Friday, March 8 2013

"Das dritte Geschlecht - Me, My Sex and I" - BBC/Oprah-Doku jetzt online auf Spiegel.TV

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Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

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Die gelungene Co-Produktion des englischen Staatssenders BBC mit dem US-amerikanischen Kanal der Talkmasterin Oprah Winfrey (dort unter dem Titel "The Truth of My Sex") gibt jetzt
>>> auf Deutsch synchronisiert online via spiegel.tv.

Im Film gibt's eindrückliche Statements u.a. von den überlebenden Betroffenen Janet Green und Tiger Howard Devore. Danke! 

>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Kosmetische GenitalOPs: Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch 

Wednesday, March 6 2013

Genf: UN-Sonderberichterstatter Juan Ernesto Méndez verurteilt Intersex-Genitalverstümmelungen – Zwischengeschlecht.org belegt grausame und unmenschliche Behandlung

Aktion vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf mit Beispielen aus Medizyner-Publikationen

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Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)

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Am 05.03.2013 präsentierte die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org in Genf anlässlich einer NGO-Informationsveranstaltung im Beisein des UN-Sonderberichterstatters über Folter eine englischsprachige Dokumentation "Intersex-Genitalverstümmelungen: Geschichte und gegenwärtige Praxis", und überreichte Sonderberichterstatter Juan Ernesto Méndez persönlich ein Exemplar. Bei einem anschließenden Treffen sicherte Méndez Betroffenenorganisationen seine Unterstützung zu.

          >>> Download Dokumentation (PDF, 2.4 MB)   [ TRIGGERWARNUNG!!! ]

1.  UN-Sonderberichterstatter über Folter: Warum kosmetische Genitaloperationen an Intersex-Kindern unmenschlich sind und verboten werden müssen

Hintergrund des Side-Events war ein bahnbrechender Report des Sonderberichterstatters zum Thema "Folter und unmenschliche Behandlung im Gesundheitswesen" (A/HRC/22/53), den dieser am Vortag dem UN-Menschenrechtsrat während dessen 22. Session offiziell vorgestellt hatte. Dieser verurteilt explizit und deutlich auch kosmetische Genitaloperationen und andere menschenrechtswidrige Zwangsbehandlungen an Intersex-Kindern.

Sowohl vor dem Menschenrechtsrat wie am Side-Event hielt der Sonderberichterstatter über Folter diese Kritik ausdrücklich aufrecht. Gemäß der UN-Definition von Folter oder unmenschlicher Behandlung sei es keine Voraussetzung, dass kriminelle Absichten vorlägen, Nachlässigkeit sei dazu ausreichend. Sogar wenn der ursprüngliche Behandlungszweck gute Absichten verfolge, komme es letztlich auf die konkreten Auswirkungen an. Informierte Zustimmung durch die direkt Betroffenen sei zentral.

Gerade gegenüber gefährdeten Gruppen habe der Staat laut UN-Antifolterkonvention eine besondere Schutzpflicht und sei bei Verstößen auch zur Ahndung verpflichtet. Die Ratifizierung des Fakultativprotokolls OPCAT verpflichte zudem zu Prävention sowie zur Behandlung von Individualbeschwerden.

Von Daniela Truffer (Zwischengeschlecht.org) als Direktbetroffene konkret auf die Intersex-Genitalverstümmelungen angesprochen und insbesondere auf den Missstand, das wegen der Verjährung als Kleinkinder Verstümmelte gar nie die Chance haben, auf juristischem Wege Gerechtigkeit einzufordern, unterstrich UN-Sonderberichterstatter Juan Ernesto Méndez die Notwendigkeit absoluter Verbote, die auch dieses Problem berücksichtigen. Hierzu brauche es entsprechende Gesetzesanpassungen auf nationaler Ebene, sowie das Engagement weiterer regionaler wie auch internationaler Organe zur Verhütung von Folter, namentlich des UN-Unterausschusses zur Prävention (SPT).

2.  Zwischengeschlecht.org belegt grausame und unmenschliche Behandlung

Die von Zwischengeschlecht.org vorgestellte Dokumentation "Intersex Genital Mutilations: History & Current Practice" >>> PDF (2.4 MB) [TRIGGERWARNUNG!!!] befasst sich mit medizinisch nicht notwendigen, irreversiblen kosmetischen Genitaloperationen an Kindern mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen und enthält eine Vielzahl von konkreten Beispielen aus namhaften medizinischen Fachpublikationen, die Mal für Mal eindrücklich die außerordentliche Grausamkeit der an betroffenen Kindern begangenen medizynischen Verbrechen belegen.

Diese zeigen auf, wie kaltherzig viele TäterInnen die schrecklichen Folgen für die Überlebenden rundheraus leugnen. So behaupteten zahlreiche "führende" BehandlerInnen auch aus Deutschland und der Schweiz über Jahrzehnte unbeirrbar, kosmetische Klitorisamputationen (!) hätten für die Betroffenen "nachweislich keinen negativen Einfluss auf das Sexualempfinden". Erst als 1993 in den USA die ersten Proteste Überlebender in die Medien gelangten, änderten die TäterInnen ihre Taktik: Seither behaupten sie einfach alle Jahre stets aufs Neue, dank "verbesserten Operationsmethoden" seien chirurgische Genitalverkleinerungen usw. mittlerweile ganz sicher unschädlich – obwohl Aussagen Überlebender wie auch Studien wieder und wieder das Gegenteil belegen.

Ein eigenes Kapitel der Dokumentation informiert konkret in Wort und Bild über die 3 häufigsten kosmetischen Genitaloperationen an wehrlosen Säuglingen, die heute noch täglich (!!!) in zahllosen Kinderkliniken rund um den Globus praktizierte werden, und was für Folgen diese angeblich "sicheren" und "harmlosen Operationen" für die Betroffenen haben.

 

3.  Intersex-Genitalverstümmelungen als eigenständige Problematik gezielt bekämpfen

 

Bei einem persönlichen Treffen mit UN-Sonderberichterstatter Juan Méndez erläuterten Mitglieder der Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org und der US-Lobbygruppe Advocates for Informed Choice (AIC) unsere Anliegen und unterstrichen, dass medizinisch nicht notwendige, irreversible kosmetische Genitaloperationen an Kindern mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen ein eigenes und einzigartiges Problemfeld mit erheblichen Menschenrechtsverstößen darstellen.

Obwohl Kinder mit Varianten der Geschlechtsentwicklung verschiedenen Problemfeldern ausgesetzt sind, bilden die nicht eingewilligten Eingriffe an Genitalien und Fortpflanzungsorganen betroffener Kinder klar das dringendste Problem, und unterscheiden sich von den Problemstellungen, mit denen die LGBT-Community konfrontiert ist. Um Intersex-Genitalverstümmelungen angemessen bekämpfen zu können und mögliche Missverständnisse auszuschließen, ist es deshalb angebracht, dieses spezifische Problem angemessenerweise künftig in einem eigenen Abschnitt anzusprechen, wie dies bereits in einer kommenden WHO-Stellungnahme über erzwungener Sterilisierung vorgesehen ist.

Sonderberichterstatter Méndez räumte ein, dass die kosmetischen Genitaloperationen an betroffenen Kindern auf dem Gebiet der Folterbekämpfung noch Neuland sind und nun nach grundlegenden ersten Schritten eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema erst beginne. Und erklärte seine Bereitschaft, auf Anfrage jederzeit öffentlich Stellung zu beziehen. 

Zwischengeschlecht.org dankt dem UN-Sonderberichterstatter über Folter Juan Ernesto Méndez und allen weiteren Beteiligten ganz herzlich für ihr willkommenes Engagement zur Beendigung der andauernden medizinischen Verbrechen an Zwittern und zur Durchsetzung ihres Rechts auf körperliche Unversehrtheit!

Wir werden unsererseits am Ball bleiben und weiterhin Behörden, regionale und internationale Organe auf die Menschenrechtsverletzungen an Zwittern aufmerksam machen – und nicht zuletzt auch die TäterInnen immer wieder mit dem Unrecht ihres Tuns konfrontieren.

>>> Download Dokumentation (PDF, 2.4 MB)   [ TRIGGERWARNUNG!!! ]

>>> UN-Sonderberichterstatter über Folter verurteilt "genitale Zwangsoperationen"
>>> Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe

>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter  

Monday, March 4 2013

"Intersex: Recht auf körperliche Selbstbestimmung" - diestandard.at, 4.3.13 + Nachtrag

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Die Zwitter Medien Offensive™ geht weiter!

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

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>>> Gelungener Artikel über den Intersex-Bericht des UN-Sonderberichterstatters über Folter Juan Ernesto Méndez, den dieser heute dem UN-Menschenrechtsrat vorstellte.

Danke! 

Auch für den flotten 1. Kommentar unter dem Artikel:
"Schon lange Zeit, dass da was getan wird! :)"

Nachtrag:  Auch Heinz-Jürgen Voß berichtete auf Das Ende des Sex. Danke!

>>> Pressemitteilung zum Thema von Zwischengeschlecht.org (07.02.2013)

>>> UN-Sonderberichterstatter über Folter verurteilt "genitale Zwangsoperationen"
>>> Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe

Genf: UN-Sonderberichterstatter über Folter stellt Intersex-Bericht vor + mehr!

'Genitalverstümmelungen stoppen!' - Aktion von Zwischengeschlecht.orgAktion von Zwischengeschlecht.org vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf, 20.10.2012

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Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!

Heute Nachmittag wird der UN-Sonderberichterstatter über Folter, Juan Ernesto Méndez, im UN-Menschenrechtsrat
>>> seinen sensationellen Intersex-Bericht vorstellen, wann genau ist verspätungsbedingt noch nicht abzusehen.

Delegationen von Zwischengeschlecht.org und Advocates for Informed Choice (AIC) sind live vor Ort, mehr Infos folgen.

Morgen haben wir zusätzlich einen Termin mit Mr. Méndez und seinem Stab, und nachmittags wird es einen Side-Event (NGO-Informationsveranstaltung) zum Thema geben, drückt uns die Daumen! 

>>> UN-Sonderberichterstatter über Folter verurteilt "genitale Zwangsoperationen"

>>> Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

Tuesday, February 26 2013

Neue Rezension von Anja Gregor zu Schweizer/Richter-Appelt (Hrsg.): "Intersexualität kontrovers"

«A Gonad For A Gonad, A Lust Organ For A Lust Organ» - Garry L. Warne (left) at the main entrance of '3rd EuroDSD Symposium', Lübeck 20.5.11Serien-Genitalverstümmler Garry L. Warne (Mitte) am "3rd EuroDSD" Lübeck 20.5.11,
wo er denselben Vortrag hielt wie den im Buch abgedruckten

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Kann ein Zwitter Sünde sein?

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Nach der gelungenen Rezension von Heinz-Jürgen Voß auf querelles.net nun eine weitere >>> ebensolche von Anja Gregor auf socialnet.de, Danke!

Anja Gregor unterstreicht ihrerseits die Abwesenheit von kritischen Stimmen Betroffener im Buch (und verweist dazu auf entsprechende Kritik auf diesem Blog), und arbeitet unter "Fazit" gut heraus, wie auch dieses "Fachbuch" grossteils aus einem geschlossenen, selbstreferenziellen "Diskurs" einiger weniger MedizynerInnen besteht: "An 9 von 26 Beiträgen sind die Herausgeber_innen (allein, zu zweit oder im Autor_innenkollektiv) selbst beteiligt, zwei weitere sind von Personen aus ihrem unmittelbaren wissenschaftlichen Umfeld verfasst (dem Hamburger Klinikum oder gedankten Unterstützer_innen ihrer Projekte; vgl. S. 202)."

Was in den biografischen Angaben zu den AutorInnen am Ende des Buches NICHT erwähnt wurde, und Anja Gregor deshalb offenbar entging: Auch die einzige im Buch als (angeblich) eigentliche "Betroffene" gelistete Autorin, Eveline Kraus-Kinsky, gehört tatsächlich ebenfalls unmittelbar zu diesem geschlossenen Universum der GenitalabschneiderInnen. Kraus-Kinsky ist nämlich nicht nur irgendeine "AGS-Patientin und Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin" (lediglich dies ist abschliessend in der Bio im Buch erwähnt), sondern kaum zufällig auch Gründungsmitglied, jahrelange 1. Vorsitzende sowie öffentliches Aushängeschild der passend benannten "AGS Eltern- und Patienteninitiative", ins Leben gerufen von einschlägigen Serien-GenitalverstümmlerInnen, und praktisch deren verlängerter Arm in der Öffentlichkeit. Sowie eng verbandelt mit den Verstümmler-Vereinigungen "Netzwerk Intersexualität/DSD" (bei den auch Schweizer, Appelt & Co. prominent vertreten waren) inkl. Nachfolgeorganisationen "EuroDSD", "I-DSD" und "DSD Life", die ihrerseits bisher (und wohl auch künftig) stets zur Stelle eilen, wenn z.B. die Bundesregierung betreffend Intersex-Genitalverstümmelungen mal wieder einen "Persilschein in eigener Sache" benötigt.

