den allermeisten Zwittern ist mein Genital unverstümmelt." dann macht er sich aus meiner Sicht strafbar! Strafbar der übelsten Vereinnahmung der eigenen Leute, von denen die meisten als Kinder genitalverstümmelt wurden!

Das ist, als würde einer aus einem Folterkamp entkommen und er würde von seiner beschwerlichen Flucht erzählen, aber nicht davon, dass die meisten im Folterkamp verreckt sind oder heute noch gefoltert werden. Nein, noch schlimmer: er würde verschweigen, dass es ein Folterkamp war!!

In der Öffentlichkeit im Kontext "Intersexualität" zu reden und dabei zu unterschlagen, dass man a) als unverstümmelter Zwitter zu der absoluten Ausnahme gehört und b) dass nämlich die allermeisten Zwitter verstümmelt sind und dass deren sexuelle Empfindungsfähigkeit massiv beeinträchtigt oder völlig zerstört ist, dass sie massiv traumatisiert sind, dass viele sich deshalb umbringen – das zu verschweigen ist MORALISCH VERWERFLICH!

Unversehrte Zwitter haben die moralische Verpflichtung und Verantwortung zu sagen, dass sie unversehrt und somit eine Ausnahme sind, weil die meisten Zwitter schon als Kleinkinder massiv an ihren Genitalien operiert wurden und nach wie vor werden. Sie müssen dafür ja nicht die Hose runterlassen!

Da nützt es auch nichts, wenn S. Z. später zugibt: "Auf keinen Fall wollte ich ins Krankenhaus, weil ich vermutete, wenn ich irgendwie unters Messer komme, dass dann etwas gemacht wird." Das ist ja schon fast zynisch. Als Baby kann man nämlich nicht entscheiden, ob man ins Krankenhaus will oder nicht! Es war schlichtweg ein Riesenglück, dass er überhaupt soweit gekommen ist, diese Entscheidung treffen zu können! Laut der Lübecker Studie werden auch heute noch 90% aller Zwitter mindestens einmal operiert, die Mehrzahl davon in den ersten drei Lebensjahren.

Schämt euch, ihr Unverstümmelten, die ihr die Gesellschaft glauben lässt, es gäbe die Verstümmelten nicht wirklich oder sie seien zu blöd, um sich zu wehren!! Ihr helft somit denen, die euch ein Dorn im Auge sind: den Medizinern als Vertreter des ach so bösen Zweigeschlechtersystems, und verratet eure eigenen Leute, die nicht soviel Glück hatten wie ihr selber! Wie könnt ihr das nur mit eurem Gewissen vereinbaren?

Und erzählt mir jetzt nicht, dass ihr nicht beeinflussen könnt, was die Journalisten letztendlich bringen, oder dass euch dieser pathologische Diskurs zuwider ist und dass ihr deshalb nicht über Genitalien reden wollt. Alles faule Ausreden!

Ich habe eher den Verdacht, dass S. Z. nicht über seine Genitalien reden will, weil er dann zwangsläufig sagen müsste, dass diese intakt sind. Und das würde den ganzen "Diskurs" auf eine andere Bahn lenken.

Und wo ein unversehrter vereinnahmender Zwitter ist, da ist oft auch ein vereinnahmender Schwuler nicht weit:

Der "bekennende Homosexuelle" Michael Wunder nutzt seine Stellung im Deutschen Ethikrat, um in gewohnter Manier Schwulenpolitik zu betreiben, indem er gewisse Sachverhalte verharmlosend oder völlig unverständlich wiedergibt, und dafür andere – die den meisten Zwittern am Arsch vorbeigehen – besonders herausstreicht.

Selbstverständlich spricht Wunder weder von "kosmetischen Genitaloperationen", geschweige den von "Genitalverstümmelungen", sondern verschleiernd von "Operationen, die die Geschlechtsidentität verändern" könnten: da "muss die Hürde so hoch sein, dass solche Operationen im Kindesalter nur in diesen vitalen Indikationsfällen gegeben werden dürfen".

Diese "vitalen Indikationsfälle[ ]" bezeichnet er im Vorfeld als "bestimmte[ ] Fälle[ ] von Intersexualität", bei denen "ein medizinischer Eingriff notwendig sein kann".

So kann man die Unterscheidung zwischen unnötigen kosmetischen Genitaloperationen ("Hypospadiekorrekturen", "Klitorisreduktionen" usw.) und den sehr seltenen, medizinisch notwendigen Eingriffen (beispielsweise bei Harnwegverschlüssen) auch umschiffen.

