Foto: Heute ging das Paket mit den Berichten auf die Post
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Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 06.04.2014:
>>> Thematischer NGO-Bericht (PDF 3.6 MB) >>> Executive Summary >>> Inhalt
Ein heute von der Menschenrechts-NGO Zwischengeschlecht.org und den Selbsthilfegruppen Intersex.ch und SI Selbsthilfe Intersexualität beim UN-Kinderrechtsausschuss eingereichter Thematischer Bericht dokumentiert Menschenrechtsverbrechen an Intersex-Kindern in der Schweiz – von den 17 häufigsten Formen von Intersex-Genitalverstümmelungen (IGMs) einschliesslich Klitoristeilamputationen und Kastrationen bis zum systematischen Belügen von Eltern, Betroffenen und Öffentlichkeit (ab S. 13) – inkl. Beispielen aus Zürich, Bern, Fribourg, Genf, Luzern, St. Gallen und Basel (S. 18, 19, 43-45, 59, 73, 75). Weiter wird belegt, wie Kantonsregierungen und Bundesrat sich wiederholt vor jeglicher Verantwortung zu drücken versuchen (S. 43-47). Der Thematische Bericht ergänzt und vertieft die Kritik des Kollektiv-Berichts des Netzwerk Kinderrechte Schweiz an IGMs ("Zweiter und Dritter NGO-Bericht an den Ausschuss für die Rechte des Kindes", ebd. S. 26-27).
Ein historischer Überblick im Thematischen Bericht weist nach, wie Schweizer Kinderärzte 1950 bei der weltweiten Einführung systematischer Klitorisamputationen und anderer IGM-Formen buchstäblich vom 1. Jahr an an vorderster Front dabei waren, u.a. Andrea Prader und Max Grob (Zürich) (S. 54-56, 86), und wie medizinisch nicht notwendige Klitoristotalamputationen noch mindestens bis Mitte der 1970er-Jahre an Schweizer Universitäten als "Therapie" gelehrt wurden, u.a. von Marcel Bettex (Bern) (S. 64, 87).
Ebenso, wie zuvor mit Hans Guggisberg (Bern) ein prominenter Schweizer Eugeniker und Zwangssterilisierer als Co-Autor (mit Paul Mathes) ebenfalls von Anfang an mit dabei war, als völkische und spätere Nazi-Professoren aus Österreich den Begriff "Intersex" in die Humanmedizin einführten – und so den medizinischen Diskurs von Intersex als "gestört", "entartet" und "minderwertig" bis heute mitprägt (S. 52, 84).
Abgerundet wird der Thematische Bericht durch 6 persönliche Fallstudien aus der Schweiz (S. 32-41) und thematische Einführungen "Was ist Intersex?" (S. 7-12) und "Was sind Intersex-Genitalverstümmelungen (IGMs)?" (S. 13-20).
Der UN-Sonderberichterstatter über Folter Juan E. Méndez und der Europarat verurteilten 2013 IGMs als gravierende Menschenrechtsverletzungen und fordern gesetzgeberische Massnahmen. Die Schweizerische Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK-CNE) verurteilte 2012 IGMs in ihrer Stellungnahme 20/2012 als Menschenrechtsverletzungen, und fordert u.a. gesellschaftliche Aufarbeitung, gesetzgeberische Massnahmen sowie angemessene Entschädigung. Deutschland wurde 2009 vom UN-Frauenrechtsausschuss wegen IGMs kritisiert, und 2011 vom UN-Ausschuss gegen Folter aufgefordert, kosmetische Genitaloperationen und Kastrationen an Intersex-Kindern aufzuarbeiten und Opfer angemessen zu entschädigen. (S. 22)
Der UN-Kinderrechtsausschuss hat im Vorfeld des heute von Zwischengeschlecht.org eingereichten NGO-Berichts signalisiert, die darin für die Schweiz nachgewiesenen Praktiken unter die Lupe zu nehmen.
Wie lange werden in der Schweiz staatliche Akteure und öffentliche wie private Kinderspitäler die fortdauernden menschenrechtswidrigen Intersex-Genitalverstümmelungen (IGMs) noch folgenlos ausblenden rsp. weiterführen können?
Europäische KinderurologInnen 2014 in Innsbruck – inkl. Schweizer ChirurgInnen
Vor 2 Jahren protestierte Zwischengeschlecht.org vor dem 23. Jahreskongress der Europäischen KinderurologInnen (ESPU) im Kongresshaus Zürich. Diese Woche lädt der stellvertretende Direktor der Universitätsklinik für Urologie sowie Leiter der Station für Kinderurologie der Medizinischen Universität Innsbruck, Univ.-Prof. Dr. Christian Radmayr, zum Jubiläumskongress der Europäischen KinderurologInnen ("25th ESPU 2014"). Wie der heute eingereichte NGO-Bericht ebenfalls belegt, ist Radmayr ein notorischer langjähriger Verteidiger von medizinisch nicht notwendigen Kastrationen und "Genitalkorrekturen" an Intersex-Kindern (S. 78), ebenso wie die im Kongress-Programm als ExpertInnen gelisteten Ricardo González (Zürich/Hannover/Berlin) (S. 43, 59, 73, 75), Pierre Mouriquand (Bron, Frankreich) (S. 66, 77, 78), John Gearhart (Baltimore) (S. 58), Joao Luiz Pippi Salle (Toronto) (S. 64, 66, 79, 80), Peter Cuckow (London) (S. 66), Berenice Bilharinho de Mendonça (São Paulo), Warren Snodgrass (Dallas), Alaa El-Ghoneimi (Paris), etc. Aus der Schweiz sind weitere OperateurInnen prominent vertreten, u.a. aus Zürich und Genf.
Ethische und menschenrechtliche Aspekte sowie Stimmen Betroffener sind an der "25th ESPU 2014" traditionsgemäss NICHT vorgesehen.
Zwischengeschlecht.org wird Di-Mi in Innsbruck über diese fortlaufenden menschenrechtswidrigen Praktiken informieren. Und Mi-Sa vor dem Kongress und der Medizinischen Universität mit lokaler Unterstützung friedlich protestieren – gegen die GenitalabschneiderInnen sowie gegen die Untätigkeit von Politik und Justiz bei diesem fortdauernden Verbrechen gegen die Menschlichkeit!