Eine kleine Unaufmerksamkeit auch bei Beschreibung der 2 Beiträge betroffener Mütter, wenn Anja Gregor schreibt: "[E]s sei jedoch angemerkt, dass hier zwei Mütter zu Wort kommen, die sich gegen die Operation ihrer Kinder entschieden haben. Erhellend wären zudem Sichtweisen von Vätern ebenso wie die von Eltern gewesen, die sich für eine Operation ihres Kindes entschieden haben." Zumindest die eine (anonym bleibende) Mutter hat, wie sie deutlich beschreibt, für ihre knapp 6-jährige "Tochter" sehr wohl in eine kosmetische "Klitorisreduktion" eingewilligt, lediglich die von den MedizynerInnen zusätzlich vorgeschlagene Konstruktion einer "Neovagina" schlug sie aus. Zwar "rechtfertigt" die Mutter diesen Entscheid, es sei der eigene Wunsch der knapp Sechsjährigen gewesen nach "Hänseleien im Kindergarten" – als ob ein Mensch in diesem Alter eine informierte Zustimmung/Abwägung treffen könnte betreffend des bekanntlich erheblichen Risikos einer Verminderung oder Zerstörung der sexuellen Empfindungsfähigkeit!

Eine folgenschwere Entscheidung, welche die (aus Rücksicht auf ihr Kind anonym bleibende) Mutter bekanntlich laut sonstigen Äusserungen, und Trotz allem Herumlavieren auch im vorliegenden Text nachträglich nicht nur positiv sieht (um es "diplomatisch" auszudrücken):

"Dennoch habe ich heute das Gefühl, dass ich mich eindeutiger für [meine Tochter] entschieden hätte, wenn ich ihr im Kindergarten den Rücken gestärkt und dafür gesorgt hätte, dass sie sich gegen die Hänseleien wehren konnte, anstatt die Lösung in einer Operation zu suchen." (S. 156)

Eine Option, die ihr offensichtlich die MedizynerInnen (warum wohl?!) nicht nahelegten, noch fachkundige psychosoziale Unterstützung dazu anboten ...

(Einiges direktere rückblickende Äusserungen eines Vaters, der sich ebenfalls zu einer – noch frühzeitigeren – Operation an seinem Kind hatte breitschlagen lassen, finden sich übrigens im Film "Das verordnete Geschlecht".)

Ansonsten arbeitet Anja Gregor im Hauptteil hauptsächlich anhand des Beitrags von Kathrin Zehnder und Jürg Streuli sehr schön (und wie von ihr erwähnt zugespitzt und somit deutlicher, als im Buch selbst vorgesehen/enthalten) folgende Konfrontationslinien heraus: 

  1. eine Kluft zwischen medizinischem und feministischem/geschlechtertheoretischem Diskurs in der Art des Zugangs zum Thema,
  2. den Streit zwischen intergeschlechtlichen Menschen und Medizin um das Expert_innentum (Expert_innentum in eigener Sache vs. Pathologisierung/Normalisierung),
  3. den Streit um die Vertretungshoheit der Interessen (Konflikte und Unklarheiten innerhalb des vielgestaltigen Feldes des „Intersex-Aktivismus“ (S. 401) ebenso wie im Streit um die Vertretung/Entscheidung über minderjährige/r Betroffene/r);
  4. Unverständnis bei der Zielsetzung (Autonomie und Copingfähigkeit der Betroffenen vs. Handeln der Eltern und Medizin unter Berufung auf die Interessen der Betroffenen) und
  5. das Unverständnis bei Begrifflichkeiten (Selbstbezeichnung intergeschlechtlicher Menschen vs. medizinische/pathologisierende Begriffe).

Und unternimmt mit besonderer Berücksichtigung der Beiträge von Konstanze Plett, Oliver Tolmein, Angela Kolbe, Ilka Quindeau und Michael Groneberg die ihr hoch anzurechnende, "sicher kontrovers zu betrachtende" Anstrengung, "insbesondere jene Beiträge zu Wort kommen zu lassen, die sich kritisch zur hegemonialen Deutungsmacht und Praxis der Medizin über Intergeschlechtlichkeit äußern".

Als besonders konfrontativ-unverbesserlich der VerstümmlerInnen-Logik verhafteten Medizyner hebt Anja Gregor (wie auch Voß) den Beitrag des berüchtigten Serien-Genitalabschneiders Garry L. Warne (Royal Children's Hospital Melbourne) hervor. (Warne darf obendrein auch 2013 noch unverändert in einer Publikation unter Beteiligung von XY-Fauen/Intersexuelle Menschen e.V. medizinisch nicht notwendige Kastrationen plus alle sonstigen Genitalverstümmelungen an "AIS-Mädchen" unwidersprochen propagieren, vgl. hier unter "Operationen von Mädchen mit AIS" sowie Anmerkung in Quellenangabe.)

Ebenfalls positiv, wie Anja Gregor unter "Entstehungshintergrund" einleitend herausschält, dass die auch diesem Buch ursächlich zugrunde liegende "Diskussion um den medizinischen, juristischen und gesellschaftlichen Umgang mit Intergeschlechtlichkeit [...] letztlich auf die Initiative von intergeschlechtlichen Menschen seit den 1990er Jahren zurückgeht und [...] seit dem Erscheinen des CEDAW-Parallelberichts 2009 politisch erstmals andauernd auf Bundesebene geführt wird."

Als aktuellen Rückbezug verweist Anja Gregor auf die jüngste Änderung des § 22 (3) PStG: "Es ist nun möglich, bei der Geburt eines Kindes, dessen Geschlecht nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen zuzuordnen ist, den Eintrag des Geschlechts auszulassen. (Belegt werden kann dies bisher nur mit Bundestagsreden Abgeordneter; das PStG ist bisher online nur in der alten Form zugänglich.)" Dass sie dabei nicht erwähnt, dass der beschlossene Paragraph im Wortlaut sehr wohl längst bekannt ist (nicht zuletzt aus dem konkret gutgeheissenen offiziellen Gesetzesänderungsantrag) und im Gegensatz zu den Beteuerungen der PolitikerInnen keine neue "Möglichkeit", sondern vielmehr einen neuen Zwang enthält (der von allen Betroffenenorganisationen als kontraproduktiv kritisiert wurde), ist ein letzter Wermutstropfen dieser ansonsten (wie eingangs erwähnt) gelungenen Rezension eines trotz interessanter einzelner Beiträge als Ganzes letztlich bedeutend weniger gelungenen Buches.

>>> Besprechung zu "Intersexualität kontrovers" von Heinz-Jürgen Voß 

>>> Diskussionsbeiträge zu Richter Appelt aus 2010

Sunday, February 24 2013

Hamburger Senat: Intersex-Genitalverstümmelungen "nicht rechtswidrig", in Hamburger Kinderkliniken 2-3 jede Woche

xxx1. Mahnwache + Offener Brief zum Verstümmlerkongress "DGE 2011", Hamburg 01.04.2011

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>>> Hamburg - Ort von Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken

Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 24.02.2012:

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)

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In seiner >>> Antwort (PDF, 117 kb) auf die von Kersten Artus in Zusammenarbeit mit Zwischengeschlecht.org eingereichte Kleine Anfrage 20/6850 "Menschen mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen" musste der Senat einräumen, dass in Hamburger Kinderkliniken wöchentlich 2-3 kosmetische Genitaloperationen an betroffenen Kindern durchgeführt werden (Antwort auf Frage 3a).

Weiter wurde bekannt, dass der Senat bisher keinen Bedarf sah, Eltern darüber aufzuklären, dass bei betroffenen Kindern ein Geschlechtseintrag nicht zwingend in der ersten Woche dem Standesamt gemeldet werden muss – entgegen dem Auftrag der Bürgerschaft aus dem Jahre 2009, Maßnahmen zu prüfen, um Eltern diesbezüglich zu entlasten (Antwort auf Frage 1). 

Sowie, dass in der Hamburger Universität und in ihren Kinderkliniken eine historische Aufarbeitung etwa der dort bis Ende der 1980er Jahre propagierten "kosmetischen" Klitorisamputationen an betroffenen Kindern immer noch bei Null steht (Antwort auf Frage 4; in der Senatsantwort irrtümlich als Antwort 2 geführt).

AKK-Statistik: Laut Senatsanwort wurden im Altonaer Kinderkrankenhaus von 2010-2012 insgesamt 216 IGM-OPs an Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren durchgeführt – laut Senat angeblich allesamt medizinisch notwendig bzw. durch Betroffene informiert eingewilligt, und alle "rechtens" ...

Folgerichtig übernahm der Senat unhinterfragt die These von den MedizynerInnen, GeschlechterforscherInnen & Co., es handle sich bei der überwiegenden Mehrzahl der auch in Hamburg regelmäßig verbrochenen kosmetischen, medizinisch nicht notwendigen und irreversiblen Genitaloperationen an Kindern angeblich nicht um Genitalverstümmelungen, weil es sich "nur" um "Korrekturen" von "Fehlbildungen" an atypischen Geschlechtsorganen "ohne geschlechtszuweisenden Charakter" handle – als ob das am kosmetischen Charakter und der fehlenden Einwilligung der Betroffenen etwas ändern würde, und den Betroffenen z.B. bei Beeinträchtigung oder Verlust der sexuellen Empfindungsfähigkeit ein Trost wäre (Antwort auf Frage 3a).

UKE-Statistik: Laut Senatsanwort wurden im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf von 2010-2012 insgesamt 155 IGM-OPs an Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren durchgeführt – laut Senat angeblich allesamt medizinisch notwendig bzw. durch Betroffene informiert eingewilligt, und alle "rechtens" ...

Wen wundert es da noch, dass der Senat wider besseren Wissen weiterhin unbeirrt "davon aus[geht], dass keine rechtswidrigen Eingriffe vorgenommen werden" (Antwort auf Frage 3c) – obwohl dem Senat nachweislich bekannt sein müsste, dass nicht nur Betroffene, sondern auch JuristInnen (Oliver Tolmein 1 / Konstanze Plett 1 / Oliver Tolmein 2 / Konstanze Plett 2), u.a. anläßlich einer Anhörung der Hamburgischen Bürgerschaft vom 29.04.2009, das seit jeher anders beurteilen, ebenso aktuell der UN-Sonderberichterstatter über Folter.

Dadurch verletzt das Land Hamburg gegenüber den in seinen Kinderkliniken wöchentlich 2-3 verstümmelten, wehrlosen Kindern mutwillig die im UN-Abkommen gegen Folter und unmenschliche Behandlung unmissverständlich festgehaltene Schutzpflicht gegenüber (potenziellen) Opfern, weswegen Deutschland bereits vom UN-Komitee gegen Folter gerügt wurde, und missachtet sträflich das Grundgesetz, insbesondere Art. 2.2 (Recht auf körperliche Unversehrtheit). Wie lange noch?!

Intersex Genital Mutilations
Human Rights Violations Of Children With Variations Of Sex Anatomy

2014 NGO Report an das UN-Kinderrechtekomitee (CRC) (englisch)
Belegt 17 gebräuchliche IGM-Formen und NS-Verbrechen in CH, D, A
>>> Download PDF (3.65 MB)     >>>
Table of Contents

>>> Intersex-Genitalverstümmelungen: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Hamburg - Ort von Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken
>>> Uni HH 1971: "Orgasmusfähigkeit leidet durch Klitorisamputationen nicht"
>>> Uni HH 1976: "Indikation zur Klitorektomie gegeben bei übermäßigem Wachstum"
>>> Hamburg: Intersex-Proteste gegen "DGKJ 2012", UKE und AKK (13.-16.09.2012)

>>> "Aufarbeitung tut not!" Klitorisamputationen u.a. "Genitalkorrekturen" an Kindern 

Friday, February 22 2013

"Hermaphrodites speak!" - Wegweisendes Intersex-Bewegungs-Video

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Die Zwitter Medien Offensive™ bevor sie so hieß!

STOP Genitalverstümmelung in Kinderkliniken!