Und angeblich hat Wunder nur mit Intersexuellen Gespräche geführt, die "sich sowohl männlich als auch weiblich fühlen, andere als weder männlich noch weiblich; und eine dritte Gruppe sich als etwas ganz anderes versteht". Was ist mit denen, die sich entweder weiblich oder männlich fühlen, oder denen "Geschlechtsidentität" schlicht am Arsch vorbeigeht, weil sie wegen den erlittenen Verstümmelungen ganz andere Probleme haben, aus meiner Erfahrung die Mehrheit?

Genau, die werden unterschlagen, zensiert und mundtot gemacht – wie schon im Ethikrat-Online-"Diskurs".

Und natürlich plädiert Wunder zuguterletzt als einzige konkrete politische Forderung für eine dritte Kategorie "Anderes" im Personenstandsregister und hofft, "dass die Gesellschaft offener mit dem Thema und mit Intersexuellen umgeht", um abschliessend als "bekennender Homosexueller" auf die Schwulenbewegung zu verweisen, die seien auch lange "diskriminiert" worden.

Und sein Ethikratkollege und Moraltheologe Eberhard Schockenhoff, der gerne das Verhältnis der katholischen Kirche zu Homosexuellen kritisiert, doppelt nach mit verharmlosender Tätersprache: "Der Zwang, sich zu einer geschlechtlichen Identität zu bekennen, von der man weiß, dass sie nicht stimmt, dass es nicht die eigene ist, das ist tatsächlich eine erhebliche Diskriminierung."

Noch Fragen?

Würde man denen allen auch mal am Lustorgan was abschneiden, mal schauen, ob sie dann schreien würden: Ich fühle mich dis-kri-mi-niiiert!! In meiner I-den-ti-tääät!!

[Nachtrag von Seelenlos: Von S. Z. gabs inzwischen mehrfach gelungene Interviewbeiträge, etwa in der taz und auf arte / youtube. Der Name wurde durch Initialen ersetzt. Auch von Michael Wunder gab's mittlerweile Positives auf dradio (--> 2.). Danke! ]

>>> "Intersex"-Genitalverstümmelungen in der Berliner Charité 2012
>>> Berliner Senat leugnet Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken
>>> "Aufarbeitung tut not!" Klitorisamputationen u.a. "Genitalkorrekturen" an Kindern
>>> Verflucht sollt ihr alle sein, denn an euren Händen klebt Kinderblut!  

Monday, August 27 2012

Rezension von Heinz-Jürgen Voß zu Schweizer/Richter-Appelt (Hrsg.): "Intersexualität kontrovers"

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Kann ein Zwitter Sünde sein?

Gelungene >>> Rezension von Heinz-Jürgen Voß auf querelles.net, Danke! Sehr schön auch das passende Zitat von Michel Reiter in der Rezi, als Replik auf die üblichen Medizyner-Zirkelschlüsse im Buch, vorliegend durch den australischen Serien-Genitalverstümmler Garry L. Warne:

„Werden Kritiken an den geschlechtlichen Assimilationsmethoden laut, wie in den USA seitens der Intersex Society of North America (ISNA) oder der AGGPG [Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie, gegründet 1996; Anm. HV] in Deutschland formuliert, versucht man diese zuerst zu Spinnern zu erklären; und nützt dies nichts, werden Übernahmeangebote an die Aktivisten getätigt, indem man ihnen eine wissenschaftliche Karriere in Aussicht stellt und sie an einer Modifikation ihrer Behandlungen beteiligt. Gleichfalls versichert man, vor allem gegenüber der Öffentlichkeit, die Eingriffe humaner zu gestalten, indem die Quantität der chirurgischen Eingriffe reduziert, ihre Qualität und eine psychotherapeutische Hilfeleistung dagegen expandiert werden. Beweise für diese Behauptungen werden nicht geliefert. Man spricht von Fehlern in der Vergangenheit und den technischen Weiterentwicklungen heute und in Zukunft. Daß es dabei ungebrochen um des Gärtners Vorstellungen geht, um viel Geld und Forschungsmaterial, um Prestige und Macht, aber niemals um den Menschen, fällt dort nicht weiter auf.“
(Michel Reiter: "Medizinische Intervention als Folter", 30.6.2000).

(Nachtrag: Warne darf obendrein auch 2013 noch unverändert in einer Publikation unter Beteiligung von XY-Fauen/Intersexuelle Menschen e.V. medizinisch nicht notwendige Kastrationen plus alle sonstigen Genitalverstümmelungen an "AIS-Mädchen" unwidersprochen propagieren, vgl. hier unter "Operationen von Mädchen mit AIS" sowie Anmerkung in Quellenangabe.)

Ich selber habe es bisher nicht geschafft, mich durch das ganze Buch hindurch zu quälen. Soweit ich bisher kam, bestätigte sich, dass es zwar vordergründig sehr differenziert und ausgewogen daherkommt, letztlich aber doch praktisch ausschliesslich die üblichen GenitalabschneiderInnen, deren FreundInnen und ApologetInnen zu Wort kommen. Prinzipielle Kritik an den Verstümmelungen unter Berücksichtigung von elementaren Menschenrechten wie etwa dem Recht auf körperliche Unversehrtheit ist – Überraschung! – einmal mehr nicht gefragt. Sondern stattdessen die üblichen Ablenkungsmanöver von wegen "Rekonstruktionsoperationen" und "eigentlich nicht direkt kosmetisch" usw., wie sie (als Reaktion auf die andauernde Kritik Überlebender) aktuell unter Medizynern Mode sind und u.a. schon in Katinka Schweizers schriftlicher Ethikrat-Stellungnahme zu finden waren. 

Das Tüpfelchen auf dem i dann die (von Voß in seiner Rezension erwähnte) Behauptung von "Hertha Richter-Appelt & Katinka Schweizer" in der Einführung des Buches, es sei ihnen "diesmal leider nicht gelungen, eine stärkere Beteiligung von Experten in eigener Sache zu erwirken". Dies ist offensichtlich (einmal mehr) Heuchelei bzw. erstunken und erlogen: Wie Nella berichtet, gingen weder bei Selbsthilfegruppen oder sonstigen Interessevertretungen der Betroffenen noch über entsprechende Mailinglisten je irgendwelche Anfragen zur Mitarbeit ein. Auch sonst sind Richter-Appelkt & Co. ja nicht gerade dafür bekannt, einen breiten und offenen Dialog auch mit kritischen Betroffenen zu suchen. Wäre ja noch schöner ...

Nachtrag: Besprechung auf aerzteblatt.de

>>> Besprechung zu "Intersexualität kontrovers" von Anja Gregor 

>>> Diskussionsbeiträge zu Richter Appelt aus 2010

Sunday, August 19 2012

"Tabu Intersexualität" - Arte Do 23.8.12, 23:10 Uhr + online

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter! 

Kann ein Zwitter Sünde sein?Für alle, die sie noch nicht kennen: Diese Woche wiederholt Arte die preisgekrönte Doku von Britta Dombrove, die aktuell auch online gekuckt werden kann. >>> Besprechung der Sendung + youtube-Link hier. Ausserdem auf diesem Blog: Transkripte der menschenverachtenden Aussagen der Seriengenitalverstümmler >>> Prof. Dr. Pierre Mouriquand und >>> Prof. Dr. Olaf Hiort.

>>> "Chirurgische Genitalkorrekturen": Medizinische Verbrechen an Zwittern
>>> "Orgasmusfähigkeit leidet durch Klitorisentfernung nicht" - Prof. Bierich
>>> Kosmetische GenitalOPs: Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch 

Wednesday, August 15 2012

Meinungsforschung: Bevölkerung lehnt "Intersex"-Verstümmelungen ab, 3. Geschlechtseintrag politisch chancenlos

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

Eine >>> aktuelle repräsentative Umfrage des Hamburger Markt- und Trendforschungsinstitutes EYESandEARS unter 1100 BürgerInnen bestätigt, was die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org seit Jahren postuliert:

Kosmetische Genitaloperationen an Kindern mit "atypischen" Geschlechtsteilen sind klar nicht mehrheitsfähig und werden von der Bevölkerung – sofern sie über die Eingriffe informiert ist – überwiegend abgelehnt, weil sie sonnenklar gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrheit verstossen. Ein spezifisches Verbot dieser Verstümmelungen – rsp. die offizielle Anerkennung ihrer Verfassungswidrigkeit und Strafbarkeit – ist deshalb politisch aussichtsreich. Laut der Umfrage sind kosmetische Genitaloperationen für 58% der Befragten ein (unzulässiger) "Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen"; 66% der Befragten plädieren dafür, sie nur auf Wunsch der Betroffenen selbst durchführen zu lassen. (Offensichtlich braucht's immer noch einiges an Aufklärung über die konkreten Praktiken.)