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Im Herbst 1996 hatte die Intersex Society of North America (ISNA) zum ersten internationalen Treffen eingeladen. 10 Betroffene hauptsächlich aus den USA nahmen daran teil, 8 davon stellten sich für einen Film zur Verfügung, um die neu entstandene Bewegung zu dokumentieren. Diesen >>> bahnbrechenden 35-Minuten-Clip gibt's nun seit kurzem in der Originalversion auch via youtube zum online nachgucken.

Die Bedeutung dieses Films kann gar nicht hoch genug angesetzt werden. Jede_r des englischen zumindest halbwegs Mächtige sollte sich die Zeit nehmen, dieses bewegende Dokument reinzuziehen. Die ersten 5 wichtigen Gründe dafür, die mir grad einfallen:

  • Mani Bruce Mitchell sagt ausdrücklich, dass es sich um Verstümmelungen an kleinen Kindern handelt, die aufhören müssen, und ist damit nicht die einzige.
  • Heidi Walcutt (1961-2010) spricht gegen Schluss klar und explizit aus, dass es sich bei den systematischen Genitalverstümmelungen an Kindern mit "atypischen" Geschlechtsteilen um einen Versuch handelt, diese spezifische Gruppe als solche aus der Gesellschaft und aus der Welt zu schaffen, und damit um eine Form von Genozid.
  • Angela Moreno sagt – wie auch sonst Betroffene, die einen Vorher/Nachher-Vergleich hatten – im Schlussstatement klipp und klar, dass auch die "nervschonenenen modernen Operationsmethoden" zur "Klitorisreduktion" definitiv zu einer deutlich spürbaren Verminderung der sexuellen Empfindungsfähigkeit führen.

Die MedizynerInnen & Co. inkl. dem Deutschen Ethikrat und PolitikerInnen aller Parteien versuchen konstant, die Geschichte der Intersex-Bewegung und ihre Erkenntnisse auszulöschen, indem sie sie schlicht ignorieren und jedes Mal versuchen, die Diskussion um die systematischen Menschenrechtsverletzungen an Zwittern alle Jahre wieder mit "Fachgesprächen" zum x-ten Mal neu "von Null an" zu "initiieren", sicher im Wissen, dass die Traumatisiertesten unter den Betroffenen nicht die Kraft haben, ihre Geschichte(n) über Jahrzehnte immer wieder von Neuem zu erzählen. Und leider zeigen auch manche öffentlich agierende Betroffene selbst zu wenig (historisches) Wissen um die ganze Bandbreite der Betroffenen und ihrer Forderungen, sondern reproduzieren bloss isoliert ihre individuelle Bauchnabelperspektive, welche sie dann unglücklicherweise als Gesamtbild verkaufen, was den VerstümmlerInnen & Co. jedes Mal leichtes Spiel bereitet.

U.a. das Video "Hermaphrodites speak!", die seinerzeitigen Ausgaben des ISNA-Newsletters "Hermaphrodites with Attitude" (Downloads auf ISNA-Homepage / der dort fehlende allererste vom Winter '94/94, PDF 200 kb), Texte der Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG) oder die auf Zwischengeschlecht.org dokumentierten deutschsprachigen Geschichten Betroffener sind allesamt online erhältlich und leisten unersetzbare Dienste, um Wissenslücken zu stopfen und den TäterInnen wirksam Paroli zu bieten!

>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Kosmetische GenitalOPs: Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch
>>> Wer sind die TäterInnen? Was soll mit ihnen geschehen?  

Monday, February 18 2013

Geschlechtsverbot für Intersex-Kinder (§ 22 PStG): Noch mehr Kritik, diesmal von Mechthild Rawert (SPD)

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Geschlecht: Zwangsoperiert

Zwischengeschlecht.org on FacebookNach den Betroffenenorganisationen Zwischengeschlecht.org sowie Intersexuelle Menschen e.V., OII Deutschland (IVIM) und der Juristin Konstanze Plett hat mit Mechthild Rawert inzwischen auch eine Bundestags-Vertreterin der SPD Kritik am neuen "Hauruck"-Paragraphen geäussert (siehe >>> hier Nachtrag 2).

Leider scheint an Mechthild Rawert allerdings die hauptsächliche Kritik der Betroffenen spurlos vorbeigegangen zu sein. Nämlich, dass es sich nach dem Gesetzesbuchstaben nicht um eine Option, sondern vielmehr um einen neuen Zwang handelt, der Eltern noch stärker unter Druck setzen und dadurch betroffenen Kindern konkret schaden wird. Und dass dieser Murks (einmal mehr) ohne Konsultation der Betroffenenorganisationen erfolgte.

Immerhin will laut Rawert die SPD sich mittlerweile an erster Stelle für ein Verbot kosmetischer Genitaloperationen an betroffenen Kindern und Jugendlichen einsetzen – wenn leider auch aktuell noch mit ziemlich missverständlichen Formulierungen ...

Und in der Praxis tat sich Mechthild Rawert bei den konkreten täglichen Intersex-Genitalverstümmelungen im In- und Ausland – statt mit beherztem Eingreifen – bisher erst mit wegschauen, leugnen und schönreden hervor ... (vgl. >>> hier Nachtrag 2)

Siehe auch: SPD Berlin "lehnt geschlechtszuordnende OPs im Kindesalter ab" - will aber konkret nichts dagegen unternehmen ... 

>>> Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen? 
>>>
Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Kosmetische GenitalOPs: Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch
>>> "Intersex"-Genitalverstümmelungen - Offener Brief an Rogate-Kloster St. Michael

Tuesday, February 12 2013

Hamburg: Vorstoß gegen Intersex-Genitalverstümmelungen und Personenstand-Bürokratie, für historische Aufarbeitung!

>>> Pressemitteilung zum Thema vom 12.02.2013 (Onlineversion mit zusätzlichen Quellen)

Hamburg: Proteste + Offener Brief an Altonaer Kinderkrankenhaus (AKK) und UKE, 16.9.12

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Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)

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Als Reaktion auf die Pressemitteilung vom 03.02.2013 erhielt Zwischengeschlecht.org eine Mail der Hamburger Abgeordneten Kersten Artus (Die Linke), ob eine Kleine Anfrage zu § 7 PStV und kosmetische Genitaloperationen in unserem Sinne wäre.

Natürlich waren wir umgehend begeistert und boten Zuarbeiten an – et voilà:

Gestern publizierte Kersten Artus auf ihrem Blog die mittlerweile eingereichte kleine Anfrage
>>> Drucks. 20/6850 "Menschen mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen"
.
>>> Offizielles PDF mit Drucks.-Nr. (15 kb) 

Dieser Blog sagt Danke!!!

Mit der letzten Frage schreiben die Hamburgische BürgerInnenschaft im Allgemeinen und Kersten Artus im Speziellen einmal mehr Intersex-Geschichte – im positiven Sinn: Dies ist das allererste Mal, dass in einem Parlament eine historische Aufarbeitung der medizinischen Verbrechen an Zwittern eingefordert wird!

In der Kleinen Anfrage will Kersten Artus vom Senat wissen:

Nun sind wir mal gespannt auf die neuesten Ausreden des Senats – nicht zuletzt, weil:

a) die Hamburgische Bürgerschaft vor gut 3 Jahren – im Anschluss an 3 Kleine Anfragen (SPD), eine Große Anfrage (Kersten Artus, Die Linke), eine weitere Große Anfrage (SPD) sowie eine ebenfalls historische Anhörung (Auszug) – schließlich mit einem überparteilichen Antrag (Grüne/CDU/SPD/Die Linke) (der allerdings das eigentliche Problem der Zwangsoperationen außen vor ließ) den Senat einstimmig verpflichtet hatte, zumindest u.a. in Sachen psychologische Betreuung der Eltern, Aufklärung der Bevölkerung und Verlängerung der Aufbewahrungsfrist von Krankenakten aktiv zu werden, und nicht zuletzt die Bürgerschaft über seine Aktivitäten auf dem Laufenden zu halten (und der Rest war Schweigen ...)

b) die Hamburger Universitäts-Genitalabschneiderkliniken sowohl bezüglich ihrer gegenwärtigen Verstümmelungspraktiken wie auch in Sachen historische Aufarbeitung bis heute einen auf unbeirrbar machen: So versuchten UKE und AKK diesem Blog mit juristischen Drohungen zu verbieten, ihr aktuelles Online-Verstümmler-Angebot zu dokumentieren (vergeblich;-)) – auf den Offener Brief vom 19.06.2012 u.a. betreffend historische Aufarbeitung blieben UKE und AKK dagegen bis heute jede Antwort schuldig ...

Laut Kersten Artus' Blog dürfen "Antworten" auf Anfang nächste Woche erwartet werden. Fortsetzung folgt ...

>>> Pressemitteilung zum Thema von Zwischengeschlecht.org (12.02.2013)

>>> Hamburg - Ort von Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken
>>> Uni HH 1971: "Orgasmusfähigkeit leidet durch Klitorisamputationen nicht"
>>> Uni HH 1976: "Indikation zur Klitorektomie gegeben bei übermäßigem Wachstum"
>>> Hamburg: Intersex-Proteste gegen "DGKJ 2012", UKE und AKK (13.-16.09.2012)

>>> "Aufarbeitung tut not!" Klitorisamputationen u.a. "Genitalkorrekturen" an Kindern 

Sunday, February 10 2013

Intersex-Genitalverstümmelungen: "Wir haben nicht das Recht, die Hilflosigkeit der Eltern mit Chirurgie am Kind zu behandeln." (Kinderchirurg Dr. Blaise Meyrat, Uniklinik Lausanne) (2)

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Die französischsprachige Intersex-Sendung >>> "Un corps, deux sexes" (Online Video) wurde von vielen gelobt. Was besonders Aufsehen erregte: Nicht nur nahmen darin Betroffene klar Stellung gegen kosmetische Genitaloperationen an Kindern (darunter Daniela "Nella" Truffer und Vincent Guillot) und es gab Ausschnitte vom Protest gegen den Europäischen KinderurologInnenkongress "ESPU 2012", sondern es äusserten sich auch mehrere MedizinerInnen mit bisher kaum gehörter Deutlichkeit. Danke!!!

Als zweites Beispiel dokumentiert dieser Blog nachfolgend ein auf Deutsch übersetztes Transkript von Nella mit den Aussagen des Lausanner Kinderchirurgen Dr. Blaise Meyrat, der schon länger aus ethischen Gründen aufgehört hat, kosmetische Genitaloperationen an Kindern durchzuführen (mit Ausnahme leichter "Hypospadiekorrekturen", da hierbei, so Meyrat, kaum Komplikationen aufträten). Nella und yours truly haben schon selber erlebt, wie Meyrat dies auch vor MedizinstudentInnen vertrat. Damit gehört Meyrat (zusammen mit Dr. Sarah Creighton, London) zu den leider ganz raren Ausnahmen unter den KinderchirurgInnen, und er scheut sich auch nicht, das Offensichtliche in der Öffentlichkeit auszusprechen. Dafür von diesem Blog ein ganz herzliches Dankeschön!!!

Blaise Meyrat (Chirurgie pédiatrique du CHUV): "Ich glaube nicht, dass wir das Recht haben, die Hilflosigkeit der Eltern mittels Chirurgie [am Kind] zu behandeln. Ich glaube, dass wir uns da ethisch gesehen nicht auf etwas Korrektes einlassen. Man spricht vom Trauma der Eltern, ok, das gibt es, da bin ich absolut sicher, dass es ein extrem grosses Trauma gibt. Nun stelle ich Ihnen die Frage, ich stelle die Frage denjenigen, die früh operieren: kann das Trauma der Eltern durch das Trauma eines Kindes ausgelöscht werden, ihres Kindes, das man operiert, das man in den Operationssaal bringt, einmal, zweimal, dreimal, viermal? Ist dieses Trauma nicht noch schlimmer? Ich glaube das ist es."

Kommentar Sprecher: "In der Tat ist es selten, dass eine einzige Operation ausreicht. Die Genitalien eines Babys zu verändern impliziert oft eine Rückkehr in die Operationssäle schrittweise mit dem Wachstum des Kindes."

Blaise Meyrat (Chirurgie pédiatrique du CHUV): "Ich glaube nicht, dass das Argument 'es wird besser gelingen, wenn wir es beim Kleinkind machen', hält. Die Mehrheit der Kinder, die als Babies operiert wurden, mussten später erneut operiert werden. Die Mehrheit."

>>> "Beeinträchtigte sexuelle Empfindungsfähigkeit" (Dr. Michal Yaron, UK Genf) (1)

>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> "Klitorisamputationen an Kindern - Aufarbeitung tut Not!" Offener Brief an Uni ZH

Saturday, February 9 2013

§ 22 (3) PStG: Deutliche Kritik von Zwischengeschlecht.org, Intersexuelle Menschen e.V., OII Deutschland (IVIM), Konstanze Plett

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Zum >>> unglücklichen neuen "Geschlechtseintrags-Verbot"
für Intersex-Kinder (§ 22 PStG)
, das der Bundestag am 31.1.13 beschloss, liegen nach der Kritik durch die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org nun auch öffentliche Verlautbarungen von den Betroffenenorganisationen Intersexuelle Menschen e.V. und Internationale Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM) vor, sowie von der Juristin Konstanze Plett, die alle (fast) kein Blatt vor den Mund nehmen. Danke!

In einem >>> Artikel des Weser Kurier vom 5.2.13 (Scan) sagt Lucie Veith im Namen von Intersexuelle Menschen e.V. zum neuen Paragraphen, sie seien "traurig über den Schnellschuss", und "kritisiert", dass weder die "Stimmen der Betroffenen genügend berücksichtigt wurden", noch die Empfehlungen des Ethikrates, "dass nur Betroffene selbst über geschlechtszuordnende Operationen entscheiden sollten und dass es einen Härtefallfonds für Opfer von medizinisch nicht indizierten Operationen geben sollte".

Die "nun schnell gefasste Neuregelung" könne "den Druck auf Betroffene und deren Eltern nicht abmildern".  Veith fordert – nebst einem (realpolitisch unrealistischen) generellen Verzicht auf Geschlechtseinträge "bis zum 16. oder 18. Lebensjahr" – ein "grundsätzliches" gesetzliches Verbot kosmetischer Genitaloperationen an betroffenen Kindern (vom Weser Kurier in indirekter Rede und unglücklicherweise in der TäterInnensprache wiedergegeben als "geschlechtsangleichende Operationen").

Zum Vergrössern: reinklicken! 

Und weiter:"„Intersexuell geboren zu sein, heißt nicht, krank zu sein.“ Veith möchte zudem, dass auch Eltern nicht über den Kopf des Kindes hinweg in eine Geschlechtsoperation einwilligen. [...] Laut Veith wird insgesamt weniger, aber immer noch zu viel operiert." 

(Quellen werden keine genannt für letztere Behauptung von wegen "weniger" OPs, bei der offensichtlich in erster Linie Kastrationen bei CAIS gemeint und die massiv häufigeren – und zunehmenden! – kosmetischen "Peniskorrekturen"/"Harnröhrenverlegungen"/"Hypospadiekorrekturen" sowie "Klitorisreduktionen" und "Vaginalplastiken" einmal mehr nicht mit berücksichtigt sind – was dem Leiter der Kinderchirurgie am >>> Verstümmler-Klinikum Bremen-Mitte, Christian Lorenz, eine Steilvorlage liefert zur üblichen Schutzbehauptung, dass heutzutage praktisch nur noch "Fälle [...] vorlägen, die also medizinisch notwendig seien", und überhaupt: "Reine Rekonstruktionsoperationen, wie sie in den 60er-Jahren üblich waren, seien überholt." Schön wärs – aber Hauptsache, nichts zugeben, was auch nicht ganz sicher längst absolut verjährt ist ...)

In einer >>> Pressemitteilung vom 07.02.2013 hält die Internationale Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM) / OII Deutschland ebenfalls fest: Der neue § 22 (3) PStG "bedeutet im Klartext, dass es sich nicht um eine Wahlmöglichkeit, sondern um eine Vorschrift handelt", gar um eine "Sondervorschrift", die "Ausschlüsse" produziere: "Die Lebenssituation der allermeisten intergeschlechtlichen Menschen wird sich dadurch nicht verbessern." Zudem bleibe die "Definitionsmacht" der MedizinerInnen über die Betroffenen "unangetastet", und es drohe "die Gefahr der Stigmatisierung":

"Daher könnte im Gegenteil, die neue Vorschrift (potentielle) Eltern und Ärzt_innen zusätzlich darin bestärken, ein “uneindeutiges” Kind um jeden Preis zu vermeiden (durch Abtreibung, pränatale “Behandlung” oder sogenannte vereindeutigende chirurgische und/oder hormonelle Eingriffe). Sofern das Motiv der Neureglung gewesen ist, chirurgisch-hormonelle “Vereindeutigungen” von Kindern zu verringern, so ist abzusehen, dass dieses Ziel nicht erreicht werden wird."

Fazit von IVIM: "Was wir brauchen, ist ein Ende der fremdbestimmten Geschlechtszuweisung, der Praxis geschlechtlicher Normierung und Verstümmelung sowie der medizinischen Definitionshoheit über Geschlecht."

Ebenfalls im >>> Artikel des Weser Kurier vom 5.2.13 (Scan) kam weiter die emeritierte Jus-Professorin Konstanze Plett zu Wort. Auch sie kommt zum Schluss:

„Diese Regelung löst eher Zwang aus“, sagt sie, „weil die Ärzte entscheiden müssen, ob eine Geschlechtszuordnung möglich ist.“ Zudem sei ungeklärt, wie Standesämter prüfen sollen, dass eine bestimmte Zuordnung nicht möglich ist – Entwürfe für Ausführungsvorschriften gebe es bislang nicht. „Im Zweifel ist wohl ein Attest eines Arztes nötig“, so Plett, sodass weiter die Gefahr einer zwangsweisen Geschlechtszuordnung bestehe.

>>> Bundesrat 2014: Verwaltungsvorschrift zum PStG-Murks § 22(3) PStG:
        Alleinige Definitionshoheit und Entscheidungsgewalt für Ärzte    

>>> Bundestag 31.1.13: Staatliches Zwangsouting für "Intersex-Kinder" -
        Freipass für GenitalabschneiderInnen

>>> Intersex-Fakten: Geschlechtseintrag "offen" seit 2009 möglich (§ 7 PStV) -
        Genitalverstümmelungen zunehmend 

>>> § 22 (3) PStG: "Deutliche Kritik an neuer Regelung" - erste Reaktionen

Wednesday, February 6 2013

Intersex: UN-Sonderberichterstatter über Folter verurteilt "genital-normalisierende Zwangsoperationen" und "Sterilisierung"

>>> Pressemitteilung zum Thema von Zwischengeschlecht.org (07.02.2013)

'Genitalverstümmelungen stoppen!' - Aktion von Zwischengeschlecht.org"Genitale Zwangsoperationen jetzt beenden!": Zwischengeschlecht.org vor der UNO, 25.1.09

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Zum heutigen 10. Welttag "Null Toleranz gegen weibliche Genitalverstümmelung" nur gute Nachrichten (2): 

Schluss mit genitalen Zwangsoperationen!

Der UN-Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung, Juan Ernesto Méndez, veröffentlichte im Rahmen der 22. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates (UNHRC) einen >>> Report A/HRC/22/53 (PDF, englisch) zum Thema "missbräuchliche Praktiken im Gesundheitswesen"  – und fand darin betreffend Intersex-Genitalverstümmelungen deutliche Worte:

Kapitel "IV. Aufkommende Anerkennung verschiedener Formen von Missbrauch im Gesundheitswesen", Abschnitt "E. Marginalisierte Gruppen", Unterabschnitt 4. "Intersex-Menschen":

"Kinder, die mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen auf die Welt kommen, werden oft irreversiblen Geschlechtszuweisungen, erzwungener Sterilisierung und erzwungenen genital-normierenden Operationen unterworfen, die ohne ihre informierte Zustimmung oder diejenige ihrer Eltern durchgeführt werden, "als Versuch ihr Geschlecht in Ordnung zu bringen", was sie mit dauerhafter, irreversibler Unfruchtbarkeit zurücklässt und schweres seelisches Leiden verursacht." (Abs. 77)

"Diese Maßnahmen [genital-normalisierende Operationen] sind selten medizinisch notwendig, können Narbenbildung, Verlust des sexuellen Empfindens, Schmerzen, Inkontinenz und lebenslange Depressionen verursachen und wurden zudem als unwissenschaftlich, gesundheitsgefährdend und zu Stigma beitragend kritisiert." (Abs. 76)

Kapitel "V. Schlussfolgerungen und Empfehlungen", Abschnitt "B. Empfehlungen", Unterabschnitt 3. "Intersex-Menschen":

"Der Sonderberichterstatter ruft alle Staaten auf, jegliche Gesetze abzuschaffen, die intrusive und irreversible Behandlungen erlauben, darunter genital-normalisierende Zwangsoperationen, erzwungene Sterilisierung, unethische Experimente [oder] medizinische Zurschaustellung [...], wenn diese zwangsweise oder ohne freie und informierte Zustimmung der betroffenen Menschen angeordnet werden. Er ruft sie weiter auf, Zwangssterilisationen oder Nötigung zu Sterilisierung unter allen Umständen gesetzlich zu verbieten und Menschen, die marginalisierten Gruppen angehören, besonderen Schutz zukommen zu lassen." (Abs. 88)

Im Kapitel III. wird zudem allgemein dargelegt

• wie und warum im Kontext medizinischer Behandlungen von Misshandlung oder Folter auszugehen ist, wenn Erniedrigung oder Beschämung das effektive Resultat von Handlungen, Unterlassungen oder Nachlässigkeit ist, auch wenn es nicht die erklärte Absicht war (Abs. 17, 18, 20)

• dass sich die Schutzpflicht der Staaten zur Verhinderung von Folter explizit auch auf das Gesundheitswesen erstreckt und nicht nur direktes staatliches Handeln, sondern auch Unterlassung angemessenes Handelns zur Verhinderung von Verstößen durch Dritte betrifft (Abs. 23)

• dass die Staaten verpflichtet sind, jegliche Verstöße zu verhindern, und sie andernfalls zu untersuchen und zu bestrafen (Abs. 24)

• dass bei uneingewilligten medizinischen Zwangsbehandlungen Misshandlung oder Folter vorliegen kann, auch wenn MedizinerInnen geltend machen, diese in "guter Absicht" oder im "sogenannt besten Interesse der betroffenen Person" vorgenommen zu haben (Abs. 32)

• dass Gesundheitsanbieter verpflichtet sind, sich besonderer Bedürfnisse von Intersex-Menschen bewusst zu sein und sich diesen anzupassen (Abs. 38).
 

Input von Organisationen Betroffener

Der Bericht verweist betreffend "genital-normalisierende Zwangsoperationen, erzwungene Sterilisierung, unethische Experimente [und] medizinische Zurschaustellung" und deren Folgen auf eine angefragte Stellungnahme der US-Intersex-Lobbygruppe "Advocates for Informed Choice (AIC)", die ihrerseits in Absprache auf Beiträge von Zwischengeschlecht.org und UN-Schattenberichte von Intersexuelle Menschen e.V. zurückgriff, sowie auf die weltweit von Betroffenenorganisationen unterstützte Stellungnahme der Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin (NEK-CNE).
 

Überfälliger wichtiger Schritt

Zwischengeschlecht.org dankt dem UN-Sonderberichterstatter über Folter Juan Ernesto Méndez und allen weiteren Beteiligten ganz herzlich und begrüßt den Bericht ausdrücklich als weiteren Schritt zur Beendigung der ungebrochen andauernden medizinischen Verbrechen an Zwittern und zur Durchsetzung ihres Rechts auf körperliche Unversehrtheit.

Dies umso mehr, als der UN-Menschenrechtsrat anlässlich des Universellen periodischen Überprüfungsverfahrens (UPR) der Schweiz am 29.10.2012 das Thema mutwillig außen vor ließ, obwohl es im Schattenbericht der NGO-Koalition angesprochen war und nebst Zwischengeschlecht.org u.a. auch Advocates for Informed Choice (AIC), Intersexuelle Menschen e.V und Genres Pluriels (Belgien) sich bei Mitgliedern des UNHRC wiederholt dafür einsetzten.

Organisierte Betroffene von medizinisch nicht notwendigen genitalen Zwangsoperationen im Kindesalter kritisieren solche Eingriffe seit mindestens 1996 wieder und wieder explizit als "medizinische Folter", vgl. diverse Texte von >>> Heike Spreitzer und Michel Reiter, Arbeitsgruppe gegen Gewalt in der Pädiatrie und Gynäkologie (AGGPG).
 

Der Teufel steckt im Detail

Bei allem Grund zur Freude enthält der Bericht in Bezug auf Intersex z.T. auch Dinge, die aufzeigen, dass leider immer noch falsche Vorstellungen kursieren, die zur Unsichtbarmachung der spezifischen Probleme der Betroffenen beitragen und ihren jahrzehntelangen Kampf um körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung erschweren, indem sie zu unzulässigen Verwechslungen mit Anliegen von Schwulen, Lesben und Transsexuellen führen.