Radikale Personenstandspolitik ist dagegen politisch nicht mehrheitsfähig (und nach allem, was wir wissen, hat da auch nur eine kleine Minderheit der Betroffenen selbst Interesse daran). Versuche, das Thema von dieser Seite her politisch aufzugleisen, widersprechen deshalb nicht nur den Wünschen der unverändert zu 90% verstümmelten Betroffenen selbst und sind deshalb Vereinnahmung, sondern obendrein politisch kontraproduktiv und helfen letztlich nur den Medizynern & Co. beim möglichst ungehinderten Weiterverstümmeln. Laut Umfage sind lediglich 30% der Befragten für einen 3. Geschlechtseintrag, am meisten Zustimmung findet mit 44% noch der Vorschlag, "den Eintrag in Papieren zunächst frei zu lassen, bis sich die Betroffenen entschieden haben". (Offensichtlich wissen auch immer noch längst nicht alle, dass "falsch eingetragene" Betroffene nach § 47 Personenstandsgesetz jetzt schon die Möglichkeit haben, einen nicht zutreffenden Eintrag später "berichtigen" zu lassen.)

Leider erfolgte auch die zitierte Umfrage aus der Perspektive der Vereinnahmung heraus: Aufhänger und ausführlicher Untersuchungsgegenstand sind einmal mehr Personenstandskacke und "3. Geschlecht" – die für die Betroffenen zentrale Problematik der Genitalverstümmelungen in den Kinderkliniken ist einmal mehr nur Anhängsel und Nebensache (und wird in der Umfrage typischerweise mit einem Ausdruck aus der Tätersprache umschrieben: "geschlechtsangleichende Operationen").

Würde den AuftraggeberInnen/UrheberInnen dieser Umfage selber an den eigenen Genitalien einmal etwas "angleichend" herumgeschnitten, hätten sie bestimmt ziemlich schnell andere Prioritäten – wetten?!

>>> Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen? 
>>>
"Aufarbeitung tut not!" Klitorisamputationen u.a. "Genitalkorrekturen" an Kindern
>>> Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe

Tuesday, June 26 2012

Landgericht Köln: Knabenbeschneidung ist "Körperverletzung" und verstösst gegen "Recht auf körperliche Unversehrtheit"

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

"Die Grundrechte der Eltern aus Artikel 4 Abs. 1, 6 Abs. 2 GG werden ihrerseits durch das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung gemäß Artikel 2 Abs.1 und 2 Satz 1 GG begrenzt." (Urteil 151 Ns 169/11)

>>> Nachträge bis 4.7.12     >>> Das Urteil im Wortlaut    >>>  Urteil als PDF 

Ein weiterer "Blick über den eigenen Tellerrand hinaus":

Hände weg von Kindergenitalien!Laut einem >>> Artikel von gestern Abend in der Financial Times fällte das Landgericht Köln in 2. Instanz ein "wegweisendes Urteil": Das Gericht bewertete die Knabenbeschneidung als "schwere und irreversible Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit" und als "Körperverletzung", in welche Eltern für ihre Kinder nicht einwilligen dürfen. Zwar wurde der Arzt von Strafe verschont, weil er sich im "Verbotsirrtum" befunden habe, sprich nicht gewusst habe, dass Knabenbeschneidungen eigentlich verboten sind:

Über Jahrzehnte hatten Ärzte in Deutschland in einer juristischen Grauzone agiert, wenn sie Jungen aus rein religiösen Gründen beschnitten, ohne dass es eine medizinische Notwendigkeit gab. Bislang konnten sie sich jedoch darauf berufen, keine Kenntnis von der Strafbarkeit religiöser Beschneidungen gehabt zu haben. Selbst wenn ein Gericht den Einzelfall später als Körperverletzung anerkannte, musste der Arzt wegen des so genannten Verbotsirrtums freigesprochen werden. Mit dem Kölner Urteil fällt diese Möglichkeit nun weg.

In einem >>> heutigen Artikel in der Süddeutschen (mit interessanten weiteren Links) wird präzisiert:

Das Recht des Kindes auf Unversehrtheit überwiege in diesem Fall gegenüber dem Erziehungsrecht der Eltern und deren Grundrecht auf Religionsfreiheit.