So werden im Bericht die Folgen der "Genitalkorrekturen" inkl. der dazugehörigen Fussnote zur Zuarbeit von Advocates for Informed Choice (AIC) nicht unter Abs. 77 "Kinder mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen" aufgeführt, sondern in Abs. 76 unter "Homophobie" und "reparative Therapien". Der Sonderberichterstatter räumte dazu am 05.03.2013 im persönlichen Gespräch in Genf ein, er habe bezüglich kosmetischen Genitaloperationen an Intersex-Menschen keine Vorkenntnisse gehabt und den Bericht unter grossem Zeitdruck abliefern müssen.

Zwischengeschlecht.org und AIC überreichten dem Sonderberichterstatter ein gemeinsames Statement, das unter 1. festhielt:

"Obwohl Kinder, die mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen zur Welt kommen (a.k.a. Intersexe / Hermaphroditen / Störungen der Geschlechtsentwicklung DSD), mit verschiedenen Probemen konfrontiert sein können, sind das Hauptproblem die medizinisch nicht notwendigen, irreversiblen kosmetischen Genitaloperationen an ihren Genitalien und Fortpflanzungsorganen. Obwohl diese chirurgischen Eingriffe den Betroffenen seit mehr als 60 Jahren systematisch aufgezwungen werden, erfolgen sie immer noch experimentell, d.h. es gibt keine Evidenz für Vorteile für die Betroffenen.
Dies ist ein eigenes und einzigartigs Problemfeld, das massive Menschenrechtsverletzungen beinhaltet, die sich unterscheiden von den Problem, mit denen die LGBT-Community konfrontiert ist.
Um dieses eigene und einzigartige Problemfeld angemessen angehen zu können und um mögliche Verwechslungen zu vermeiden, sollte es künftig angemessen in einem eigenständigen Abschnitt behandelt werden (wie z.B. im kommenden WHO-Stellungnahme zu Sterislisierung)."
 

Die zusätzlich überreichte Broschüre "Intersex Genital Mutilations: History & Current Practice"   >>> Mehr Info + Download hier dokumentiert medizinisch nicht notwendige, irreversible kosmetische Genitaloperationen an Kindern mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen anhand von konkreten Beispielen aus namhaften medizinischen Fachpublikationen 1763-2012, die Mal für Mal eindrücklich die außerordentliche Grausamkeit der an betroffenen Kindern begangenen, medizynischen Verbrechen belegen. Weshalb – wie auch der UN-Sonderberichterstatter über Folter im März 2013 erneut bekräftigte – fraglos zumindest grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung gegeben ist, wenn nicht sogar Folter.

>>> Pressemitteilung zum Thema von Zwischengeschlecht.org (07.02.2013)

>>> Genf 4.3.: UN-Sonderberichterstatter verurteilt Intersex-Genitalverstümmelungen 

>>> Kosmetische Genitaloperationen an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken – eine Genealogie der Täter
>>> 150 Jahre Menschenversuche ohne Ethik und Gewissen

10 Jahre Internationaler Tag "Null Toleranz gegen weibliche Genitalverstümmelung" - Zwischengeschlecht.org gratuliert

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Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 06.02.2013:

 

»Ein Land, das sexuelle Verstümmelungen als 'barbarisch' ächtet und zu Recht bestraft,    
sollte auch kosmetische 'Genitalkorrekturen' an Kindern nicht mehr tolerieren.«
    
Daniela Truffer    

 

Hände weg von Kindergenitalien!

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Der Kampf von Betroffenen von weiblicher Genitalverstümmelung und ihrer UnterstützerInnen dauert schon ungleich länger als die Bestrebungen der Zwitterbewegung, und immer noch werden täglich wehrlose Mädchen genitalverstümmelt.

Es kam nicht von heute auf morgen, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO Position für die Betroffenen ergriff.

Wir gratulieren allen Beteiligten solidarisch zum heutigen Jubiläum, und wünschen weiterhin viel Kraft und Erfolg! Und bringen zur Feier des Tages auf dem Weblog Zwischengeschlecht.info nur gute Nachrichten. [eins] [zwei]

Gleichzeitig möchten wir alle westlichen UnterstützerInnen dieses Kampfes respektvoll daran erinnern:

Was Kindern mit "atypischen Genitalien" in unseren Kinderkliniken immer noch angetan wird, von "aufgeklärten" MedizynerInnen und bis heute letztlich mit stillschweigender Duldung von Gesellschaft und Politik, ist nicht in allen, aber in vielen Aspekten vergleichbar mit der "afrikanischen Genitalverstümmelung", und wird seit 20 Jahren von Betroffenen öffentlich angeklagt als "westliche Form der Genitalverstümmelung".

Bis in die 1980er-Jahre wurde "im Westen" tausenden und abertausenden wehrlosen Kindern eine "zu große Klitoris" kurzerhand amputiert oder gar "ausgekernt".

Die Medizyner behaupteten dazu bis in die 1990er-Jahre "die Orgasmusfähigkeit leidet unter der Klitorisentfernung nicht", und stellten diese Eingriffe zum Teil explizit in eine Reihe mit der "Beschneidung von Mädchen bei afrikanischen Naturvölkern".

Bis heute weigern sich die beteiligten Universitäten und Standesgesellschaften, dieses Unrecht nur schon anzuerkennen, geschweige denn aufzuarbeiten oder nur schon endlich mit den heutigen "modernisierten" Verstümmelungsformen aufzuhören.

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Mobile +41 (0) 76 398 06 50
presse_at_zwischengeschlecht.info

http://zwischengeschlecht.org
Regelmäßige Updates: http://zwischengeschlecht.info

>>> Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen? 
>>> Zum 10. Welttag "Null Toleranz gegen FGM" nur gute Nachrichten (1) 
>>> Zum 10. Welttag "Null Toleranz gegen FGM" nur gute Nachrichten (2) 
>>> "Klitorisamputationen an Kindern - Aufarbeitung tut Not!" Offener Brief an Uni ZH

Tuesday, February 5 2013

Nach Protesten: Intersex-Genitalverstümmler verkriechen sich in die Provinz

'Genitalverstümmelungen stoppen!' - Aktion von Zwischengeschlecht.orgIntersex-Protest + Offener Brief vor der Universitäts-Kinderklinik C.G. Carus Dresden, 23.9.12

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Zum heutigen 10. Welttag "Null Toleranz gegen weibliche Genitalverstümmelung" nur gute Nachrichten (1):

"IPOKRaTES"-"DSD-Seminar" auf Abwegen

Zwischengeschlecht.org «Körperliche Unversehrtheit auch für Zwitter!» (Bild: NZZ Format/SF1)

Rio de Janeiro, Köln, Johannesburg, Doha, München, Kuala Lumpur, Toronto: Für gewöhnlich finden die prestigeträchtigen pädiatrischen Fortbildungs-Seminare der Baden-Württemberger "IPOKRaTES Foundation", für deren Durchführung die Firma "m:con – mannheim:congress GmbH" verantwortlich zeichnet, nicht gerade hinter den sieben Bergen statt.

Augenfällige Ausnahme: Das letztes Wochenende zu Ende gegangene klinische "DSD-Seminar" zum Thema "Diagnosis and Management of Adrenal and Gonadal Disorders" >>> Programm (PDF), wie gewohnt besetzt mit interkontinentalen "hochkarätigen Spitzenkoryphäen" (aus Europa u.a die "EuroDSD"/"I-DSD"/"DSD-Life"-Chefverstümmler Prof. Dr. Olaf Hiort, Prof. Dr. Pierre Mouriquand, Prof. Dr. Stefan Wudy und Prof. Dr. S. Faisal Ahmed).

Austragungsort: Die abgelegene oberösterreichische Marktgemeinde St. Florian, gelegen "inmitten der Natur", ziemlich genau zwischen dem drittrangigen Lokal-Verstümmlerhospital "Landes-Frauen- und Kinderklinik Linz" und der Gedenkstätte KZ Mauthausen. Und obendrein noch gut von der Öffentlichkeit abgeschirmt auf dem Privatgelände innerhalb der Trutzburg des dortigen gleichnamigen Stiftes.

"Raus! Raus! Raus!"

Zufall? Wohl kaum. Seit die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org vor bald 5 Jahren begann, kontinuierlich vor Genitalabschneiderkongressen und Verstümmlerkliniken friedliche Mahnwachen und Proteste abzuhalten, bekamen wir Mal für Mal mehr zu spüren, wie sehr unsere blosse gewaltfreie Anwesenheit den TäterInnen gegen den Strich geht. Ab Herbst 2010 wurde es schliesslich zur mittlerweile festen Regel, dass Medizyner oder sonstige Verantwortliche wieder und wieder versuchen, uns mit abenteuerlichen Begründungen einzuschüchtern und trotz ordnungsgemässer Anmeldung von unserem Platz zu vertreiben – selbstverständlich stets ohne Erfolg.

Besonders hervorgetan hatte sich dabei letzten Frühling ausgerechnet die obgenannte Firma "m:con", seinerzeit beauftragt mit der Durchführung des Genitalabschneider-Kongresses "DGE 2012" im "m.con"-Hauptsitz "Rosengarten Congress Centrum Mannheim". "m:con" belagerte uns richtiggehend und drohte mit einem martialischen Polizeieinsatz (siehe Bild), aus dem aber letztlich doch nix wurde; vielmehr kam ein Kamerateam des SWR und drehte eine gelungene Reportage, ausgestrahlt passenderweise am Weltfrauentag 2012 und nach wie vor auf youtube anzugucken.

Verstümmler in die Pampa - hinter hohe Zäune, Schloss und Riegel!

Das "IPOKRaTES"-"DSD-Seminar" in der Provinz ist kein Einzelfall: Zwischengeschlecht.org beobachtet mit Genugtuung die Tendenz, wie kleinere Genitalabschneider-Treffen sich auf abgelegene Nebenschauplätze verlagern, oder versteckt auf Privatgelände Zuflucht suchen, wo die TäterInnen sich vor protestierenden Betroffenen geschützt fühlen, wie z.B. das diesjährige "5. Dreiländertreffen Kinderchirurgie" mitten im Gelände des Universitätsklinikums Heidelberg.

Und wie die großen Kongresse (vergeblich) versuchen, friedliche Mahnwachen schon im Vorfeld möglichst ins Abseits zu drängen, sowie handfest auf die Presse Einfluss zu nehmen, nicht etwa über die menschenrechtswidrige Praktiken auf dem Tagungsprogramm und die lebenslangen Leiden der Opfer zu berichten, sondern vielmehr über den positiven ökonomischen Einfluss der Medizyner-Invasion auf Hotels und Gastgewerbe nach dem Motto "Das Fressen kommt vor der Moral". 

Zwischengeschlecht.org wird wird die VerstümmlerInnen weiterhin mit dem von ihnen begangenen Unrecht konfrontieren, und die Öffentlichkeit darüber informieren. Auch wenn wir als kleine Menschenrechtsgruppe nicht jede Schlacht gegen die einflussreichen und mächtigen Medizyner-Standesorganisationen gewinnen können, so zeigen ihre betupften bis wütenden Reaktionen vor allem eines: Ihr Gewissen ist nicht rein, und tief in ihren schwarzen Herzen wissen auch die scheinbar unbeirrbarsten VerstümmlerInnen nur zu genau, dass nicht recht ist, was sie tun, und dass die Zeit gegen sie läuft. Und je mehr sie sich verstecken hinter hohen Mauern und Sicherheitsaufgeboten, desto mehr kriegen sie einen Vorgeschmack, wohin sie gehören und kommen werden, wenn sie mit dem Kinderverstümmeln nicht endlich aufhören.

>>> 10 Jahre "Null Toleranz gegen FGM" - Zwischengeschlecht.org gratuliert  
>>> Genitalverstümmelungen in KInderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe 

Sunday, February 3 2013

Geschlechtsverbot für Intersex-Kinder (§ 22 PStG): "Deutliche Kritik an neuer Regelung" (queer.de) und weitere Reaktionen

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>>> Interessanter Artikel auf queer.de inkl. z.T. ebensolchen Kommentaren darunter, zum neuen "Geschlechtseintrags-Verbot" für Intersex-Kinder im neuen § 22 (3) PStG, mit einem Überblick zu den ersten Verlautbarungen, inkl. zu unserer Pressemitteilung vom 1.2.13, und einem Bild von unserem Protest vor dem Kispi St. Gallen. Danke!

Einen solidarischen Kommentar schaltete Daniel R. Frey auf >>> Queerdenker.ch. Und einen Hinweis Heinz-Jürgen Voß auf >>> Das Ende des Sex. Danke!

Nachtrag 1: >>> Deutliche öffentliche Kritik gab's mittlerweile auch von Intersexuelle Menschen e.V., OII Deutschland (IVIM) und von der Juristin Konstanze Plett, die alle ebenfalls rügen, Betroffene nicht konsultiert wurden, dass das Zwangsgesetz den Druck auf Eltern erhöht, und in erster Linie ein Verbot der Verstümmelungen notwendig wäre sowie den MedizynerInnen die (Definitions-)Macht zu entreissen. Danke! 

Wie schon festgehalten, tun die PolitikerInnen in ihren Pressemitteilungen überparteilich gleichgeschaltet alle so, als würde der neue Paragraph den Betroffenen eine Wahl auftun, obwohl dem bekanntlich klar nicht so ist – offensichtlich können sie alle vor lauter Wahlkampf und anderen wichtigeren Dingen nicht mal "ist-ohne-Eintrag-einzutragen" (so steht's ultimativ im neuen § 22 drin) von "kann-ohne Eintrag-eingetragen-werden" unterscheiden – obwohl manche den neuen Gesetzestext noch copy/pasten!

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) reklamiert offiziell die Verantwortung für das Debakel, das auf ihre "Initiative" zustande gekommen sei und die Umsetzung "einer Forderung des Deutschen Ethikrates im Bereich der Intersexualität" darstelle. Und das war's dann – kein Wort zum eigentlichen Problem der täglichen Intersex-Genitalverstümmelungen ... bekanntlich hat die Bundesregierung dazu auch sonst dezidiert "keine Meinung".

Die CDU/CSU, vertreten durch Dorothee Bär und Peter Tauber, nennt den neuen Zwang einen "großen Erfolg, für die betroffenen Menschen, die" – und hier müsste sich die ganze CDU/CSU in erster Linie gleich selbst an der Nase nehmen! – "in der öffentlichen Debatte leider nur selten Beachtung finden". Um danach voller Selbstlob (und wie von Zwischengeschlecht.org prophezeit) sogleich zu unterstellen, damit wäre die Arbeit ja getan rsp. ein angeblich "besonders wichtiges Anliegen der Betroffenen" abgehakt, und das (in den Augen der Betroffenen zentrale) Problem der andauernden Intersex-Genitalverstümmelungen würde sich – Dank der gütigen Hilfe von CDU/CSU – nun ja quasi von sebst lösen: "Damit begleiten wir auch den Paradigmenwechsel in der Fachwelt, die von festlegenden operativen Eingriffen [...] abrückt." Tja, schön wär's – aber Hauptsache zur Ablenkung noch grossartig das "binäre Geschlechtermodell" als angeblichen Sündenbock vorschieben, jedoch bloss kein Wort vom Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Die GenitalabschneiderInnen werden's bestimmt mit grosszügigen Wahlkampfspenden danken!

In einem Blogpost nennt Peter Tauber (CDU) immerhin realistischere Zahlen, als wir uns das sonst von PolitikerInnen gewohnt sind: "Jedes Jahr werden zwischen 200 und 400 Kinder in Deutschland geboren, bei denen das Geschlecht nicht eindeutig festzustellen ist. [...] In Deutschland leben nach Schätzung mehrere zehntausend intersexuelle Menschen." Ansonsten tut er weiterhin so, als wären die Verstümmelungen (nicht zuletzt dank unzähliger Bundestags-Sitzungen) längst Geschichte, indem er ausschliesslich von "irreparablen medizinischen Eingriffen in der Vergangenheit" schreibt, angeblich "aufgrund einer fehlenden Sensibilität bei Ärzten und Krankenhäusern" – dass die Verstümmelungen obendrein noch recht rentabel sind, ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wie stets in den letzten 20 Jahren, wenn an den Verstümmelungen nichts geändert werden soll, plant auch Tauber ein weiteres "Fachgespräch" – als wäre nicht längst schon alles zigmal durchgekaut (und als hätte es z.B. das Verdikt des UN-Komitees gegen Folter oder die Bundestagsanhörung nie gegeben): "Darüber hinaus habe ich mich dafür eingesetzt, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [...] einen großen Kongress durchführt, damit das Thema fachlich weiter diskutiert, wir über nächste Schritte sprechen und wie wir die Gesellschaft weiter sensibilisieren können." Und wenn sie nicht gestorben sind, so labern – äh, operieren sie noch heute ...

Wie ebenfalls vorausgesehen verkaufen die Grünen, vertreten durch Monika Lazar und Volker Beck (und gepusht vom LSVD), den neuen Zwang für die Betroffenen vollmundig als "kleine Revolution für Intersexuelle". Es ehrt sie, dass sie im Anschluss immerhin sogleich thematisieren, dass das eigentliche Anliegen der Betroffenen, nämlich ein "Verbot" der Genitalverstümmelungen, bzw. der "große Wurf" nach wie vor"fehlt". Dass sie dabei weiterhin unverdrossen der TäterInnensprache fröhnen, indem sie von "prophylaktischen, geschlechtsangleichenden Operationen" reden, verursacht einmal mehr Brechreiz, und macht deutlich, dass auch sie selbst das Wesentliche leider immer noch nicht wirklich kapieren wollen.

Die FDP schickte gleich 2 Pressemitteilungen ins Rennen: Manuel Höferlin [offline] wertet den neuen Zwang als "einen liberalen Erfolg". Dito Florian Bernschneider, der es zusätzlich mit Grünen hält: "Dies ist nicht mehr und nicht weniger als eine kleine Revolution im Personenstandsrecht." Die eigentliche Problematik der Verstümmelungen deuten beide nicht einmal an. Auch dafür werden sich die GenitalabschneiderInnen bestimmt erkenntlich zeigen.

Keine Pressemitteilungen gab's offenbar von SPD und Die Linke – zumindest konnte ich keine ausfindig machen.

Nachtrag 2:

Mechthild Rawert (SPD) kritisierte auf ihrer >>> Homepage die Gesetzesänderung ebenfalls als "Hauruck-Aktion" und bemängelte mangelnde interfraktionelle Abstimmung. Den zentralen Kritikpunkt der Betroffenenorganisationen, nämlich dass die Änderung einen neuen Zwang und keine Option darstellt, und dadurch Eltern noch stärker unter Druck setzen und betroffenen Kindern konkret schaden wird, scheint Rawert allerdings entgangen zu sein, da sie dies nicht einmal erwähnt, und stattdessen ebenfalls behauptet, es handle sich um eine "kann-Möglichkeit". Auch die Kritik, dass die Betroffenenorganisationen für den neuen § 22 (3) nicht konsultiert wurden, bleibt unerwähnt.

Stattdessen fordert Rawert weiterhin unbeirrbar (wie schon an der Veranstaltung im Rogate-Kloster) einen 3. Geschlechtseintrag offensichtlich auch für Neugeborene, statt, wie Betroffene dies fordern, ggf. eine selbstbestimmte optionale Möglichkeit für Erwachsene.

Immerhin fordert laut Mechthild Rawert anscheinend die SPD an 1. Stelle mittlerweile ein "Verbot von irreversiblen geschlechtszuweisenden bzw. geschlechtsanpassenden Operationen an mehrdeutig geschlechtlich geborenen Kleinkindern, an Minderjährigen ohne deren ausdrückliche Einwilligung" – langsam scheint da etwas in Bewegung zu kommen, auch wenn leider die unreflektierte Rede von "geschlechtszuweisenden bzw. geschlechtsanpassenden Operationen" weiterhin ausschliesslich der TäterInnenperspektive Rechnung trägt und die wohl häufigsten kosmetischen Genitaloperationen an Kindern einmal mehr aussen vor lässt (wie schon der Ethikrat). Auch die Rede von "mehrdeutig geschlechtlich geborenen Kleinkindern" stiftet (gewollt?) unnötig Verwirrung, statt deutlich klarzustellen, worum es wirklich geht, nämlich um Kinder mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen (und nicht um Rawerts offensichtliches Steckenpferd der "Geschlechtsidentität", sexuelle Orientierung usw.).

Hier besteht offensichtlich weiterhin erheblicher Informationsbedarf. Nicht zuletzt, weil Mechthild Rawert auch in sonstigen Mitteilungen zum Thema Intersex körperliche Unversehrtheit mit "Identitätsfragen" gern bunt durcheinandermischt, und z.B. tatsachenwidrig behauptet, in Argentinien fänden keine Zwitter-Genitalverstümmelungen mehr statt. Auch hier hätte eine Konsultation mit Betroffenenorganisationen sie schnell eines Besseren belehrt, nämlich dass Argentinien im Allgemeinen und Buenos Aires im Besonderen unverändert GenitalabschneiderInnenhochburgen sind, die obendrein noch massgeblich zur globalen Propagierung der menschenrechtswidrigen Verstümmelungen beitragen – offensichtlich mit ausdrücklichem Segen und gar noch Lob der Tempelhofer SPD. Auch die zunehmenden Verstümmelungen in der Berliner Charité waren bisher weder für Mechthild Rawert noch für die Berliner SPD jemals ein Thema ...

>>> Bundesrat 2014: Verwaltungsvorschrift zum PStG-Murks § 22(3) PStG:
        Alleinige Definitionshoheit und Entscheidungsgewalt für Ärzte    

>>> Bundestag 31.1.13: Staatliches Zwangsouting für "Intersex-Kinder" -
        Freipass für GenitalabschneiderInnen

>>> Intersex-Fakten: Geschlechtseintrag "offen" seit 2009 möglich (§ 7 PStV) -
        Genitalverstümmelungen zunehmend 

Intersex-Fakten: Geschlechtseintrag "offen" seit 2009 möglich (§ 7 PStV) - Genitalverstümmelungen zunehmend

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Pressemitteilung von Zwischengeschlecht.org vom 3. Februar 2013:

Geschlecht: Zwangsoperiert

Zwischengeschlecht.org on FacebookEin wichtiger Punkt blieb in der Diskussion über das unglückliche neue "Geschlechtseintrags-Verbot" für Intersex-Kinder (§ 22 PStG) unerwähnt – leider auch in unserer >>> Pressemitteilung vom 1.2.2013:

In Deutschland besteht bei der Geburt eines Intersex-Kindes seit dem 1.1.2009 offiziell keine Frist mehr, bis wann das "Geschlecht" gemeldet werden muss.

Sprich, der Geschlechtseintrag kann – falls von den Eltern gewünscht – seit 4 Jahren sinnvollerweise OPTIONAL unbefristet offen gelassen werden.

Grundlage dafür ist die aktuelle "Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (PStV)". Deren § 7 PStV lautet seit dem 01.01.2009 wie folgt:

(1) Fehlen Angaben oder Nachweise für die Beurkundung eines Personenstandsfalls, kann das Standesamt die Beurkundung zurückstellen. Die Beurkundung des Personenstandsfalls ist in diesem Fall in angemessener Frist nachzuholen.

(2) Dem Anzeigenden ist auf Antrag eine Bescheinigung darüber auszustellen, dass der Personenstandsfall angezeigt wurde, aber noch nicht beurkundet werden konnte.

Der Hamburger Senat hatte dazu am 2.6.2009 öffentlich festgehalten (Drucks. 19/3438, S. 3):

"Die Senatsvertreterinnen und -vertreter berichteten, das Personenstandsgesetz in Deutschland sehe aktuell keine Verpflichtung vor, bei der Anmeldung des Kindes nach der Geburt auch das Geschlecht festzulegen. Wenn das Geschlecht zu diesem Zeit- punkt nicht bekannt sei, könne dies auch so eingetragen werden. Es werde derzeit eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz diskutiert, nach der auch der Eintrag beim Standesamt, dass das Geschlecht nicht festgestellt sei, zulässig sei. Es werde danach keine Frist gesetzt, innerhalb der das Geschlecht fest- gelegt werden müsse."

Tatsachen, Irrtümer und ein "Geheimtipp"

Zwischengeschlecht.org hatte seit 2009 verschiedentlich über diese Möglichkeit des Offenlassens berichtet, und PolitikerInnen (vergeblich) persönlich darauf hingewiesen. Die Hebammenbroschüre von Intersexuelle Menschen e.V. (PDF --> S. 13) verweist seit Jahr und Tag ausdrücklich auf § 7 PStV.

Dass Familienmisisterin Kristina Schröder aktuell behauptet, erst mit dem 31.1.2013 beschlossenen § 22 (3) PStG "wird es erstmals möglich, das Geschlecht intersexueller Menschen im Geburtenregister offen zu lassen", entspricht NICHT den Tatsachen – ebenso vergleichbare Aussagen u.a. der Abgeordneten Dorothee Bär und Peter Tauber (CDU/CSU), Monika Lazar und Volker Beck (Grüne), Manuel Höferlin (FDP) und Florian Bernschneider (FDP).