Auf >>> Deutsch Türkische Nachrichten erschien heute nachmittag ein interessantes Interview mit dem Strafrechtler Holm Putzke, der (zusammen mit den Münchener Ärzten Maximilian Stehr und Hans-Georg Dietz) seit 4 Jahren öffentlich darlegt, Knabenbeschneidung sei juristisch nicht zulässig. Darin findet sich u.a. folgender bedeutsamer Wink:

Übrigens steht in Art. 24 Abs. 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (kurz: „UN-Kinderrechtskonvention“), dass die Vertragsstaaten wirksame Maßnahmen treffen müssen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen. Nicht zuletzt deshalb sollte alles getan werden, um Kinder vor religiösen Beschneidungen zu bewahren.

Meine 2 Cent: Und das am selben Tag wie die bahnbrechende "Intersex"-Anhörung im Bundestag, und im selben Landgericht Köln, wo vor bald 5 Jahren der siegreiche "Zwitterprozess" von Christiane Völling und damit auch die aktuelle Zwitterbewegung ihren Anfang nahmen! Insbesondere auf den "Verbotsirrtum" werden sich früher oder später noch so manche GenitalverstümmlerInnen ebenfalls stürzen - wetten?! Nach der gestrigen Anhörung und diesem Urteil wird ihnen das allerdings je länger desto schwerer fallen ...

Nachträge (Stand 4.7.12):

Kommentar von Holm Putzke zum Urteil auf >>> Legal Tribune Online.

FAZ-Artikel mit sehr interessanten >>> Auszügen aus den Gerichtsurteilen inkl. Vorinstanz (Amtsgericht). und interessanten Kommentaren, z.B. dieser von Ulrich Hinderer (tiger_78) - 27.06.2012 16:17 Uhr:

Ich kenne zwei Männer, die offen über die Scham und Schmerzhaftigkeit des gegen ihren Willen vorgenommenen, religiös motivierten Eingriffes sprechen. Eine andauernde Desidentifikation mit ihrem "behandelten" Geschlechtsteil und ein starkes Ohnmachtsefühl, das wehrlose, von den vertrauten Eltern erzwungene Ausgeliefertsein an einen Fremden, wurde geschildert.

Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass dieser Eingriff auch aus "medizinischer Notwendigkeit" im Alter von sechs Jahren weder Vergnügungssteuerpflichtig ist noch dazu dient, Selbstvertrauen oder Körpergefühl zu verbessern. Das Gegenteil war bei mir der Fall. Auch unter Nennung rationaler Gründe sind die Schmerzen dieses Eingriffs sehr erniedrigend.

Stellen Sie sich vor, jemand betäubt Sie, schnippelt absichtlich an Ihrem besten Stück rum und Ihr Penis fühlt sich für die nächsten Wochen bei jeder Bewegung an, als hätten Sie Ihren Reißverschluss massiv fehlbedient und beim Pinkeln als hätte man ihn angezündet.

Interessante Kommentare in der >>> Süddeutschen und >>> FAZ.

Sowie ebd. ein >>> Artikel zu Widerständen aus organiserter Religion + Politik, mit lesenswerten Kommentaren zu allen Aspekten, inkl. diesem: "Welch seltene Front: Juden, Katholiken, Protestanten, Muslime, FDP, Grüne -alle an einem Strang" und diesem: "Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Volker Beck, Schwulenrechtler und menschenrechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, die Religionsfreiheit für wichtiger hält als die körperliche Unversehrtheit von Kindern." 

>>> Neues Deutschland mit folgendem Hinweis auf das BGB:

»Das Grundgesetz garantiert das Recht auf körperliche Unversehrtheit«, erläutert der Jurist Peter Stein, ein Familienrichter im Ruhestand, »wann dieses Recht eingeschränkt ist, ist ebenfalls genau festgelegt. Eine Einschränkung aus religiösen Gründen ist nicht vorgesehen. Nicht nur das: Vor einigen Jahren wurde im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Gewalt ist, wenn ihnen Schmerzen zugefügt werden. Dieses Verbot ist absolut; es gibt keine Einschränkungen« Seiner Ansicht nach tun Ärzte deshalb gut daran, alles sein zu lassen, wofür es keine medizinischen Gründe gibt: »Im Urteil dreht es sich natürlich zunächst nur um die Beschneidung. Doch seine Begründung ist auch auf alles andere anwendbar - auch auf das Stechen von Ohrlöchern und was Eltern sonst noch so einfällt.«

Weiterer >>> FAZ-Artikel mit verräterischem Pro-Beschneidungsargument (und prompter Replik in den Kommentaren):

Man könne diese jahrtausendealte Tradition nicht aufgeben. Juristisch möge das Kölner Urteil mit seiner Berufung auf das im Grundgesetz garantierte Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit womöglich eine gewisse Fundiertheit besitzen, doch: „Das Leben besteht nicht nur aus Juristerei.“ Mit der Lebenswirklichkeit habe dieser Richterspruch wenig zu tun. Korn wies darauf hin, dass aller medizinischen Erkenntnis zufolge das Schmerzempfinden von Babys in den ersten drei Lebensmonaten kaum ausgeprägt sei. Die Kinder würden also unter dem Eingriff nicht leiden.

>>> Der Tagesspiegel sieht "verheerende praktische Auswirkungen, die ein generelles Beschneidungsverbot hätte" – nämlich: "Beschneidungs-Tourismus in Nachbarländer" (so ein Zwischentitel) bzw. aus religiösen Gründen beschneidungswillige Eltern "könnten in die Illegalität gedrängt werden oder müssten künftig die Mühsal eines Beschneidungs-Tourismus in ein Nachbarland auf sich nehmen". (Hm, wo hatten wir dieses "Argument" bloss schon mal? Ach, richtig, hier.)

>>> Auch der Chirurg Martin Büsing haut auf >>> wdr.de prompt in die altbekannte "Tourismus"-Kerbe. Auch er sollte vielleicht mal die Kommentare zum Artikel lesen ...

Der Kinderschutzbund BW befürwortet den Entscheid laut >>> dieser Agenturmeldung.

Dito Terre des Femmes laut >>> scharf-links.de und >>> taz.

Interessanter Exkurs in einem Pro-Beschneidungsinterview des Vize-Präsidenten der Berliner Zwitterverstümmler-Uni FU, dem Theologen und Philosphen Michael Bongardt in >>>  Cicero (auch hier: sehr elsenswerte Kommentare!):

"Es gibt derzeit eine in einem ähnlichen Bereich angesiedelte Diskussion um Kinder, deren Geschlecht nicht eindeutig zu bestimmen ist und die Frage, ob Eltern das Recht haben, das Geschlecht zu einem sehr frühen Zeitpunkt durch einen medizinischen Eingriff festzulegen zu lassen. Ein solcher Eingriff hat eine völlig andere Massivität als eine Beschneidung! Da sage ich sofort: Wenn nicht zwingend medizinische Gründe dafür sprechen, sollte er verboten werden. Denn das ist eine Festlegung, die das Kind in einer nicht mehr zu rechtfertigen Weise in seiner weiteren Entwicklung beeinflusst."

Hochinteressanter Post von Oliver Tolmein mit einem internationalen Überblick zum Thema auf seinem >>> FAZ-Blog Bioethik.

Bemerkenswerter Kommentar auf >>> nachrichten.ch, der auch "Intersex"-Verstümmelungen anspricht und mit dem Titel "Hände weg von kindlichen Sexualorganen!".

>>> Das Urteil im Wortlaut (PDF)  

>>> UPDATE: Bevölkerung für Verbot - Bundesregierung will legalisieren - Petition für Verbot

>>> Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen? 
>>>
»Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit wird mit Füßen getreten« 
>>> Bundesregierung beugt Grundgesetz Art. 2 (körperliche Unversehrtheit) 

Monday, June 11 2012

"JLU arbeitet Praxis der kosmetischen Genital-OPs auf" - Gießener Anzeiger, 9.6.12

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!  

Artikel in der Samstagsausgabe des Anzeigers über die
>>> Senatsverhandlung vom letzten Mittwoch
an der Justus-Liebig-Universität.

>>> Marburg + Gießen: Proteste + Info + Senatstermine 15.04.-06.06.2012
>>> Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Offener Brief an JLU und UKGM Giessen, 22.04.2012
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter  

"Kosmetische Genitaloperationen: Uni-Senat plädiert für historische Aufarbeitung" - Gießener Allgemeine, 9.6.12

FrançaisEnglishVerein Zwischengeschlecht.orgSpendenMitglied werdenAktivitäten

Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!  

Artikel in der Samstagsausgabe der Allgemeinen über die
>>> Senatsverhandlung vom letzten Mittwoch
an der Justus-Liebig-Universität.

>>> Marburg + Gießen: Proteste + Info + Senatstermine 15.04.-06.06.2012
>>> Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Offener Brief an JLU und UKGM Giessen, 22.04.2012
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter  

- page 7 of 24 -