Auch ist es irreführend, wie in öffentlichen Verlautbarungen zum Bundestagsbeschluss behauptet wird, es sei nun eine "Möglichkeit" geschaffen worden auf den Geschlechtseintrag zu verzichten, und Betroffene hätten neu "Entscheidungsfreiheit": Tatsache ist, dass der neue § 22 (3) PStG KEINE "Kann-Formulierung" enthält, die Eltern und später Betroffenen eine Wahl lässt; Eltern betroffener Neugeborener sind nach dem Buchstaben des Gesetzes nunmehr GEZWUNGEN, ihr Kind ohne Geschlecht einzutragen. Obwohl Betroffene seit 20 Jahren vor den verheerenden Folgen solcher Zwänge warnen. Dass der Bundestag hier für mehr Zwang stimmte statt für eine sinnvolle optionale "Kann-Formulierung" ist absolut unverständlich. Nachbesserung hoffentlich bald!

• Ein "Geheimtipp" ist immer noch die Tatsache, dass Intersexe nach § 47 PStG das Recht haben, ihren Geschlechtseintrag später optional berichtigen zu lassen, falls sie dies wünschen, und zwar OHNE sich als transsexuell erklären/begutachten lassen zu müssen – was Betroffenen aber von Ärzten und Behörden oft mutwillig und widerrechtlich verweigert oder erschwert wird. Hier wäre durch entsprechende Informationsbestrebungen und verbesserte Aufsicht dringend Abhilfe zu schaffen.

Fakt: Jedes Jahr mehr Leiden an kosmetischen "Genitalkorrekturen"

Tatsache ist weiter, dass – entgegen Verlautbarungen u.a. von Dorothee Bär und Peter Tauber (CDU/CSU) ("Fachwelt rückt von operativen Eingriffen ab"in Deutschland medizinisch nicht notwendige, kosmetische Genitaloperationen an Kindern mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen deutlich ZUNEHMEN, und NICHT ABNEHMEN:

Allein in den letzten 4 Jahren wurden mehrere auf solche medizinisch nicht notwendige Genitaloperationen spezialisierte Zentren neu aufgebaut (z.B. in der Charité Berlin) oder das Angebot und die Frequenz in bestehenden massiv ausgebaut (z.B. Ulm, Jena, Offenbach). Allein im Lehrkrankenhaus Klinikum Offenbach GmbH werden mittlerweile jährlich über 500 kosmetische "Peniskorrektur-OPs" an Kindern durchgeführt!

Betroffene fordern seit langem Transparenz, d.h. Offenlegung und Konsolidierung entsprechender Behandlungszahlen und -kosten für ALLE kosmetischen Genitaloperationen und sonstigen medizinisch nicht notwendigen Prozeduren an betroffenen Kindern, und zwar inkl. Folgekosten/"Nachkorrekturen"

Die Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

Freundliche Grüße

n e l l a
Daniela Truffer
Gründungsmitglied Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org

Mobile +41 (0) 76 398 06 50
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>>> Bundesrat 2014: Verwaltungsvorschrift zum PStG-Murks § 22(3) PStG:
        Alleinige Definitionshoheit und Entscheidungsgewalt für Ärzte    

>>> Zwitter-Genitalverstümmelungen: Diskriminierung oder Verbrechen? 
>>>
"Aufarbeitung tut not!" Klitorisamputationen u.a. "Genitalkorrekturen" an Kindern
>>> Kosmetische GenitalOPs: Ausklammerung von "Hypospadie" unethisch
>>> "Intersex"-Genitalverstümmelungen - Offener Brief an Rogate-Kloster St. Michael

Friday, February 1 2013

Intersex-Genitalverstümmelungen: "Als Gynäkologin sehe ich Patientinnen, deren sexuelle Empfindungsfähigkeit beeinträchtigt ist" (Dr. Michal Yaron, Uniklinik Genf) (1)

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Zwischengeschlecht.org on Facebook

Die französischsprachige Intersex-Sendung >>> "Un corps, deux sexes" (Online Video) wurde von vielen gelobt. Was besonders Aufsehen erregte: Nicht nur nahmen darin Betroffene klar Stellung gegen kosmetische Genitaloperationen an Kindern (darunter Daniela "Nella" Truffer und Vincent Guillot) und es gab Ausschnitte vom Protest gegen den Europäischen KinderurologInnenkongress "ESPU 2012", sondern es äusserten sich auch mehrere MedizinerInnen mit bisher kaum gehörter Deutlichkeit. Danke!!!

Als erstes Beispiel dokumentiert dieser Blog nachfolgend ein auf Deutsch übersetztes Transkript von Nella mit den Aussagen der Genfer Kindergynäkologin Dr. Michal Yaron:

Michal Yaron (Gynécologie pédiatrique, HUG): "Gewisse Missbildungen stellen eine Gefahr dar, eine Gefahr für ihr Leben oder ihre Gesundheit, aber es handelt sich wirklich um die Minderheit der Fälle. Die meisten brauchen keine Operationen, man operiert, weil man denkt, dass es eine rasche Lösung ist und danach wird alles psychologisch gut gehen, wenn einmal die Genitalien einem Geschlecht entsprechen, welches immer man dem Individuum auch zugewiesen hat. Dies ist jedoch nachweislich nicht der Fall. Die durch die Kinderchirurgen durchgeführten Operationen führen nicht zu einer Betreuung nach der Pubertät. Deshalb haben diese Individuen, die als Kinder operiert wurden, später Probleme, die sich niemand hätte vorstellen können. Als Gynäkologin sehe ich Patientinnen mit einer Verengung der Vaginalöffnung, ich sehe Patientinnen, deren Empfindungen beeinträchtigt sind, weil die Operation Gewebe betrifft, das sexuell sensibel ist, wie auch die Nerven, die es umgeben, und man stellt eine Verminderung der Empfindungen fest aufgrund dieser Operationen und des sich gebildeten Narbengewebes."

>>> "Kein Recht, Kinder wegen der Eltern zu operieren" (Dr. Blaise Meyrat) (2)

>>> Genitalverstümmelungen in KInderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe
>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen  

Thursday, January 31 2013

REMINDER: In Deutschland ist OPTIONALES Offenlassen des Geschlechtseintrags bei Intersex-Kindern seit 2009 ohnehin unbefristet möglich (§ 7 PStV)

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Geschlecht: Zwangsoperiert

Zwischengeschlecht.org on FacebookEin wichtiger Punkt ging in der bisherigen Diskussion über das unglückselige Geschlechtseintrags-Verbot für Intersex-Kinder vom 31.1.13 durch den Bundestag stets unter – leider auch in unserer Pressemitteilung von gestern (inzwischen nachgetragen), obwohl dieser Blog ansonsten in den letzten Jahren mehrfach darauf hinwies und wir auch schon PolitikerInnen (vergebens) darauf aufmerksam machten:

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Bundestag 31.1.13: Staatliches Zwangsouting für "Intersex-Kinder" - Freipass für GenitalabschneiderInnen (§ 22 PStG)

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>>> Pressemitteilung zum Thema von Zwischengeschlecht.org vom 01.02.2013

Ausgeliefert! Zwischengeschlecht.org on FacebookDer Bundestag hat am späten Donnerstagabend einen kurzfristig eingereichten Antrag (PDF)  gutgeheissen, wonach künftig via Personenstandsgesetz "uneindeutigen" Neugeborenen der Eintrag eines Geschlechts amtlich verboten wird:

PStG § 22 Abs. 3 [neu]: „(3) Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen.“

Zweifellos wird diese Neuerung als ein angeblicher "Durchbruch für die Rechte Intersexueller" verkauft werden (allen voran von Grünen und LGBT-Verbänden – Nachtrag: q.e.d.). Und von allen Parteien als Ausrede benutzt, weshalb sie auf die tatsächlichen und massiven Menschenrechtsverletzungen an Zwittern (wie z.B. kosmetische Genitalverstümmelungen und selektive Abtreibungen) weiterhin gar nicht erst eintreten werden, das Problem sei nun ja abgehakt (Nachtrag: q.e.d., CDU/CSU).

Umso mehr lohnt es sich, näher zu betrachten, was dieser Beschluss für die betroffenen Kinder selbst sowie für ihr Umfeld konkret bedeutet:

Leider zeigt sich dabei schnell einmal, dass (nebst Gender-PolitikerInnen und dritten Interessengruppen) hauptsächlich die GenitalverstümmlerInnen in den Kinderkliniken von diesem neuen Gesetz profitieren werden ...

• Zunächst ist zu beachten: Es handelt sich NICHT um eine optionale "Kann-Formulierung", sondern um ein obligatorisches Muss: "ist [...] ohne eine solche Angabe [...] einzutragen". Damit wird betroffenen Kindern ein Geschlechtseintrag explizit verunmöglicht, was faktisch einem Verbot gleichkommt. (Auch wenn Familienministerin Kristina Schröder in ihrer Presseeinladung fälschlicherweise das Gegenteil suggeriert: "Damit wird es erstmals möglich, das Geschlecht intersexueller Menschen im Geburtenregister offen zu lassen.")

• Welche Instanz letztlich bestimmt, wann und ob "das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden [kann]", wird dabei nicht weiter festgehalten – braucht es aber auch nicht: Bestimmen werden wie gehabt allein die MedizynerInnen ...

Der Druck auf Eltern, widerrechtlich in kosmetische Genitaloperationen für die betroffenen Kinder "einzuwilligen", wird sich erhöhen: Die oft überforderten und von irrationalen Schuldgefühlen geplagten Eltern werden von den MedizynerInnen – nebst mit dem bereits üblichen Unter-Druck-Setzungs-Instrumentarium ("soziales Aus", "wird sich umbringen", "niemals glücklich sein können", Blablabla) – zusätzlich damit konfrontiert werden, dass sie bei einem "solchen Kind" nicht einmal mehr ein Geschlecht eintragen lassen dürften – es sei den, sie willigten zuerst in eine kleine Operation ein, nachher sei eine "Zuordnung" ja problemlos möglich ... (Schon heute argumentieren die MedizynerInnen bei den meisten betroffenen Kindern, eigentlich handle es sich klar um Jungen oder Mädchen, diese nur hätten ein kleines Problemchen, das sich aber ohne weiteres operativ beheben liesse ...)

Der Druck auf Eltern, ein betroffenes Kind (spät-)abtreiben zu lassen, wird sich erhöhen: Spätabtreibungen betroffener Kinder sind seit mindestens 1972 legal und zunehmend. Auch hier werden die MedizynerInnen den neuen §22 gerne als zusätzliches "Überzeugungsmittel" herbeiziehen.

Betroffenen Kindern droht ein staatlich verordnetes Zwangsouting in Kindergarten, Schule usw. – mit allen Folgen: "Anderssein" ist in der Regel kein Zuckerschlecken. Umso wichtiger wäre psychosoziale Unterstützung bei konkreten Mobbing-Fällen (statt angeblich "präventive" genitalverstümmelnde Zwangsoperationen). Die Verweigerung eines Geschlechtseintrags für betroffene Kinder wird stattdessen zu mehr Mobbing führen ("Du hast ja nicht mal nen Geschlechtseintrag!").

• Fazit: Noch weniger Schutz der Betroffenen vor kosmetischen Genitaloperationen, aber auch vor Diskriminierungen.

Personenstandspolitik mit Kinderblut an den Händen

Das eigentliche Problem: Nach wie vor werden heute 90% aller betroffenen Neugeborenen möglichst früh ohne medizinische Notwendigkeit kosmetisch genitalverstümmelt und leiden ein Leben lang unter den Folgen (u.a. Verminderung oder Zerstörung der sexuellem Empfindungsfähigkeit, schmerzende Narben, usw.). Immer noch werden viele ohne medizinische Notwendigkeit kastriert ("Wir wollen doch keine Mutanten züchten").

Aber wen interessiert sowas schon? Offensichtlich nicht den Bundestag. Hauptsache, der Amtsschimmel wiehert und GeschlechterpolitikerInnen können darauf anstossen, einmal mehr zwangsverstümmelte Kinder als Mittel zum Zweck der Aushöhlung des "bösen Zweigeschlechtersystems" missbraucht zu haben.

Dabei wäre es ganz einfach, WIRKLICH etwas für die betroffenen Kinder zu tun:

• Ein Verbot medizinisch nicht notwendiger, kosmetischer Genitaloperationen an Kindern, rsp. die gesetzgeberische Anerkennung, dass Eltern noch nie berechtigt waren, im Namen ihrer Kinder in solche Eingriffe einzuwilligen, weshalb die Verstümmelungen schon seit jeher illegal erfolgten, und entsprechendes Unterbinden von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern aufgrund solcher widerrechtlicher "Einwilligungen".

• Statt menschenrechtswidrige Genitalverstümmelungen zu tolerieren endlich angemessene psychosoziale Unterstützung und Peer Support für Betroffene, Eltern und das soziale Umfeld zu gewährleisten.

Durchsetzung der korrekten Anwendung von  § 7 PStV, wonach ein sinnvolles OPTIONALES Offenlassen des Geschlechtseintrags bei betroffenen Kindern seit 2009 ohnehin unbefristet möglich ist (Nachtrag):

Dazu hielt etwa der Hamburger Senat am 2. Juni 2009 öffentlich fest (Drucks. 19/3438, S. 3): "[D]as Personenstandsgesetz in Deutschland sieht aktuell keine Verpflichtung vor, bei der Anmeldung des Kindes nach der Geburt auch das Geschlecht festzulegen. [...] Es werde danach keine Frist gesetzt, innerhalb der das Geschlecht festgelegt werden müsse."

Die offizielle Grundlage dafür ist die aktuelle "Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (PStV)". Deren § 7 PStV lautet seit dem 01.01.2009 wie folgt (vgl. auch die Hebammenbroschüre von Intersexuelle Menschen e.V. (PDF) --> S. 13):

(1) Fehlen Angaben oder Nachweise für die Beurkundung eines Personenstandsfalls, kann das Standesamt die Beurkundung zurückstellen. Die Beurkundung des Personenstandsfalls ist in diesem Fall in angemessener Frist nachzuholen.

(2) Dem Anzeigenden ist auf Antrag eine Bescheinigung darüber auszustellen, dass der Personenstandsfall angezeigt wurde, aber noch nicht beurkundet werden konnte.

Durchsetzung der korrekten Anwendung von § 47 PStG, wonach Betroffene, die später ihren Geschlechtseintrag korrigieren lassen wollen, dies unbürokratisch tun können (statt dass Ämter und Behörden weiterhin widerrechtlich MedizynerInnen helfen, solche Betroffene tatsachenwidrig zu Transsexuellen zu erklären).

Das Preussische Landrecht war schon mal weiter: Seit 20 Jahren weisen Betroffenenorganisationen darauf hin, dass Personenstandsexperimente wie zwangsweises Offenlassen des Geschlechtseintrags oder zwangsweise Einführung eines 3. Geschlechtseintrag nicht im Interesse der betroffenen Kinder sind. Stattdessen sollten betroffene Kinder nach bester Einschätzung vorläufig einem sozialen Geschlecht inkl. Eintrag zugewiesen werden (jedoch ohne kosmetische Eingriffe!!!), unter Offenheit den Kindern gegenüber über ihre Besonderheit, und Hinweis auf die Option, ihren Geschlechtseintrag ggf. später unbürokratisch korrigieren zu lassen (§47 PStG). Paradoxerweise waren Betroffene mit dem Zwitterparagraphen im Preussischen Allgemeinen Landrecht (1794-1900), wonach zunächst die Eltern den Geschlechtseintrag bestimmten (§19) und die betroffene Person diesen bei Volljährigkeit unbürokratisch ändern konnte (§20), besser gestellt als heute!

Meine 2 Cent:

Leider hat es der Bundestag einmal mehr sträflich versäumt, sich wirksam für den Schutz und die Interessen der wirklich Betroffenen einzusetzen, und stattdessen wiederum dritte Interessengruppen und nicht zuletzt ausgerechnet die GenitalverstümmlerInnen favorisiert – wie sich auch die Bundesregierung seit über 16 Jahren konsequent GEGEN die Opfer der frühkindlichen Verstümmelungen stellt, und sich bis heute stets auf die Seite der TäterInnen schlägt.

Wie lange noch?!

Nachtrag: Die insgesamt 34-minütige Beratung von TOP 18 mit allen Reden der Abgeordneten kann online nachegeguckt/gehört und heruntergeladen werden, entweder >>> an einem Stück oder >>> einzeln. Das >>> schriftliche Protokoll 219. Sitzung (PDF) ist mittlerweile ebenfalls aufgeschaltet (TOP 18 auf S. 27217-27223).

Inzwischen gab's auch deutliche Kritik von Intersexuelle Menschen e.V und OII Deutschland (IVIM).

>>> UPDATE: Medien-Falschmeldung "Geschlechtseintrag 'unbestimmt' in D wählbar"

>>> Intersex-Fakten: Geschlechtseintrag "offen" seit 2009 möglich (§ 7 PStV) 
>>> § 22 (3) PStG: "Deutliche Kritik an neuer Regelung" - erste Reaktionen
>>> Alleinige Entscheidungsgewalt für Ärzte: Verwaltungsvorschrift zum PStG-Murks

>>> Verflucht sollt ihr alle sein, denn an euren Händen klebt Kinderblut! 
>>> Deutschland: Hunde besser vor Verstümmelung & Kastration geschützt als Kinder
>>> Bundesregierung angeblich "keine Meinung" zu Intersex-Genitalverstümmelungen
>>> Faule Eier für "die Bundesregierung"! (1996-2009)

>>>
Chirurgische "Genitalkorrekturen" an Kindern: Typische Diagnosen und Eingriffe 

Sunday, January 27 2013

Auslöschung von Zwittern: Spätabtreibungs-Indikation "Gefahr intersexueller Mißbildungen (Pseudohermaphroditismus)"

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Menschenrechte auch für Zwitter!

Seit langem kritisieren Betroffene, dass nicht nur durch kosmetische Zwangsoperationen Zwitter als Spezies zum Verschwinden gebracht werden sollen, sondern auch durch selektive Abtreibungen. Michel Reiter (AGGPG) hatte u.a. 1998 >>> in einem Interview dazu ausgeführt:

Ich befürchte zukünftig den gefährlichen Trend, daß mit einer zunehmenden Veröffentlichung dieser Thematik der Ruf nach Abtreibung von nicht eindeutig geschlechtlich zuzuordnenden Föten stärker wird. Zwitter können nach der medizinischen Indikation bis zum neunten Monat abgetrieben werden, wenn sie für die Eltern als nicht zumutbar gelten.

In letzter Zeit hatten u.a. ETEKAR und Simon Zobel (IMeV/Amnesty) vermehrt auf höchstwahrscheinlich steigende Abtreibungsraten von Intersexen hingewiesen.

Dass werdenden Eltern von Intersex-Kindern in der Regel eine Abtreibung angeraten wird, ist seit längerem unbestritten, vgl. z.B. den Aufsatz >>> "Unversehrte Genitalien sind keine Selbstverständlichkeit" (PDF) von Vanessa-Nino Kern: "Wird Intersexualität pränatal festgestellt, wird meist zu einer Abtreibung des ungeborenen Kindes geraten."

Weniger bekannt ist, wie lange dies schon der Fall ist. Wie ETEKAR anhand einer Publikation der Bundesärztekammer "Medizinische Indikationen zum therapeutischen Schwangerschaftsabbruch" von 1972 (>>> Exzerpte, PDF 564 kb) nachwies, bei Kindern nicht nur mit AGS/CAH seit mindestens gut 30 Jahren.

Weiteres pikantes Detail: Die Ärztekammer-Broschüre von 1972 nimmt verschiedentlich Bezug auf den berüchtigten NS-Gynäkologen und Genitalabschneider Prof. Dr. Hans Christian Naujoks (1892-1959), der nicht nur Zwitter in Publikationen als "biologisch minderwertig" einstufte (1934) und experimentell genitalverstümmelte ("Klitorisamputation mit Stumpfbildung", 1933), sondern nach 1945 trotz zusätzlicher Beteiligung an über 1'000 Zwangssterilisierungen mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.

In der obgenannten Leitlinie von 1972 werden von Naujoks (mit-)verantwortete Leitlinien zum Thema "Schwangerschaftsunterbrechungen" von 1932, 1936, 1948 und 1954 als direkte Vorläufer der Leitlinien von 1972 hervorgehoben (Naujoks' Leitlinie von 1954 war ebenfalls im Auftrag der Bundesärztekammer erfolgt).

Kommt dazu, dass just die erste von Naujoks mitverantwortete Leitlinie von 1932 die sog. "eugenische Indikation" in Deutschland als "wissenschaftlich anerkannt" salonfähig machte (vgl. Naujoks/Winter: "Die künstliche Schwangerschaftsunterbrechung" 1948, "C. Die nichtmedizinischen Indikationen: Die eugenische Indikation", S. 109-112, hier S. 110).

Naujoks hatte sich im NS-Staat aktiv für die "eugenische Indikation" zum Schwangerschaftsabbruch bei "erbkranken" Patientinnen eingesetzt (und ebenso für deren Zwangssterilierung), bis sie zu seiner tiefen Befriedigung 1935 im "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" beides ausdrücklich gestattet wurde (vgl. Irene Franken, Daniel Schäfer: "Professionelles Handeln in der Diktatur. Hans Christian Naujoks und die deutsche Frauenheilkunde während des „Dritten Reiches“", in: Groß/Karenberg/Kaiser/Antweiler (Hrsg): "Medizingeschichte in Schlaglichtern Beiträge des „Rheinischen Kreises der Medizinhistoriker“", hier S. 244, online: PDF, 4 MB).

Auch nach 1945 propagierte Naujoks die "eugenische Indikation" zetlebens unverdrossen weiterhin unter eben dieser Bezeichnung (vgl. z.B. Leitlinie 1948, S. 110, und den von der Deutschen Ärztekammer angeforderten "Leitfaden der Indikationen zur Schwangerschaftsunterbrechung" von 1954, S. 50).

Die obgenannte Leitlinie von 1972 verzichtet zwar auf des "E-Wort", lässt jedoch auf den S. 50-54 betreffend Abtreibungswürdigkeit von Zwittern auch über AGS/CAH hinaus wenig Zweifel offen (vgl. >>> PDF):

"Internistische Indikationen - III. Erkrankungen der Nebennieren"

a) Erkrankungen der Nebennierenrinde [S. 50]

[...]

Indikationen zum Schwangerschaftsabbruch:

Absolute:

Das angeborene adrenogenitale Syndrom bei starken Virilisierungserscheinungen der Mutter trotz konsequenter Substitutionstherapie mir Cortisolanlagen und weiblichem Geschlecht der Frucht. Diese ist auf Grund der hohen mütterlichen Androgenproduktion der Gefahr intersexueller Mißbildungen (Virilisierungen, Pseudohermaphroditismus) ausgesetzt. Das Geschlecht des Föten läßt sich durch Kerngeschlechtsdiagnostik der Amnionzellen des Fruchtwassers (Punktion) bestimmen. [S. 51]

[...]

e) Innersekretorische Störungen der Ovarien

[...]

Indikation zum Schwangerschaftsabbruch:

Eine relative Unterbrechungsanzeige stellt u. U. das Auftreten eines ausgeprägten, progredienten Virilismus (Hirsutismus, Stimmbruch, Klitorishypertrophie) während der Gravidität dar. Die Gefahr des Vorliegens eines malignen Ovarialtumors macht eine chirurgische Exploration nach vorheriger Geschlechtsbestimmung der Frucht (s. Erkrankungen der Nebennierenrinde) zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erforderlich. Bei weiblichem Geschlecht ist die Gravidität wegen der Gefahr einer intersexuellen Mißbildung des Fetus als Folge der hohen mütterlichen Androgenproduktion zu beenden. [S. 53-54]

Nach derselben Medizyner-Logik werden Zwitter heute noch als unwerte "schwere Missbildungen" klassifiziert, die Eltern nicht "zugemutet" werden können und die deshalb zur Spätabtreibung freigegeben sind. Nach derselben kranken Logik werden auch experimentelle pränatale Dexamethason-"Therapien" bei vermuteten "AGS-Mädchen" gerechtfertigt und kosmetische Genitalverstümmelungen und/oder Kastrationen bei allen Kindern, die von blossem Auge oder bei inneren Untersuchungen "atypisch" aussehen. Ebenso werden Kastrationen noch im 21. Jahrhundert gerechtfertigt mit Aussagen wie "Wir wollen in Deutschland keine Mutanten züchten".

>>> "Aufarbeitung tut not!" Unis, Klitorisamputationen u. a. "Genitalkorrekturen"
>>>
Genitalverstümmelungen in Kinderkliniken: Typische Diagnosen und Eingriffe  

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